Autor: Astarte
E-Mail Adresse: astarte@fan-arts.net
Titel: The Remedy
Altersfreigabe: NC-17
for violence, rape, non-con sex, disturbing & dark images and general
depression, oh and plot bunnies off the leash…
Teil: 24/?
Spoiler: up to AtS
3x12 Provider, BtVS 6x15 As you were, sehr viel später leichte bis AtS 5x22 Not
fade away
Inhalt: Manchmal muss Feuer mit Feuer bekämpft
werden, damit sich nicht alles in Asche verwandelt.
Hauptcharakter(e)/Paar(e):
Cordelia/Spike, Cordelia/Angel(us), Friendship Cordelia/Wesley, implied
Angel(us)/Spike, Buffy/Spike, Buffy/Angel, Drusilla/Spike
Disclaimer: Sie
gehören mir nicht... Alles Joss! ‘Virgin State Of Mind’ gehört K’s Choice. ‚We’re in this together now’ gehört Nine Inch Nails.
Dedication: Cassi, Stephanie, phoepe, Talamasca, HELL, Dreamer und Trisha
Extra
dedication: Für
Jules. Danke für alles, für deine Geschichten, die konstante Inspiration, deine
Unterstützung, wenn ich mal wieder an einer Schreibblockade knabbere und dass
es dich gibt. Gott, ich fühle mich ganz sappy und könnte die Liste unendlich
fortsetzen... *sniff* Ich denke es reicht, wenn ich sage, dass ich dich liebe,
oder?
Kommentar: Diese Geschichte geistert schon seit Jahren in der ein
oder anderen Form durch meinen Verstand, eigentlich ist sie die mentale
Richtung, die ich mit ‚Isn’t it romantic?’ einschlagen wollte und mich nicht
dazu durchringen konnte, weil es zu schwierig, zu dunkel, zu hart zum Schreiben
war. Naja, nun wird es Zeit sie loszuwerden.
Das
hier qualifiziert sich als typische ‘Hurt & Comfort-Story’ und ich will
nicht die Folgen einer Vergewaltigung in der Realität herunterspielen und den
Heilungsprozess, den es benötigt, dieses Trauma zu bewältigen. Und nein, der
hier geschilderte Missbrauch qualifiziert sich auch nicht, als harter Fick, bei
dem beide auf ihre Kosten kommen. Vergewaltigung bleibt Vergewaltigung. Ich
versuche hier einen greifbaren Ansatz zu finden, zwischen all den Dämonen,
Seelen und Visionen und Cordelia und Spike auf eine Reise zu schicken, die
hoffentlich von den Lesern nachvollzogen werden kann und ihren starken
Charakteren entspricht. Außerdem kann man ungeliebte Storylines bei epischer
Länge ungestraft, korrigieren und umschreiben und auf ein Happy End für die Hälfte
des Casts zusteuern. Also lassen wir das Baby on the
road!
The remedy – engl. (Heil- und Gegen-)Mittel
There's a chair in my head on which I used to sit,
Took a pencil and I wrote the following on it:
Now there's a key where my
wonderful mouth used to be;
Dig it up, throw it at me.
Dig it up, throw it at me.
Where can I run to, where can I hide?
Who will I turn to now I'm in a virgin state of mind.
Got a knife to disengage the voids that I can't bear,
To cut out words, I've got written on my chair.
Like, do you think I'm sexy?
Do you think I really care?
Can I burn the mazes I grow?
Can I, I don't think so.
I’ve
become
impossible -
Es sind die kleinen Ungewissheiten, die sie ihre Balance
verlieren lassen.
Die großen Gewissheiten, die sie ihren Verstand verlieren
lassen.
Und sie spürt, wie sie fällt. Manchmal schneller, manchmal
langsamer.
Aber der Fall ist allgegenwärtig.
Und sie spürt Wesleys Blick und die Fragen und die Sorge
und sie schaut weg, weil sie es nicht mehr erträgt. Weil sie nicht anders kann.
Weil er darauf besteht hier bei ihr zu bleiben und Angel im Hyperion
tatsächlich nicht alleine ist. Mit Connor als Gesellschaft, Fred als
Babysitterin, Gunn als Bewacher, Lorne als Seelendoktor.
Weil sie ihre Familie nicht um sich erträgt und Wes nicht
weggeht.
Beharrlich auf ihren Zusammenbruch wartet und sie ihm
nicht diesen Gefallen tut.
Beschäftigt ihre Hände mit den alltäglichen Handgriffen.
Fährt Dennis an, weil er ihr die Hausarbeit abnehmen will und es wirklich das
einzige ist, das sie im Moment erledigen kann. Will. Ohne ihr Apartment zu
verlassen und sie fühlt sich nicht bereit für die Welt da draußen, die ihr
gegenübertritt, als ob sich nichts verändert hat, wenn das nicht der Wahrheit
entspricht. Alles ist anders und sie weiß, dass sie sich verkriecht und es
erbärmlich ist und nicht ihrem Charakter entspricht, aber alles ist anders und
das gehört dazu.
Kann nicht anders als daheim zu bleiben und sich zu alt
für ihren Körper fühlen.
Erträgt nur Wesleys Gegenwart und sie weiß, dass sie ihn
bricht, langsam, weil sie sein Weinen nachts durch ihre Schlafzimmertür hört
und das nicht richtig ist und er trotzdem nicht gehen kann, obwohl die Türe
offen ist. Weiß, dass es mit dem Bund zu tun hat, der sich in den letzten zwei
Jahren hier in LA zwischen ihnen geformt hat und er denkt, dass es seine
Verpflichtung ist, ihr beizustehen und sie hat nicht die Kraft, die Argumente
zu vertiefen und ihn der Tür zu verweisen und er hat den Willen an ihrer Seite
zu bleiben und sie weiß nicht, ob sie ihn verfluchen oder ihm dankbar sein
soll.
Hält seine stoische Maske in ihrer Anwesenheit und das
lässt sie hoffen. Hoffen, dass sie irgendwann die Energie aufbringt, wieder
eine Maske aufzusetzen. Wieder etwas zu fühlen, neben der Leere und der Angst.
Fragt sich, wann sie wieder den Griff, um ihre Gefühle zurückerhält und wann
die Mauer zurück ist, zwischen ihr und der Vergangenheit. Zwischen ihr und der
Außenwelt, denn sie fühlt sich schutzlos und offen und leer. Beraubt und träge,
während sie von Tag zu Tag gespült wird, durch Schlafen, Essen, Duschen und
Nicht-Fühlen.
Sie ist das Katastrophengebiet nach dem Vulkanausbruch und
die Lava ist erkaltet, sie erstarrt und eine Pompeji-Leichen für die Nachwelt
erhalten, nur darauf wartend, dass sie jemand mit Gips auffüllt oder liegen
lässt. Unter all der Asche. Eingekerkert und sie merkt wie die Mauern dicker
werden mit jedem Tag, der verstreicht und ihr die Luft ausgeht, während sich
Schichten verdichten und einsickern mit Wesleys Tränen.
Denkt, dass nichts mehr hier wachsen wird. Kontaminiert
für die Ewigkeit.
Fragt sich, ob sie bereit ist sich zu erinnern. An alles.
Und Wann.
Fragt sich, wann sie sich wieder sauber fühlt und wann sie
ihren Freunden wieder in die Augen schauen kann, ohne Scham. Ohne Schuld. Fragt
sich viel und findet zu nichts die Antwort.
Wartet auf Freds Klick. Gunns Wut. Angels Eingebung. Wes
Zusammenbruch.
Wartet. Wartet geduldig. Wartet gehorsam. Wartet
beharrlich. Wartet umsonst.
Bleibt, weil sie nicht woanders hinflüchten kann. Nicht weiß, wohin sie rennen soll, um aus dem Horror ihres Geistes auszubrechen. Das Gefängnis ihr folgt. Cordelia ihrem Kopf nicht entkommen kann, ihn nicht hier liegen lassen und woanders ein neues Leben beginnen.
Er unter ihrer Haut ist und sie sieht, was er sieht, wenn
sie in den Spiegel blickt. Was er gesehen hat. Sie nicht mehr alleine ist und
niemals sein wird. Er ihr Schatten geworden ist und die Stimme in ihrem Kopf,
die mokierend fragt, weshalb sie sich wäscht, wenn jeder weiß, wie verkommen
sie ist. Dass sie es genossen hat, vielleicht nicht zu Beginn, aber ihr
Entsetzen echt, als sie wieder in Angels Gegenwart war. Dass es einfacher für
sie war, mit Angelus umzugehen als auf Angel Rücksicht zu nehmen. Dass sie sich
nicht in dessen Arme geflüchtet hat, sondern ihn vor dem Hyperion abgeladen
hat, wie ein Stück Dreck und ihre Familie ausgeschlossen.
Das Blut an ihren Händen klebt. Menschliches. Angels.
Ein Fleck auf weißen Leinen. Rubinrot.
Ein Schandfleck auf goldener Haut. Lilienblass.
Cordelia versucht sich zu erinnern, wie die Narbe an die
Innenseite ihres Oberschenkels gekommen ist. Die Form einer Rose. Einer Knospe
gleich. Erblüht mit jeder weiteren Reihe seiner Fänge. Präzise und tief
eingraviert bis ihre Haut von ihrem Fleisch fällt und sie spürt sie beim Gehen,
wenn ihre nackten Oberschenkel gegeneinander gleiten, weshalb sie Jeans
vorzieht oder dicken Stoff.
Die Frage, wie er sie mit einer Rose aus Narben markieren
konnte, taucht jedes Mal auf, wenn sie duscht, zwischenzeitlich nur noch zwei
Mal am Tag, zu Beginn war es öfters. Die Frage taucht am Ende eines jeden Tages
auf während sie badet, ein Bad, das für sie zwischenzeitlich zum Ritual
geworden ist. Die ersten Tage fühlte es sich an, als ob sie die Dusche nie
verlassen hätte, bis Wesley sie herauszerrte und in ein Handtuch einwickelte
und versuchte nicht ihren vor Kälte zitternden Körper anzustarren.
Regenbogenfarben schimmern in dem kalten Flurozonlicht.
Die Wunden waren überall, kein Zentimeter, der nicht
markiert war mit seinen Farben, grün, blau, lila, schwarz und rot. Seinen
Besitz für die Welt kennzeichnete und Cordelia kann sich an die Ursache für
einige erinnern. An andere nicht. Aber die Narbe an ihrem Innenschenkel hält
eine gewisse Faszination für sie bereit in ihrer morbiden Schönheit, wie er die
Haut kunstvoll durchbrochen hat und sie kann sich ihr nie entziehen.
Die ersten Tage waren einfacher, weil sie sich einreden
konnte, dass es nur ein böser Traum gewesen war. Dass sie daraus aufwachen
würde und sie ist tatsächlich aufgewacht, hat irgendwann ihr Spiegelbild
angestarrt, die Augen aufgemacht und nicht weggesehen, bis sie tränten und sich
das Bild vor ihr sich in ihr Bewusstsein eingebrannt hatte. Hat die abgenutzte
Frau vor sich in ihr Leben gelassen, deren Farben verschwunden sind zu einem
unauffälligen Grau. Weil die ausgediente Frau nicht wegging und sie es müde
ist, Fakten zu verdrängen. Weil in ihrem Kopf kein Platz mehr dafür ist,
sondern er zu angefüllt ist mit all dem Müll, der sich über die letzten Jahre
dort angesammelt hat.
Vielleicht ist es ja nicht wahr, dass der Vulkanausbruch
schon vorbei ist, vielleicht wartet Wesley auf ihren und sie hat Angst, dass
sie St. Helens ist und danach die Hälfte ihres Fundaments weggesprengt ist, nie
wieder aufgehäuft werden kann. Dass ihre Familie in alle Winde verteilt ist und
sie dazu verdammt in den aschgrauen Ruinen auszuharren.
Ihre Hände gleiten über ihren Körper, ohne dass sie es
spürt, bleiben wie immer dort hängen. Weiß, dass es eine Reihe von
tiefen Bissen gewesen sein muss, um Spuren zu hinterlassen mit ihrem
Dämonenstatus. Weiß instinktiv, dass er das Elfenbein seiner Zähne benutzt hat
und keine stählerne Klinge. Hat die Blütenblätter ihrer Rose nie gezählt. Es
zwischenzeitlich die einzig sichtbare Narbe ist, neben dem Biss an ihrem Hals.
Dessen Aussage in seiner Schlichtheit abfällt gegen die Rose, sie trotzdem
verfolgt. Sie ist Eigentum. Der Besitz eines Dämons und niemand hat das Recht,
Hand an sie zu legen, außer der Meistervampir dem sie gehört. Angelus. Nicht
einmal Angel.
Kann sich nicht an die Prozedur der Rose erinnern und
weiß, dass sie es sollte, weil es das ist, was von ihr erwartet wird. Weil sie
sich immer erinnern konnte, nach jeder Vision, nach jedem Mord und jeder
Vergewaltigung ihres Geistes. Weil sie gelernt hat, ihr Leben in Schmerz
einzuteilen und das Dazwischen nur das Warten auf neues Leiden war. Weil es
wichtig war sich an den Schmerz zu erinnern, um zu verhindern, dass er eintraf
und das ist ironisch in der Rückblende.
Weil sie sich nicht an ihren eigene Schmerz erinnern kann.
Nicht an alles.
Weil niemand es für nötig hielt, sie zu warnen.
Lässt ihre Finger auf der Narbe und versucht es erneut und
so entdeckt Wesley sie und sie weiß, dass es ihr peinlich sein sollte. Aber es
ist nicht das erste Mal, dass er sie aus der Dusche oder dem Bad fischt. Dass
es trotzdem nicht angemessen für ihre Beziehung ist, dass er sie nackt in der
Badewanne findet und er dachte, dass sie Fortschritte machen würde in den
letzten Tagen, Wochen? Sie ist sich nicht sicher, hat neben anderen Gefühlen
auch ihr Zeitgefühl verloren.
Aber sie sieht seine Ernüchterung, während er mit ihrem
weißen Froteebademantel auf sie zukommt und fragt sich, weshalb es ein
Fortschritt war, nur weil er nicht mehr jeden scharfen Gegenstand aus ihrer
Hand nehmen musste, weil sie vergessen hatte, dass sie ein Messer hielt. Oder
Rasierklingen. Oder eine Schere. Oder irgendeine Waffe, die im Laufe der Zeit
in ihrem Apartment vergessen wurde oder auch nur ihre Pillen. Weil sie alleine
badete und selber ein Ende fand, wenn das Wasser kalt wurde. Die Dusche aus
eigenem Antrieb verließ, wenn auch nur zu seinem Wohl.
Sie langsam wieder einen Rhythmus in ihrem Leben fand.
Oberflächlich.
Der Heilungsprozess nicht tiefer als die drei Millimeter
ihrer Haut ging. Wes Enttäuschung ist gut versteckt und ihr Schamgefühl ist
unbrauchbar im Augenblick. Taub, wie der Rest in ihr und sie sieht seinen müden
Blick und der rationale Teil ihres Verstandes sagt ihr, dass sie zum Opfer
geworden ist.
Irgendwann zwischen Vision Girl und Babypuder ist sie
gefallen.
Zerschmettert. Liegengeblieben.
In dem Augenblick als sie in Wesleys alte Augen blickt,
weiß sie, dass es Zeit für sie wird, sich zu entscheiden, ob sie die Stücke
wieder zusammensetzen kann. Sich erinnern und weitergehen. Ob sie es will. Oder
ob sie einfach hier liegen bleiben will, im abgekühlten Badewasser und darauf
wartet, dass ihr Körper genauso abkühlt. Lässt das Bild von ihr in
rosagefärbtem Badewasser durch ihren Verstand wandern und wundert sich, ob es
wirklich reichen würde sich die Pulsadern aufzuschneiden, denn es erscheint
banal. Nach allem.
Der Gedanke ist nicht neu.
Spürt Wesleys Hand auf ihrer Schulter und zuckt zusammen.
Er hat kein Recht sie anzufassen, weiß er nicht, dass sie noch schmutzig ist.
Er verbrennt sie mit seinem Mitgefühl, Zuneigung und guten Absichten, sie hat
es nicht verdient.
Sie hat einiges nicht verdient und seine Tränen gehören
auch dazu.
Nimmt seine Hand und legt sie auf die Narbe, weiß, dass
sie sich einer Vertrautheit bedient, die ihr früher fremd gewesen wäre. Die ihn
stocksteif unter ihrer Berührung werden lässt. Aber früher hätte sie erwartet,
dass der Anblick von ihr nackt in der Badewanne einen Mönch sein Gelöbnis
vergessen lässt. Heute weiß sie, dass sie diese Macht verloren hat. Sie fühlt
sich nicht sexy, spielerisch oder erotisch, nur abgetragen und liegengelassen.
Sie weiß, warum seine Hand steif auf ihrem Bein liegt,
beinahe zwischen ihren Schenkeln vergraben. Er hat Angst. Um sie. Vor ihr.
Cordelia ist sich nicht sicher, wovor Wesley alles Angst hat, sie weiß nur,
dass sie der Grund ist und das, was sie repräsentiert.
Sie hat ihre kleine Welt zum Einsturz gebracht.
„Kennst du die Geschichte dieser Rose, Wes?“ Ihre Stimme
klingt hohl.
Er schüttelt verneinend den Kopf und seine stoische Maske
bricht. Tränen fallen ins Badewasser. Pling. Sie legt ihren Kopf zurück
auf den Rand, starrt an die Decke, lässt seine Berührung ihre Haut verbrennen
und schließt die Augen. Pling. Genießt das Fegefeuer, das seine reine,
unbewegliche Hand in ihr weckt. „Ich auch nicht.“
Stellt sich rosa Wattewolken vor einem Himmel so blau, wie
Wesleys Augen vor und denkt, dass es das Paradies sein könnte. Hört das
Feuerwerk und fragt sich, ob wirklich schon der vierte Juli ist, der
Unabhängigkeitstag und ob es mehr als ein Datum ist. Ob sie wieder unabhängig
sein will und frei. Der Donner bringt sie in eine andere Nacht, an ein Gewitter
im Hintergrund und die Farben verändern sich zu einer Melange aus Dunkelblau
und Schatten.
Das erste richtige Gewitter des Sommers.
Regenbogenfarben schimmern in dem kalten Flurozonlicht. Pling.
Pling. Pling. Pling. Konnte man von dem Tropfen des eigenen Blutes in den
Wahnsinn getrieben werden oder starb man vorher? Die Frage erschien nicht so
theoretisch, wie sie sollte. Die Aussicht auf ihren eigenen Tod, nicht mehr so
erschreckend, sondern tröstlich.
Wundert sich, ob Wesley den Regen seiner Heimat vermisst
und warum es in Kalifornien nur dann regnet, wenn die Welt unterzugehen droht
und die Tore zum Himmel und Hölle geöffnet scheinen. Pling. Fragt sich,
warum sie es nicht als die subtile Warnung gesehen hat, die es in dieser Nacht
war. Pling.
Das erste Unwetter des Sommers war immer verhängnisvoll.
Der Sturmwind hat nichts als Verderben gesät.
Erinnert sich daran, dass sie sich sicher, glücklich und
geliebt gefühlt hat. Pling. Dass der Regen, der an die Fenster klopfte,
das Gefühl verstärkte in einem komfortablen Kokon eingewickelt zu sein. Pling.
In einem warmen Nest aus Zuneigung, Freundschaft und Liebe. Pling. Zusammen
mit Connor und Angel. Pling. Dass es perfekt gewesen war in einer
abstrakten unschuldigen Weise und sie abdriftete in ihre Träume von Shanshu und
einer Familie. Pling.
Dass sie sagte, dass sie ihn liebt. Einfach so. Pling.
Das manche Dinge am besten ungesagt bleiben, fiel ihr erst später wieder ein.
Sie fragt sich, wann sie anfangen kann zu trauern, um
alles was verloren ist.
Ist sich nicht sicher, was verloren ist, weil Angelus sein
Versprechen gehalten hat.
Niemand den sie kannte, hat er niedergeschlachtet. Die
einzigen, die sein Plan der Zerstörung involvierte waren Angel und sie. Er
hatte Erfolg. Sie ist sich nicht sicher, ob sie jemals wieder in demselben Raum
atmen kann, den sein beseeltes Selbst betritt. Ist nicht sicher, ob Angel in
einem mit ihr existieren kann, ohne zu verbrennen.
Aber sie kann ihn auch nicht kampflos gewinnen lassen.
Es ist nicht mehr als ein Funke, tief begraben unter Angst
und Taubheit, aber mehr als sie in den letzten Wochen gefühlt hat. Sie klammert
sich daran. Es ist schmerzhaft. Aber es ist real. Realer als das Brennen von
Wes’ menschlicher Hand auf ihrem Schenkel in jedem Fall.
„Wesley, du meintest, ich brauche professionelle Hilfe.“
Es war keine Frage. Es war das Thema, das er seit einer Woche nicht mehr fallen
ließ, seit er seine Stimme der Vernunft wiedergefunden hat. Und nicht mehr nur
aus diesen schreckensgeweiteten Augen starrte, die in ihr die Frage weckte, was
er in ihrem Gesicht und Körper sah.
Ob Angelus tatsächlich ihren Wert in ihre Haut tätowiert
hat.
(„Kennst du deinen Platz, Cordelia?“ Überschätzt.
„Unter dir, Angelus!“ Sie hatte ihren Wert überschätzt. Um
soviel. Zu viel.
Die toten Augen blicken sie vorwurfsvoll an, das Blut
tropft auf den dunklen Marmorfußboden und bildet eine Lache. Wer hätte gedacht,
dass zwei Menschen noch soviel Blut verlieren können, wenn sie von einem Vampir
ausgesaugt worden sind. Wenn die meisten Verletzungen Brandwunden sind und die
nicht bluten. Aber die Schnitte bluten noch. Sind frisch.
Die Opfer ihres Stolzes. Ihre Schuld. Gott, es tat ihr so
leid.
So unendlich leid. Gott?)
Vielleicht hatte Wes recht. Er ließ seinen geröteten Blick
über ihr Gesicht gleiten und nickt hoffnungsvoll.
„Gut. Gib mir zweitausend Dollar, eine Woche frei und kümmere dich endlich um Angel.“
Die Summe ist fantastisch überzogen, aber sie braucht etwas, worauf sich sein Widerstand konzentrieren kann und das nichts mit ihr zu tun hat. Sie schließt die Augen und ignoriert die Frage, die sie in seinem Gesicht sieht und die Idee formt sich in ihrem Geist und bekommt Konturen. Fühlt sich beinahe wie ein Plan und Hoffnung an.
„Cordy?“
„Ich rufe an, falls ich eine Vision haben sollte, die LA mit einschließt, aber ich krepiere, wenn ich hier bleibe. Können wir uns die 20 Fragen für ein anderes Mal aufheben? Bitte!“
Langsam kommt ein, „Okay!“
Sie weiß, dass sie ihm nicht die mindeste Erklärung gegeben hat, aber dass er genügend Vertrauen in ihre Psyche und Selbsterhaltungstrieb setzt, um sie nicht in Frage zu stellen. Ist sich nicht sicher, ob sie seine Zuversicht teilt oder ihm nur ausweicht, weil sie weiß, dass es verrückt und noch dazu gefährlich ist.
Weil sie etwas anderes als ihre Rettung sucht oder Hilfe. Antworten.
Holding on
to when -
Es ist einfacher sich der Vergangenheit zu stellen, wenn sie keine
Bedeutung mehr hat.
Cordelia wird sich über diesen Fakt bewusst, während sie
über den nächtlichen Friedhof von Sunnydale wandert. Das Zusammentreffen mit
den Scoobies, etwas das sie nervös gemacht hat, seit sie nach LA gezogen ist,
verlief überraschend ereignislos. Ohne Aufsehen zu erregen und zivilisiert. Zu
eingespannt in ihre eigenen Probleme und die Hochzeitsvorbereitungen, um die
Zeit aufzubringen hinter ihre ‚Queen C’-Maske zu blicken und mehr Fragen zu
stellen als nötig.
Und sie hat ihnen nichts mehr zu beweisen, kein Grund sich
erwachsen, aufopferungsbereit und sanft zu geben, wenn es eindimensional ging.
Sie hat eine selbstgewählte Mission hier und nichts zu verlieren, außer ihr
Ansehen und es war einfach für eine Reputation zu schwindeln, wenn die Wahrheit
schärfer war. Wenn die Unterhaltung so einfach zu steuern war und ihre Freunde
nicht mehr als Schatten ihrer Jugend. Sie selbst sich dorthin zurückgesetzt
fühlte.
Buffys Frage um Angels Wohlbefinden war ihr einzig
schwacher Moment, hätte beinahe ihren Akt auffliegen lassen, aber sie klammerte
sich an ihre Kontrolle, wie an ein Rettungsboot auf stürmischer See und sie kam
damit durch. Sie war darauf vorbereitet. Buffy war vorhersehbar, meistens, vor
allem wenn es um ihren Angel ging.
Trotzdem war es schwerer als erwartet, die Gefühle nicht
an die Oberfläche zu lassen und sie ist wütend auf sich selbst, weil sie das
Bedürfnis hatte, sich in Buffys starke Arme zu werfen und sich auszuheulen.
Solange zu heulen, bis sie austrocknete oder die Welt fortgeschwemmt von ihren
Tränen war, denn Buffy hatte Erfahrung im Bekämpfen von Weltuntergängen. Konnte
vielleicht ihren noch einmal kitten. Kam sich wie eine Verräterin an ihrer
Familie vor, die deren Beistand ablehnt, nur um sie bei einer Fremden zu
suchen.
Gab keine Reaktion von sich, ließ sich Zeit mit der
Antwort.
‚Gut, den Umständen entsprechen, immer noch Mister Broody, nein, er grübelt 24/7.’ Weicht Buffys Augen aus und fühlt ihr Misstrauen, in dem Schweigen zwischen ihnen, blickt auf ihre Hände und sieht die weißen Knöchel. Steht auf und bringt ihre Hände hinten in die Jeanstaschen, während sie die Wohnzimmereinrichtung kritisch mustert. Einen herablassenden Blick über ihre Schulter wirft und dann mit Erlösung sieht, wie Buffy die Lippen zusammenpresst. Dann ihr Gespräch nonchalant fortsetzt, ‚Ach, das Übliche, du weißt doch wie er ist, Buffy, nichts hat sich verändert. Schuld ist eine Lebenskunst für ihn, wir haben es nur aufgegeben, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.’
Sieht Buffy aus dem Augenwinkel zufrieden nicken.
Die Jägerin war von ihrer Fährte abgekommen und sie unterdrückt einen Seufzer der Erleichterung. Augenblick des Herzstillstandes durchgestanden. Der Rest war einfach. Simples Schauspielern, vielleicht manchmal zu hölzern, aber egal.
Nein, keine Apokalypse, sondern nur Ferien, nur auf der Durchreise. Urlaub. Sie braucht Entspannung und Wesley hat ihrem Wunsch nachgegeben. Danke Xander, es ist schön, dass dir auffällt wie blass und dünn ich geworden bin, zu schade, dass ich nicht die Extrapfunde angespeckt habe, die du mit dir rumschleppst und wenn die Monster tagsüber die Straßen in Anspruch nehmen, haben wir etwas falsch gemacht. Ja, wir arbeiten nachts, duh! Natürlich. LA steht noch und liegt ihr noch nicht zu Füßen, sie ist nur die Sekretärin von Angels Investigations, kein Star in Hollywood.
Ja, das ist eine Trägodie. Ha ha.
Nein, nichts hat sich verändert, sie nimmt ihre Pflichten und Verantwortung auf die leichte Schulter wie immer. Nur hier, weil Spike etwas beantworten soll, das in seiner Vergangenheit liegt und wichtig für die Zukunft sein kann. Nein, nicht so wichtig und nein, er hat nichts ausgefressen. Kein Grund ihn zu pfählen. Zumindest nicht, wenn er kooperativ ist. Danke für deine angebotene Unterstützung, Buffy, aber ich glaube, ich werde mit dem gechippten Vampir alleine fertig. Sollte ich deine Hilfe benötigen, weiß ich ja, wo ich dich finde, aber wo finde ich ihn?
Cordelia lässt das Gespräch Revue passieren, ist ihnen für
ihre Sorglosigkeit dankbar.
Beneidet sie fast darum.
Innerlich erleichtert über ihre Entscheidung alleine gegangen zu sein und nicht Wesleys Bitten nachgegeben zu haben. Er war ein schrecklicher Lügner und die Wahrheit hatte hier nichts zu suchen. Komfortable Halblügen waren einfacher zu ertragen, es reichte, wenn sie in LA von den Konsequenzen heimgesucht wurde. Wenn sie dort die mitleidsvollen Blicke verfolgten und ständige Sorge um ihr Wohlbefinden. Die Nachlässigkeit der Scoobies ihre Person betreffend, war erfrischend. Keine Eierschalen, bei denen es nicht um das Ob, sondern das Wann ihres Berstens ging und es war einfach in eine Rolle zu schlüpfen, vor Leuten, die eine starke und distanzierte Cordelia in Erinnerung hatten.
Eine, die sich mehr Sorgen um ihr Outfit machte, als um die nächste Apokalypse oder das Wohlbefinden anderer, denn schließlich war es nicht ihre Aufgabe die Bösewichtige zurückzukämpfen. Sie war höchstens Lockvogel für ein paar unvorsichtige Vamps und Cordelia vermisst das Mädchen, das sie war, trotz all ihrer offensichtlichen Schwächen. Vermisst das Miststück, das sich nur um ihren eigenen Vorteil kümmerte. Es war sicherer damals – für sie und die Menschen, die ihr nahe waren. Buffy, Willow und Xander standen ihr einmal nahe, aber die Scoobies kennen nicht die heutige Cordelia Chase.
Nicht dass sie eine deutlichere Vorstellung von sich und ihrem Leben hat oder wo es hinströmt, aber sie weiß, dass alles im Wechsel ist und Veränderungen müssen nicht immer gut sein. Können tödlich sein oder schlimmer, alles in ihrem Pfad zerstören. Die Vergangenheit war sicher hier, hatte keine Löcher und Erinnerungslücken, sondern nur den chronologischen Verlauf ihrer Jugend.
Es war seltsam von Sunnydale als Zuflucht zu denken.
Noch seltsamer über die Spielwiese ihrer Albträume der
Kindheit zu laufen und nicht den Hauch der alten Panik wiederzuentdecken.
Vielleicht war sie wirklich als Person gewachsen.
Vielleicht hatten ihre Albträume heute ein vertrauteres
Gesicht, als schemenhafte Gestalten in der Nacht.
Die Erinnerungen kommen ungebeten, aber sie versucht sie
diesmal nicht gewaltsam zurückzudrängen, es war Teil der Lösung ihres Problems.
Sie wollte sich erinnern. Sie musste, damit die Wunde sich endlich säubern
konnte und aufhören zu eitern und sie krank zu machen. Zeit für die
Desinfektion. Zeit sich zu stellen.
Keine Zeit für die Wunschvorstellung, dass Angelus es
hätte hier beenden können. Hier in Sunnydale, hier auf diesem Friedhof vor all
den Jahren mit einem gebrochenen Nacken oder einem kleinen Snack für
zwischendurch. Einem fieberkranken Slayer auf seinem Rücken und sie tot auf dem
frischgeschnittenen Gras mit einem sternenklaren Himmel über ihr.
Sein Gewicht auf ihr war damals leichter zu ertragen, ohne
die gelebten Jahre dazwischen. Unpersönlich und sie weiß, dass ihr Tod von
seinen Händen ebenso kühl gewesen wäre. Nur eine weitere Formalität, die
zwischen ihm und der Jägerin stand, um die Etikette zu wahren. Eisig und
schnell.
Die damals gefühlte Dankbarkeit gegenüber Buffy hat sich
in Nichts verwandelt, die Jägerin hat sie nicht beschützen können vor ihrer
eigenen Dummheit und Naivität. Davor, dass sie denselben Fehltritt begangen
hat, indem sie Angel bedingungslos geliebt hat, mit ihrer Seele und Herzen,
nicht mit ihrem Körper – das hat sie nie.
In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt, oder?
Ihr Körper war Kriegsbeute, nicht mehr.
Braune Augen, so kalt das ihr Schauer über den Rücken
liefen und sie sucht nach einem Funken und findet nichts. So vertraut und sie
weiß, dass er sich an alles erinnert, jeden Moment, den sie zusammen verbracht
haben in den letzten Jahren und es sie nicht retten wird, sondern nur ihre
Verdammnis anfeuern.
Weil er sich erinnert.
„Hallo Cordelia.“
Ihr Name hat sich nie so sündig auf seinen Lippen angehört
und sie kämpft dagegen an, ihre Augen zu schließen und laut zu beten, weil es
sie nicht erlösen wird. Er kennt sie. Er kennt die Gebete seiner Opfer und sie
ist keine Heilige und keine Nonne und trotzdem etwas, das er huldigen wird in
all seiner Unheiligkeit. Gott ist taub geworden, so wie die Mächte stumm sind
und ihr keine Warnung zukommen ließen. Sie schluckt die Erbitterung hinunter,
die sich in ihr aufbaut, weil es sie ebenso wenig erlösen wird von ihrem
Schicksal.
Der Feind befindet sich in Angels Bett und ist weniger als
einen halben Meter von ihr entfernt und er hatte Zeit, die Optionen abzuwägen
und Pläne zu schmieden in all den gemeinsamen Jahren. Im Hinterland ihrer
Freundschaft. Die Tortur auszufeilen und zu verbessern bis in das kleinste
Detail und seine Finesse ist legendär und er wird bei ihr nicht improvisieren
müssen. Perfektion und sie schaudert bei dem Gedanken. Er hatte Zeit. Weil er
sie kennt. Weil er gewartet hat, geduldig, auf diesen Augenblick seiner
Befreiung und sie sich in Sicherheit gewogen hat und Angel.
Und sie traut ihre Stimme nicht, räuspert sich und es ist
trotzdem nicht mehr als ein Krächzen, „Hallo Angelus.“
Und er lächelt zufrieden, dass sie den Wechsel begriffen
hat, anerkennend, stützt seinen Kopf auf die Hand und blickt sie abschätzend
an, während die Zeit verrinnt und sie sich all die Augenblicke mit Angel in
Erinnerung ruft, die sie für ihn fallen ließen. Die hierher führten.
Und so sie sind beide beschäftigt und so liegen sie in dem
Halbdunkel von Angels Schlafzimmer, die Blitze, die über das nächtliche LA
jagen, blenden nicht mehr. Nachwehen einer Geburt.
Und ihr fällt irgendwann auf, dass Connor nicht mehr
zwischen ihnen liegt und die Panik bei dem Gedanken lähmt sie. Hat sie seinen
Tod ebenso verschlafen, wie Angels? Ihre Versuche die Angst unter Kontrolle zu
bekommen, enden in abgehackten Atemzügen, die zu laut in der Stille sind und
schließlich seine Aufmerksamkeit auf ihre Brust lenken.
Und sie ist beinahe gewillt seine Hand wegzuschlagen und
zu schreien. Solange zu Schreien bis sie ohnmächtig wird. Aber er macht ein
‚Shhh’-Geräusch unter seinem Atem und ruft ihr Fred in Erinnerung und dass sie
doch nicht wirklich will, dass die süße, kleine Fred jetzt hereinkommt und sie
unterbricht.
Denn er mag keine Unterbrechungen, aber er mag Fred.
Und sie zwingt ihre Stimme zur Stille, schließt ergeben
die Augen, denn er kennt sie und ihre Schwächen, dann ist er auf ihr.
Und wenig später in ihr.
Die Schreie in ihrem Kopf hört sie noch heute.
to matter more.
Cordelia steht seit einiger Zeit vor Spikes Gruft oder zumindest wenn sie Buffys Anweisungen richtig gefolgt ist und sie nimmt einen beruhigenden Atemzug nach dem anderen und ruft sich in Erinnerung, warum das hier eine gute Idee war und Hyperventilieren nicht. Weshalb es damals okay gewesen wäre, ohnmächtig auf dem Gras zu liegen und heute nicht.
Sie war keine Jägerin. Aber ist auch nicht mehr Beute.
Dann ist sie durch die Tür.
Der Geruch von kaltem Rauch und verbrannten Etwas ist noch
in der Luft, geschwärzte Wände und ein Trümmerfeld. Buffy meinte, dass nicht
viel von Spikes Mobiliar übriggeblieben ist, nachdem Rileys Handgranaten
hochgegangen sind und sie hat nicht übertrieben. Was sich anfangs als gute
Ausgangsposition für ihr Unterfangen dargestellt hatte, könnte jetzt zum
Problem werden.
Cordelia wundert sich, ob sie zu spät kommt.
Ob Spike die Stadt verlassen hat und während sie die
Papiertüten auf einen Sarkophag stellt, den Rucksack daneben legt und den
Ruinen seiner Existenz gegenübersteht.
„Spike!“ Ihre Stimme hallt von den Wänden, „Spike?“
Die Verzweiflung erhebt sich langsam in ihr, ein zu
vertrautes Gefühl und sie ring es nieder. Vermisst einen Moment die Taubheit,
die alles erträglich machte. Setzt sich schließlich auf den Steindeckel, neben
ihren sorgsam ausgewählten Utensilien und überlegt, ob sie den Bourbone alleine
aufmachen soll und darauf warten, dass irgendein Frischling sie hier findet und
es zu ende bringt.
Überlegt, ob sie kampflos über sich ergehen lassen könnte
und ist sich nicht sicher.
Denkt über Angelus’ Gesichtsausdruck nach, wenn dieses
Ereignis eintreffen sollte und kann sich die konstatierte Miene bildlich
vorstellen. Plötzlich erscheint es beinahe verführerisch, den Tod willkommen zu
heißen. Ihre Hand holt eine der Flaschen heraus und ohne zweiten Gedanken
öffnet sie den Verschluss und dann trifft sie der Geruch.
Dann die Erinnerungen.
Es ist kein Bourbone, den sie in der Hand hält, es ist
Cognac.
Ihre Kehle ist wund und der Geschmack in ihrem Mund lässt
sie beinahe erbrechen, nicht weil er neu oder widerwärtig ist.
Sondern zu vertraut, es falsch ist.
Weil es so verdammt falsch ist und sie denkt an Xander und
Blow Jobs und daran, dass sie den salzigen Geschmack nie so empfunden hat, nie
so bitter und dass er weniger intensiv ist, als bei einem Menschen.
Beinahe neutral.
Aber das Beinahe treibt sie in den Wahnsinn und die
Bitterkeit.
Dass sie mit Sicherheit ekligere Dinge in einem Kampf
geschluckt hat, aber im Moment würde sie Jauche vorziehen, Dämonenpisse,
irgendetwas, das nicht Teil von ihm war.
Er zieht ihren Kopf zurück, die Hand in ihrem Nacken, die sie vorher so gnadenlos niedergedrückt hat, ist beinahe zärtlich.
Und wieder ein Beinahe, was an ihrem Verstand zehrt.
Sein Gesichtsausdruck ist amüsiert und seine Lippen fühlen sich kalt und leicht auf ihren an.
„Ich wusste, dass dein Mund bessere Verwendung hat, als
ihn mit Reden zu beschäftigen.“
Und sie will ‚Duh!’ sagen, weil das wohl jeder Mann denkt
und Xander wortwörtlich dasselbe zu ihr gesagt hat und dieser Satz so
klischeehaft ist, dass er nicht einmal in einem B-Movie-Skript Platz finden
würde, aber Angel war nie gut mit Popkulturverweisen und sein Alter Ego ist
ebenso ahnungslos und sie fragt sich, ob man die Linie in einem billigen Porno
noch verwenden kann und sie überlegt, ob ihm der Vergleich mit Xander gefallen
würde und sie hat nicht mehr viele Dinge, die sie überlegen kann, damit sie
sich nicht der Realität ihrer Situation stellen muss und geistige Verweigerung
kann einen nur eine kurze Zeit aus seiner Gegenwart lösen, denn er ist
Omipräsent hier und sie nackt auf ihren Knien und das ist keine Position, die
einfach zu ignorieren ist oder wegzudenken und sie beißt sich auf die Lippen,
denn sie haben immer noch einen Deal und sie ist nicht bereit ihn zu brechen
und hofft, dass ihre Freunde endlich die Clues zusammensetzen und seine
verdammte Seele zurück in den Körper vor ihr befördern.
Sie will schlucken und merkt, dass sie es nicht kann.
Dass es weh tut und es ist komisch und beinahe lacht sie
und so wie sie vorher beinahe in seinen Schwanz gebissen hätte, in der
Hoffnung, dass er ihr Genick bricht und sie sieht, wie sich seine Laune
verändert und der Daumen, der über ihre Lippe streicht, erhöht den Druck und
sie ist nicht sicher, was in seinem Kopf vorgeht, aber die intensive Miene
bereitet ihr Unbehagen und sie ist sich nicht sicher, ob sie ihn reden lassen
will, weil seine Worte sie bis jetzt mehr verletzt haben, als seine Hände und
sie kein weiteres Geheimnis von Angel aus seinem Mund hören will, weil er es so
geschickt verdreht, dass es sich widerwärtig anhört und sie nicht mehr weiß,
was wahr und falsch ist und sie diese Linie braucht, die den Mann von dem
Monster trennt und sie senkt ihre Augen, weil sich etwas in ihm aufbaut, das
ihr noch mehr Angst macht.
Für einen Moment sah er aus wie Angel.
„Ich liebe dich, Cordelia.“
Und sie lacht und er erhebt das erste Mal die Hand gegen
sie.
Ihre Lippe platzt auf und sie streicht mit der Zunge über
die Wunde, nimmt den Geschmack von dem ersten Blut gierig in sich auf, um den
anderen, den bitteren, seinen zu verdrängen und lächelt ihn an.
Das hier war schon eher der Dämon ihrer Albträume,
denjenigen den sie in der Vergangenheit gefürchtet hat und so schnell wie er
die Kontrolle verlor, hat er sie zurück, steht graziös auf, lässt den
Ledersessel und sie nackt auf dem Boden kniend hinter sich und geht zur Bar,
schenkt sich ein Glas ein und leert es mit einem Zug, füllt es erneut und kommt
zurück, bietet es ihr in der grotesken Spiegelung eines Liebhabers an und sie
starrt es an, wie der Cognacschwenker in seiner Handfläche liegt und die
rotgoldene Flüssigkeit im Glas rotiert und schließlich zur Ruhe kommt und dann
starrt sie ihn an und sie versucht zu verstehen und dann starrt sie wieder das
feingeschliffene Glas an, dessen Inhalt wieder kreiselt, weil er es zu ihren
Lippen führt, seine Hand ist wieder in ihrem Haar und sie schluckt und fragt
sich für den Bruchteil einer Sekunde, warum er so zufrieden grinst und Mitleid
mit ihr hat und ihr den Trost von Alkohol gewährt, bis der Weinbrand ihre Kehle
trifft, die Tränen, die in ihre Augen stechen sind nichts weiter als eine
körperliche Reaktion und sie will husten, will keuchen, will schreien, will
ohnmächtig werden, will sterben, weil es sich wie flüssiges Feuer anfühlt und
sie sich beinahe wünscht, dass sie nur seinen Geschmack in ihrem Mund hat und
wieder das Beinahe, das sie in den Wahnsinn treibt.
Sein Lachen klingt in ihren Ohren und sie überlegt, ob
Angel eine Entschuldigung annehmen würde, für all die Zeiten, in denen sie
versucht hat, ihn zum Lachen zu bewegen und die hierher geführt haben, hier auf
diesen Marmorfußboden, denn sie bereut. Jetzt.
Und sie hat das Gefühl, dass Angelus Vorspiel zu ende ist,
während sie versucht, den Schmerz in ihrer Kehle auszublenden und normal zu
atmen und ihren Instinkt zurückzukämpfen, der ihr zuschreit, sie soll ihre
ergebene Haltung endlich aufgeben und diesem verdammten Dämon zeigen, dass er
unter ihr steht, ist und bleibt.
Dass er sich nicht über sie erhaben ist und über ihr Leid
lachen, weil es nicht lustig ist, sondern schmerzt, weil er ihren Körper haben
kann, aber nicht ihren Geist.
Sie hat keinen Todeswunsch, aber zuviel Stolz, „Lassen wir
die Spiele beginnen, Angelus!“
Er hebt die Augenbraue bei ihrer heiseren Herausforderung
und sie ist es müde, so zu tun, als ob es noch einen verdammten Unterschied
machen würde, ob sie nach seinen Regeln spielt oder nicht, denn wenn ihre
Familie bis jetzt noch nicht begriffen hat, dass etwas nicht in Ordnung ist,
dann ist sein mörderischer Weckruf vielleicht angebracht und vielleicht ist
ihre Stimme kaputt, sein Mark an ihrem Hals und sie hat Schwierigkeiten beim
bloßen Atmen, aber sie ist noch immer Cordelia Chase und sie weiß, wie sie ihn
in den Boden reden kann oder in Rage.
Sie kennt ihn und sein anmaßendes Grinsen ist etwas, das
sie bereit ist mit ihrem Leben aus seinem Gesicht zu wischen, es ist nicht
klug, es gefährdet ihr Überleben, aber sie muss es tun, weil die einzige
Rechtfertigung für sie auf dem Boden Blut ist und das noch nicht genügend
geflossen ist, um sie wirklich unten zu halten.
Ihre Augenbraue folgt seinem Beispiel und ihr eigenes
herablassendes Grinsen ist sicher auf ihr Gesicht gepflastert, „Also
diskutieren wir über deine Blondfiktion und die Obsession mit Seherinnen, weil
beides weder neu noch innovativ ist und ich dich immer für einen kreativen
Vampir gehalten habe.“
„Du willst Kreativität, Cor?“ Er legt den Kopf schief und
mustert sie während sie langsam aufsteht und ihm entgegentritt. „Du bekommst
Kreativität, aber nicht in der Form, die dir vorschwebt, obwohl das mit
Sicherheit ebenfalls reizvoll wäre.“
Seine arrogante Zuversicht ist enervierend und sie spürt
wie ihre Sicherheit unter seinem amüsierten Blick schwindet, bricht wie dünnes
Porzellan in seinen Händen, weil er nicht die Kontrolle verloren und sie darauf
gezählt hat, dass er sie niederschlägt.
Er sieht zu siegesgewiss aus, wie jemand, dem ein
Stichwort gegeben wurde und sie mag es nicht, seinem Drehbuch zu folgen oder
seinen Regieanweisungen.
„Ich habe dir noch nicht die Besitzer dieses prachtvollen
Anwesens vorgestellt, oder? Wie unhöflich von mir. Die Haushälterin und der
Butler, die hier lebten, sind leider unpässlich, obwohl Emma so nett war, mich
einzuladen, nachdem sie von deiner schwachen Konstitution und dem Unfall erfahren
hat. Selbst George, der anfangs etwas skeptisch war, konnte dir in deiner
Ohnmacht nicht widerstehen.“
Ihre Schuld, es ist ihre Schuld, dass sie hier in dieser
Villa sind.
Nein, seine.
Der Biss war seine Schuld, ihr Blutverlust war seine
Schuld.
Dass sie das Hyperion hinter sich lassen, war ihre Idee.
Ihre Schuld.
Emma und George ihre Opfer für die Sicherheit ihrer
Familie.
Sie wusste, dass es Opfer geben würde. Wusste sie es
nicht?
„Aber es ist Zeit, dir die eigentliche Familie vorzustellen,
Mrs. und Mr. MacKinsey oder bevorzugst du die Gesellschaft ihrer Tochter Susan
und Thomas? Susan ist für ihre zwölf ein aufgewecktes Kind und sehr hübsch.
Außerdem blond, das weckt Erinnerungen. Und Thomas, der Sohn? Er hat mit seinen
Sechszehn einen jugendlichen Charme, dem man schwer widerstehen kann und ist
das Bildnis des beschützenden großen Bruders. Der Beschützer einer holden Maid
weckt ebenfalls gute Erinnerungen. Also Cor, wer soll es sein? Entscheide dich,
wem soll meine Kreativität zuteil werden?“
Konzentriert sich wieder auf seinen sich bewegenden Mund,
lässt die Worte einwirken.
„Mir.“
„Ich wiederhole mich ungern, also wer soll es sein?“
„Ich.“
Ihre eigene Dummheit verfluchend, besinnt sie sich auf das
zweite Talent, das sie besitzt, ihn von ihrem Standpunkt zu überzeugen, mit
allen Waffen, die sich in ihrem Besitz befinden, die erste hatte sie mit dem
Deal aus der Hand gegeben und die zweite war Betteln, der arrogante Bastard
wusste sowieso, dass er gewonnen hatte.
Sie würde nicht zulassen, dass er Hand an die Familie
legte.
Sie hatte sich am Ende für die Eltern von Susan und Thomas
entschieden, Anna und Joshua, wenn Menschen zu Tode gefoltert wurden, hatte es
die Tendenz, Formalitäten wegzuschmelzen und Differenzen, die MacKindseys waren
Mittvierziger und die einzige Konsequenz ihres Bettelns war ein relativ
schneller Tod für beide.
Angelus war nicht begeistert davon gewesen, dass sie ihren
Magen nicht im Zaum halten konnte und den Boden des väterlichen Schlafzimmers
vollgekotzt hatte, nachdem er nicht einmal über die Aufwärmphase hinaus war.
Gottverdammt, sie waren in Kalifornien, weshalb besaß das
Schlafzimmer einen offenen Kamin? Weshalb hatte Joshua ein Kaminbesteck, das
Angelus im Feuer aufglühen lassen konnte und dieses krankmachende Zischen auf
der Haut verursachte? Weshalb musste er seinen Beruf mit nachhause nehmen in
Form eines antiken Skalpellbesteckes? Es in seinem Regal ausstellen und dessen
Klingen noch scharf genug waren?
Joshua schrie, dass er Anna und die Kinder liebt und es
ihm leid tut, dass er Melissa gebumst hat und seine Midlife-Crisis auf diese
Art ausgelebt hatte, anstatt sich eine Yacht zu kaufen, es ihm leid tut, um die
verlorene Zeit.
Anna schrie, dass sie Joshua und die Kinder liebt und es
nicht wichtig war, dass er eine Affäre mit seiner Krankenschwester hatte, dass
sie ihm verzeiht und es ihr leid tut, um die verlorene Zeit.
Cordelia schrie, dass sie alles tun würde, wenn Angelus
endlich aufhört, Unschuldige zu quälen, warum die Tortur auf Unbeteiligte
ausweiten, wenn er sich an ihr rächen konnte, ihren Körper martern und er gab
ihr nur ein Grinsen.
Und sie saß auf dem kalten Boden mit angezogenen Knien,
unfähig wegzusehen, die Schaulustige einer Katastrophe, die von ihr verursacht
worden war, während der Bettpfosten sich in ihren Rücken drückte und seine
Fesseln sich in ihre Handgelenke schnitten und er seine Aufmerksamkeit zwischen
den beiden hin und hergleiten ließ.
Der blanke Terror des Ehemannes, als Angelus die Frau
blendete und Cordelias Wunsch, dass er ihr anstelle das Augenlicht nahm, sie
ignorierte und Cordelia sich schwor, dass sie nicht mehr zulassen würde, dass
er sie weiterhin ignorieren würde.
Der Geruch von verbranntem Fleisch und Cognac.
Das Flehen an einen tauben Gott um Gnade.
Irgendwann die Frage, ob sie ihre Lektion gelernt hat.
„Kennst du deinen Platz, Cordelia?“
Gott, die Kinder waren im Keller.
„Unter dir, Angelus!“
„Oder auf mir, oder auf den Knien oder gegen die Wand. Um
genau zu sein, was immer ich bevorzuge, Cor, oder ich werde wirklich kreativ.
Und wir befinden uns immer noch im Großraum LA, über 17 Millionen Menschen in
Reichweite, sogar ohne Susan und Thomas. Oder Gunn, Fred, Lorne, Wes, Connor
und dich.“
Ihr Blut auf dem dunklen Marmor des Schlafzimmers, das sie
niederdrückte.
Er hatte darauf bestanden, dass sie gemeinsam duschten.
Schließlich war sie dreckig.
Sie hatte verstanden.
Die Niederlage.
Ihre Schuld.
Die Erinnerung reißt schlagartig ab. Der letzte Teil war
neu, sie hatte sich nicht daran erinnert, aufgestanden zu sein oder ihn
herausgefordert zu haben.
Die Flasche ist noch immer in ihrer Hand und sie stellt
sie ab, das Glas klickt laut gegen den Stein. Langsam und bedächtig löst sie
ihre verkrampften Finger vom Flaschenhals. Ihre Hand zittert und sie starrt
darauf, fast so als ob es ein Fremdkörper ist. Reibt sie gegen ihre Jeans, um
den Schweiß abzuwischen und das Gefühl in ihr zurückzubekommen.
Bringt Abstand zwischen sich und den Cognac-Geruch,
gleitet an dem Stein auf den Boden. Der Geruch von verbrannten Etwas hat sich
in menschliches Fleisch gewandelt und sie legt die Arme eng um ihre Knie,
presst ihren Oberkörper dagegen und wiegt langsam vor und zurück.
Sitzt dann in der Dunkelheit und versucht hart, an nichts
zu denken.
Nicht den Schatten ihr gegenüber zu sehen, der sie
höhnisch auslacht.
Senkt ihre Stirn gegen ihre Knie und atmet durch den Mund.
Versucht nichts zu riechen, das nicht da ist.
Der Plan war sowieso verrückt.
Es ist nicht wichtig, dass er scheitert.
Es ist nicht nötig, dass sie sich erinnert.
Die Schritte, die sich der Tür nähern, sind unsicher und Cordelias erster Gedanke, als sie Spike nach fast drei Jahren wiedersieht, ist, dass er nicht mehr bedrohlich wirkt und ihr Hintern taub ist, weil sie vergessen hat, sich zu bewegen. Stundenlang in der Finsternis auf einen unbestimmten Punkt gestarrt hat, als sie es endlich wagte wieder aufzusehen.
Und das Nicht-Grübeln in der Dunkelheit ist so sehr Angel,
dass es ihr Angst macht.
Sie sich fragt, ob er auch Schatten sieht, die ihn
analysieren und sabotieren.
Oder nur sie.
Tatsächlich Spike nicht wie die Lösung ihres Problems
aussieht, sondern wie jemand der Rettung nötig hat und der Plan in ihrem Kopf
passt sich den Umständen an. Vielleicht kann sie seinen Preis drücken oder
seinen erbärmlichen Zustand zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Eventuell muss sie
nicht bohren und er erzählt ihr freiwillig von seinen Erinnerungen in der
Beschützerrolle von Dru. Schließlich waren es für ihn auch gute Zeiten.
Sie steht steif vom Boden auf.
„Hallo Spike.“ Er wendet sich erstaunt in ihre Richtung
und die Drehung, die sein Körper vollführt, scheint zuviel für seinen
Alkoholpegel zu sein und er schwankt. Versucht seinen Blick zu fokussieren und
Cordelia hat den Eindruck, dass er sich nicht entscheiden kann, auf welche der
Corderlias vor ihm, er sich konzentrieren soll.
„Wer ist da?“
Ihre Augenbrauen fahren zusammen, er sollte sich an sie
erinnern. Wirklich. Es war ja nicht so, als ob er jeden Tag Angel mit heißen
Eisenstangen durchbohrte. Zumindest nicht in jüngster Vergangenheit und in
dieser Rollenverteilung.
„Cordelia.“ Als er nicht reagiert. “Cordelia Chase.” Immer
noch kein Wiedererkennen. “Angels Seherin?“
„Ah, der Cheerleader, Angelus hatte Pläne für dich,
damals.“ Und er driftet in Schweigen und sie beißt sich auf die Unterlippe,
weil sie die Hysterie in sich behalten will, ebenso wie Ironie. Weil das ihre
Eröffnungslinie ist und sie noch nicht bereit dafür und sich fragt, ob sie es
jemals sein wird und so starrt sie ihn an und verbraucht all ihre Energie
damit, dass sie nicht wie ein Reh im Scheinwerferlicht des heranrasenden Trucks
aussieht, sondern wie eine Eiskönigin und wartet. Wieder einmal.
Wartet auf den Klick, die Wut, die Eingebung, den
Zusammenbruch, den Aufschlag.
Wartet und Spike ist ebenfalls gut im Warten geworden.
Aber nicht so gut wie sie und Cordelia bemerkt, wie er langsam aus der
Vergangenheit in die Gegenwart zurückkommt und sein betrunkener Blick sich
schärft, bis es schwer ist, sich ihm zu entziehen. Es gibt sehr wenige
Erklärungen, die ihr Hiersein begründen. Die sie zurück nach Sunnydale führen
können, ausgerechnet in seine Gesellschaft und sie hatte ernsthaft gedacht, das
sich Gerüchte in der Unterwelt schneller verbreiten. Das hier wichtig war, auf
einer Skale, die über ihre eigene kleine Welt und LA hinausging und er ein
wenig vorbereitet für ihre Fragen war.
Aber Spike setzt die Teile selbst zusammen und sie
schweigt, versucht jeden Ausdruck von ihrem Gesicht zu verbannen und
unangreifbar zu wirken. Schließlich fährt er nüchtern fort, „Er hat seine Pläne
für dich in die Tat umgesetzt?“
Sie nickt und die Bewegung ist ruckartig.
„Aber nicht in letzter Zeit.“ Sie blickt ihn nur ruhig an
und er tippt auf seine Nase, während er näher kommt. „Deshalb habe ich dich
nicht wiedererkannt, sensorisches Gedächtnis und Geruch ist eine der stärksten
Komponenten davon. Du warst das letzte Mal in seinen eingehüllt wie in ein
schlechtes Aftershave, plus du hast dich verändert. Nicht nur deine Haare. “
Die Augen zu Schlitzen verengt, „Halbdämonin?“
„Ja.“
„Für ihn?“
„Nein, für mein Überleben. Die Visionen waren nicht für
einen menschlichen Körper bestimmt und mein Gehirn über eine Wand verteilt, war
nicht wirklich eine Option.“ Das hier war sicherer Grund, alltäglicher Schmerz,
die gute Seite davon, das was es wert war und kostbar.
Er gibt ihr keine Geste der Zustimmung, blickt sie nur
ebenso ausdruckslos an. Sie stellt fest, dass sie diese Miene nicht mag.
Cordelia schluckt und konzentriert sich auf ihr Anliegen, „Spike, ich bin hier
um dich um einen Gefallen zu bitten, natürlich bezahle ich auch.“
Sie dreht sich fahrig zu den Papiertüten und verteilt
deren Inhalt hektisch auf dem Steindeckel, schiebt die geöffnete Cognacflasche
zur Seite und beginnt die Sachen auszubreiten. Bringt Whiskeyflaschen,
Zigarettenstangen, Blutkonserven zum Vorschein. „Ich habe auch Geld, das
ich...“
Er unterbricht, „Wenn du willst, dass ich meinen Grand
Sire langsam töte, dann reicht ein Wort, Pet.“
Sie erstarrt, schließt die Augen und stellt sich das
blutige Szenario vor und es ist so einfach, so verführerisch nur eine Silbe und
keine weiteren Erklärungen. Sie weiß, dass Spike sie zusehen lassen würde. Sie
weiß, dass es Angel zuwider wäre. Er sich trotzdem ihrem Wunsch fügen, weil ein
Teil von ihm ihr die Augen geöffnet hat für das abgrundtief Böse und sein
langsamer Tod unter Folter, das Ende eines Albtraumes für sie beide wäre. Vor
allem für ihn, er will kein Mitleid und kein Verständnis und er bekommt es
nicht in dem gleichen Maße wie sie. Aber er bekommt ebenso wenig die
Bestrafung, die ihm vorschwebt für seine Vergehen und Spike könnte diesen Teil
seines Wunsches erfüllen.
Könnte sie beide erlösen. Aber nicht vollständig.
Sie kann das ‚Ja’ auf ihrer Zunge schmecken und es fühlt sich gut an. Zu gut. Blutlust. Blutdurst. Und sie stützt sich auf den Sarkophag und atmet. Einen Zug um den anderen, während der Weinbrandgeruch ihre Nase füllt, ihre Sinne versengt. Kämpft das Ja hinunter, dorthin wo es sich in guter Gesellschaft mit den anderen Jas befindet, die Wes, Lorne, Gunn und Angel in ihr hervorgebracht haben.
Und würgt dann ein „Nein!” hervor, schmeckt dieselbe
Bitterkeit des Wortes. Fühlt die Taubheit, die sich in ihr wieder aufbaut, fährt
zusammen als Spike ihr die Hand auf die Schulter legt und wundert sich kurz,
weshalb die Berührung in ihr nicht das Gefühl von Beschmutzung weckt. Bis ihr
einfällt, dass er genauso dreckig ist wie sie. Wahrscheinlich noch viel
dreckiger. Dass sie ihn nicht verunreinigen wird und kann durch den Kontakt mit
ihr. Ihre Jeansjacke die Kälte seiner Hand abfängt.
Es sich menschlich anfühlt. Aber nicht zu sehr.
„Wenn es keine Rache ist, die dich hierher geführt hat,
was dann?“ Die Frage ist in einem bedachten Tonfall gestellt und sie öffnet die
Augen und dreht sich zu ihm. Lehnt gegen den Steinsarkophag, weil ihre Knie
weich sind und überkreuzt die Arme. „Was willst du von mir, Cordelia?“
„Erinnerungen.“
„Erinnerungen?“, perplex, bis er versteht. „Wie lange
warst du in seiner Gewalt?“
„Drei Tage.“
Seine Augen verlassen ihr Gesicht und es dauert einen
Moment, bis er weiterspricht. Zurückkommt. „Das ist eine ziemlich lange Zeit
selbst für die LA-Crew, weshalb hat es solange gedauert, bis er wieder beseelt
war? Und da die Scoobies in glücklicher Unwissenheit über das Wiederauftauchen
von Angelus sind, gehe ich davon aus, dass ihr den Part selbst in die Hand
genommen habt. Aber weshalb drei Tage?“
Sie ist nicht bereit, die Schuld für ihr Versagen, ihren Freunden anzurechnen, „Keiner wusste, dass er frei war, keiner außer mir. Er sagte Fred, dass wir uns um eine Vision kümmern, die uns länger beschäftigen würde. Außerhalb von LA, nichts um das man sich Sorgen machen müsste, aber eben zeitaufwendig. Dass wir danach uns vielleicht noch ein paar Tage Kurzurlaub gönnen würden und sie solle sich um Connor kümmern und den Rest der Fanggang informieren. Außerdem haben mich meine Visionen früher mitgenommen, so war es für Fred logisch, dass er die Wahrheit sagte und sie ihn nicht weiter in Frage stellte.“ Cordelia fängt ihren Wortschwall ein, als sie bemerkt, dass sie sich mehr wie Fred anhört, als nach sich selbst.
Cordelia Chase babbelt nicht sinnlos, um die Stille zu
füllen.
Schließt wortkarger und fester, „Du weißt, wie charmant
und überzeugend er sein kann, wenn er nicht von seinem Gewissen belastet wird.“
Keine Bestätigung ihres letzten Statements, nur dieselbe
leise Anschuldigung, die sie von Wesley zu hören bekam. Und vielleicht war es
diesmal ebenso wenig eine als zu jener Zeit, aber es klingt nach einem Vorwurf.
„Du hast bei seiner Flucht mitgeholfen?“
Die Antwort war dieselbe, „Keine Wahl. Es war entweder
schauspielern oder Fred und Connors Leben aufs Spiel setzen und der Einsatz war
mir zu hoch.“ Der defensive Ton hört sich zu verantwortlich an.
(Ihre Wahl:
George, Emma, Joshua, Anna im Gegenzug für Lorne, Fred,
Gunn, Wes.
Susan und Thomas für Connor und sie.
Sie waren schon tot, als sie sich für die Eltern
entschied. Er log ohne Seele besser. Sie hatte es nur vergessen. So wie sie
vergessen hatte, dass er sie kannte. Er wusste, dass sie sich für die Eltern
entscheiden würde. Sie hatte nie eine Chance gehabt, die Familie zu retten.)
Nach einem Moment fährt sie sachlicher, als bei ihrer Konfrontation mit Wes fort, „Ich ging davon aus, dass sie es erfahren würden. Die Seele eines Champions geht nicht wirklich unbeachtet ins Jenseits und die mystischen Wellen, die es verursacht, würden ihnen früher oder später zu Ohren kommen, schließlich haben wir mystische Kontakte in LA. Das war eine risikolosere Chance, als ihnen eine Mitteilung zuzustecken oder die Heldin zu spielen.“
„An was kannst du dich erinnern?“ Der Themenwechsel ist
ihr zu sprunghaft und sie überlegt einen Moment, versucht die chaotische Zeit
in Tage und Stunden zu ordnen.
„Die ersten beiden Nächte und dann erst wieder an Dinge,
die stattfanden nachdem er seine Seele wiederhatte.“
„Dir fehlt also ein Tag?“ Zu sanftmütig, zu wenig der
sarkastische Spike, an den sie sich erinnern kann und das macht sie nervös,
weil sie mit Kälte gerechnet hat und darauf gezählt. Weil sie damit umgehen
kann, aber nicht hiermit. Nicht mit Mitgefühl. Er hat kein Anrecht mitfühlend
zu sein, wusste er das nicht?
„Nein, zwei.“ Und er reibt sich über die Stirn und
schließt müde die Augen und schweigt. Der Restalkohol scheint anzuschlagen,
weil er kraftlos wirkt und abgelebt. Die Frau im Spiegel hat ihren Partner
gefunden.
„Spike?“ Sie ist wirklich nicht bereit zu betteln, aber
der Ton hat sich in ihre Stimme geschlichen und ihre Fingernägel krallen sich
in den Deminstoff ihrer Jacke, um nicht den Aufschlag seines Ledermantels zu
greifen und den Eindruck von verzweifelter Weiblichkeit zu vollenden. „Spike,
kannst du mir helfen? Komm schon, du weißt am besten, was seine favorisierten
Methoden waren, um seine Opfer zu brechen und ich bezahle dich gut. Sogar sehr
gut für die Informationen, die du mir geben kannst. Für jede Info.“
„Was war seine Prämisse? Wenn wollte er brechen?“
Die Antwort ist einfach, „Angel und mich.”
Das hat seine Aufmerksamkeit und sie ist fast gewillt zu
lächeln, weil es kurz so aussieht, als ob sie ein Geschäft haben, bis sie seine
Frage und die dazugehörende Ausführung hört, weil Spike versteht und ihre Knie
noch weicher werden. „Die Seele? Der Bastard wollte seine eigene Seele brechen? Das
ist – krank, selbst für Angelus. Und ziemlich genial.“
Cordelia weiß, warum es genial ist und sie erinnert sich
an die Zeit, bevor sie verstanden hat, um was es ihm ging.
Vor dem Deal, als es nur Verwirrung und Schock für sie
war.
Geistige Verweigerung.
All used and beaten up.
Sie liegt still und die Decke hat nichts von ihrer
Faszination eingebüßt. Jetzt da sie sich nicht mehr bewegt, kann sie eine
genauere Musterung durchführen und wundert sich über all die Flecken, die sie
bei ihren früheren Besuchen übersehen hat. Die den Raum seiner Wärme und
heimeligen Charmes berauben. Sie weiß, dass es wichtigeres in diesem Raum zu
bewundern gab als die Decke. Connors unschuldig blaue Babyaugen und Angels
warme braune. Die Stille ist unnatürlich und weckt Panik in ihr und so
konzentriert sie sich auf die Decke.
Weil das besser ist, als die Alternativen.
Der braune Wasserfleck rechts über ihr erinnert sie an ein surrealistisches Gemälde, sie versucht einen Künstler zu zuordnen und scheitert. Sie hat den Vorträgen der Führung im Louvre nicht wirklich Beachtung geschenkt, sondern stillschweigend ihren Vater verflucht, der ihr die Kunsttour aufgebrummt hat, bevor sie überhaupt an Shopping denken konnte. Und Shopping in Paris war ein zu guter Ausgangspunkt, um ihn durch bockigen Ungehorsam zu verlieren und für den nächsten Schritt in der Eroberung der Sunnydale High essentiell und so war ihr Kopf voll von Haute Couture und Designerklamotten, während sie die klimatisierte Luft des Museums einatmete, denn sie war Sechszehn und sorgenlos.
Cordelia wünscht sich für einen Moment dieses Gefühl
zurück und sie weiß, dass sie damals ebenso wenig perfekt glücklich war, aber
zumindest war sie auch nicht perfekt unglücklich.
Ihr Leben ist das in Extremen und diese Nacht nur ein
weiterer Höhepunkt in einer traurigen Bilanz von Misserfolgen und Rückschlägen.
Seltsam, dass sie sich nicht an die Erfolge und Siege erinnern kann, wenn für
Angel ein perfekter Moment erst so kurze Zeit zurückliegt. Sollte sie sich
nicht ebenfalls daran erinnern. Wäre es nicht fair, wenn es so einschneidend in
ihrer Existenz war?
Stattdessen macht sie sich Gedanken darüber, dass die
Decke gestrichen werden sollte, damit sie nicht von dem Gedanken in den
Wahnsinn getrieben wird, wie der Künstler hieß, an dessen Gemälde sie dieser
verwünschte Fleck erinnert. Und sie hat eine lange Zeit nicht mehr an Paris und
diese Tage zurückgedacht, als die Monster unter ihrem Bett nichts weiter als kindliche
Einbildung waren. Oder auch nicht. Sie weiß, dass sie Angel jetzt fragen würde,
wie oft er in Paris war in seinem langen Leben, in welchen Jahrzehnten und er
würde ihr Antworten geben, die zensierten und harmlosen Antworten, die er die
meiste Zeit für sie bereit hält.
Die Halbwahrheiten, die komfortable sind und kein Blut und
keine Folter enthalten, weil es nicht ihre Frage war, wie viele Opfer er in
dieser Zeit gejagt und beendet hat und er es weiß. Sie die lebendigen
Geschichtsstunden liebt, in denen er ihr von seiner Sicht der Weltereignisse
erzählt und die keine staubigen Bücher beinhalten und lehrreicher als die im
College sind, zumindest geht sie davon aus.
Sie lacht beinahe über das Paradox, weil sie im Moment
Geschichte lebt.
Ihr Angel ist nicht hier und die Stunden sind unzensiert.
Und ist das nicht lustig? Nicht in dem Ha-ha-Sinne,
sondern auf diese zynische Weise auf die Die Mächte der Ewigkeit sie regelmäßig
ficken? Angels Leben zerstören und sie will nicht mehr Schuld auf seine Schultern
laden.
Sie weiß, dass sie es getan hat.
Aber er hat ihr auch nie den feinen Unterschied in seinem
Fluch klargemacht, der sie hierher führte und sie verflucht ihn dafür. Sie
dachte es wäre Sex mit Liebe, nachdem Connor der Beweis war, dass es nicht nur
Sex war. Sie wäre vorsichtiger gewesen, wenn sie geahnt hätte, dass es Liebe
mit Akzeptanz war. Sie konzentriert sich wieder auf die Decke, versucht das
Gewicht auf ihr auszublenden, das sie in die Matratze drückt und ihr das
Luftholen erschwert.
Totes Gewicht und sie starrt geradeaus, weil sie die
Tränen nicht gehen lassen will.
Weil sie die Schreie nicht frei lassen kann.
Das lose Ende der Tapete ist interessant genug, das sich
langsam der Schwerkraft ergibt, so wie der Rest. Sie ist sich sicher, dass
nicht nur sein kalter Samen zwischen ihren Schenkel langsam auf die Matratze
fließt, sondern ebenso Blut. Ihr Blut. Beinahe lächelt sie bei dem Gedanken,
weil sie seit ihrer Dämonisierung nicht mehr ihre Periode hatte und Angel
beinahe enttäuscht war, als er es endlich begriffen hatte, dass ihr weiblicher
Zyklus ein weiteres Opfer ihrer Menschlichkeit war.
Oder der Preis für ihre Dämonisierung.
Sie will sich nicht wirklich vorstellen, was seine
Enttäuschung hervorgerufen hat. Okay, sie weiß genau, was seine Enttäuschung
begründet hat. Aber es ist einfacher sich darüber Gedanken zu machen, dass sie
meinte, dass es cool wäre, dass sie das Badezimmer jetzt tatsächlich nur noch
zum Schminken und Duschen aufsuchen musste und sonst nichts. Es soviel mehr
ihrem Stil entsprach und Wesley es faszinierend fand, weil sie immer noch auf
Essen und Trinken angewiesen war und er den Dämon in ihr, immer noch nicht
bestimmen konnte.
Er Angel bei einer dieser Diskussionen fragte, ob er eine
weitere Veränderung feststellen konnte, beispielsweise im Geruch und dieser
unter Stottern ihren fehlenden Zyklus erwähnte und die beiden erwachsenen,
kampferprobten Männer vor Scham knallrot wurden. Fred neugierig war, Gunn sich
verabschiedete, Wes seine Gläser putzte und Angel mit den Schatten verschmolz,
während sie ein lautstarkes ‚Pfft’ von sich gab und ein ‚Als ob ich vermissen
würde, dass Angel entweder zu nahe oder zu weit weg von mir in diesen Tagen
steht. Und ja, Kuschelvampir, es war schwer genug zu ignorieren in der Vergangenheit.’
Fred große Augen machte und in ihrer Naivität und Neugier fragte, weshalb er
bei ihrer Monatsblutung nicht in ihrer Nähe herumstreifte und Wes aussah, wie
ein Fisch auf dem Trockenen, Angel versuchte eins mit dem Bücherregal zu
werden, nachdem der Boden sich nicht einfach unter ihm aufgetan hatte und
Cordelia die beiden aus ihrer Misere erlöste, indem sie Fred in die Küche
beförderte und mit Essen ablenkte.
Cordelia diese Frage im Nachhinein beschäftigte und ihre
Konklusion ein großes, fettes ‚Ewww!’ war.
Sie weiß, dass Angel nie wollte, dass sie so für ihn
blutet.
Selbst der Gedanke an Angels Scham besser ist als die
Gegenwart.
Denn sie hat niemals vergessen, dass er ein Vampir ist, es
wurde nur mit der Zeit immer unwichtiger, bis es ein Fakt in ihrem Verstand
war. So wie Wes’ Wächterstatus oder ihrer als Seherin. Nichts Besonderes.
Nichts worüber man sich Sorgen machen muss. Nur eine Stärke, keine Schwäche und
sie bereut. Jetzt.
So wie sie bereut, dass sie nach ihrer Dämonenschwangerschaft
vor mehr als zwei Jahren dem Sex abgeschworen und nicht den Mut hatte einen
Dildo zu bestellen oder etwas anderes als ihre Finger zu benutzen, denn sie war
eng wie eine Jungfrau und soviel trockener dieses Mal. Sie wusste nicht, dass
Blut ebenso gut als Gleitmittel fungieren kann, wenn es so offen fließt.
Eine Tatsache, die ihm nicht unbekannt war.
Und sie hat das Gefühl, dass er wieder hart wird, was
unmöglich ist, aber sie weiß nicht, wie lange ihre Aufmerksamkeit von der Decke
gefangen war. Er beginnt wieder sich zu bewegen und sie beißt auf ihre
Unterlippe, um das erbärmliche Winseln zu unterdrücken und er löst sein Gesicht
aus ihrem Nacken und stützt sich auf seine Ellbogen. Sie verflucht seine
gesteigerten Sinne, er hat das Winseln ebenso gehört, wie er ihre Angst riechen
kann und ihre Panik sehen. Fühlen. Wie ein eigenes Lebewesen unter ihrer Haut,
das mit der Verzweiflung an Stärke gewinnt und sie zu einem Körper macht, der
nur nach Flucht schreit.
Sein Blick merkwürdig fokussiert auf ihr Gesicht und sie
ist nicht sicher, ob er sie überhaupt wahrnimmt oder nur ihre Wärme und Furcht.
Schwebt über ihr wie ein Todesengel und sie wundert sich, wie oft er Tod war
und wie oft ein Engel und ob es wichtig ist, weil es sie nicht den Schmerz in ihrem
Unterleib vergessen lässt.
Oder seine Hand auf ihrer Brust oder seine Lippen auf
ihrem Mund.
Sie ahnt, dass er ihr gegenüber rücksichtsvoller ist, wie
den meisten seiner Opfer der Vergangenheit. Sie weiß auch warum, denn eine
zerbrochene Puppe ist nicht auf Dauer unterhaltsam und sie ist für sein
Vergnügen da und seinen Hass auf die Seele. Es muss für ihn erstaunlich gewesen
sein, ohne Sex frei zubrechen und zum ersten Mal fragt sie sich, was das für
sie bedeutet. Für ihr Leben oder was davon übrig ist, aber sie stellt keine
Fragen und er ist nicht bereit für Worte. Noch nicht.
Legt stattdessen ihre Knie über seine Schulter und stößt
tiefer.
Sie presst die Augen zu, in dem Versuch die Tränen
zurückzuhalten und den Schmerz auszuschließen, ihn auszuschließen und das was
er mit ihrem Körper macht. Weil es beginnt real zu werden und das nicht sein
darf. Ihre Albträume Angelus betreffend hatten zwar viele Variationen, aber
nicht diese harten Bewegungen in ihr und das macht ihr Angst, weil wenn es echt
ist, dann ist es wahr und dann ist sie so gut wie tot.
So wie der Rest ihrer Welt.
Was ihren Geburtstag in ein interessantes Licht stellt und
die Mächte. Vielleicht ist sie nie aus dem Koma erwacht und in der Hölle, weil
sie das Leben abgelehnt hatte, welches die Mächte für sie bestimmt hatten.
Vielleicht kann sie an Ort weit weg gelangen, über den sie in Zeitschriften und
Wächtertagebüchern gelesen hat, der es wieder unreal machen kann und einfacher
zu ertragen. Wenn sie sich nur hart genug auf dieses vage Ziel konzentriert.
Aber sie hat ultimative Sicherheit immer mit Angel gleichgesetzt und das wird
ihr jetzt zum Verhängnis, weil er gleich riecht, sich gleich anhört und gleich
aussieht. Weil er sich ebenso gleich anfühlt und sie oft genug seine Wunden versorgt
hat und mit ihm trainiert, um diesen Fakt blind zu verifizieren.
Weil es hier nicht sicher für sie ist und er nicht ihr
Fels in der Brandung.
Er sie aufreibt und zermahlt unter sich ohne die Weichheit
des Wassers.
Cordelia an Gischt, Wellenbrecher und Sand denkt und weiß,
wer am Ende gewinnt.
Wer diesen ewigen Kreislauf immer triumphiert.
Sein harsches Kommando bringt ihren Fokus vollkommen
zurück auf ihn. Zurück ins Jetzt. „Sieh mich an, wag es nicht wegzusehen, Cor.
Erinnere dich später, wer dir das hier antut.“
Sie wird sich erinnern, an alles. Auch ohne seine Warnung.
Er spült sie aus und sie schmeckt Salz und es ist okay und
sie kann damit leben, weil ihre Gedanken konfus sind, so wie ihre instinktiven
Abwehrreaktionen, um ihm nicht noch tieferen Zugang zu gewähren. Die Tränen
fließen jetzt frei, aber sie bleibt stumm, nichts weiter als die natürliche
Reaktion auf Schmerz. Kein Schluchzen und kein Betteln, um mehr Gnade, wie er
ihr freiwillig zugesteht. Kein Zeichen von Schwäche.
Sein Griff um ihre Handgelenkte verstärkt sich. Sie fragt
sich, ob diese Knochen als erstes dem unnatürlichen Druck seiner Finger
nachgeben und konzentriert sich darauf. Die Hitze in ihrem Unterleib steigt mit
jedem tiefen Stoß und sie weiß, dass sie nicht auf einen Orgasmus zusteuert,
sondern auf das was ihr Körper ertragen kann. Sie war vorher schon wund, nun
fühlt es sich an, als ob er sie aufreißen würde.
Sand im Getriebe der Zeit und sie weiß nicht, warum der
Gedanke lustig ist.
So wie das Salz in ihrer Kehle eigentlich bitter sein
sollte und nicht nach Meer schmecken und sein Kuss raubt ihr den Atmen und zwar
wortwörtlich und sie hofft, dass sie ohnmächtig wird. Untergeht. Denkt an
Meerjungfrauen und Ozeane. Denkt ihr Verstand zerfließt wie ein Aquarell und
sie weiß, dass dies seine Art von Kunst ist und sie schnappt nach Luft.
Verdammt seien ihre sexfreien Jahre. Verdammt sei seine
Größe. Verdammt sei ihre unkomplizierte Freundschaft. Verdammt sei er.
Sie ist sich nicht sicher, ob sie Angel oder Angelus
meint.
Sie ist nicht sicher, ob es sie noch kümmert.
Spikes Hände auf ihren Oberarmen gleichen Schraubstöcken
und sie wundert sich, wann er begonnen hat, sie zu schütteln. Ihr Blick geht
zurück in sein Gesicht und sie bringt ein, „Was zur Hölle fasst du mich an?“,
hervor, das ihn wieder auf Abstand bringt.
„Du bist für die letzten Minuten ausgezoomt, Cheerleader
und auch wenn dein Körper eine erstaunliche Sprache hat, fand ich es an der
Zeit, dass wir die Unterhaltung wieder zweiseitig machen. Hier ist der Deal!“
Und Cordelia zuckt bei der letzten Phrase zusammen und zu
gefangen in ihren eigenen, nach innen gerichteten Flüchen über ihre
Überempfindlichkeit, überhört sie fast seine Korrektion, „Das Geschäft, okay?
Hier ist das Geschäft.“
Sie nickt geistesabwesend.
„Wir beide gehen zusammen auf einen Road Trip Richtung New
York, ich kenne dort einen Schamanen, der dir in deiner Situation hilfreich
sein kann. Du kommst für den Sprit und sonstige Unkosten auf. Du versuchst
nicht wieder auszuzoomen, weil das angsteinflößend ist, selbst für mich. Du
versuchst weder dich noch mich unterwegs umzubringen, weil ich keinen Bock habe
deinen Bodyguard zu spielen und noch weniger deinen Babysitter. Du bekommst
keine Antworten von mir, bevor wir bei meinem Hexenmeister waren, denn ich gehe
davon aus, dass er dir alle Antworten liefern kann, die du suchst. Wir fahren
heute Nacht los. Besser gesagt jetzt, du fährst tagsüber, ich nachts. Okay?“
„Okay.“ Der Handschlag besiegelt das Geschäft. Nach einem
Moment, „Oh, mit was fahren wir? Ich bin mit dem Bus hierher gekommen, Spike.“
„Ich nicht, Pet!“ Damit packt er den Inhalt ihrer
Papiertüten wieder ein und gibt ihr dann ein Zeichen ihm zu folgen. Die
Cognacflasche bleibt einsam auf dem Sarkophag stehen. Den Rucksack schulternd
folgt sie ihm aus der ausgebombten Gruft, zielsicher beginnt er Richtung Süden
über den Friedhof zu laufen und Cordelia versucht sich ins Gedächtnis zu rufen,
warum es keine gute Idee war einem Vampir zu vertrauen.
Oder ihm blind zu folgen.
Aber nach all dem Bullshit, den sie in den letzten Monaten
durchgemacht hat, war sie sich über eine Tatsache bewusst. Die Seele machte den
Unterschied aus und faktisch waren es bisher immer Vampire, die unter dem
Einfluss einer Seele standen oder deren Nachwirkung, die sie am tiefsten
verletzt hatten. Darla. Angelus.
Sie war fast froh, dass Spike seelenlos war und wie krank war das von ihr? Und
wirklich, wie sehr kümmerte es sie?
Sie sind am südlichen Rand des Friedhofes, als sie Spikes,
„Mein Baby!“, ausmacht, um ihn einen Moment später Äste und Grünzeug aus dem
Weg befördern zu sehen. Als sie schließlich den schwarzen Oldtimer vor sich
sieht, kommen ihr die ersten Zweifel an ihrem Geschäft. Der Wagen sieht aus,
als ob er nicht einmal starten würde, ganz zu schweigen davon, dass er eine
Fahrt nach New York überstehen sollte.
„Ähm, Spike, bist du sicher, dass wir nicht doch den Bus
nehmen sollen?“ Aber er ist schon hinters Steuer verschwunden und zu ihrem
Erstaunen röhrt der Motor tatsächlich ohne einen Fehlstart durch die Nacht.
Die Beifahrertür geht auf, „Meine Lady, einsteigen und
keine Beschwerden über meinen DeSoto! Sie schnurrt zuverlässiger, als jede Frau
in meinem Unleben.“
„Sag mir, dass das kein Blut auf dem Rücksitz ist und sag
es so, dass ich es dir glauben kann.“
Er gibt ihr ein Raubtierlächeln, bevor er artig, wenn auch
nicht überzeugend wiederholt, „Das ist kein Blut auf dem Rücksitz, Cordelia,
auch wenn es dir mit deinen halbdämonischen Augen unmöglich sein sollte, in
dieser Dunkelheit überhaupt einen Fleck auszumachen!“ Ihre Augenbraue schießt
hoch.
„Komm schon, wir haben ein Geschäft und ich kann es kaum
erwarten Sunnyhell für den Augenblick hinter mir zu lassen. Genug
‚Hau-den-Spike’ für dieses Jahr und yeah, ich bin mir ebenfalls darüber
bewusst, dass es gerade Mal Juli ist, sagt dies nichts über die Vorverurteilung
von Dämonen hier aus? Vielleicht sollten wir eine Petition starten, um den
Slayer auf den Umstand aufmerksam zu machen. Nicht dass es sie kümmern würde
oder ihr kaltes Herz erwärmen, schließlich ist sie auf der Suche nach ihren
Gefühlen und nicht Beistand. Aber wer weiß, vielleicht würde sie der
Bittschrift Aufmerksamkeit geben, wenn ich sie mit ‚In Liebe, William’
unterschreibe.“
„Sag mir, dass du heute Nacht nur getrunken hast, Spike
und keine Drogen oder ähnliches zu dir genommen hast!“ Die einzige Antwort ist
das Heben seiner Augenbraue mit Narbe, ein noch breiteres Lächeln und die
einladend entgegengestreckte Hand. Das konnte ja heiter werden.
Weshalb lächelte sie noch mal zurück? Weil es richtig
erschien und nicht von ihr erwartet wurde. Weil es ihn nicht kümmerte. Weil er
es so einfach für sie machte, zu vergessen wer sie war und warum sie hier war.
Für den Augenblick sie sich jung und unberührt vorkam. Am
Anfang einer großen Reise.
Als ob sich ihr nichts in der Welt entgegenstellen konnte
oder ihm. Als ob sie nicht zerschmettert liegengelassen worden war. Als ob sie
nicht eine Vergangenheit suchte, die sich ihr immer wieder entzog.
Seine blauen Augen erinnerten sie in ihrer Intensität an
Wesleys und der einzige Unterschied sind die gelebten Jahre in ihnen und Spikes
Weisheit war geschliffen durch diese. Cordelia wurde sich zum ersten Mal
darüber bewusst, dass der Vampir vor ihr klug war, intelligent genug um
Angelus’ Tortur zu überleben und aus dessen Schatten zu einem Meistervampir
seiner eigenen Klasse zu wachsen. Das was sie wollte, ausgenommen den
Meistervampir-Part.
„Komm schon, Cordelia, bringen wir das Baby auf die
Straße.“
Sie nickt, „Bringen wir das Monster auf die Straße.“
Und sie nimmt die entgegengestreckte Hand endlich an und
steigt ein, diesmal fühlt es sich weniger wie ein Geschäft an, sondern mehr
nach einem Versprechen.
Sie wollte überleben. Sie wollte gewinnen.
Und Spike hatte zurzeit nichts Besseres vor, als ihr dabei
zu helfen.
Sie ist dankbar dafür.
Watching
fate
as it flows down
Die Träume begannen mit dem Trip und sie war nicht
sicher, ob es ein gutes Zeichen war oder sie einfach den Rest ihres Verstandes
verlor. Aber Spikes Sorglosigkeit ihnen gegenüber war genug Bestätigung, um sie
nicht zu bekämpfen. Sie lässt sie kommen. Einen nach dem anderen, sich
ausspielen und wiederholen in einer seltsamen Choreographie ihres brüchigen
Geistes.
Ereignisse, die stattgefunden hatte oder nicht oder
anders oder gleich, wie in ihren wirren Träumen. Phantasien über eine frühere
Rettung und Illusionen darüber, dass sie nie entkommen ist und ihre Familie ihr
Gesellschaft leistet in Angelus Folterkammer, zusammen mit Angel. Bilder, die
sie mit wildem Herzrasen in die Realität entlassen, nur um sie in Frage zu
stellen, ob sie hier sein kann. Mit Spike in einem Oldtimer. Richtung Osten. Ob
sie verrückt ist und das nur das Produkt ihrer Einbildung. Ihrer konstruierten
Welt, um Angelus zu entwischen, dorthin, wohin er ihr nicht folgen kann. Sie
unberührt ist. In ihren Kopf.
Aber egal, wie oft sie in einer Nacht aufschreckt,
sie wird immer von dem monotonen Brummen des Motors empfangen, leiser Rockmusik
und den Vibrationen der Straße. Der Dunkelheit der Rückbank und dem Geruch von
Leder, Whiskey und Rauch.
Irgendwann wird es vertraut. Sie glaubt, dass sie
Da ist.
Zweifelt es nicht mehr an.
Kommt im Hier an.
Als sie in der dritten Nacht wieder einmal heiser,
mit tränennassem Gesicht und verschwitzt aufwacht, schlägt Spike nur vor, dass
sie vor Sonnenaufgang ein Motel suchen, damit sie duschen und in einem Bett
schlafen kann. Sie nickt und kriecht auf den Vordersitz, ihr Verstand zu
aufgewühlt, um auch nur einen weiteren Versuch mit traumbelastetem Schlaf zu
probieren.
Sie lässt die Wüste an sich vorbeisausen in einer
grauen Legierung, nicht die mangelnde Aussicht vermissend, die schwarz
lackierten Scheiben sind luxuriöse Deckung, halten die Welt draußen, während
sie versucht ihre Gefühle drinnen zu behalten. Nicht zu schreien. Nicht zu
weinen. Nicht ohne ihre Träume als Katalysator dafür.
Die Brise von dem heruntergelassenen Fahrerfenster
ist angenehm auf ihrem Gesicht, einen Moment ist sie geneigt, ihre Jacke
auszuziehen, was sie auf einen anderen Gedanken bringt. Ihre mangelnde
Garderobe. Es wird Zeit einige Dinge einzukaufen, der Inhalt ihres Rucksackes
ist erschöpft. Sie kann sich die verwunderten Blicke der Verkäuferinnen
vorstellen, die sie einfangen wird, wenn sie Mitten im Hochsommer nach langen
Jeans und Rollkragenpullis verlangt. Vielleicht ist es Zeit, dass sie gewagt
wird und Stehkragenblusen ausprobiert oder Seidenschals.
Vielleicht kann sie mit Spike die Aufgaben tauschen
und er geht für sie einkaufen, während sie ihm Blut besorgt. Irgendwie
erscheint der verdutzte Blick des Metzgers einfacher zu sein, als sich bewusst
für Kleidung zu entscheiden, die ihr früheres Selbst verachtet hätte. Sie hat
nicht damit gerechnet, mehr als zwei Tage unterwegs zu sein und ihr Plan sich
für die restliche Zeit allein in ihrer Wohnung zu verbarrikadieren, um sich mit
den Erkenntnissen auseinander zusetzen, die Spike ihr offenbaren würde, hat
sich als überholt erwiesen.
Spike dreht den Kassettenrekorder lauter und die
Band ist ihr unbekannt, schnell, hart und aggressiv. Keine ausgefeilte
Popmusik, die sie normalerweise bevorzugte, aber das hier sprach die neue Frau
an, die sie in ihr Leben gelassen hatte. Nicht wirklich sicher, ob sie eine
weitere Liebesballade in diesem Jahrzehnt ertragen konnte und ihr fällt erst
jetzt auf, wie leise es in ihrem Leben geworden ist, seit dem
Angelus-Zwischenfall.
Keine Musik. Kein Fernsehen in ihrem Apartment.
Nur die Geräusche, die Wes und Dennis produzierten,
während sie auf leisen Sohlen durch ihre Wohnung schwebten in dem Versuch, ihre
Unruhe nicht zu stören. Der Lärm der Dusche war die einzige Unterbrechung der
monotonen Stille.
Ihre Fingerspitzen wippen im schnellen Takt der
Musik, zeichnen zufällige Muster auf die Fensterscheibe und ihren Oberschenkel.
Sie mag den Lärm, nicht sicher, ob Musik zutreffend ist und ihre Stirn gegen
das Fenster gelehnt ist es fast friedvoll, abgesehen davon, dass der Leadsänger
etwas davon schreit, dass sie alle brennen sollen.
Aber die Scheibe ist kühl und die Welt brennt
nicht. Nur sie.
Cordelia ist müde, aber die Erschöpfung, die sie
seit Wochen niederdrückte, ist weniger geworden und sie überlegt, ob es an den
Träumen liegt. Sie kann sich nicht erinnern, dass sie in der Zeit danach
geträumt hat, obwohl sie geschlafen hat, fast komatös war, zwischen den Duschen
und dem Baden. Ihre Augenbrauen fahren zusammen, als sie versucht, sich die
Zeit in ihrem Apartment ins Gedächtnis zu rufen. Aber Wes und Dennis Fürsorge
sind ein Nebel aus Blitzlichtern und Sekunden. Die Zeit dazwischen nicht
existent und es beunruhigt sie nicht so sehr, wie es sollte. Sie war sicher und
umsorgt. Diese Gedächtnislücke ist nicht ihr Problem.
Sie ist verrückt, kein Zweifel, aber mit Spike ist
sie dabei in guter Gesellschaft.
Es ist einfach ihm die Führung zu überlassen, sie
ist zu orientierungslos, um ihrer Umgebung viel Aufmerksamkeit zu schenken und
er erinnert sie an Tankstops und Kaffeepausen. Er mag keine Interstates und so
halten sie sich an endlose schwarze Highways und die Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Ihn kümmert es nicht, wenn sie falsch fährt und Umwege einbaut, scheint ebenso
wie sie in keiner Hektik zu sein, ihr Ziel zu erreichen. Oder zurück nach Hause
zukommen und sie fragt sich, ob er Sunnydale als Heimat sieht oder nur einen
Zwischenstop in seinem Unleben. Ob es schwer ist mit den endlosen Jahren eine
Heimat zu finden und nicht nur auf Durchreise zu sein. Sein DeSoto alle
wichtigen Gebrauchsgegenstände und Klamotten enthielt, bereit für eine
überstürzte Flucht war.
Angel in LA eine Heimat gefunden hatte und sie.
Die Strecke ist einfach zu halten. Einfach weg von
LA.
Spike fordert nicht viel, nur dass sie eine
Unterhaltung mit mehr als der Bewegung ihres Kopfes führt oder manchmal nur
zuhört, während er die Stille zwischen ihnen mit Erinnerungen an frühere Road
Trips füllt. Nicht wirklich abgestoßen davon, dass er die lebendige Geschichte
mit mehr Details füllt, als Angel es jemals getan hat. Sie erst später merkt,
dass sie Spike ehrliche Antworten auf seine dazwischen gestreuten Fragen gibt.
Sie hat jetzt gelernt, dass ein Vampir zu sein,
etwas anderes ist, als eine Seherin oder ein Wächter. Es stört sie nicht, dass
Spike von Opfern spricht und der Jagd. Sie weiß, dass er ihr die grausamsten
Details immer noch ausspart, aber es ist für sie nicht von Bedeutung. Diese
Menschenleben sind schon so lange Zeit Geschichte und ihre Leiber zu Humus
zerfallen. Cordelia war ein Kind, als er seine letzten Opfer verschlang, ist
erwachsen geworden in LA und er harmlos in Sunnydale. Sie sind meistens nicht
lange zur gleichen Zeit wach und sein Geplänkel ist nicht mehr als das, das
Ausfüllen von leerem Raum zwischen ihnen.
Sie hat sich an das Summen der Gefahr gewöhnt, die
seine Gegenwart für sie repräsentiert. Gibt ihrem Instinkt nicht mehr Beachtung
als er verdient, während Spike auf der Rückbank liegt und schläft oder vor ihr
sitzt und fährt.
„Weshalb weckst du mich nicht?“ Die Frage kommt
überraschend, selbst für sie und er bleibt stumm, den Highway vor sich im
Visier, nur das Zucken seines Wangenmuskels zeigt, dass er sie über die Musik
gehört hat.
Sie ist nicht in der Stimmung zu bohren und ist
erstaunt, als er nach drei Zigaretten ihre Frage dennoch beantwortet.
„Drusilla hat mich gelehrt, dass es heilsamer ist,
die Träume ausspielen zu lassen, anstatt sie immer wieder zu unterbrechen. Du
wachst in dem Moment auf, in dem dein Geist es nicht mehr erträgt, wenn ich
dich vorher wecken würde, dann setze ich dich auf deiner Reise zurück. Du musst
wieder durch den einen Traum, um zu dem nächsten zu gelangen und das ist
anstrengender, als wenn du selber erwachst.“
„Begib dich direkt ins Gefängnis, gehe nicht über
Los, ziehe nicht 2000$ ein.“
Er gibt ihr ein halbes Lächeln und nickt. „Du musst
deine Zeit absitzen, um tatsächlich frei zu sein. Ist es nicht das, was ihr
euren Straftätern sagt, Pet?“
Sie zieht die Knie an und starrt auf sein Profil,
seine Haare schimmern silbern im gedämpften Mondlicht und seine Finger liegen
leicht auf dem Steuer.
Sie nimmt zum ersten Mal die optischen Unterschiede
zwischen Angel und ihm wahr, wie sehr sie sich unterscheiden in ihrer tödlichen
Schönheit. Spike verschmilzt nie mit den Schatten, scheint immer im Spotlicht
zu stehen und sie glaubt, dass das seinen Grand Sire zur Verzweiflung getrieben
hat und zu harten Lektionen, die abgeperlt zu sein scheinen. Seine Geschichten
erzählen von einer anderen Form von Jagd, die er bevorzugt hat, das Stellen der
Beute war für ihn Konfrontation und Gewalt.
Bei Angelus nur das Ende eines langen Prozesses,
der finale Akt.
Licht und Schatten, schmal und breit, ruhelos und
in sich ruhend.
Sie weiß, dass sie es vorgezogen hätte, Spikes
Opfer zu sein. Schnell, brutal und unbekümmert. Nicht so fokussiert und
geduldig. Nicht so gewissenhaft in der Beseitigung der Spuren ihres alten
Lebens und so effektiv im Auslöschen. Es ist schwer sich in Erinnerung zu
rufen, dass Angel für sie einmal engelsgleich war. Ihr persönlicher,
geheimnisvoller Held. Immer zur Stelle, wenn sie seine Hilfe benötigte, immer
ein Schatten in ihrer Nähe und sie weiß, dass sie vor nicht allzu langer Zeit
noch so von ihm gedacht hat. Ihr dunkler Schutzengel.
Sie den Schatten nicht mehr abschütteln kann, den
er kreiert hat.
Als ihr Leben geräuschlos, gefühllos und traumlos
wurde.
Und visionslos.
Der Gedanke trifft sie wie ein Vorschlaghammer,
„Spike, ich hatte keine Vision mehr, seit, seit...“
„Seit er Hand an dich gelegt hat?“ Sie nickt
abgehackt. „Mach dir keine Sorgen, vielleicht geben dir die Mächte gerade frei,
Cheerleader, weiß Gott, du hast es dir verdient.“
Sie will ihn auslachen oder anschreien für seine
Naivität, weil die Mächte nicht so arbeiten, weil es ihnen egal ist, in was für
einer Lage sich ihre Spieler befinden oder ob sie überhaupt noch auf derselben
Seite stehen. Dass es nicht so etwas wie eine Ruhepause im Kampf für das Gute
gibt oder Schonzeit. Und sie schluckt, die Erklärungen herunter, besinnt sich
auf die Fakten, umklammert ihre Knie fester.
„Aber es liegt über einen Monat zurück und das war
noch nie der Fall, ich kann nicht meine Visionen verlieren. Ich kann nicht.
Verdammt sie können mir doch nicht auch noch das nehmen. Es reicht, wenn sie
mir meinen Champion genommen haben, aber nicht meine Gabe. Es ist nicht fair.
Nicht fair.“
Sie fühlt die Panik, den Verlust und Urangst.
Ungefiltert, weil es ihre erste wichtige Aufgabe war, etwas das sie definiert
hat. Ihr Leben und ein weiteres Stück fehlt und sie es erst jetzt merkt. Sie
das „Nicht fair“, nicht stoppen kann, das immer wieder über ihre Lippen kommt und
sie fragt sich, ob das Hysterie ist und warum sie nicht die Kraft hat, sie
niederzukämpfen oder einfach den Mund zu halten.
Weshalb ihr erst jetzt auffällt, wie unfair das
Ganze ist und warum niemand daran dachte, es zu verhindern. Warum sie hier landen
musste, in der Wüste Hunderte Meilen von ihrer Familie entfernt, bei einem
Fremden und mit den Scherben eines behutsam aufgebauten Lebens. Weshalb es für
irgendeine Macht richtig war, sie so zu bestrafen und Angel und was genau ihr
Verbrechen war, das es rechtfertigte, die Verbindung zwischen ihnen zu
zerschlagen.
Den Bund.
Sie fühlt sich einsam und wird sich darüber klar,
dass es Jahre her ist, seit sie sich das letzte Mal wirklich einsam gefühlt
hat. Die Tränen sind in ihren Augen, bevor sie Zeit hat sie niederzukämpfen und
es ist das erste Mal der Fall, dass sie weint, ohne dass der Schlaf die Abwehr
geschwächt hat und sie wischt über ihr Gesicht, ungläubig.
Ein weiteres fehlendes Stück und sie merkt, wie
Spike am Rande des leeren Highways zum stehen kommt und sie seine Hand nicht
wegschlägt, sondern sich in seine Umarmung ziehen lässt und bricht.
Das Leder unter ihren Händen ist weich, so wie der
Stoff seines T-Shirts an ihrem Gesicht, der die Tränen aufsaugt und die
Schluchzer. Der Ton seiner Stimme ist ebenso weich, als er ihr leise zuredet,
dass es okay ist. Dass es in Ordnung kommen wird. Dass sie okay sein wird.
Stärker als jemals zuvor und strahlender und ihre Tränen kommen härter, die
Schluchzer krampfhafter, weil sie nie stark sein wollte, sondern nur geliebt
und sie es war und es war kein Märchen, aber auch kein Albtraum, der sie
schweißgebadet aufwachen lässt.
Sie das Gefühl hat zu ersticken. Unterzugehen.
Sie nicht mit Feuer gespielt hat und trotzdem
verbrannt ist und sie sich nicht wie Phönix fühlt und auch nicht, als ob sie
jetzt aufwachen wird und alles okay sein wird. Weil es nicht so sein wird. Weil
nichts mehr einfach ist oder unkompliziert und der Partner, der für die letzten
Jahre die wichtigste Komponente in ihrem bewegten Leben war, in LA ist.
Weggebrochen. Genauso gebrochen wie sie und sie nicht den Mut hat und die
Stärke, ihm zu verzeihen. Sie Angst hat, dass sie es niemals kann und sie weiß,
dass es das ist, was ihr altes Ich von ihr verlangt. Was sie benötigt, um das hier
zu gewinnen und sie kann Angelus nicht einfach so gewinnen lassen und kampflos
das Feld räumen, denn das ist feige und sie ist kein Feigling, oder?
Sie hört Spikes Zustimmung unter ihren Klagen, hört
seine sinnlosen Worte des Trostes und sie glaubt an Nichts mehr. Nicht mehr an
Siege, Sinn und Zusammenhang, weil sie zu Stücken zerbrochen ist, die nicht
einmal sie wiedererkennt. Zu klein und zerrissen. Cordelia
es müde ist zu hören, dass es nicht ihre Schuld ist und sie ist es müde sich
vorzumachen, dass sie gewonnen hat, nur weil sie nicht tot ist. Sie hat den
Preis für ihre Familie bezahlt und Angelus ist sicher gegangen, dass er dabei
nicht übervorteilt wurde. Ihr Schmerzensgeld waren keine dreißig Silberlinge,
sondern Erinnerungen und die Belohnung, dass kein Familienmitglied seinen Tod
in diesen vier Nächten und drei Tagen fand, die er frei war.
Ein guter Handel, einer mit dem sie gedacht hat, dass sie
leben kann. Ein guter Deal.
Einer, der sie langsam umbringt, wie schleichendes
Gift ihrem Körper lähmt und sie weiß, dass es für Angel schlimmer sein muss.
Sie weiß es. Weil er nicht nur Opfer, sondern Täter in einem ist und Gott, ihr
reicht, dass sie Opfer ist, eine Rolle mit der sie sich im letzten Monat
angefreundet hat.
Aber sie will nicht nur Opfer sein. Will etwas
anders als die graue Frau im Spiegel sein.
Ihre Tränen trocknen langsam, ihre Nase läuft und
die Schluchzer verebnen zu abgehackten Atemzügen. Sie liegt auf Spike, kraftlos
und er ist stumm, weil ihm die sinnlosen Floskeln in der letzten halben Stunde
ihres Zusammenbruches ausgegangen sind. Aber es ist okay, sie nimmt ihm sein
Schweigen eher ab, weil es wahr ist. Niemand kann ihr die kleine Welt
zurückgeben, die sie sich so hart erkämpft hat. Die Geborgenheit ihrer Familie,
weil Sicherheit eliminiert wurde. Weil es nicht wichtig ist, dass Angels Seele
JETZT permanent ist, es nicht mehr wichtig ist und sie nicht denkt, dass sie in
Gefahr wäre, solange sie lebt.
Sie sich fragt, weshalb Spike es mit dem ganzen
Bullshit aufnimmt, den sie auf ihm ablädt, weil das nicht fair von ihr ist und
sie lächelt über ihre Definition von ‚Nicht fair!’
Weil sie so menschlich erscheint. So schwach.
The
path
we
have chose.
Die Vision trifft sie unerwartet, aber noch nie so
gut getimt. Als ob die Mächte endlich Mitleid mit ihr und ihrer Ziellosigkeit
hätten. Ihre Berufung absegnen und sie lacht unter erneuten Tränen, während
Spike sie ansieht, als ob sie endgültig den Verstand verloren hätte und sie es
ihm nicht übel nehmen kann. Sie nicht stabil ist, schwankt unter ihren
Emotionen, wie ein überladenes Muli und sie will ihn warnen, weil es sie nicht
kümmert, ob sie ihn mit in den Abgrund zieht. Er sich besser nicht an sie
klammert oder versucht sie zu retten. Zum richtigen Zeitpunkt loslässt.
Sie labil genug für eine gesamte geschlossene
Anstalt ist.
„Vision!“, Spike grinst genauso manisch zurück und
sie vibriert förmlich auf seinem Schoß, nicht nur durch die mystischen
Energien, die sich in ihr entladen haben.
Das hier ist ihr Leben. Ihre Bestimmung und
ihr Schicksal, das wofür sie kämpft.
Und dann sind ihre Lippen auf seinen und sie ist
sich nicht sicher, nichts mehr ist sicher und dann verdammt sie alles zur
Hölle, weil sie diejenige war, die ihn geküsst hat und nun wie eine leblose
Puppe auf ihm sitzt, der die Batterie herausgenommen wurde beim ersten Kontakt.
Spike genauso geschockt unter ihr sitzt, sie seine Gutmütigkeit ausgenutzt hat
und das wirklich das Letzte war, das sie beide brauchen.
Es kompliziert genug ist, ohne dass er auf eine
gebrochene Frau Rücksicht nehmen muss, die sich ihm an den Hals wirft. Ohne
zweiten Gedanken. Er nicht genügend Güte besitzt, um sie sinnlos an sie zu
verschwenden. Sie nicht mehr unschuldig ist.
Sie gefährlich ist und es richtig war, dass Wes
Angst vor ihr hatte.
Dass Spike auf der Hut sein sollte, sie ihn nicht
verletzen will. Aber kann.
Cordelia Chase nicht unantastbar, unbefleckt und
sündenlos ist. Den bitteren Beigeschmack von Blut und Sühne auf ihren Lippen
trägt. Es nichts ändert, dass sie sich in unzählige Stofflagen einwickelt und
ihr Mundwerk in Zaum hält. Es nicht die Zeit wiedergutmacht, die sie auf den
Knien verbracht hat oder auf ihrem Rücken.
Ihre Gedankenlosigkeit überhaupt hierher führte.
Und dorthin.
Egal, wie unschuldig der Kuss in ihrem Kopf war,
sie seine kalten Lippen unter ihren spürt und sich dreckig fühlt, verdorben.
Ein weiterer Teil von ihr, der zerstört ist und die Spontaneität ihres Wesens
korrumpiert. Ihre direkte Reaktion einfängt und in Frage stellt. Ihren Wert in Frage
stellt und sich.
Letztendlich Liebe ihr Leben zerstört hat.
Blinde Zuneigung nicht mehr zu ihr gehört und erst
recht nicht, wenn ein Vampir das Ziel davon ist. Sie nimmt einen tiefen Atemzug
und bringt Abstand zwischen ihre Körper, „Es tut mir leid, Spike, ich weiß
nicht, was in mich gefahren ist. Was ich mir dabei gedacht habe.“
„Du hast gar nichts gedacht, Luv, und wenn es nach
mir geht, dann bleibt das auch so. Kein Grund für ein schlechtes Gewissen oder
Grübeleien, es war nur die Erleichterung. Immerhin hattest du ein Zeichen von
ganz oben, 'kay? So was ist selten. Ein kurzer Überschwung der Gefühle, nichts
weiter und hey, man sagt mir nicht umsonst nach, dass ich ein gutaussehender
Teufel bin!“
Die vernarbte Augenbraue ist wieder oben und sein
Lächeln ist leicht, das einzige, das seinen heiteren Tonfall Lügen straft, ist
der ernste Funke in seinen blauen Augen und Cordelias Hand wandert instinktiv
von seiner Brust auf seine Wange. Sein Wangenknochen schmiegt sich in ihre
Handfläche und ihr Daumen fährt die Fülle seiner Lippen ab, er wirkt erst
weich, wenn man ihn anfasst. Der Gedanke ist zusammenhanglos und sie zieht die
Augenbrauen zusammen, versucht ihre konfusen Eindrücke einzufangen, bevor sie
sich ihr wieder entziehen.
Bringt ihre andere Hand auf sein Gesicht und
ertastet die Differenz.
Er hält still, stellt sogar das Atmen ein. Das
einzige, das den Eindruck einer Leiche zerstört, das blaue Feuer in seinen
Augen ist und die Besorgnis in seiner Miene. Tote starren nicht besorgt, sondern
verurteilend, erwarten Strafe für ihr Fehlen und ihr Scheitern.
Aber es ist kein Tadel in seinem Ausdruck, nur
leichtes Interesse, während ihre Finger über sein Gesicht gleiten. Harte Kanten
und spitze Ecken, Seide über Stahl und trotzdem nur Fleisch und Blut. Knochen,
die brechen können. Haut, die verletzbar ist. Gefühle, die verwundbar sind. Ein
Dämon, der alles erträglich macht, den Schmerz dämmt und Wunden schneller
heilen lässt, als der Körper Narben bilden kann. Und ist es nicht das, was sie
beide überleben lässt?
Wenn ihre Seele sich nicht erinnern müsste oder sie
nicht immer noch warm mit Menschlichkeit wäre, während er die Kühle des Todes
in sich trägt und er wirkt verführerisch in diesem Augenblick, so wie die
Messer.
Oder die Rasierklingen. Oder die Waffen und Pillen.
Sie fühlt sich in Trance und es ist kein Wesley
hier, der ihr die Gefahr aus der Hand nimmt und mit besorgtem Schweigen darüber
hinweggeht. Hinwegsieht. Nur zwei Dämonen auf der Suche nach Antworten und
zuviel Bitterkeit und Schärfe. Das Glitzern seiner Lippen aus dem Augenwinkel.
Wie eine Klinge in der Nacht und sie kann nicht widerstehen, fällt.
Verstärkt ihren Griff, sucht Halt und findet nur
weiche Haut.
Ihre Blicke brennen sich ineinander, bis sie nichts
weiter als das Schwarz seiner Pupillen im Mondlicht sieht. Seine Hände auf
ihrem Hintern, weil sie ebenso langsam und unbemerkt gefallen sind wie sie.
Sein Griff, der sich allmählich verstärkt, sie näher zieht und es ist die
wachsende Härte zwischen ihren Beinen, die sie letztendlich zurück in die
Gegenwart bringt.
„Danke“, nicht mehr als ein raues Flüstern. „Für
alles!“
Und diesmal ist der Kuss berechnend, kurz und fest.
Eine Geste der Zuneigung unter Freunden. Auch wenn
sie Wesley nie so geküsst hat, ist es möglich ihn so zu küssen. Niemand würde
Anstoß daran nehmen. So wie sie Wes’ Hand auf ihre Narbe legen konnte und er
nicht mehr als markierte Haut und eine besiegte, nackte Frau gesehen hat. Sie
hat nicht vergessen, welche Waffe sie außerdem an Angelus verloren hat. Eine,
die sie nicht vermisst. Ein Arsenal, das unbrauchbar geworden ist, so wie die
Schminke in ihrem Rucksack, die für die Scoobies bestimmt war, aber niemals für
Xander. Oder Spike.
Dann ist sie von seinem Schoß und auf der
Beifahrerseite, „Die Vision war für uns, wir haben weniger als eine Stunde, um
dort zu sein, aber wir sind in der Nähe. Nimm den nächsten Feldweg und ich
hoffe, du hast Waffen im Kofferraum, denn die Dämonen sind nicht nur ekelhaft,
sondern auch giftig bei Körperkontakt. Sogar für uns und sie haben eine
Geisel.“
Nach einem langen Blick in ihre Richtung startet er
den DeSoto. Ignoriert ihre Nervosität, die nichts mit dem anstehenden Kampf zu
tun hat, so wie er das Zittern ihrer Stimme unbeachtet lässt und bestätigt
ruhig, „Yeah, keine Sorge, auch wenn ich einen Faustkampf vorziehe, kann ich
mit Schwertern dienen. Führ uns einfach hin, Cor.“
Die Spannung zwischen ihnen findet ein anderes
Ventil. Ihr Fokus ist bei den Vorbereitungen für den Kampf und den
Informationen, die sie ihm über ihre Widersacher geben kann.
Und nicht bei Cor. Oder Angelus und dessen Vorliebe
für diese Abkürzung ihres Namens.
Die Erinnerungen kommen erst sehr viel später in
dem Motelbett, nachdem sie den Staub ihres Trips und das Dämonenblut von ihrem
Körper gewaschen hat und die erste Dusche nach beinahe drei Tagen auf der
Straße bis zur Neige ausgekostet hat. Sie sich nicht einmal gewundert hat,
warum es ausgerechnet jetzt nicht mehr so wichtig erscheint, dass sie zweimal
am Tag duscht und einmal badet, wenn ihre Hygiene ernsthaft von dem Staub der
Straße gefährdet ist und der Sommerhitze. Sie die Fenster verhangen und ihre
Kleider ausgewaschen und zum trocknen über die spärlichen Möbel verteilt hat.
Es nicht einmal zur Debatte stand, dass sie zwei Zimmer nehmen und das
Doppelbett tatsächlich breit genug für sie beide ist. Sie Spike im Badezimmer
zuhört, der fluchend seine Wunden versorgt.
Sie ist nicht so naiv ihm ihre
Erste-Hilfe-Kenntnisse anzubieten.
Er ist ein Vampir. Er heilt.
Ist nicht auf sie und ihre unbedachte Hilfe
angewiesen.
Sie sich darüber bewusst wird, wie sehr sie ein
Schwert in ihrer Hand vermisst hat und zufrieden ist und todmüde, aber auf eine
gute Weise. Auf die Weise, die sie die letzten drei Jahre in ihr Bett fallen
ließ, mit der Gewissheit, dass sie die Welt zu einem besseren Ort gemacht hat.
Sicherer. Zumindest für die Personen in ihren Visionen.
Die befreite Geisel sich in ihrer Dankbarkeit nicht
mehr halten konnte und anscheinend eine Berühmtheit in der Schwertschmiedekunst
ist. Zumindest konnte Spike mit dem Namen etwas anfangen, sagte er sei der
Beste auf diesem Kontinent und der fremdartige Mann bestätigte dies mit einem
festen Nicken und mangelnder Bescheidenheit wiederholte er, ‚Der absolut Beste
in Nord- und Südamerika!’
Spike grinste unter Schmerzen. Höhnisch, ‚Sind wir
das nicht alle?’
Aber sein Kommentar wurde von ihnen ignoriert, weil
sie sich halbherzig gegen das Maßband wehrte, was an ihrem Körper Verwendung
fand. Während der kleine Mann mit dem seltsamen Akzent ihren Körper, ihre
Schultern, Arme und Hände vermaß und Begriffe unter seinem Atem murmelte, mit
denen sie nichts anfangen konnte. Aber passgenaue Dinge hatten immer einen
subjektiven Reiz für Cordelia und so hielt sie letztendlich still, eingefangen
von ihrer natürlichen Neugier.
Ihr verschiedene Schwerter aus seinem Kombi
probeweise in die Hand gedrückt wurden.
Sie dazu aufforderte sich eines auszusuchen und
Spike ebenso, dessen Auswahl sich total von ihrer unterschied und sie fragte
weshalb. ‚Anderer Körperbau und Kampfstil’, war die schnelle, professionelle
Antwort des Mannes.
Spike weigerte sich jedoch, die anschließenden
Vermessungen über sich ergehen zu lassen und meinte, dass seine Fäuste, die
besten Waffen seien und das ausgesuchte Breitschwert für sein Unleben
ausreichen würde. Er mit einem Hauch von Amüsement ihrem Treiben zugesehen
hatte, während er gemütlich eine rauchte.
Cordelia sich letztendlich für ein Samuraischwert
entschieden hatte, dessen Klinge lang und leicht in der Hand lag. Der kleine
Mann zufrieden nickte, aber sie korrigierte, das wäre kein Samuraischwert
sondern ein Sakabatou. Ein Katana mit umgekehrter Klinge, sie hatte die Achsel
gezuckt und gesagt, solange ihr Gegner tot wäre, konnte es sein, was immer es
wollte.
Nachdem sie einige Schwünge und Drehungen damit
vollzogen hatte, war sie erstaunt über die Leichtigkeit mit der sie das Schwert
handhabte und die ehemalige Geisel meinte nur, es wäre das perfekte Schwert für
ihren Kampfstil. Sie würde die Gegner zu nah an ihren Körper kommen lassen und
die umgedrehte Klinge würde diesem Teil ihres Stiles entgegenkommen. Der Gedanke hinter dem Schwert
die Überraschungstaktik war, die tatsächliche Schärfe dort lag, wo sie niemand
vermutete, auf der Rückseite. Sie dann nach einer Adresse fragte, zu der er das
individuell für sie geschmiedete Katana schicken konnte und sie kopfschüttelnd
das Hyperion angab.
Spike danach im DeSoto äußerte, dass sie gerade ein
Vermögen angehäuft hätten.
Cordelia nicht verstand, was er meinte, bis er
sagte, dass ihre beiden neuen Schwerter zusammen auf einer Auktion locker das
Geld für ein Einfamilienhaus einbringen würden. Das handgefertigte Schwert noch
einmal soviel und die Warteliste des Mannes auf Jahre ausgebucht wäre. Er
jedoch mit Sicherheit eine Ausnahme machen würde, für die draufgängerische und
verwegene Frau, die sein Leben gerettet hatte. Er wegen seiner Fähigkeiten
überhaupt erst von den Dämonen entführt worden wäre.
Cordelia hatte ungläubig ihr neues Schwert
gemustert, die schwarze Hülle mit den beeindruckenden und stilvollen Gravuren
und Mustern. Den festen pechschwarzen Baumwollbändern und Seide um den Griff
und war sich nicht sicher, ob Spike sie auf den Arm nahm oder nicht.
Sie zögernd die Hülle abstreifte und ihr Katana eingehend
musterte.
Die Klinge sah wertvoll aus, elegant, aber vor
allem tödlich.
Cordelia streckt sich erneut, schüttelt die
Gedanken an den Kampf und das was folgte ab oder ihre Gründe, weshalb das
Schwert neben ihr in Reichweite, an den Nachttisch lehnte und schließt die
Augen, während sie sich auf den Rücken dreht.
Sie glaubt nicht mehr an das große Bild, daran dass
die Vision sie zu ihrem neuen Katana geschickt hat, sondern nur an die
Erleichterung der Geisel, die vor einem grausamen Schicksal gerettet wurde. Die
Laken sind nicht so weich wie daheim, riechen aber sauber, wenn man
Chlorbleiche Frühlingsfrische vorzog. Die Unterwäsche erscheint nicht gesittet
genug und sie muss einkaufen. Heute noch. Bevor sie weiterfahren. Es jetzt
nicht so wichtig ist, sie ist zu erschöpft für Züchtigkeit, wenn die
Klimaanlage in ihrem Zimmer ausgefallen ist und ihr so verdammt heiß ist.
Die gestärkte Leine schmiegt sich langsam an ihren
nackten Körper.
Dass sie das erste Mal länger als zehn Minuten für
sich ist und sie sich in einer langen Zeit, das erste Mal wirklich sauber
fühlt, trotz des Schweißfilms auf ihrer Haut und dann hört sie dem Rauschen des
Wassers zu. Sie fast glücklich ist. Sie fast eingeschlafen ist.
Bis sie sich an Cor, relatives Glück und Küsse in
schwarzen Autos erinnert.
Sie weiter fällt.
You and me -
We’re in this together now.
Cordelia winkt Fred zu, die mit Connor auf dem Arm am Tor des Hyperion steht und es sich nicht hat nehmen lassen, ihrer Abfahrt zuzusehen. Die Schauspielstunden haben sich ausgezahlt, das Lächeln ist in ihr Gesicht gepflastert und vielleicht ist es auch nur die Furcht, die sich manifestiert. Aber sie kann nicht aufhören zu lächeln, selbst als einige Blocks zwischen ihr und der unmittelbaren Gefahr für Fred und Connor liegen.
Der Dämon, der sich auf dem Fahrersitz ausbreitet, ist ihr
fremd.
Sie versteht nicht, warum er ihr einen Deal vorgeschlagen hat, wenn er seinen Weg in die Freiheit einfach erzwingen konnte. Es nicht einmal musste. Mit ihr und Fred im Hotel hatte er keine ebenbürtigen Gegner. Sein Sohn ist sicher und sie so unglaublich dankbar dafür, dass sie sich auf jede seiner Bedingungen eingelassen hätte. Und sie versteht nichts von dem, was sich hier abspielt und sie stellt keine Fragen, solange der Abstand zwischen ihnen und ihrer Familie nicht groß genug ist. Solange die Distanz weiter wächst. Solange er es sich noch anders überlegen kann. Solange er noch umdrehen kann. Und alles zerstören, das ihr wichtig ist.
„Du kannst aufhören zu lächeln, Cor, ich glaube, Fred wird nicht mehr misstrauisch“, er klingt belustigt.
Und sie versucht seinem Befehl nachzukommen, aber ihr Gesicht scheint in das Lächeln eingefroren zu sein, seit dem Moment, in dem er fragte, ob sie bereit wäre mit ihm zu gehen ohne Widerstand, wenn er dafür den Rest verschont. Als er seine Bedingungen unterbreitet hat. Sie weiß, dass es nicht ihr echtes Lächeln ist, aber es kommt sehr nahe an ihr glückliches Lächeln heran, weil er ihr bereit ist mehr zu geben, als sie erwartet hat und das neu ist.
Der Deal so überraschend einfach war, so gnädig und sie einsehen musste, dass sie Angelus gegenüber etwas anderes als Hass empfinden konnte. Dankbarkeit. Kein Stockholm-Syndrom oder das Vergessen, dass er ihr Vergewaltiger ist. Aber pure Erleichterung über das Geschenk, das er bereit ist, ihr zu geben. Er will ihr Entgegenkommen und ihre Bereitwilligkeit im Austausch für das Leben ihrer Freunde. Kein hoher Preis, nicht auf der großen Skala. Sie ist nicht diejenige, die ihm sagen muss, dass ihre Familie herausfinden wird, dass er frei ist. Dass es sich nur um eine Spanne von Tagen handelt, bis er wieder in den Käfig seiner Seele befördert wird. Aber das scheint nicht seine Priorität zu sein, die möglichen Gefahren für seinen seelenlosen Status auszuschalten, genauso wenig wie er versucht eine Allianz mit Wolfram & Hart einzugehen. Oder Sunnydale niederzubrennen und Cordelia ist verwirrt.
Sie dachte, dass sie ihn und seine Verhaltensmuster kennt.
Er ist still, hat noch nicht viel gesagt, vor dem Deal und danach und sie sitzt steif auf dem Beifahrersitz, unsicher, was er genau mit Willigkeit meint und wie viele Opfer sie mit ihrem Körper verhindern kann. Objektiv betrachtet einem schönen Körper, jung, athletisch, mit vollen Brüsten und Kurven. Weiblich durch und durch. Widerstandsfähig. Stark. Kalkuliert, wie viel er wert sein kann und wie viel sie durch ihre mangelnde Erfahrung wieder verliert. Was sie gewinnen kann, wenn sie nicht denkt und nicht fühlt. Ihren Widerwillen wegschließt, ihre Abneigung unterdrückt und die Reue vergisst.
Ihren Stolz schluckt und sich auf den Fakt besinnt, dass sie unter Umständen zu einer Hure geworden wäre, wenn sie Angel nicht auf dieser schicksalhaften Party wiedergetroffen hätten. Nicht zu einer Straßennutte, aber Partysnacks nicht wirklich satt machten und die Verzweiflung damals an ihrem Vorsatz nagte, nicht für die Casting-Agenten die Beine breit zu machen. Wenn sie sich darauf hinweist, dass sie keinen Bürojob bekam, weil sie zu hübsch und zu jung war und als Kellnerin zu ungeschickt. Wenn sie sich daran erinnert, dass Angel und Doyle ihr einen Platz gaben und Respekt. Dass Angel ihr eine Familie geschaffen hat und ein Heim. Dass nicht nur sie ihn, sondern er auch sie vor der Einsamkeit gerettet hatte.
Seine Hand auf ihrer Schulter kommt überraschend, aber sie zuckt nicht zusammen, versteift sich kurz, bis er sie an seinen Körper zieht. Sie fühlt die geschmeidigen Muskeln unter seinem Seidenhemd und vermisst den Ledermantel, der ihn unnahbar erscheinen ließ. Vermisst Angel. Den Angel, der die schwarze Lederhose öfters angehabt hatte und sie es lustig fand, ihn mit Angelus aufzuziehen, weil es sexy war und heiß. Er ihre Gedanken in gefährliche Bahnen lenkte und sie stichelte, bis er sie nicht mehr anzog. Sie froh darüber war, so wie sie über den Fakt froh ist, dass ihr Kühlschrank keine Sahnetorte enthält, weil es für ihre Figur Gefahr bedeutet und Halbfettjogurt ebenso den Hunger mitten in der Nacht stillt und man sich vorstellen kann, dass es Torte ist, wenn man nur tief genug im Land der Verweigerung lebt.
Es nicht lustig fand, als Angelus sie mit ihrem Heißhunger aufgezogen hat, während er das Leder über seine schmalen Hüften schob.
Weil Angel ihre Erregung riechen konnte und sie sich fragt, was er sonst noch an Gefühlen wahrnehmen konnte, die sich ungebeten einstellten. Unsicherheiten, Eifersucht und Verlangen. Wundert sich, ob sie sich vormachen kann, dass er Angel ist, wenn sie die Augen schließt und weiß, dass es Verrat ist und diese Taktik schon einmal fehlschlug. Aber es ist der einzige Weg, der sie willig machen kann. Fühlt seine Nase in ihrem Haar, seine Lippen auf ihrer Schläfe und die Cops neben ihnen an der Ampel lächeln ihnen breit zu und sie fragt sich, ob sie wie Frischverliebte aussehen, dass sogar die gestählte Polizei von LA ohne Verdacht ist und sie denkt, das ist nicht mein Freund, das ist mein Vergewaltiger und das falsche Lächeln verschwindet von ihrem Gesicht, nachdem es Grün ist und sie weiter Richtung Santa Ana fahren. Es würde nur deren sicheren Tod bedeuten und die Cops haben es schwer genug in LA, ohne ihre Hilferufe.
Rutscht ein wenig herum, bis sie eine bequeme Position an seiner Seite findet.
Kann ihren Blick nicht von seiner blassen Hand auf dem Steuer lösen und wundert sich, wie viel Blut an ihr klebt. Grinst sarkastisch als ihr einfällt, dass ihr Blut nur das eines weiteren Dämons ist, auch wenn es rot ist und ihn satt macht. Seine Finger ihre Hüfte gefunden haben und sie tatsächlich halb auf ihm liegt, die Stille seiner Brust in anderen Umständen faszinierend sein könnte und nicht beängstigend.
Die Mädchen neben ihnen im Jeep eindeutig zuviel getrunken haben und selbst die Fahrerin angeheitert wirkt oder vielleicht einfach jung und unbeschwert. Sie versuchen seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und sie spürt wie er den Kopf dreht. Kann ohne aufzublicken sein erotisches Lächeln an der begeisterten Reaktion der vier ausmachen. Cordelia überlegt, dass sie wahrscheinlich älter sind. Auf jeden Fall erfahrener als sie, wenn auch nicht weiser.
Weil das Raubtier in ihm leichte Beute wittert und sie ihm zustimmt.
Sein Mal an ihrem Hals pulsiert, sie beißt sich auf die Lippen und lässt ihre Hand zwischen seine Beine gleiten, hört ihn scharf einatmen, lenkt seine Aufmerksamkeit zurück auf sich und darauf, dass sie sein primäres Ziel ist. Hört die Buh-Rufe der Frauen, als sie sich dreht und ihre Lippen über seinen Hals gleiten lässt. Das spielerische Auspfeifen, als sie saugt und knabbert, spürt wie er mit den Schultern zuckt und lacht, während sie seine Hose aufknöpft und beginnt ihre Finger um seine Härte zu legen. Weil es vier Uhr morgens ist und die Straßen fast leergefegt sind. Das Blut sich auf dem schwarzen regennassen Asphalt verlaufen würde, die Reflexionen der orangenen Straßenlaternen, blauen Werbungen und roten Ampeln ihr unrealistisch in ihrer Kompaktheit vorkommen.
Sie sich fühlt wie in einer ihrer Visionen und alle Eindrücke zu klar, zu intensiv sind und trotzdem verwischt. Der Horror nur ein Bild weiter auf sie wartet. Weil sie weiß, dass er die Vier innerhalb von einer Minute umbringen könnte, ohne in Schweiß auszubrechen und sie die Feuchtigkeit auf ihrer Stirn spürt. Die Tropfen, die sich zwischen ihren Brüsten bilden und sich vorkommt, wie in einer Sauna, die Luft zu dick zum Atmen ist und zu diesig um klar zu sehen. Ihr Körper sich in Alarmbereitschaft befindet, die Warnung in der stickigen Luft schwirrt und es für ihn nicht wichtig ist, dass die Verkehrsüberwachung den Vorfall auf Video aufnimmt und Angel somit nie wieder zurück in sein altes Leben könnte. Weil die polizeilichen Nachforschungen es ihm unmöglich machen. Weil Angelus die Vier an einen wirklich einsamen Ort locken könnte und sich seine Zeit lassen.
Die Ampel auf Grün springt und sie sich fragt, wie viele Ampeln noch zwischen ihr und dem Ende dieser Fahrt liegen.
Das Lachen ist aus seinem Timbre verschwunden und hat einer dunklen Ermahnung Platz gemacht. „Das ist unerwartet, Cor, Angel wäre unzufrieden, wenn er wüsste, wie schnell du zu den billigen Waffen greifst. Immerhin hat er sich das Szenario wie du seinen Schwanz anfasst unzählige Male vorgestellt. Ist wachgelegen nach dem Training und hat sich gewundert, ob du wirklich nicht unseren Harten gegen deinen Arsch gespürt hast und nächtelang Phantasien gepflegt, die ihn in den Wahnsinn getrieben haben und die er am Ende mir zuschob, weil gute Jungs ihre Seherin nicht auf der Trainingmatte nageln. Selbst wenn sie darum mit allem außer Worte bettelt. Was eigentlich unfair von Soulboy ist, aber wenigstens mussten wir uns nicht mehr über das Objekt unserer Vorstellung streiten, du hast ihm die Augen geöffnet.“
Sie lässt die Worte einwirken, die Gänsehaut ist schmerzhaft, sie weiß, dass sie nicht von der Temperatur kommt. Es ist eine feuchtwarme Mainacht, die Sturmwolken sind Richtung Pazifik abgezogen und sie könnte Sterne sehen, wenn sie nicht in LA mit seinem ständigen Smog wären. Wenn sie nicht die Augen geschlossen hätte, sie fängt an seine Erektion schneller mit ihrer Faust zu pumpen, in der Hoffnung, dass es seine Worte verlangsamt.
„Weißt du, dass du uns selbst in Sunnydale aufgefallen bist? Nicht nur in deiner feuchten Phase, die in ihrer Offensichtlichkeit tragisch-komischen Annäherungsversuche? Sondern auch später? Er ist immer davon ausgegangen, dass du mehr Selbstrespekt und Leidenschaft hast. Es besser machst, besser schluckst, besser bumst, aber dass Xander dich mit Willow betrogen hat, war ein ziemlich eindeutiges Zeugnis deiner sexuellen Fähigkeiten. Es reicht eben nicht perfekt auszusehen, man kann nur eine gewisse Zeit mit Aussehen blenden. Irgendwann kommt es auf Taten an und dein eisiger Charme war wohl zu wenig für Xander, um sein Interesse bei dir zu halten. Obwohl ich mir damals schon sicher war, dass du nur einen harten Fick brauchst, um auf den Geschmack zu kommen. Du hast dieses Feuer in dir und diesen Hurenmund.“
Benetzt ihre Lippen und senkt den Kopf, will, dass er endlich aufhört zu reden.
Hat Erfolg damit.
Die Instruktionen, die er ihr gibt, sind einfach zu
folgen, kümmert sich nicht wirklich darum, dass sie ihm im fahrenden Auto auf
dem Pacific Coast Highway einen bläst mit offenem Verdeck. Bittet nur darum,
dass er den Plymouth auf einem unbelebten Parkstreifen in der Huntington Beach
parkt, bevor sie auf ihn klettert und ihn hart reitet. Weil es seine Befehle
sind und sie nicht denken muss, sondern nur den Kommandos folgen. Weil Fred
immer noch alleine im Hyperion mit Connor ist und der Sonnenaufgang auf sich
warten lässt, obwohl es die längste Nacht ihres Lebens ist.
Hört ihn sagen, dass sie besser als eine Professionelle ist. Besser als Darla.
Und soviel besser als Buffy, weil die Jägerin unschuldig war und sie nie
Unschuld besessen hat.
Fragt sie, wie vielen Spieler des Footballteams sie in ihrer Aufgabe als Head-Cheerleader einen geblasen hat und lacht ungläubig, als sie schließlich mit zwei antwortet, weil seine Hände um ihre schmale Taille ihr die Luft abschnüren, effektiver als ein Korsett.
Sagt ihm nicht, dass einer bei einem Autounfall gestorben ist und später ihren Kopf wollte, in der Zeit als sie sich so schamlos an ihn herangeschmissen hat und Angel sie ohne Widerworte heimbegleitete, weil er auf Buffy und Xander ebenso eifersüchtig war, wie sie blind. Sagt ihm nicht, dass er den zweiten umgebracht hat und sie nicht wusste, wie sie fühlen soll, weil Xander ihr neuer Freund und Marc sich zwar als ein Arschloch entpuppte, sie trotzdem in ihr Kissen weinte in der Nacht, als seine Leiche außerhalb des Bronze gefunden wurde, mit einer Botschaft für den Slayer.
Fragt sie, wie vielen Männern sie einen geblasen hat und sie antwortet vier und sie rechnet ihn stumm mitein. Fragt sie, mit wie vielen Männern sie geschlafen hat und sie antwortet mit drei und sie rechnet ihn stumm mitein. Fragt sie, wie oft sie dabei gekommen ist und sie küsst ihn, weil sie seine Reaktion auf Nie nicht erleben will und er zu dieser Zeit noch leicht abzulenken ist.
Stellt fest, dass es härter ist, ihn zu küssen, als ihm einen zu blasen oder sich auf ihm zu bewegen und Angel nicht in ihrem Kopf erscheint, obwohl sie die Augen geschlossen hat und an nichts denkt. Seine Zunge ihre Mundhöhle ebenso unbarmherzig erobert, wie er den Rest ihres Körpers für sich beansprucht und sie Mühe hat seiner Führung zu folgen. In ihrem Körper noch Platz für sich zu finden. Sich nach Atem ringend von ihm löst und sie seine Mimik mit fast klinischer Unberührtheit beobachtet oder der Unbeteiligkeit einer Hure. Wie er zwischen menschlicher Fassade und seinem wahren Gesicht hin und herschwankt. Versucht die Kontrolle zu wahren.
Sie lernt in diesem Moment instinktiv ihre erste nützliche Lektion von Angelus.
Es ist schneller vorbei, wenn er die Kontrolle verliert.
Bietet ihm ihre Kehle an und lächelt beinahe über seinen verblüfften Gesichtsausdruck.
Ist dankbar als der Blutverlust sie in die Bewusstlosigkeit schickt, nachdem er gekommen ist und seine Finger sich so tief in ihren Hintern gepresst haben, dass die blauen Flecken am nächsten Tag deutlich auszumachen sind. Zehn perfekte schwarze Abdrücke, die Daumen auf ihrem Hüftknochen, die acht Finger auf ihren Pobacken. Es nicht die ersten Spuren auf ihrer Haut sind und die Seile um ihre Handgelenke nicht breit genug, um die violetten Verfärbungen ganz abzudecken. Oder die blauen Flecken auf ihren Oberarmen.
Cordelia erst wieder bei den MacKinseys in der gedämpften Nachmittagssonne aufwacht.
Lässt ihn schlafen.
Wartet leise auf sein Erwachen.
Fragt ihn später nicht, wie er die Zwischenzeit überbrückt hat. Weshalb verkrustetes Blut seinen Penis rot färbt, wenn sie seit seinen ersten Attacken nicht mehr geblutet hat. Der Zwischenfall im Auto zwar unangenehm war, aber ihr Körper endlich mit natürlichen Reaktionen dienen konnte oder dämonischen, um es erträglich zu machen.
Fragt nicht, warum sie gefesselt und nackt ist. Weiß, dass er mit Absicht nicht geduscht hat, auf ihre Fragen wartet, sieht es in den eisigen Tiefen seiner schwarzen Augen. Aber er spielt mit ihr, lässt ihr ihre Vorstellungskraft und die Szenarien, die sie sich in ihrem Verstand ausbreiten und der Horror in ihrem Gesicht ist genug Bestätigung für ihn.
Lächelt sein kaltes Lächeln und die Gänsehaut ist zurück.
Liest später in den Zeitungen aus diesen Tagen von einer mysteriösen Reihe grausamer Morde in Laguna Beach, legt Wesley stumm die aufgeschlagene Zeitung hin und geht duschen.
Fragt sich, ob die Mädels noch Spaß hatten in dieser Nacht und ob sie sicher heimgekommen sind.
Weiß, dass sie es nicht ist.
Cordelia starrt an die
Decke als sie Spike das Wasser abdrehen hört, drängt die Bilder zurück. Sie
weiß heute, dass es Susans Blut war oder Thomas’, weil sie den Artikel über das
Familienmassaker der MacKindseys in der Zeitung gelesen hat. Die
verharmlosenden Phrasen vom sexuellen Missbrauch der Kinder und der Folter der
Eltern. Dem schnellen Tod der Bediensteten. Die Frage, was für ein Unmensch so
etwas tun kann. Dazu fähig ist.
Versteht nicht, weshalb
sie Wesley diesen Zeitungsartikel nicht ebenfalls hingelegt hat, sondern das
Geheimnis wahrt. Weshalb sie denkt, dass es Angels Aufgabe ist, dieses
Verbrechen zu gestehen oder totzuschweigen.
Wischt sich den Schweiß
vom Gesicht, zupft an dem Laken, das an ihrem Körper klebt, wie eine zweite
Haut. Hört Spike aus dem Badezimmer kommen und blickt ihn an, weil sie ihm
versprochen hat, nicht mehr aus seiner Gegenwart auszuzoomen und er trotzdem in
seinem Schritt verharrt, als er den kleinen Raum betritt. Sie weiß, dass er
Scham, Angst und Erregung riecht, weil sie irgendwann in den vier Nächten und
drei Tagen gelernt hat, Schmerz mit Lust gleichzusetzen und jeder Psychologe
ihr irgendetwas von primitivem Überlebensinstinkt erzählen könnte. Oder
archaischen Selbstschutz und sie trotzdem versuchen würde, ihm die Zähne
auszuschlagen, weil er keine Ahnung davon hat, was es heißt ausgeliefert zu
sein und hilflos.
Spike es weiß und es
dadurch okay wird.
Weil er nicht über ihre
Gefühle reden will oder Babysitter spielen oder Bodyguard.
Er die Luft einatmet wie
das Raubtier, das er ist und sie lächelt, weil er ihr keine Angst machen kann.
Weil sie sich nur vor sich selbst und engelsgleichen Gesichtern fürchtet, vor
Dingen, die einmal sicher waren, bevor sie von ihr zerstört wurden.
Sein wahres Gesicht an
die Oberfläche kommt, während sich die Muskeln seines Brustkorbes mit jedem
seiner tiefen Atemzügen an und wieder entspannen. Sie fasziniert von den
Gezeiten ist, die in ihm wüten und unberührt von dem Sturm in seinem Innern
ist.
Nur auf das Ergebnis
wartet, während er um Kontrolle kämpft. Gegen seine Natur.
Denn er weiß, sie würde
sich nicht wehren, nicht die zimperliche Jungfrau spielen, die sie nicht ist
und sie weiß, es wäre pervers einen Schmerz mit einem anderen zu kurieren.
Zumindest für die meisten Menschen. Für ihre Familie und Angel sowieso. Aber es
ist ihr im Moment egal. Sie fühlt sich schwach und nicht in der Lage, sich
darum zu sorgen, was andere von ihr denken, die zu weit weg sind, um das
Geschehen hier zu beeinflussen.
Weil Spike nichts von
seiner rasiermesserscharfen Verführung verloren hat und sie jetzt vielleicht
breit wäre, sich ihm hinzugeben, nur um herauszufinden, ob sie noch bluten
kann. Ob er noch töten kann, wenn sie ihn willkommen heißt, darum bittet oder
auch wenn sie sich wehrt. Und das ist traurig. So wie die Härte, die sich unter
seinem Jeansstoff abzeichnet, aber sie kann es ihm nicht verübeln, er ist ein
Vampir und sie weiß heute, was das bedeutet.
Sieht die tiefen Wunden,
welche die Dämonen auf seine Brust geritzt haben und die großflächigen
Verätzungen, weiß, dass sie brennen wie Säure, hat es in ihrer Vision gefühlt
und er seit gestern nichts mehr gegessen hat. Den Rest der Blutkonserven
heruntergeschluckt hat, bevor sie schlecht wurden. Er noch voll Adrenalin und
Gewalt und Blutdurst ist. Sie ihm Erleichterung für zwei seiner Bedürfnisse
geben könnte, unter Umständen allen drei.
Bewundert seine
Kontrolle, als er den Dämon endgültig herunterkämpft.
Klopft schweigend auf
seine Seite des Bettes und dreht sich von ihm weg. Ihr Blick bleibt auf dem
überflüssigen Katana hängen. Sie benötigt keinen todbringenden Stahl. Es
reichen ihr heute Schatten, um sich zu verlieren. Weiß, dass Spike ihr nicht
entkommen kann, weil die Sonne sich im Osten abzeichnet und den Raum in Altrosa
und Schatten taucht. Direkt auf die Eingangstür scheint und er hier in diesem
Motelzimmer zusammen mit ihr und seinem Hunger feststeckt.
Und Cordelia ist fast
eingeschlafen, als er sich endlich hinlegt.
Sie ihm dankbar ist, weil
sie sich nicht selbst schützen kann.
Nicht vor ihm und erst
Recht nicht vor sich selbst.
None
of them can stop us now -
We will make it through somehow.
Spike entscheidet, dass sie einen Tag länger bleiben und
sie nickt.
Es ist später Nachmittag und ein Bett ist besser als die
Rückbank des DeSotos und sie haben Einkäufe zu erledigen, die Stadt ist typisch
für Texas oder zumindest ist sie das, was Cordelia von einer Kleinstadt in
Texas erwartet hat. Staub, mehr Staub, Cowboyhüte, Countrymusic und Xenonphobie
und ja, sie weiß im Gegensatz zu Gunn, was das Wort bedeutet. Was wiederum den
Einkauf von Blut zu einer Herausforderung ihres Charmes macht.
Der Metzger hat tatsächlich den Nerv sich zu erkundigen
für was sie Schweineblut benötigt und sie kaut auf ihrer Unterlippe, vermisst
die Anonymität von LA und die Ignoranz von Sunnydale. Kommt schließlich mit Blutsuppe
und einem ausgefallenen Rezept ihrer Großmutter, was ihn zwar nicht weniger
misstrauisch macht, aber ihn in Bewegung setzt. Sein Kommentar, dass sie Glück
hatte, dass er heute geschlachtet hat, belohnt sie mit einem Plastiklächeln und
die fünfzehn Dollar, die er für die vier Liter verlangt, sind wirklich
überzogen, aber sie bezahlt und widersteht dem Bedürfnis, ihm einen Liter über
den Schädel zu verteilen. Schließlich ist er nicht Carrie und Spike benötigt
soviel von dem roten Stoff, wie er kriegen kann.
Die Papiertüten schwer in ihren Armen liegen und der Stop
in der Apotheke fühlt sich ebenfalls vertraut an. Sie kauft Desinfektionsmittel
und die Megapackung Verbandszeug, zusätzlich einen Erste-Hilfe-Kasten der
Luxusklasse, weil sie wieder Vertrauen in die Mächte hat. Lädt ihre Einkäufe im
Motel ab, füllt ein Glas und gibt es ihm, stellt einen Behälter auf den
Nachttisch in seine Reichweite und versorgt Spikes Wunden, weil sich die Ränder
entzündet haben, während der den Kanister nach und nach leert. Es gut ist,
beschäftigt zu sein und Krankenschwester ihre dritte Berufung nach Seherin und
Sekretärin ist. Außerdem hat sie keine Lust, Kleider einzukaufen, was ihr
wieder ins Bewusstsein ruft, wie kaputt sie tatsächlich ist.
Spike derjenige ist, der von sich anbietet Kleider zu
besorgen und sie setzt sich auf ihre Ferse zurück und starrt ihn überrascht an.
Sie muss wirklich lernen, leiser in seiner Gegenwart zu denken.
Ihre Optionen gegeneinander abwägend, entschließt sie sich
dazu, dass er im Augenblick einen besseren Geschmack hat und sie nicht wirklich
fähig ist, hässliche Klamotten einzukaufen. Es gegen ihr Weltbild läuft und so
gibt sie ihm fünfhundert Dollar und er verschwindet, nachdem er den zweiten
Kanister geleert hat mit der Decke über dem Kopf und sie geht duschen. Wenn sie
in eines Vertrauen hat, dann in Wallmarkt und dessen Fähigkeit jedes noch so
kleine Nest mit einem überdimensionierten Einkaufszentrum zuzubomben.
Spike es ohne Probleme finden wird, schließlich lebt er
lange genug in Amerika.
Sie sich beginnt etwas Sorgen zu machen, als die Sonne
untergeht. Sie leicht panisch ist, als Mitternacht vorbei ist, offiziell
besorgt und in Schreimodus eine Stunde später. Das Zimmer eine weitere Stunde
später nicht mehr groß genug für die Runden ist, die sie dreht und sie bereit
ihm die Gurgel rauszureißen, wenn er wieder hier auftauchen sollte.
Als er gegen drei Uhr morgens mit einem breiten Grinsen
und mit Tüten beladen durch die Tür stolpert, ist sie über diese Phase
ebenfalls hinaus. Denn sie hat nicht mehr mit seiner Rückkehr gerechnet,
sondern damit, dass er sie Irgendwo im Mittleren Westen ihrem Schicksal
überlassen hat. Die fünfhundert Dollar in bar und ein wertvolles Schwert als
Bezahlung für vier Tage Psychostress angenommen hat.
Cordelia sich zu einem Ball auf dem Bett zusammengekauert
hat und über die Phase des Kümmerns ebenfalls hinaus ist. Seine Zufriedenheit
und kindliche Überschwang sie aus ihrer Erstarrung weckt und die Tüten, die auf
sie nieder regnen.
„Ich hatte vergessen, wie viel Spaß einkaufen für eine
Frau macht, Cheerleader!“
„Huh?“ Seine volle Aufmerksamkeit ist auf den Päckchen und
dabei deren Inhalt über das Bett zu verteilen und sie setzt sich auf, kreuzt
die Beine unter sich. Unterwäsche, Shirts, Hosen, Schuhe. Das meiste in
Schwarz. Eigentlich alles in Schwarz. Die Kosmetikartikel bilden Farbkleckse
während das Weiß der Laken von seinen schwarzen Eroberungen geschluckt wird.
„Ist dir klar, dass du beinahe zehn Stunden unterwegs warst, Spike?“
„Ja und? Du glaubst nicht, wie weit ich fahren musste, um
ein Einkaufszentrum mit Tiefgarage hier zu finden und dann die passenden
Geschäfte und die Verkäuferinnen, die mich nicht weglassen wollten und Rabatte
erfunden haben, die in der Tat lächerlich sind. Ich konnte nicht wirklich deren
Hälse umdrehen, so wie früher. Und das Bezahlen dauerte seine Zeit und
schließlich hast du mir genügend Geld mitgegeben, um einige Läden abzuklappern.
Und die Rückfahrt - “ Spike verstummt plötzlich.
Sein Blick ist auf ihr. „Du hast gedacht, ich lasse dich
hier sitzen?“
Ihr Gesichtsausdruck gibt ihm die Antwort, er sieht
zwischen angepisst und enttäuscht aus, als er sich auf die Matratze setzt und
Cordelia hat ein schlechtes Gewissen. Aber was hätte sie sonst denken sollen?
Ehrlich? Dass Spike einkaufen für eine Frau Spaß macht? Nu-hu. Eher dass er in
eine Herde Dhumari-Dämonen gerannt ist und davon in Stücke zerrissen wurde.
Oder sein DeSoto endgültig den Geist aufgegeben hat.
Die Wahrscheinlichkeit, dass er einfach ohne Verabschiedung
abhaut, war höher auf ihrer Liste. Sie zuckt mit den Schultern und kommt sich
dumm vor. „Ich kenne keinen Mann, dem Einkaufen über Stunden Spaß macht. Außer
Lorne und das ist die Diva in ihm. Aber keinen männlichen Mann.“ Und sie gibt
dem ‚männlichen Mann’ Anführungsstriche mit den Händen und Spike grinst beinahe
wieder.
„Du kennst mich nicht.“ Es klingt nach einer Erklärung für
sich selbst und sie stimmt ihm zu. Es ist wahr, sie kennt Spike nicht und sie
versteht ihn nicht. Der Gedanke, der von der Vision unterbrochen wurde, ist
zurück, dass sie nicht weiß, weshalb er sich ihre Gesellschaft antut. Das
hier antut.
Was seine Motive für den Roadtrip sind. Es ist einfach,
direkt zu sein, „Warum bist du hier?“
„Mmh, das ist eine Antwort, die einen gewaltigen
Alkoholspiegel erfordert, um ehrlich zu sein.“
Seine Hände gleiten durch das Meer von Schwarz und er
entscheidet sich schließlich für etwas das wie die Victoria Secrets Version
eines unschuldigen Nachthemdes aussieht und ihre Augen weiten sich. Aber sein
Blick ist auf die schwarze Seide gerichtet, die er um seine Hand wickelt und
einen unnatürlichen Kontrast zu seiner blassen Haut bildet und das ist komisch,
weil er nur Schwarz trägt und sie kommt darauf, dass es am Glanz der Seide
liegt und daran, dass er keine Seide trägt, nicht solange sie ihn kennt und sie
auch nicht glaubt, dass er jemals Seide getragen hat und dann an den Dämon
denkt, der Seide bevorzugt und die andere Kreation, die er geschaffen hat.
„Drusilla?“
„Zum Teil. Zum Teil
Buffy. Zum Teil ich. Der Rest ist in den meist negativen Gefühlen für Angelus
verwurzelt und darin, dass ich nicht will, dass er ein weiteres Leben
ungestraft nimmt und zertrampelt.“
„Was wenn es dafür zu spät ist?“
Er schüttelt den Kopf und blickt hoch, „Du unterschätzt
dich, Cordelia. Du bist nach Sunnydale gekommen auf der Suche nach einer Waffe
und nein, ich sage nicht, dass du nicht bereit warst, sie gegen dich selber zu
führen. Aber du warst auf der Suche nach etwas, vor dem die meisten Kreaturen
zurückschrecken - Wahrheit. Und das sagt etwas darüber aus, dass er dich nicht
gebrochen hat, weil ich heute noch vor manchen Erinnerungen davonlaufe. Ich
weiß zu was er fähig ist und wie tief er unter die Haut gehen kann. Ich weiß
es, weil ich die dunkle Seite verstehe und du keine Ahnung davon hast, trotz
allem was du meinst zu wissen. Du denkst, es war dein Versagen, dass du in
seinen Armen gekommen bist? Du bist ein Kind, nichts weiter, das glaubt zu
wissen, wie Gut und Böse aussehen und er ein manipulierender Bastard. Das ist
die Wahrheit, nichts weiter. Es ist so einfach, wirklich, nur dauert es seine
Zeit, bis man es versteht.“
Sie will etwas erwidern, einen intelligenten Konter, der
seine Aussage Lügen straft, aber die Worte entziehen sich ihr und bleiben
schließlich an dem Geheimnis hängen, das sie ebenfalls nicht mit Wesley teilen
konnte. „Woher weißt du, dass ich gekommen bin?“
„Weil das seine gefährlichste Waffe war, manipulierender
Bastard der er ist. Die tödlichste.“
Es hört sich einfach aus Spikes Mund an, aber die Gefühle
sind alles andere als simple. Der Selbsthass löst sich nicht in Luft auf,
ebenso wenig wie der Selbstverrat und die Scham. Die Schuld ist da und sein
allgegenwärtiger Schatten. Sie reibt über die Rose, die Konturen haben sich in
ihre Erinnerung eingebrannt, spürt sie so deutlich durch die Jeans. Sein Blick
senkt sich und die Neugierde darin stoppt die instinktive Bewegung, greift nach
etwas um ihn abzulenken und hat weiches Leder in der Hand.
„Wo genau hast du eingekauft? In einem Fetischshop?“
Sie grinst und er lacht, lässt sich auf den Themenwechsel
ein und lässt sich diesmal Zeit mit den einzelnen Teilen und seinen
ausschweifenden Erklärungen dazu. Seine Begeisterung ist zu aufrichtig, um sie
zu trüben und er öffnet den Whiskey und sie trinkt ihre Cola.
Am Ende muss sie ihm überraschend zugestehen, dass er
Geschmack hat. Mit Schwarz kann man letztendlich wenig falsch machen, klassisch
und fleckenlos. Aber die Schnitte sind mehr als schmeichelhaft und er einen
Sinn fürs Praktische bewiesen hat. Er hat Stücke ausgewählt, die sie
tatsächlich auf die Dämonenjagd anziehen kann und auf dem Roadtrip, sie
deswegen nicht weniger gewagt sind. Nicht augenscheinlich, aber sogar ihr altes
Selbst hätte gezögert diese Kleider zu kaufen, weil sie Gefahr signalisieren.
Die Materialen sind exquisit, Leder, Seide, Satin, hochwertige Baumwolle und
die Luxusfrau in ihr genießt, das Gefühl gegen ihre Haut.
Sie weiß, dass die Stücke teurer waren, wie die
fünfhundert Dollar, die sie ihm überlassen hat und der Gedanke ist
beunruhigend. Außer es ist natürlich Hehlerware und sie kann sich
seltsamerweise mit diesem Bild eher anfreunden, wie mit dem eines Spike, in
einem hellerleuchteten Einkaufszentrum, umschwärmt von Verkäuferinnen, der sein
eigenes Geld für sie verwendet.
Sie will nicht in seiner Schuld stehen und tut es dennoch.
In beiden Fällen.
„Nur eine weitere Waffe, Cheerleader.“
Und sie blickt langsam auf, weil sie dieser Waffe
abschwören wollte und er es schwer für sie macht mit seinen sorgsam
ausgewählten Stücken. Gräbt ihre Zähne in ihre Lippe und überlegt.
Spike bestimmt fortfährt, „Der Überraschungsmoment - kein
Dämon wird glauben, dass du kämpfen kannst, wenn du aussiehst, als ob du mehr
Zeit vor dem Spiegel verbracht hast als zu trainieren. Einer der Gründe, warum
Buffy heute noch lebt. Sie wird gerne unterschätzt, immer wieder und es rettet
sie.“ Er klingt zu logisch, es ist eine Taktik, der sie sich in der
Vergangenheit zu gerne bedient hat und ihr Blick wandert zu dem schwarzen
Katana.
Sie wusste, wie man überlebt, bevor sie wusste, wie man
ein Schwert handhabt.
Aber sie hat vergessen, wie man sich schützt. Den Gegner
auf Abstand hält.
Spikes Hand geht zu ihrem Hals, zieht den Rollkragen
herunter und legt das Mal frei.
Ihr Blick ist zurück auf seinen Augen und sie sind blauer,
wie Cordelia sie in Erinnerung hat. Als ob eine Flamme dahinter tanzen würde
und der Blick ist hypnotisierend anders, unterscheidet sich total von allem,
was sie bisher von ihm gesehen hat. Seine Stimme ist tiefgründig, „Kein Grund,
das hier zu verstecken. Es ist nur eine weitere Waffe in deinem Kampf und eine
von der du vergisst, dass sie sich in deinem Besitz befindet. Aber sie kann
deinen Gegner verunsichern und manchmal reicht die kurze Verwirrung des
Feindes, um einen Kampf zu gewinnen. Oder dessen Ignoranz. Ich weiß, dass du
gefährlich bist, Cor, lass es andere auch sehen.“
Sie denkt, dass er sie überschätzt, aber es tut
gut, wieder überschätzt zu werden, sie hat vergessen, wie sich das anfühlt.
Lächelt ihm zu und nickt. Solange sie ihren eigenen Wert kennt, ist es okay,
andere in dem Glauben zu lassen, sie sei etwas wert.
Ihr Ton ist bemüht leicht, „Heißt das, dass du mir
eine verbale Warnung gibst, bevor du aus meinem Leben verschwindest, weil ich
deinen toten Arsch kicken kann?“
Sein Ton ist äußerst intensiv, „Nein, das heißt,
dass ich dir eine Warnung gebe, weil es nicht in meiner Natur liegt,
stillschweigend abzuhauen, egal wie die Umstände sind.“
Cordelia glaubt ihm das jetzt.
Sie durchschaut
ihn ein bisschen besser, aber ergründen, kann sie ihn nicht.
You and me -
If the world should break in two.
Die Visionen halten sie beschäftigt auf ihrem Weg nach Osten.
Cordelia muss keine Umwege mehr fahren, um Zeit zu schinden und Spike genießt
die Gewaltausbrüche und sie auch. Sie ziehen merkwürdige Kreise durch das Herz
von Amerika, in der Spur, die ihnen die Mächte vorgeben. Es ist einfach am
Leben zu sein, wenn man dafür kämpft und sie fallen in ein Muster und sie
decken sich gegenseitig den Rücken und es tut gut, als gleichwertiger Partner
anerkannt zu werden und nicht an die Seitenlinie verbahnt zu sein.
Sie hatten den gleichen Lehrmeister und tragen dieselbe Wut in
sich, sind manchmal geradezu erschreckend synchron für die zahlenmäßig wenig
bestrittenen Kämpfe. Sie vermisst Angel nicht und Spike anscheinend nicht den
Slayer, trotz der gekämpften Jahre an deren Seiten.
Cordelia lernt ihren eigenen Dämon in diesen Schlachten besser
kennen und sie mag sie. Sie ist schnell, hartnäckig, wendig, clever und hat
keine Angst davor, schmutzige Tricks anzuwenden und liebt das neue
Samuraischwert genug, um damit intensiv zu trainieren. Vielleicht ist es auch
nur sie ohne tiefere Bindung.
Spike ist ein guter Mentor, selbst wenn er seine Fäuste bevorzugt,
kann er ihr klare Anweisungen bei ihren Schattenkämpfen geben, während er auf
der Motorhaube seines DeSotos sitzt und sie rauchend beobachtet. Die Drehungen
und Pirouetten verfolgt und seine scharfen Kommandos werden seltener, je mehr
sie sich um ihre Abwehr bemüht und tatsächlich das Gleichgewicht zwischen
Offensive und Defensive sucht und nicht mehr nur leichtsinnig ihren imaginären
Gegner angreift. Ihre Wut und Hilflosigkeit in den Griff bekommt und durch
konstruktive Manöver ersetzt, welche die blinde Gewalt in Tödlichkeit
verwandeln. Ihre Instinkte für die Gefahr schärfen. Bei ihrem Training.
Denn sie ist frei in den Schlachten, ihre Zuversicht fast schon
arrogant.
Aber Spike triumphiert und sie stimmt ein. Die Mächte ebenfalls,
wenn sie nach dem Grad ihrer Beschäftigung geht und einige Aufträge erfordern
Planung und so werden ihre Anrufe bei Wes regelmäßiger. Er ist nicht wirklich
begeistert von ihrer Gesellschaft und sie ist nicht sicher, ob es an dem Fakt
liegt, dass Spike ein seelenloser Vampir ist oder daran, dass er sie mit in die
Schlachten ziehen lässt. Nicht dass er eine Wahl hat.
Weder sie noch die Mächte sind bereit für Diskussionen zu diesem
Thema.
Aber Wesley hilft so gut er kann mit Informationen über die
Distanz aus und scheint erleichtert zu sein, dass sie sich meldet und ihre ‚Therapie’
anschlägt. Obwohl sie weiß, wie wenig er ihre professionelle Hilfe als solche
anerkennt. Als er sie das erste Mal über eine für Wesleys Verhältnisse
bösartige Bemerkung zum Thema Spike am Telefon schallend lachen hört, mutmaßt
sie, dass er im Anschluss weinend an seinem Schreibtisch sitzt. Das Ende ihrer
Unterhaltung war zu abrupt von seiner Seite und er entschuldigte sich zu sehr
beim nächsten Telefonat dafür. Sie kann es ihm nicht nachhalten, sie hat selber
gedacht, dass sie nie wieder herzhaft lachen würde.
Das Geräusch sie das erste Mal ebenso erschreckt hat, als sie es
von einem ihrer Motelzimmer dröhnen hörte und Spike sie so fasziniert ansah,
dass sie für einen kurzen Moment peinlich berührt war. Bis sie sich auf den
Grund ihres Lachens besann und er wieder den verdienten Spott abbekam,
schließlich hatte er sich selbst freiwillig der Lächerlichkeit preisgegeben.
Die Phasen kürzer werden, in denen sie sein Rasiermessercharme
einfängt und die Phasen länger, in denen sie seinem ganz eigenen Charme erliegt
und sich von ihm zu Dingen überreden lässt, die nicht seine Sorge sein sollten.
Wie ihre Maniküre oder Gesichtspflege oder ein Sonnebad am Pool, falls ihr
Motel einen besitzen sollte. Er ihr sogar einen verdammten Liegestuhl besorgt
hat für die Motels ohne Pool und ihr Kommentar, dass sie nicht auf Urlaub,
sondern mit einem Auftrag unterwegs sind, hat er mit einem Schulterzucken
abgetan.
„Du siehst aus wie eine Leiche und ob hier oder draußen schläfst
ist einerlei. Kein Grund, der gegen einen Teint spricht, oder Luv? Außerdem
brauche ich von Zeit zu Zeit meine Privatsphäre, egal wie angenehm deine
Gesellschaft ist.“ Sie hat ihm die Zeitung über den Kopf geschlagen auf ihrem
Weg nach draußen, sich ihrer Niederlage deutlich bewusst, aber es war schwer
mit rationaler Logik zu argumentieren.
Gott, sie wusste jetzt, wie sich ihre Familie manchmal gefühlt hat
und die Scoobies.
Spike generell zuviel Ahnung von Frauen hat und seine hundertzwanzig
Jahre mit Drusilla ihm den letzten Feinschliff bei deren Handhabung gegeben
haben. Weil sie bei einige Dinge, die er ihr vorschlug im Nachhinein dachte,
dass sie einen anderen Mann auf äußerst gewalttätige und schmerzhafte Weise
umgebracht hätte, wenn er es nur gewagt hätte, sie darauf hinzuweisen, dass sie
sich die Beine rasieren könnte. Nichts dabei fand, mit Spike über die Vorteile
von Heißwachs und Epilierer zu reden, das Gespräch irgendwann in Foltermethoden
abdriftete und damit endete, dass sie das Zeug besorgte und eine Schicht
Heißwachs auf seiner Achsel verteilte, weil der Vampir scheinbar anderswo keine
Haare besaß, die er für das Experiment opfern wollte.
Das erste Lachen, weil er eine vollendete Stichwunde durch den
Bauch mit einem Wimpernzucken wegstecken konnte, aber wie ein kleines Mädchen
schrie, als sie ihm den Streifen abzog. Cordelia denkt, dass er die zweite
Achsel nur über sich ergehen ließ, weil sie vor prustendem Gelächter schon
Schwierigkeiten hatte, das Wachs zu verteilen. Sie vollkommen die Beherrschung
verlor und fast vom Bett flog vor hilflosem Lachen, als er ihr danach ganz
trocken einen Brazil Wax im Ausgleich vorschlug. Er natürlich seinen Schwanz
einzog, als sie meinte, dass dann aber zuerst seine Schambehaarung dran wäre,
weil Ladies First in dem Fall nicht gelten würde.
Cordelia bis heute nicht weiß, wie er die Kurve von
Körperenthaarung zu Folter zu schallendem Gelächter, so problemlos geschafft
hat, dass es zwischendurch nie unangenehm wurde, weil keines der Themen im
Grunde lustig ist.
Oder jemand anders schlicht für schwul gehalten hätte, den
wirklich, wie sollte sie Make-up Tipps von einem anderen männlichen Dämon außer
Lorne einschätzen? Aber sie benutzt den Kajal und Lipgloss, den er ihr von
einer Tankstelle besorgt hat, obwohl sie sich skeptisch fragt, seit wann die
ArtDeco im Angebot haben.
Spike sein Image als männlicher Mann sogar ohne Kämpfe in ihren
Augen halten kann, weil er zu geschickt in der Unterbreitung seiner Vorschläge
ist oder die Artikel plötzlich da sind, zu schade zum wegschmeißen oder
ungenutzt lassen. So wie sie sein Blut kommentarlos besorgt und sie wundert
sich manchmal, ob er ihr nicht etwas ebenso Essentielles im Austausch dafür
gibt. Seine Ratschläge sich wie attraktive Empfehlungen und reizvolle
Einladungen anhören und nicht wie konstruktive Kritik an ihrem Äußeren.
Die Oberfläche langsam wieder wichtig wird, aufpoliert und dann
wird ihr klar, dass sie wieder Konturen bekommt und Farben. Obwohl ihre Kleider
schwarz sind, sie nicht wie eine trauernde Witwe wirkt. Cordelia sich fragt,
wie verrückt Drusilla war, weil er so gut im sanften Beherrschen geworden ist,
dass er sogar sie manipulieren kann. Die ehemalige Königin der Beeinflussungen
in ihrem Sinne.
Sie sich wieder weiblich fühlt. Es seltsam ist.
Sie sich langsam wieder stark fühlt. Sie nicht weiß, was sie davon
halten soll.
Ihre Gefühle entwirrend und einteilend in mentale Kisten einpackt,
mit dem Hinweis ‚Vorsicht zerbrechlich’. Es keine Umzugskartons in ihrem
Inneren sind und sie scheinbar doch noch genügend Stauraum für die Erlebnisse
findet, um sie geordnet unterzubringen. In einer abgelegenen Abstellkammer in
ihrem Kopf, die sie selten besucht. Sie sich damit arrangiert, dass diese
gläsernen Gefühle ebenfalls zu ihr gehören und sich damit auseinandersetzt, was
ihr wiederfahren ist. Sie weiß nicht, ob ihre Schutzmaßnahmen ausreichen, um
die Landung unbeschadet zu überstehen, aber diese scheint zu weit weg, um sich
darüber Gedanken zu machen.
Sie das Klirren vernehmen wird, weil sie begonnen hat, darauf zu
lauschen.
Weil sie beginnt zu akzeptieren, was passiert ist.
Dass sie, Cordelia Chase, Vergewaltigungsopfer Vierhunderttausend
geworden ist, denn es war Ende Mai und sie hat sich eine runde Nummer in dieser
traurigen Statistik verdient, in die sie sich in diesen langen Mainächten
stillschweigend eingereiht hat.
Dass sie nur eine weitere Zahl in einer Masse von gesichtslosen
Frauen ist, die ein ähnliches Schicksal teilen. Zusammen mit den rund 876.000
Menschen pro Jahr in den Staaten. Sie innerlich auf den unabwendbaren Aufschlag
wartet, der dieser Erkenntnis folgen muss.
Weil Opfer zu sein, schlimm genug war, ohne dass sie es näher
definiert hat.
Das Klirren ausbleibt und die Wut nicht so konsumierend ist, wie sie
vermutet hat.
Cordelia denkt, dass sie noch immer auf den Klick, die Eingebung
oder den Zusammenbruch wartet sollte. Sie noch immer auf eine Art taub ist, nur
nicht apathisch und passiv, die Hilferufe von ihr mit neuer Inbrunst
beantwortet werden und sie sich zuweilen fragt, wenn sie eigentlich versucht zu
retten. In letzter Konsequenz. Warum sie so aggressiv und gnadenlos vorgeht.
Aber irgendwie erscheint ihr dieses graue Leben von LA soweit weg, wird
angefüllt von den bunten Impressionen ihres Road Trips. Den roten Wüsten,
grünen Weiden, dunklen Wäldern und gelben Steppen. Neuen Dämonenarten und neue
Wege eben diese umzubringen, wenn es die Visionen vorschreiben oder sie auf
unvorsichtige Vamps treffen.
Den wundervollen Unterschieden in den nächtlichen Landschaften,
zwischen herber Schönheit und weicher Pracht unter Sternenhimmel so weit, wie
das Auge sehen kann. Die Reise ihre Lebensgeister wieder weckt und sie auf der
Straße nichts an ihre jüngste Vergangenheit mahnt. Dieses Nicht-Fühlen ihr so fremd
wird und sie weiß nicht, ob sie sich versteckt hinter ihrer Mission, guten
Absichten und frischen Eindrücken. Hinter ihrer pragmatischen Art nicht das
Opfer zu spielen, sondern den Killer. Hinter Spike und seinem Sarkasmus und
Witz. Der Kokon, den sie sich in ihrem heimischen Apartment mit Wes und Dennis
gewoben hat, durch die Straße und ihr Katana ersetzt und erweitert worden ist.
Spikes Präsenz in ihrem Leben.
Er schwer zu ignorieren ist und so hat sie es aufgegeben. Denn er
erwartet noch immer nicht viel von ihr, aber genug. Dass sie nicht nur
funktionieren soll, sondern leben. Ein kleines Bisschen. Jeden Tag und jede
Nacht ein Stück mehr. Und das ist schwer und zugleich leicht in einem, wenn sie
sich vergisst. Aber sie weiß, dass sie sich erinnern sollte und es macht ihr
Angst, diese Ungewissheit, ob sie augenblicklich verdrängt oder weiterlebt.
Sich verschließt oder öffnet. Für Alles oder Nichts.
Weil sie sich früher stets sicher war, wann sie welche Taktik
angewandt hat.
Die letzen drei Wochen ihr unwirklich vorkommen auf eine Art, weil
sie wieder aufsteigt und dessen ungeachtet argwöhnisch wartet, dass die Idylle
zerschmettert wird. Ihr Kopf sich mit Bildern füllt und sie ist gut im
Selbsteinschüchtern und Zweifeln geworden. Sich nicht den Luxus des Gutfühlens
erlauben will und Spike ihr nicht erlaubt ins Grübeln zu verfallen oder sich in
ihre harte, undurchlässige Schale zurückzuziehen. Sich von ihm abzugrenzen. Er
ihr immer wieder ein Lachen abringt und sie denkt, dass er zwischenzeitlich mit
Absicht seine scharfe Zunge nicht mehr in Zaum hält, nur um das Geräusch zu
hören.
Spike aufmerksamer ist, als sie ihm zugetraut hat.
Manchmal soviel sanften Druck ausübt, dass sie meint, dass ihre
Depression einfach zerspringen wird und er ihr ein Grinsen gibt und sie das
Vertrauen niederkämpft.
Sie Seherin ist und Dinge sieht, die sie nicht mit Spike teilt,
wie Angelus’ Schatten neben ihrem oder dessen Hände auf ihrer Haut. Die
Visionen von Angel in LA immer gut getimt sind. Sie entweder vor dem Schlafen
heimsuchen oder bevor Spike aufwacht. Oder wenn sie für eine kurze Zeit alleine
ist, bei ihrem Sonnenbaden oder den Zwischenstopps, wenn Spike Kaffee holt oder
tankt. Bisweilen fragt sie sich, warum die Mächte so vorsichtig mit dieser
neuen Waffe sind.
Sie zurückgeworfen wird und still ist.
Spike deshalb vorsichtiger mit dem Alleinlassen wird.
Er es wahrscheinlich auf ihre Launen schiebt und sie nicht genau
weiß, weshalb sie diese Bilder nicht mit ihm teilt. Wahrscheinlich weil es
keinen Unterschied macht, es nichts gibt, das man mit Stahl und Fängen
bekämpfen kann. In Angels Hotelsuite. In seinem Kopf. Wie er die Bilder
verarbeitet, die sein Verstand vor ihm ausbreitet. Wie er versucht sich
schuldig für die Eroberung ihres Körpers zu fühlen und manchmal scheitert. Die
Seele nicht repariert ist und der Dämon stärker als jemals zuvor. Weil Angelus
klug genug war, die Seele zu schwächen und Angel von seiner Schuld und
schlechtem Gewissen geradezu aufgefressen wird.
Es nicht mehr nur an ihm nagt, sondern ihm seine Substanz raubt
und er versucht, sich sein Versprechen in Erinnerung zu rufen, dass er sich
nicht umbringt und nicht aufgibt. Dass sie sich nicht auch noch darüber
Gedanken machen kann, es trotzdem tut, weil seine Gefühle in ihr nachklingen
und er es ihr zwar schuldig ist, stark zu sein. Dieses Versprechen jedoch nicht
halten kann allein in der Dunkelheit seines Schlafzimmers. Er ihr effektiv die
Farben entzieht, die sie zuvor gierig aufgezogen hat. Cordelia dennoch daran
glaubt, dass sie beide das Geschehen hinter sich lassen werden, irgendwann, es
gemeinsam überstehen werden und er dort ist und sie hier.
Die Distanz richtig ist. Weil er ihr Blut will, trotz Seele.
Nicht weit genug erscheint, weil die Mächte ihre Gabe so gegen sie
verwenden.
Sie zwischenzeitlich andere Ausblicke, ebenso wie die Visionen von
Angel fürchtet. Wie Spike als Staubwolke in einem ihrer Kämpfe und ihr das
zeigt, dass sie sich öffnet. Dass der blonde Vampir das Vorhängeschloss an
ihrem Herzen geknackt hat und sie in ihm mehr sieht, als einen Alliierten oder
Veteran eines gemeinsamen Krieges.
Cordelia nicht daran gedacht hat, dass sie beide eine Naturmacht
für sich sind und es reicht, wenn einer verbal zuschlägt, um die Balance zu
kippen. Sie nicht dachte, dass sie es wäre und nicht weiß, wie es dazu kam. Was
die Situation eskalieren ließ. Sie jetzt auf die geschlossene Tür starrt und
sich fragt, ob er sein Versprechen hält und zurückkehrt, weil er kein Wort
gesagt hat, als er aufstand und ging.
Die Grauzonen in ihrem Kopf sich weiter mischen und sie das
Schwarz-Weiß ihrer Jugend vermisst. Die Frage, ob ein Vampir ohne Seele lieben
kann, früher nicht relevant war. Er kein schlechtes Gewissen zeigt, wenn er
einen seiner Art tötet und Nietzsches Gebot des Stärkeren sein verdammtes
Unleben diktiert und sie nicht versteht, weshalb es ihn so aufbringt. Weil sie
Obsession, Sex und Familienbindung nicht als Liebe anerkennt und was ist falsch
daran?
Und er lässt sich Zeit mit seiner Rückkehr und sie nutzt die Zeit
mit Nachdenken.
Über ihn und sein Leben und die Aspekte, die sie nicht davon kennt
und überlegt, was ihn in Sunnydale hält und kommt zu der Antwort, dass jemand
seine Aufmerksamkeit dort gehalten haben muss. Sie geht ihre Gespräche durch
und kommt zu der Lösung, dass es die Summers-Frauen waren.
Dass es letztendlich Buffy war und sie einen wunden Punkt berührt
hat. Dass er auch für Dawn fühlt, in ihr so etwas wie eine kleine Schwester
sieht, die er mit seinem Leben beschützen würde. Jeden, der sie verletzen
sollte, es zehnfach bereuen lassen würde, selbst wenn es nur ihr
Highschool-Schwarm ist, der sie nicht beachtet. Er Willow für ihre Intelligenz
mag und sogar Xanders Witz irgendwie.
Weiß nicht, was sie fühlen soll.
Weil Angelus kein Kuschelvampir war und es einfach ist, sich
vorzumachen, dass er absolut keine Emotionen in sich trägt, die auch nur im
Entferntesten an Liebe erinnern. Höchstens das perverse Abziehbild davon und
Angels innerer Kampf das Echo des Dämons ist und nicht seines gesamten Wesens.
Weil Spike kein Kuschelvampir ist und er trotzdem loyal gegenüber
den Scoobies ist und ihr nach heulen zumute ist, weil sie nicht noch mehr
Schwarz in ihrem Dunkelgrau haben will. Sie Spike nicht Liebe absprechen kann
und es zu viele Konsequenzen für das fragile Gerüst ihres Verstandes hat.
Cordelia ihren Verstand abschaltet, duschen geht und danach auf
den kleinen, flimmernden Fernseher starrt, ohne etwas zu sehen. Eine weitere
patentierte Technik von ihr, um die Zweifel und Bedenken nicht weiter an die
Oberfläche zu lassen.
Die Erleichterung als er vor Sonnenaufgang in das Zimmer stürmt,
universell ist, so wie die kosmische Balance, die er in ihr ins Kippen gebracht
hat. Er sie nicht beachtet, als er ins Badezimmer geht und seine Wut einer
Rauchlawine gleicht, die sie auf seinem Weg an ihr vorbei versengt. Er sich
schließlich neben sie legt in seinen neuen Boxern, der Geruch von Whiskey, Blut
und Rauch sie einhüllt und Spike sie weiter ignoriert. So verdammt angepisst
wirkt, dass sie Angst hätte, wenn sie ihn nicht inzwischen halbwegs
durchschauen würde. Seine Wut auf sie wahrscheinlich die gesamte
Dämonenpopulation dieses Kaffs ausgelöscht hat und das zumindest als ihre
einzige gute Tat dieser Nacht gewertet werden kann. Er verletzt und wütend ist,
bereit für einen Frontalangriff, sollte sie ihm nur den geringsten Anlass dafür
bieten.
Sie wählt ihre Worte vorsichtig, spricht besänftigend, „Er hat
gesagt, dass er mich liebt und weniger als eine halbe Stunde später zwei
Menschen vor meinen Augen zu Tode gefoltert, weil ich es wagte, ihn auf seine
Blondfiktion und die auf Seherinnen anzusprechen. Weil ich so dumm war, ihn mit
Kreativität herauszufordern, obwohl ich nichts weiter wollte, als dass er es zu
Ende bringt. Er kannte meinen einzigen Wunsch und ist Liebe nicht auch das
Erfüllen von selbstlosen Wünschen? Sag mir, ob das Liebe ist, Spike?“
Er schließt die Augen und schweigt. Yeah, sie ist zur selben
Antwort gekommen.
Legt sich neben ihn und starrt an die Decke, hat nahezu das
Schwarz aus ihrem Kopf verdrängt, bis Spike sie zurückbringt. Es zurückbringt
und der Schatten wieder größer wird.
Desillusioniert und bedächtig, „Man kann nicht entbehren, was man
liebt. Liebe ist nie selbstlos, Cor, sie erwartet immer Gegenleistung, immer
Erfüllung. Liebe ist der Sieg in der ultimativen Niederlage. Die Unterordnung,
um zu herrschen. Die Herrschaft, um zu dienen. Besessenheit, um besessen zu
werden. Du kannst Vampiren selbstlose Liebe absprechen, aber du weißt selbst,
wie selten uneigennützige Liebe unter Menschen ist.“
Ihr Blick geht auf sein Profil und sie versucht die Poetik und
Resignation aus seinen Worten zu filtern und sich auf das Wesentliche zu
konzentrieren, merkt, dass es schwieriger ist, als angenommen. Die Bestürzung
in Wellen durch ihren Körper schwappt und sie versucht sich gegen seine
nächsten Worte zu stählen und etwas zu finden, das sie festhält in dieser
Lawine aus Trümmern und gebrochenen Träumen. Sich nicht an den Splittern zu
schneiden, die so lose durch ihr Inneres fliegen.
Die Implikationen für ihr Leben und ihre Liebe.
Gegen die Wahrheit, die er ihr vermitteln will.
Spike gedanklich zu weit weg ist, um ihre Abwehrreaktion und ihr
körperliches Unbehagen wahrzunehmen. Nach einer kurzen Pause ruhig
weiterspricht, „Der Dämon macht nur das Verlangen klarer, die Wege zur
Erfüllung einfacher. Wollen. Nehmen. Haben. Keine falsche Rücksichtnahme,
verschleierte Absichten oder das Zügeln des Besitzwunsches und der Begierde.
Sicher ist es keine menschliche Liebe, die uns für das Sterben lässt, das uns
wichtig ist, aber Selbstaufgabe bis zum Tod ist möglich.“
Sein Blick trifft auf ihren und sie zuckt nicht zurück vor den
widersprüchlichen Emotionen, die in seinen Augen flammen, die nichts mit ihr zu
tun haben. Sondern einzig und allein mit seiner Vergangenheit und seiner Liebe.
Lustig, er hat ihre Frage nicht beantwortet und sie trotzdem in
Frage gestellt.
„Spike, glaubst du, dass Angelus mich liebt?“
„Du lebst noch.“
Sie denkt, dass das ein Ja ist und sie denkt, dass sie sich übergeben
muss. Richtet sich auf, weil der Raum sich dreht und schneller wird, sich an
den Rand des Bettes klammert, die Füße auf den dünnen Teppich presst und das
Flimmern des Fernsehers fixiert. Das Flackern ihre Übelkeit verstärkt und so
schließt sie besiegt die Augen, wappnet sich gegen die Welle von Widerstreben
und Ekel, die durch ihren Körper rauscht, ungebremst. Auftobt und größer wird.
Sich daran erinnern muss, einen Atemzug nach den anderen zu
nehmen, nicht zu schnell.
Langsam. Ein.
Aus. Ein. Aus.
Der Schweiß zurück ist und die Gänsehaut. Das Zittern sich dazu
gesellt und das Herzklopfen. Die Panik ihren Körper in Schockzustand sendet,
über den Fluchtmodus hinaus. Es erschreckend sein sollte, wie schnell sich ihr
Geist verabschiedet und sie auf einen Körper reduziert, der nicht nach ihren
Regeln funktioniert. Sie kann sich nicht bewegen. Sie kann kaum atmen. Sie
erinnert sich vage an das letzte Mal, als sie sich so gefühlt hat. So vage und
so dunkel. Seine kalte Hand sanft auf ihrem Rücken landet und das alles ist,
was sie braucht, um der Starre zu entfliehen und sich ins Badezimmer zu
stürzen.
Diesmal hat sie die Option der Flucht, weil Spike nicht Angelus
ist.
Ihre Hand auf den Mund gepresst, schafft sie es bis zum
Waschbecken nichts von ihrem Erbrochenen zu verlieren und nur das weiße
Porzellan zu treffen. Nachdem das krampfartige Entleeren ihres Magens einen
Rhythmus gefunden hat, wagt sie es schließlich neben der Toilette in die Knie
zu gehen. Sie wirklich nicht an die Vorgeschichte dieser Schüssel denken will,
weil das kalte Porzellan ihr momentaner Freund ist. Sich gut gegen ihre Schläfe
anfühlt.
Lustig, sie hätte auf die Antwort verzichten können. Im
Nachhinein.
Spike ihr langsam folgt, das Badezimmerlicht anschaltet und sie
kneift die Augen weiter zusammen gegen das grelle Flurozonlicht. Hört wie er
das Wasser im Waschbecken laufen lässt, während sie noch trockenes Röcheln von
sich gibt. Aber ihr Magen ist leer, das Würgen nur noch schmerzhaft. Er ein
Handtuch um die Schultern legt und ihr einen kalten Waschlappen gegen die Stirn
presst. Ein Glas mit Wasser klickend neben sie stellt und dann an ihrer Seite
kniet. Schweigt. Wartet darauf, dass
sie
sich
wieder
fängt. Sie
nicht berührt und sie will ihm sagen, dass es –
Vergisst, was sie sagen will, es ist nicht wichtig.
Hört das Tropfen des Wasserhahns. Pling.
Pling.
Spürt die kalten Fließen unter ihren nackten Beinen, greift blind
nach Spikes Hand und legt sie auf die Narbe. Will ihn fragen, ob das Liebe ist
oder Verdammnis. Ob es einen Unterschied darin gibt und seine Hand verbrennt
sie nicht wie Wesleys, öffnet deswegen ungläubig die Augen. Wundert sich warum,
während sie ihn anstarrt und er die Konturen der Rose abfährt. Fasziniert, fast
bewundernd und sie kennt seine Antwort. Das ist für ihn Liebe und es sind ihre
Tränen, die sich auf das Pling des tropfenden Wasserhahns einstimmen.
Regenbogenfarben haben sich in schimmerndes Schwarz und Gold in dem kalten Flurozonlicht gewandelt und ihre Tränen schmerzen mehr, als sie ihr Blut in Erinnerung hat. Obwohl sie genauso verhalten fließen, leise von Kapitulation und Ohnmacht wispern. Von einem Kampf, den sie nicht gewinnen kann. Damals und die Verzweiflung ist so fassbar in ihr, so greifbar, wie sie sich windet und aufbegehrt. Der Strudel dieses kleine Bisschen schneller wird. Die Konturen diese Nuance dunkler werden. Ein Stück mehr aus ihrer Abwehr bricht und sie versucht zu verstehen, weshalb es immer in Schmerz endet.
Weshalb es immer so endet. Mit ihr auf dem Boden und dieser letzten Wahl.
Cordelia muss Spike nicht wie Wes mit dem Druck ihrer Hand auf der Rose halten und sie löst den Griff, um sein Handgelenk, fährt mit dem nassen Lappen über ihr Gesicht. Ihre Nase läuft und sie reißt, ein Stück Klopapier ab und putzt sie. Übertönt das Wispern. Spült sich gurgelnd den Mund aus, verdrängt das Flüstern ein Stück weiter in den Hintergrund. Spuckt den Geschmack von Unterwerfung ins Klo, wo er hingehört.
Behält ihn und seine abwesende Raubtiermiene im Blick und denkt, dass sie eine der wichtigsten Lektionen über Vampire heute Nacht gelernt hat. Ist sich nicht sicher, ob sie das Wissen verarbeiten kann und so sperrt sie es weg, für späteren Gebrauch in dieselbe Abstellkammer, die für Angelus reserviert ist, während Spikes Finger die Blütenblätter zärtlich abfahren. Sie sich schließlich aufrichtet und auf seine blasse Hand auf ihrem goldenen Innenschenkel starrt. Er so lilienweiß wie die Narbe ist und die schwarze Seide ihres Nachthemdes den Kontrast verschärft. Ihn unrealer machen.
Erstaunlicherweise bricht ihre Stimme nicht bei der Frage, „Muss Liebe Schmerz sein, damit sie real ist?“
Seine goldenen Augen blicken auf, fast verlegen. „Ich dachte, ich kenne die Antwort darauf, Buffy meinte, ich liebe nicht sie, sondern den Schmerz. Vielleicht hätte sie mich lieben können, wenn sie nicht ihren dunkleren Bedürfnissen mit mir nachgegeben hätte und es so einfach für sich machte, die schwärende Wunde auf mein Konto zu schieben. Indem sie unsere gesamte Beziehung zu einer Karikatur verzerrte, die keine echte Nähe zuließ, sondern uns aufs körperliche Verlangen reduzierte. Mich auf meinen Schwanz und sich auf ihr schlechtes Gewissen gegenüber ihren Freunden. Weil es trotz allem nicht so falsch war, wie sie es sich eingeredet hat. Die Poesie da war, bevor wir Sex hatten. Ich schätze, du kannst das nachvollziehen, Cor.“
Cordelia nickt, kein Grund ihn darauf aufmerksam zu machen, dass sie es nicht weiß und es trotzdem versteht. Er ebenfalls auf der Suche nach Akzeptanz und Liebe war und sie diese dem falschen Dämon gegeben hat, um mit heiler Psyche davon zu kommen.
Ein weiteres kosmisches Ungleichgewicht. Eines von vielen heute Nacht.
Eine weitere Ungerechtigkeit. Eine von vielen.
Steht auf, seine Finger verstärken kurz den Druck, bevor sie von ihrem Innenschenkel abfallen und Spike sie gehen lässt. Dreht die Dusche auf und wartet darauf, dass er sie alleine lässt. Er nur die Spülung betätigt und den Sitz herunterklappt, die Arme darauf aufstützt und sie aus dunklen Bernsteinaugen wachsam beobachtet. Nach einem kurzen Zögern ignoriert sie seine Anwesenheit und streift das Handtuch und ihr Nachthemd von den Schultern, schmeißt den Slip auf den kleinen Haufen.
Ihre Unterwerfung ist weggespült, irgendwo in den Abwasserrohren unter ihren Füßen und sie ist nur noch ausgelaugt. Sein Game Face fest in sein Gesicht gemeißelt ist und sie fragt sich, ob er den Schmerz so einfacher erträgt oder die Liebe, die er in sich trägt. Es mittlerweile keinen Unterschied zwischen den beiden gibt. So wie sie sich annähern und die Grenzen verwischen. Dass es sich für ihn ebenso zu einer Last entwickelt, wie für sie. Dass er ebenso unter seinen Emotionen schwankt.
Cordelia blickt Spike eine lange Zeit regungslos an, wartet darauf, dass er ihr die Entscheidung abnimmt. Mit ihr fällt. Die Dumpfheit in seinen Augen den Blick genug trübt, dass sie es hinter sich bringen können. Diese Phrase der Besserung abschreiben und ins Bodenlose fallen können.
Er hat ihr die Waffen in Form von Kleidern gegeben und nackt ist sie immer noch markiert und besiegt. Machtlos und es ist nicht wichtig, dass sie ihre Weiblichkeit nur mit dem Schwarz von exquisiten Stoffen trägt. Ihre Haut wieder golden strahlt und seine Erektion sich durch das Dunkel seiner Boxer abzeichnet, weil nur ihre Qual seine niederen Instinkte aktiviert. Nicht ihre weiblichen Rundungen oder ihr Wesen. Nicht sie. Sondern der Schmerz. Nicht ihn. Sondern nur den Vampir. Nur Teile eines fehlenden Ganzen.
Er so schneeweiß wie die Fließen ist und verführerisch wie eine Rasierklinge im Moment.
Sein Kopfschütteln erfolgt unendlich langsam und sie steigt in die Kabine.
Regenbogenfarben schimmern in dem kalten Flurozonlicht.
Cordelia sich müde gegen die kalten Kacheln lehnt und weiß, dass Spike es ihr draußen gleichtut. Die Dusche nichts daran ändert, dass sie dreckig ist und er. Sie nie wieder unversehrt und intakt sein werden, stattdessen verdorben sind bis in die hinterste Ecke ihres Wesens und sie denkt an Angelus und daran, was er ihnen geraubt und was er pervertiert hat.
Neben dem Offensichtlichen. Ihrem Glauben und ihrer Liebe.
Weil Schmerz Liebe ist und sie das nicht glauben kann. Oder will. Trotz allem. Nicht in letzter Instanz. Zumindest ein kleiner Teil von ihr wehrt sich noch gegen diese Erkenntnis. Sie ihre Abwehr mit den Lagen an Stoff wieder aufbauen wird und sie beide morgen so tun können, als ob sich nichts geändert hat.
Warum weint sie dann? Und für wen? Sich oder ihn? Oder Angel?
Ist es wichtig? Ihre Tränen werden sowieso von dem Wasserstrahl fortgespült. Trockene Schluchzer und spurenlose Feuchtigkeit auf nasser Haut. Sie kann nicht daran verbrennen. Nicht hier. So wie sie nicht untergehen konnte in Angelus’ Bett. Oder verblutet auf den Fließen. So wie sie Farben in ihrem Schwarz vermisst. Oder den Grund unter ihren Füßen.
Spike und sie Naturgewalten sind, die verwüsten und es genießen.
Sie den Sieg suchen und nicht nur die ultimative Niederlage.
Ein gnädiges Ende.
Cordelia denkt, dass sie einmal besser darin war, sich selbst zu belügen.
Until
the very end of me -
Until the very end of you.
Cordelia ruft Wesley am nächsten Abend bei einem Tankstop an und
erkundigt sich das erste Mal nach Angel, hört sich sagen, dass sie gerne mit
ihm reden würde. Dass es ihr nichts ausmachen würde zu warten, bis Wes ihn aus
seinem Zimmer geholt hat.
Starrt auf den Sternenhimmel von Kansas und die unendlichen
goldenen Weizenfelder vor ihr. Reif für die Ernte. Spürt Spike hinter sich, der
bezahlt hat und Diskretion nicht in seiner Natur liegt, fühlt seinen fragenden
Blick in ihrem Rücken und es ist einfach sich vorzumachen, dass sie heute
morgen nicht in seinen Armen aufgewacht ist und es sich sicher und gut
angefühlt hat. Beschützt.
Dass es eine Premiere war und einer der Gründe, weshalb sie mit
Angel reden muss. Sich erinnern muss. Weil Spike nicht sicher ist und sie nicht
beschützen kann vor ihren eigenen Dämonen. Denkt darüber nach, dass es
eigentlich verboten ist, neben der Zapfsäule zu telefonieren und mit einem
Handzeichen ihr zu folgen, steigt sie ein. Spike startet den Wagen und sie sind
wieder auf der Straße, während Angel immer noch nicht am anderen Ende der
Leitung ist. Sie Gunn und Fred im Hintergrund hört und die Augen schließt, sich
auf das vertraute Geräusch von ihren kleinen Diskussionen konzentriert, das
liebevolle Geplänkel gedämpft durch die Entfernung und das Lächeln erst von
ihrem Mund verschwindet, als sie Angels Stimme hört, „Hallo?“
Kein Name und sie weiß nicht, weshalb sie das traurig macht.
„Hallo Angel, wie geht es dir?“
Hört ihn seufzen und nach Worten suchen, weil sie nicht mehr
miteinander geredet haben, seit sie ihn aus dem Plymouth warf, mit der Warnung,
dass er es nicht wagen sollte zusammenzubrechen oder sie aufzusuchen. Er sich
nicht zu erklären bräuchte oder entschuldigen, weil sie zu erschöpft war, um zu
argumentieren oder ihn aufzurichten. Er ihr seine Sicht der Ereignisse ersparen
sollte und der totale Zusammenbruch ihr Privileg war. Etwas das sie sich
verdient hatte. Sie ihre Ruhe haben wollte, endlich für sich sein und er die
Erklärungen auch alleine geben konnte. Ohne sie an seiner Seite zu haben.
Sie zurückkommen würde zu ihm. Es nur eine Phase war, die sie
überstehen mussten.
Sie ihre Stimme in seiner Gegenwart wiederfinden musste.
Denn es war eines der wenigen Male, bei denen Angel sie ohne ein
Wort verstand, sie nur anblickte mit diesen verletzten Augen und dann
abgekämpft aus dem Auto stieg, als ob er die Schlacht seines Lebens verloren
hatte. Und Cordelia weiß noch, dass sie dachte, dass es noch genügend andere
Kämpfe für ihn geben würde, die er überstehen musste, als sie ihm nachblickte,
wie er langsam im Hyperion verschwand.
Es keinen Grund gab, ihm nachzulaufen und besänftigen. Er dies
besser wusste als sie. Es jeden Grund gab davonzulaufen und solange zu fahren,
bis der Plymouth in seine Einzelteile zerfiel. Und Cordelia wird sich darüber
klar, dass ihr Road Trip seit einiger Zeit keine Flucht mehr ist und am Anfang
nichts weiter war. Sie sich damals in dem Moment vor dem Hyperion schwor, dass sie
dann zurückkommen würde, wenn sie etwas anders zu sagen hatte, als Fragen oder
Vorwürfe. Sie dann heimkommen würde, wenn sie etwas anderes, als seinen Dämon
sehen würde. Und sie denkt, dass sie noch nicht ganz an ihrem Ziel angekommen
ist.
Wesley eine halbe Stunde später bei ihr auftauchte und von Dennis
hereingelassen worden ist.
Sie unter der Dusche war. Dort blieb. Für eine lange Zeit.
Sein Klopfen und Flehen ignorierte, etwas zu sagen. Er den
Albtraum nur realer machte.
Sie schwieg und verwirrt war, durch Wes’ Versuche ihr beizustehen.
Seine Tränen. Seinen Trost. Noch für eine lange Zeit.
Sie war sich nicht darüber bewusst, dass sie die Augen geschlossen
hatte und öffnet sie langsam. Wacht noch immer nicht auf. Der Albtraum bleibt
real, löst sich nicht in Nebelfetzen mit einem sanften Wort von Angel auf, so
wie in der Vergangenheit, wenn sie ihn nach einer besonders schlimmen Vision
mitten in der Nacht angerufen hat, nur um zu wissen, dass ihre Welt noch da
war. Keiner verletzt und das Böse besiegt. Er noch da war. Ihr Beschützer, der
die Monster zurückschlug und die Unschuldigen rettete. Die Grenzen sind nicht
mehr so scharf, schneiden trotzdem tiefer. Machen ihn vielschichtiger und sie
wusste doch schon immer, dass Angel eine komplexe Persönlichkeit war.
Sein Schweigen spricht Bände und sie fragt sich, ob er
verschwindet, sich in Nichts auflöst, wenn sie es sich nur hart genug
vorstellt. Ob er es ohne ihre Vorstellung tut. Ob sie sich zuviel oder zuwenig
in der Vergangenheit vorgestellt hat. Denn er ist unverwandelbar für die
Ewigkeit. Ein gefallener Engel ausgestoßen aus dem Paradies und sie hat
versucht, ihm eine Familie zu geben und einen Grund. Darauf hatte sie gebaut
und sie weiß, dass ihr Fundament auf Sand errichtet war.
Seine Liebe für Buffy nicht so ewig war, wie sie in ihrer
romantischen Vorstellung gedacht hat. Sein Sehnen für die Jägerin durch die
Erfüllung seiner Mission und dem Beschützen seiner Familie ersetzt worden ist.
Sie so hart an etwas Glück für ihn gearbeitet hat, dass ihr gar nicht
aufgefallen ist, das perfektes Glück für ihn in Reichweite war.
Weil sie blind war. Geblendet von ihrer Vorstellung von ihm.
Die Zeiten haben sich gewandelt.
Sie hat sich verwandelt in jemanden, den sie nicht kennt.
„Ich vermisse dich, Cordy.“ Vernimmt das Knacken und lockert den
Griff um das Plastik ihres Mobiltelefons, bevor es splittert. „Wir alle
vermissen dich.“
Wundert sich, ob emotionale Erpressung immer Teil ihrer Beziehung
war und was sie antworten soll, weil sie ihn nicht wirklich vermisst und
gleichzeitig so sehr, dass es ihr Angst macht. Sie ihre Naivität und
Unbefangenheit ebenso vermisst. Ihre Freunde. Ihr Leben. Sich selbst. Und ihn.
Ihre Vorstellung von ihm.
Hat Panik die Frage zu stellen, die sie seit gestern verfolgt und
der eigentliche Grund für ihren Anruf ist. Die Bestätigung ihrer schlimmsten
Befürchtungen und können es ihre sein, wenn sie diese Möglichkeit bis gestern
nicht einmal in Erwägung gezogen hat? Es sogar zu absurd für ihre verdrehte
Weltvorstellung war? Bis Spikes Ausführungen Fragen aufwarfen, die nicht so
einfach zu ignorieren sind. Nicht so einfach wegzuwischen.
Besinnt sich auf ungefährliche Floskeln, „Also geht es dir soweit
gut?“
Lauscht in die Stille seiner Antwort. Versucht sich an die Regeln
von Konversationen zu erinnern, an die Gespräche mit ihm und seine Art sich
mitzuteilen. Ihr das blendende Scheinwerferlicht zu überlassen und sie weiß,
dass sie es genossen hat. Vor nicht allzu langer Zeit. Das Schweigen, das er
für seine Zwecke nutzen konnte, um sich darin zu verstecken und sie sich
entfalten konnte. Es eine perfekte Symbiose war.
Sie beobachtete ihn, hat es immer getan, wie er mit den Schatten
in einem hellerleuchteten Raum verschmolz. Seine Art, die Energie im Raum zu
verändern und sie liebte auch das. Seine leisen Auftritte daheim, die in so
großen Kontrast zu den melodramatischen bei den Missionen standen. Sieht ihn
seit einer langen Zeit so klar, seit ihr Fokus von ihrer Person abrutschte und
auf ihm landete. Weil es Doyles Vermächtnis war, dass sie sich um Angel zu
kümmern hatte, um ihn menschlicher zu machen. Ihn in die Welt zu integrieren
und aus den Schatten zu lösen. Vorzubereiten für die Ewigkeit seiner
Unsterblichkeit ohne sie. Neben den Visionen und der Migräne und der ständigen
Gefahr. Neben ihrem eigenen Sterben.
Sie hat versagt.
Ihn besser in den Schatten kennen gelernt und aus der Distanz, als
im Licht.
Aus der Nähe hat er sie geblendet. Blind für seine Schwächen
gemacht und seine Liebe.
Erinnert sich schließlich daran, dass Angel keine Visionen von ihr
hat oder vielleicht doch, aber andere. „Angel, mach das nicht schwerer, als es
ohnehin ist. Bitte. Erzähl mir von Connor und deinen kurzen Nächten weil er
zahnt oder was Babies in seinem Alter sonst so machen, um ihre Väter auf Trab
zu halten. Oder von Wes’ letzte Beute im Buchladen. Erzähl mir von Lornes
greller Garderobe, Freds neuster Erfindung und Gunn und die letzten Monster,
die ihr in LA niedergestreckt habt. Aber schweig nicht, weil ich dieses Leben
für euch aufgegeben habe und ich will, dass du Teil von ihren Leben bleibst und
nicht nur in deinem verdammten Sessel sitzt und über die Tage nachdenkst, die
ich vor dir auf den Knien verbracht habe.“
Hört ihn hart schlucken und fühlt die heiße Wut, welche die Visionen
in ihr ausgelöst haben, erneut aufflammen. Hört das Knirschen der Scherben in
ihrem Inneren, bis sie sich darüber bewusst wird, dass ihre Zähne das Geräusch
produzieren und sie ihren Kiefer mühsam entspannt.
Bringt sich wieder unter Kontrolle und fährt dann bestimmt fort,
„Wir sind stärker als das. Ich habe es ernst gemeint, als ich dir von Wesley
ausrichten ließ, dass wir es gemeinsam überstehen werden. Aber nicht indem du
schweigst und ich rede. Die Rollen passen nicht mehr. Komm schon, sei stark für
mich und sag mir nicht, dass du mich vermisst und damit implizierst, dass ich
zurückkommen soll, weil ich zwar deine Stimme ertrage, aber noch nicht dein
Gesicht. Ich das normale Leben vermisse, das ich in LA hatte, Angel erzähl mir
davon, bevor ich dir Fragen stellen, deren Antworten uns nur weiter
auseinanderbringen – Bitte.“
Spike nimmt ihr das Telefon unvermittelt ab, „Peaches, ich weiß,
wie sehr du es liebst deine Frauen betteln zu hören, aber mir reicht es für
heute. Denk über ihre Worte nach und du erzählst ihr das nächste Mal besser
eine Gute-Nacht-Geschichte, die sie sehr gut unterhält, weil es mir für heute
zuviel ist, dass sie zweimal Bitte gesagt hat.“ Spike verstummt kurz und lacht
dann. „Yeah, lustig, die Drohung war beim ersten Mal schon veraltet und da du
absolut keine Ahnung hast, wo wir uns befinden, ist sie nicht nur albern,
sondern zwecklos.“
Anscheinend hat Angel seine Stimme in Spikes Gegenwart
wiedergefunden und Cordelia ist aufgebracht, mit einem guten Schuss von
Verbitterung, während sie die Kaskade von Flüchen und Einschüchterungen sogar
vom Beifahrersitz aus mitbekommt. Spike grinsend, den Hörer in ihre Richtung
hält und sie wusste, dass es Vorteile hat seelenlos zu sein und einen Groll
über Jahrhunderte zu pflegen, weil er sich irgendwann auszahlt.
So wie jetzt. Angels Brüllen ist unüberhörbar, „- wenn du es wagen
solltest, sie auch nur anzufassen, nein, wenn du dich erdreisten solltest,
unaufgefordert in Cordys Richtung zu blicken, werde ich dir jeden Knochen
einzeln brechen und danach die Haut abziehen. Langsam. In Streifen und deine
Muskeln in Quadraten. Du wirst jeden Tag bereuen, seit dem Drusilla in deine
Richtung geblinzelt hat. Jeden einzelnen verdammten Tag und jede Nacht davon,
William, ich meine es ernst. Todernst. Das ist kein Spiel, ich weiß nicht, was
für einen kranken Plan du dir zurechgelegt hast, um mich zu provozieren. Aber
es ist nicht die angemessene Art, wie du dich an mir rächen kannst, weil ich es
dich bitter bereuen lasse bis zum jüngsten Gericht. Lass deine schmutzigen
Hände von ihr. Ich warne dich.“
Die Wut ist eisig, „Angel, ich bin nicht dein Besitz und keine
Schachfigur in euren kranken Spielen, um unter die Haut des anderen zu kommen
und die Rangordnung auszumachen. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen,
vielen Dank für dein Vertrauen in meine Urteilskraft. Und selbst wenn ich Lust
haben sollte, deinem Grand Childe sein Unleben zu verschönern, ist das meine
Sache. Einzig und allein meine Entscheidung. Es war nicht meine, die dich in
mein Bett ließ, sondern dein Versäumnis mich darauf hinzuweisen, dass du deine
Seele ohne Sex verlieren konntest. Eine Tatsache, die ich dir noch nicht
verziehen habe, obwohl es gerade schwer ist, mich daran zu erinnern, warum das
Ziel überhaupt erstrebenswert war. Und ja, es war dein Fehler, der Angelus
zurück in unser Dasein brachte. Der hierher führte. Also halte dich aus meinem
Leben raus, bevor du noch mehr kaputt machst und mich zu etwas aufstachelst,
das wir alle bereuen werden.“
Cordelia kann die Gelegenheiten an einer Hand abzählen, bei denen
sie Angel tatsächlich angeschrieen hat. Heute gehört dazu. Ihre heiße Wut ist
in Kälte umgeschlagen, während ihrer Tirade und sie wartet auf seine
Erwiderung, die nicht kommt.
Es für ihre Warnung ohnehin zu spät ist. Sie fühlt sich
provoziert, weil es Angel nicht darum ging, dass Spike sie verletzen konnte,
eine begründete Angst. Sondern einzig und allein um seine Eifersucht und sein
Besitzanspruch. Die entfernte Möglichkeit, dass sie glücklich werden könnte und
wieder sein verdammtes Schweigen.
Spike das Telefon wieder an sein Ohr presst, „Du hast die Lady
gehört, Angel und du hast meine Chancen unter ihre harte Schale zu kommen
gerade unheimlich gesteigert, denn in ihrem Bett bin ich schon.“ Sie lächelt
ein böses Lächeln, das ihr Gegenüber frech entgegnet. Spike braucht nicht
einmal die Wahrheit zu verbiegen, um es Angel heimzuzahlen, will lachen, weil
sie dessen dunkle, unheilvolle Miene vor sich sieht und er es sich verdient
hat. „Übrigens danke dafür, Grandpa, der Platz ist kuschelig.“
Das Knurren eines gewalttätigen Tieres, kann sogar sie ohne
weiteres unter der Musik und dem Motor ausmachen. „Oh, und denke über die
nächste Gute-Nacht-Geschichte nach, anstatt über Wege mich leiden zu lassen,
weil es dir mehr bringt. Außerdem Cor Grausamkeit meine Person betreffend
verabscheut, wenn sie nicht diejenige ist, die sie zufügt und du willst sie
doch nicht weiter verstimmen, oder?“
Spike lauscht auf die leise Erwiderung, die folgt und die zu lang
für ein einfaches Ja ist.
Schließlich, „Ich kann dir versichern, dass deine miserable
Entschuldigung für ein Leben keine Priorität in meinem Unleben hat. Du schaffst
es auch ohne meine Hilfe ausgezeichnet deine Existenz in eine einzige
abgefuckte Katastrophe zu verwandeln. Ich dachte mit Buffy hättest du den Vogel
abgeschossen, aber das hier übertrifft, diesen ‚Romeo und Julia’-Scheiß um ein
Vielfaches. Sag mir, wirst du mit Cordelia wieder einen gemeinsamen Nenner
finde, so wie du es mit dem Slayer geschafft hast? Oder tauchst du nur auf
ihrer Beerdigung auf und trauerst den versäumten Chancen nach?“ Er wird
unterbrochen, dann höhnisch, „Du mich auch. Das Gefühl beruht absolut auf
Gegenseitigkeit. In guten wie in schlechten Zeiten ist nicht so dein Ding, oder
Angelus?“
Angel scheint in Erklärungslaune zu sein, zu schade, dass sie
nicht diejenige ist, die er über seinen Seelenzustand aufklären will. Ihr
misstrauischer Blick ist auf Spikes ernstes Profil gerichtet. Endlich, „Gut,
dass wir uns so prächtig verstehen und einmal ein gemeinsames Ziel haben,
Angel. Bye!“
Spike klappt das Handy zusammen und sie will nicht denken, weil
wenn sie anfängt zu denken, sie weiter brüllen will. Lauter schreien will.
Leiser weinen. Stattdessen dreht sie die Musik bis zum Anschlag auf und versucht
an nichts zu denken, es hat ihr früher geholfen, aber die Wut verzehrt sie.
Lässt ihr keine Ruhe.
Was fällt ihm ein, sich in ihr Leben und ihre Entscheidungen
einzumischen und warum hat Wes ihm nicht gesagt, wo sie sich befand und vor
allem mit wem? Waren sie wieder in den Zeiten angekommen, in denen niemand es
wagte ihn bei seinem Grübeln zu stören? Er diese unüberwindbare Mauer zwischen
sich und dem Rest der Welt hochzog, nur um sich selbst zu bemitleiden? Sein
Schicksal? Was war mit ihrem? Sie schloss sich doch auch nicht mehr ein und
verkroch sich vor der Welt.
Sicher, schmerzte es anfangs weiterzuleben, wieder zu leben, aber
sie konnten sich beide nicht ewig vor der Realität verschließen. Der
dramatischen Wendung, die ihre Leben an jenem verhängnisvollen Abend genommen
hatten und nur weil sie unterschiedliche Wege gingen, um damit fertig zu
werden, hieß es nicht, dass keine Hoffnung für sie bestand. Ihre Wege würden
sich früh genug wieder kreuzen, denn sie waren noch immer verbunden, durch ein
Band, das drastische Maßnahmen erforderte, um durchtrennt zu werden. Schritte,
für die sie nicht bereit war. Sie weiß, dass sie es überstehen und ihr wird
klar, dass Angel der Glaube daran fehlt und ihre Wut verraucht langsam.
Glüht unter ihrer Erkenntnis aus, dass sie Angel noch immer
versteht.
Ohne Glauben, kann es keine Hoffnung geben und ohne Hoffnung keine
Liebe
War er sich nicht darüber bewusst, wie viele Menschen von ihm und
seinem Schicksal abhängig waren und sich auf ihn verließen? Darauf dass er
seine Kraft wiederfand? Seinen Glauben und seine Hoffnung? Er von ihrer Familie
geliebt wurde, trotz seiner Schwächen.
Er ihr Champion war. Aber nicht nur ihrer. Gottverdammt.
Sie hatte ihre Antworten bekommen, ungefragt.
Waren Vampire zur Liebe fähig? Ja, auch wenn es nicht schön war.
Liebte Angelus sie? Ja, ohne Zweifel.
Sein Claim pochte an ihrem Hals, in dem Rhythmus ihres
Herzschlages.
Sie wusste, dass es zu früh war, mit ihm zu reden, es konnte nur
in einem Desaster enden. In Bitterkeit und Vorwürfen. Yeah, sie hatten beides
en masse ausgetauscht ohne direkt miteinander zu reden, denn entweder hatte sie
gesprochen oder er und sie zittert unter der Wucht ihrer Emotionen. Warum
konnte er mit Spike reden, aber nicht mit ihr? War es so schwer, es zumindest
zu versuchen?
Und sie hatte vergessen, was für ein selbstgerechtes Arschloch
Angel sein konnte, sobald sie sich in männlicher Gesellschaft befand. Das hatte
sich nicht geändert.
Entlockt ihr Widererwarten ein kleines Lächeln.
Zwischen zwei Liedern, „Können wir bei der nächsten Bar anhalten,
Spike, mir ist nach vergessen.“
„Sicher, Cheerleader.“
Denkt an die Nacht auf dem Parkplatz der Huntington
Beach und
Angelus’ Fragen, ihren Cheerleader-Status betreffend, während die Brise über
ihre nackte Arme weht. Die Weizenfelder sich wie ein Meer unter dem leichten
Wind biegen. Wellen und Gezeiten soweit vom Ozean entfernt. Denkt an weiße
Fließen und schwarze Boxershorts. Schwarzer glänzender Asphalt und glatte
Seide. Denkt an ihre Lektion gestern, dass sie nicht mehr nur Begierde mit
Schmerz gleichsetzt, sondern ebenso Liebe. Will nicht so zynisch werden, dass
sie vergisst, dass Liebe auch Wärme und Geborgenheit sein kann. Freundschaft.
Vielleicht kann sie Spike diese Lektion mitgeben.
Sie wissen beide, dass Sex gefährlich für die Liebe ist. Wut
tödlich.
Sie beide einen Grund suchen, sich endgültig fallen zu lassen.
Zuwenig zu verlieren haben, um auf ihre eigenen Warnungen und Gefühle
unablässig Rücksicht zu nehmen. Vielleicht Freundschaft sie retten kann oder
auch nicht. Für Angel und sie war es der Anfang vom Ende. Aber dieses Ende
liegt hinter ihr und Cordelia ahnt, dass nur ihre Freundschaft zu Angel den
Funken in ihr am Leben hält, dass ein neuer Beginn für sie möglich ist. Eine neue
Etappe in ihrer langgezogenen Reise. Ihre Liebe Schmerz ist, aber ihre
Freundschaft Hoffnung.
Außerdem ist Spike nicht Angelus.
Er hält auf einem belebten Parkplatz vor einer Bar, sie hört
Menschen lachen. Das Geräusch ist fremdartig. Das Budweiser-Schild leuchtet
abwechselnd rot-blau in der Nacht. Die Farben sind zu künstlich, passen nicht
in ihren Film Noir und sie durchdenkt ihre Optionen, während Spike geduldig auf
eine Reaktion wartet, nachdem sie nicht sofort ausgestiegen ist.
Sie versucht ehrlich mit sich selbst zu sein. Und ihm.
Starrt auf das blinkende Schild und die Worte kommen schließlich
schnell und sicher, als sie den Mund aufmacht, „Ich will heute Abend vergessen,
dass es LA und Angel gibt. Ich will nicht daran denken, dass ich so sauer auf
ihn bin, dass ich für einige Dummheiten bereit bin, die dich mit einschließen,
nur um es ihm heimzuzahlen. Ihm einen unnötigen Denkzettel zu verpassen, den
niemand braucht, um uns an den Bullshit zu erinnern, der unser Leben ist. Ich
will nicht daran denken, dass du ebenfalls dafür bereit bist, aus ähnlichen
Gründen wie ich und anderen die tiefer gehen. Ich will nicht daran denken, dass
es unser gutes Recht wäre, zu tun was immer uns beliebt und ich will vergessen,
dass es den Begriff Liebe überhaupt gibt. Ich will vergessen, dass es Schmerz
gibt.“
Schluckt den Kloß entschlossen hinunter, der sich bildet, fixiert
angestrengt das Schild, bevor es vor ihren Augen verschwimmt. Die Pause zieht
sich und sie spürt Spikes konzentrierten Blick auf ihrem Profil. Dreht sich
schließlich langsam zu ihm und sucht seine Augen.
Ihre Stimme ist ein Wispern bei ihrem letzten Wunsch für diese
Nacht, verhalten, „Ich will nicht morgen früh aufwachen und dir nicht mehr in
die Augen blicken können, weil ich mich von meiner Wut zu etwas habe hinreißen
lassen, das uns beiden schadet und für das ich nicht bereit bin. Ich will mich
betrinken und Spaß haben und wenn das nicht möglich ist, zumindest meine
Depression in Ruhe auskosten. Ist das okay für dich?“
„Klingt nach einem guten Plan, Cor, soll ich uns gleich in das
Motel einchecken?“ Folgt der Richtung seiner Hand und nickt.
Eine Sorge weniger und sie will in einem Zustand sein, in dem sie
nicht mehr denken kann, wenn sie die Kneipe verlassen. Packt ihr Zeug für die
Übernachtung zusammen, während er ein Zimmer besorgt und schmeißt ihre Tasche
anschließend nachlässig auf das Bett. Macht sich keine Gedanken über seinen
Arm, um ihre Taille als sie die Bar betreten und dass sie wie ein Paar wirken.
Hat keine Lust auf irgendwelche billigen Annäherungsversuche von Fremden, weil
sie heute ohne Problem einen durchtrainierten Footballspieler auf den Boden der
Tatsachen befördern könnte. Nicht nur verbal, sondern so hart, dass er nie mehr
aufstehen würde und so bleibt sie an Spikes Seite sitzen und wahrt die
zivilisierte Fassade.
Lächelt sogar ehrlich amüsiert, als der Barkeeper ihren Ausweis
sehen will.
Vergisst irgendwann, dass es eine Fassade ist, weil Spike ein zu
guter Unterhalter ist und darauf achtet, dass ihr Glas immer voll ist. Er
Anekdoten erzählen kann, so dass sie lustig sind, obwohl ihr noch immer nicht
nach Lachen ist. Seine Pointen scharfzüngig sind ohne zu verdrehen oder zu
übertreiben. Er die Scoobies in den Jahren seit ihrem Weggang so messerscharf
beobachtet hat, wie es ihre Aufgabe war und sein Sarkasmus ihren eigenen in den
Schatten stellen kann. Sein Sunnydale vor ihren Augen lebendig wird, so wie er
ihre alte Heimatstadt sieht und es der perfekte Ort für eine zerrissene Kreatur
wie ihn ist.
Spike schnell tanzen kann, ohne sich lächerlich zu machen, im
Gegensatz zu den Männern, die sie kennt und sich sein Körper gut gegen ihren
anfühlt, bei den kurzen Kontakten. Sein Griff locker ist und er ihr Raum gibt,
Freiheit lässt für ihre Drehungen und Pirouetten. Er ihren Stil auswendig kennt
und sie sich fragt, ob ihr Kampfstil dem ihres Tanzes so verdammt ähnelt, dass
er ihm ohne Schwierigkeiten folgen kann.
Oder ob das einfach seine Erfahrung ist.
Den Abstand, den sie braucht, bis sie sich an ihn gewöhnt hat. Seine
Hände leicht auf ihrer Haut sind. Sie sich lächerlich machen kann und er nur
sein lautes Lachen als Antwort gibt und sie einstimmt. Sie sexy sein kann, ohne
Feuer in seinen Augen zu zünden. Ihre Hüften sich seinen anpassen und der
Rhythmus selbst dann nicht unangenehm wird, als die Lieder langsamer werden und
die Beleuchtung noch schummriger.
Cordelia froh ist, dass sie ehrlich mit ihm war, weil sie jetzt
ihre Schläfe gegen seine Schulter lehnen kann, ihre Nase an seinem Hals
vergraben und Spaß haben, ohne falsche Erwartungen zu wecken und sie das noch
nie in ihrem Leben konnte. Weil es immer etwas zu schützen galt, sei es ihr Ruf
vor Gerüchten oder ihren Körper vor wandernde Hände, die sie im Zaum halten
musste.
Sie feststellt, dass er gut riecht unter seinem Ledergeruch und
dem kalten Rauch.
Etwas das sie an frischgeschnittenes Gras und Sommer erinnert.
Sie sich entspannt und es nicht am Alkohol liegt.
Das Klingeln ihres Handys in seiner Tasche, die Idylle zerbricht.
Sie beide erstarren, weil niemand sie in den letzten vier Wochen seit ihrem
Weggang aus LA angerufen hat und es zwei Gründe für den Anruf gibt und keiner
gut ist. Geht ran, bevor sich das Bild eines verletzten Wesley oder Gunn sich
in ihrem Verstand herauskristallisieren kann oder die Wut auf Angel sich erneut
manifestieren. „Ja?“
„Hi Cordelia, ich bin’s Buffy, gib mir Spike. Sofort!“
Nach einem Moment der Verwirrung über die beinahe unhöflich
formulierte Forderung der Jägerin fängt sie sich und gibt das Telefon an ihn
mit einem Schulterzucken und „Buffy“ weiter.
Seine Miene ist ebenso verblüfft wie ihre, als er rangeht und sie
gemeinsam von der Tanzfläche verschwinden, während er dem einseitigen Gespräch
zuhört, sich übers Gesicht reibt und sie zeigt auf den Ausgang und er folgt
ihrem stummen Rat. Lässt ihn alleine und bestellt zwei weitere Bier, wartet auf
seine Rückkehr und überlegt, was der Anlass des Anrufes sein könnte, versucht
nicht an Weltuntergänge und die alltäglichen Risiken des Höllenschlundes für
die Scoobies zu denken, weil Spike es ihr sofort mitgeteilt hätte. Ist nicht
sicher, wie sie Spikes verschlossenen Gesichtsausdruck einordnen soll, als er
wieder an ihrem Tisch kommt, weil er nicht nach Apokalypse aussieht, aber auch
nicht nach frohen Neuigkeiten.
„Was ist passier?“
„Nichts“, nimmt sein Bier und leert die halbe Flasche auf einen
Zug.
„Nichts?”
“Nichts das von Bedeutung ist, Cor, kein Tod oder schwere
Verletzung der Scoobies. Es war eben wieder Zeit für eine Abreibung für mich
und meine mangelnde Weitsicht und fehlende Rücksichtnahme gegenüber den
Menschen, die sich Sorgen, über meinen Verbleib machen. Diese Menschen nicht
Buffy mit einschließen und sie nur anruft, um mich darauf aufmerksam zu machen,
dass sie mich nicht in Sunnyhell vermisst.“
Die Verbindung klickt zusammen, „Angel hat Buffy angerufen, sich
bei ihr ausgeheult und ihr dann meine Nummer gegeben?“ Das zugeknöpfte Grinsen
ist Bestätigung genug. Gott, in diesem Moment hasste sie Angel. Das zu seiner
Fähigkeit ihre Laune zu verderben, selbst wenn vier Bundesstaaten zwischen
ihnen lagen.
„Wie hat sie den Seelenverlust ihres Angels aufgenommen?“
Spike schweigt und ihre Augen weiten sich. „Er hat ihr nichts davon gesagt?“
Sein Kopfschütteln erfolgt bedächtig. „Wie hat er dann deine Gesellschaft
auf meinem Roadtrip begründet?“
„Schlechte Beeinflussung seiner Seherin.“
Damit prostet er ihr ironisch zu und es ist jetzt an ihr die halbe
Flasche zu leeren, vielleicht würde der Alkohol ihre Wut betäuben. Nein, nicht
wirklich. Sie fühlt sich hintergangen und verarscht, wünscht die beiden
tragischsten Geliebten der Sunnydaler Geschichte in eine Höllendimension, weil
die beiden sich zur falschen Zeit gegen sie verschwören. Weil sie nicht alleine
die Reise beenden will und die Antworten suchen, nicht sicher ist, ob sie es
kann, aber sie weiß, wem sein Herz gehört.
„Gehst du morgen zurück?“ Spike spielt mit dem Flaschenhals,
zögert. „Es reicht, wenn du mir die Adresse von deinem Schamanen gibst und ich
kann mit dem Zug nach New York und mit dem Flugzeug zurück nach LA. Es macht
keine Umstände, Spike, ich habe dich lange genug aufgehalten, ohne die Visionen
wären wir schon längst wieder zurück. Vier Wochen für eine Strecke, die
normalerweise weniger als eine in Anspruch nimmt, das ist zuviel Zeit und wir
haben gerade Mal die Hälfte geschafft.“
„Sie hat mich nicht gefragt, ob ich zurückkomme, Cordelia.“
Ihr nervöses Gebrabbel verstummt und er sieht auf, „Ich sage
nicht, dass ich nicht sofort umgedreht wäre, wenn sie mich darum gebeten hätte.
Innerhalb eines Herzschlages oder vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich hätte
ich dich trotzdem in New York abgeliefert, ohne Pausen und mit Interstates.
Aber sie hat mich nicht gefragt und ich habe ihr mehr als einmal das Stichwort
in unserer Unterhaltung gegeben und wenn sie noch nicht einmal sagen kann, dass
sie mich an ihrer Seite haben will, dann –" Er verliert sich, zuckt mit
den Schultern und gibt ihr ein trauriges Lächeln. „Dann besteht wenig Hoffnung,
dass sie mir das geben kann, das ich brauche, wenn ich unaufgefordert
zurückkehre. Manchmal ist es so einfach.“
Sie greift nach seiner Hand, denkt, dass es nicht so einfach sein
sollte.
Dass er nicht so verloren aussehen dürfte, ohne Seele.
Nicht sicher, ob sie ihn aufmuntern kann, weil sie nicht daran glaubt,
das Worte es tragbarer machen und er ohnehin mehr Talent dafür besitzt. Sitzt
ihm im Halbdunkel gegenüber und beobachtet, die Gefühle, die sich in seiner
Miene offenbaren und akzeptiert endgültig die Tatsache, dass seelenlose Vampire
lieben können.
Nur erscheint die Erkenntnis nicht so niederschmetternd wie
gestern.
Sie ist also noch immer gut darin, ungeahnte Fakten in ihr
Weltbild zu integrieren. So wie Angels Machogehabe sie heute zum Lächeln
bringen konnte und sie es nicht für möglich hielt, dass sie je wieder etwas
Amüsantes an ihm finden würde, das ihren Humor zündet.
Die Wut ist ihr ständiger Begleiter, aber sie ahnt, dass sie auch
feiern wollte, weil sie heute einen wichtigen Schritt in der Annäherung ihres
Zieles gemacht hat. Sie hat mit Angel telefoniert, egal wie unglücklich der
Verlauf war, es hat ihr nur bewiesen, dass es die beseelte Variante war. Sein
Schweigen ihr seine Geschichte erzählte. Weil keine glatten Beleidigungen und
wohlformulierte Halbwahrheiten ihr Bild trüben. Sie war wütend auf Angel. Und
sie war sich sicher, auf was für eine Variante seiner Persönlichkeit sich ihre
Wut fixierte. Ohne Zweifel und glasklar. Es macht die Visionen von ihm nicht
einfacher, aber sie weiß jetzt, dass es trotz allem der Angel ist, den sie kennt.
Den sie lieben gelernt hat.
Dass Spike unter ihrem Triumph zu leiden hat und es einmal an ihr
ist, ihn aufzuheitern, weil sie Buffys Anruf mit ihrem verursacht hat. Starrt
auf ihre verschränkten Finger und denkt, dass es sich gut anfühlt, erinnert sich
an ihren Tanz und seine Umarmung am Rande der Landstraße. Daran dass Nähe auch
Trost sein kann.
„Wir wollten heute Abend Spaß haben und uns betrinken, also haben
wir nach diesem Telefonat einen Grund mehr diesen Vorsatz in die Tat
umzusetzen, oder?“ Er sieht sie ausdruckslos an, sie lächelt ihn unbefangen an,
zieht ihn dann mit sanftem Druck in Richtung Tanzfläche und in ihre Arme
Er gibt ihr ein langsames Lächeln, „Ich wusste, warum ich dich
Cheerleader nenne, Cor, du schreckst nicht vor körperlicher Aufopferung
zurück.“
„Yeah und es hat Gott sei Dank nichts damit zu tun, dass die zwei
Footballspieler, denen ich einen geblasen habe, tot sind.“ Lacht über seine
verdatterte Miene und lässt sich dann in seine Halsbeuge fallen. Der Platz
fühlt sich behaglich an. „Die Sunnydaler Inkarnation von Klischeebekämpfung.“
Er lässt sich Zeit mit seiner behutsamen Frage, „Hat er dich
Cheerleader genannt?“
„Mmh, nein, er hatte nur Fragen, das Training betreffend.“
Dreht sich aus seinen Armen, schwingt ihre Hüfte und er zieht sie
zurück bringt ihren Körper in vollen Kontakt. Ihre Augen sind fast auf gleicher
Höhe, ihre Nasen wenige Millimeter entfernt, „Wie hat er dich genannt?“
Legt den Kopf schief, „Cordelia oder Cor, Cordy ist für die Seele
reserviert.“
„Stört dich mein Cor?“ Und er schaut so verdammt ernst, der Blick
schnürt ihr plötzlich die Luft ab und sie schüttelt verneinend den Kopf.
Sein Cor klingt wie eine kandierte Schmeichelei. Zuckersüß.
Nicht wie eine Verhöhnung ihrer Person und allem was sie
repräsentiert.
„Hölle, nein. Das ist was anderes, Spike. Er wollte damit seine
Autorität ausdrücken. Seine Macht über mich. Eine verbale Unterscheidung
herstellen, die vorher nicht existent war, weil Angel Cor dreimal über die
Lippen gekriegt hat und stolz darauf war und diskutieren wir wirklich meine
Spitznamen? Ernsthaft? Ich meine, Luv und Pet teile ich ja mit der gesamten
weiblichen Bevölkerung und genügend Dämonen, die im Besitz von Brüsten sind und
es ist okay.“
„Gut“, damit dreht er sie aus dem Frontalkontakt und das Thema ist
für ihn erledigt. Cordelia würde noch einige Zeit benötigen, bis sie sich an
seine Stimmungsumschwünge gewöhnt hatte. Er konnte eine Frau mit PMS
ausgeglichen erscheinen lassen, vielleicht rührte seine weibliche Ader von zu
vielen Snacks an selbigen. Sie grinst ihn spöttisch an, während sie seine
Schrittfolge nachahmt und er die Augenbraue hebt.
„Cheerleader mit jahrelanger Praxis, deine veralteten Praktiken
können mich nicht einschüchtern.“ Seine Choreografie wird komplizierte und sie
folgt blind seiner Führung, hat irgendwann das Gefühl, dass sie keine
zufälligen Muster bilden, sondern sie etwas auf Countrymusic tanzen, das seit
mindestens einem Jahrhundert nicht mehr aktuell ist. Aber es erheiternd und
elegant in einem ist und sie dieser Mischung nie widerstehen konnte. Der
Tanzboden sich leert und die Menge einen Kreis um sie beide bildet. Sie eigene
Schrittfolgen mit einbaut und er anerkennend nickt.
Sie nicht nur beim Kämpfen synchron sind, sonder hier ebenso harmonisch.
Das Lied verstummt und sie begeisterten Applaus von den Leuten
bekommen, sie zwar auf dem Land sind, aber Cordelia Spike stolz anstrahlt und
der blasiert lächelt. Sie eine Vorstellung davon bekommt, was für ein
verstaubter Dandy er als Mensch gewesen sein muss. Einen Gratisdrink aufs Haus
vom Wirt erhalten und Spike meint, dass sie mit dem Contredanse
durch
verschiedene Läden ziehen könnten, wenn alle Stricke reißen. Sie der Meinung
ist, dass sie nicht genügend getrunken haben, wenn sie noch einen nostalgischen
Tanzstil zustande bringen und er nicht auf die Idee kommt, sie als Stripperin
zu verhökern, er ihr zustimmt und sie weißen und goldenen Tequila bestellen.
Die Runden ineinander fließen, so wie ihr Lachen, sie sich gut
fühlt und glücklich.
Eine Last von ihrer Seele genommen wurde, von der sie nicht geahnt
hat, dass sie diese spezielle mit sich herumtrug. Die Fesseln ein wenig
lockerer sitzen. Ihre Gefühle sich etwas ausgeglichen haben. Weil Angel sie zum
Lächeln brachte und seine Stimme ihr die Realität endgültig vor Augen führte
und diese Wirklichkeit über die Gegenwart hinausging und eine Zukunft mit Seele
einschloss. Eine, die sie erleben wollte.
Als sie zusammen mit Spike ins Bett fällt, hat sie vergessen,
weshalb sie überhaupt vergessen wollten und urteilt, dass es gut ist, dass er
weiß, wo sich ihr Zimmer befindet und den Schlüssel hat. Oder dass er sie auf
der kurzen Strecke von der Bar zum Motel mehrmals vor einem Sturz bewahrte.
Oder dass der Boden heute tatsächlich schwankt, ohne dass sie fällt. Oder dass
sie nicht in ihren Kleidern schlafen sollte, wobei sie sich nicht sicher ist,
was das mit Fallen zu tun haben soll und weshalb Unterwäsche sich nicht als
Kleidung in seinen Augen qualifiziert. Sie diese auf sein Drängen anbehält und
ihren Widerspruch vergisst, als sie seine nackte Haut unter ihrer fühlt. Sein
kalter Körper sich gut unter ihrem erhitzten anfühlt, wie eine eigene
Klimaanlage und ein sicherer Hafen.
So wie seine Arme um ihren Rücken, das Gefühl von Schutz verstärken.
Sie seine Halsbeuge liebt und seinen Sommergeruch.
Nichts dabei findet, ihm diese Kenntnis mitzuteilen.
Er ihr ein Grunzen als Bestätigung gibt und dann ist sie weg.
Awake to
the sound
Cordelia vermisst ihre Seltrax und zwar nicht wegen ihrem Kater,
der das gedämpfte Licht in ihrem Motelzimmer in Scheinwerfer verwandelt,
sondern wegen den zwei Mördervisionen, die sie direkt hintereinander bekommen
hat. Was sie eigentlich zu einer Vision werden lassen, nur scheint ihre Logik
zusammen mit ihrem Gleichgewichtssinn gerade in dem nicht funktionsfähigen Teil
ihres Hirns zu sitzen. Denn das Zimmer dreht sich und sie will sich nicht schon
wieder in Spikes Gegenwart übergeben und verflucht, sie versucht die Eindrücke
zu ordnen und gleichzeitig ihr Handy zu finden.
Etwas das beinahe zuviel Koordination in diesem lädierten Zustand
erfordert.
Wird endlich in seinem Ledermantel fündig.
Sunnydale bekommt den ersten Anruf und sie klärt Buffy
darüber auf, dass ihre Versöhnung mit Xander über Sex mit Spike warten kann und
sie stattdessen Tara aus dem gemeinsamen Schlafzimmer mit Willow schaffen
sollen und zwar JETZT. Sie eine Vision hatte und Fragen gerade nicht angebracht
sind, sondern die Jägerin einfach ihren Anweisungen folgen soll. Warren zwar
wie ein Loser aussieht, aber Pistolen trotzdem tödlich sind und noch viel
tödlicher ist Willow auf einem Rachetrip. Und ja, es wäre angebracht, die Cops
jetzt anzurufen, damit er direkt ins Gefängnis wegen unerlaubten Waffenbesitz
wandert, wenn er in wenigen Minuten in der Summerresidenz auftaucht und Guten
Morgen, Buffy. Ja, sie muss sie heute im Laufe des Tages zurückrufen und sich
jetzt um Tara kümmern.
LA ist der zweite Anruf gewidmet und sie schreit Wesley an, dass
er die Hände von Connor und falsche Prophezeiungen lassen soll. Weil sie
erstens nur Verderben bringen und zweitens gefälscht sind, er sich drittens
nicht mit Holtz verbünden soll, weil er ein verdammter psychopathischer Bastard
ist und sollte er auch nur daran denken, der Aussage ‚Der Vater tötet den Sohn’
glauben zu schenken, sie persönlich seinen Arsch nach Quor-toth
kicken wird und ja, er kann in seinen Büchern nachlesen über was für eine
Höllendimension sie genau redet und wer Shajhan ist.
Und nein, sie ist nicht verrückt, sie hatte nur eine Vision,
die ihn als schlafgestörten Judas darstellt, der zuviel Zeit alleine in seinem
Büro verbringt. Ja, er kann sie heute im Laufe des Tages zurückrufen, solange
er sich darüber bewusst ist, dass die Voraussage nicht echt ist und Angel
Connor nicht umbringen wird, egal wie grüblerisch oder mörderisch er schaut,
weil er ein Problem damit hat, dass sie mit Spike hier in Kansas ist. Und es
wäre von Vorteil, wenn er die Blutkonserven im Kühlschrank durch neue ersetzt,
weil die Connors Blut enthalten und Wolfram & Hart ihre Finger darin haben.
Es Zeit für einen erneuten Besuch von Angel bei den Anwälten ist und er dort
seine effektiv Wut entladen kann, die sich in ihm angestaut hat.
Ja, sie liebt ihn auch, selbst wenn sie ihn wie eine Furie
anschreit.
Danke der Nachfrage und sie muss jetzt auflegen.
Sitzt nachdem sie die Verbindung unterbrochen hat auf der
Matratze und versucht die Bilder einzuordnen. Die möglichen Konsequenzen für
das Leben ihrer Familie und Freunde auszusortieren, wenn sie keine Vision bekommen
hätte und sich mit den veränderten Fakten zu arrangieren. Nicht an eine Kugel
durchs Herz zu denken oder kalter Stahl, der ihre Kehle aufschlitzt. Nicht an
die Kälte und den Hass in den Nachwehen. Es ist schwieriger, wie sie angenommen
hat. Die Eindrücke zu frisch.
Spike ihr einen kalten Waschlappen bringt und sie einen
Moment draufstarrt, bevor sie loslacht.
Verdammt, der Tag fing gut an.
Kann sich nicht entscheiden, ob ihr Magen oder ihr Kopf
sich mehr dreht, fällt erschöpft zurück auf die Matratze und schließt die
Augen. Gott, ihr Schädel hämmerte auf eine Weise, die sie an ihre undämonischen
Visionen erinnerte und die den Rhythmus ihres Herzschlags schmerzlich durch
jede Synapse jagten. Nicht die angenehmste Art zu beweisen, dass sie am Leben war.
Kläglich, „Nie wieder Alkohol für Seherinnen, 'kay?“
„Okay!“, hört Spikes Lächeln und die Lüge in seiner
Stimme, die Matratze, die protestierend unter seinem Gewicht quietscht. Er
nimmt ihr den Lappen aus der Hand und legt ihn auf ihre Augen. Die Kühle bringt
tatsächlich etwas Linderung, so wie das noch weiter gedämpfte Licht. „Können
wir weiterschlafen?“
„Ich weiß zumindest, dass ich im Moment nicht transportfähig bin,
ohne dass mein Schädel auseinander bricht, wie eine überreife Melone.“
„Ich nehme das als ja.“
„Yeah.“
Buffys Anruf weckt sie nachmittags und die Dankbarkeit für die
Warnung ist fühlbar, Warren sicher hinter Gitter und jeder wohlauf. Aber das
mit den Visionen muss Cordy ihr einmal genauer erklären und sie sagt, dass
Willow Bescheid weiß oder Wes ihr genauere Informationen geben kann. Sie ist
nur der Blitzableiter der Mächte der Ewigkeit und erhält vagen Warnungen oder
in letzter Zeit ziemlich explizite, was mit ihrem neuen Dämonenstatus
zusammenhängt und nein, sie wissen noch nicht genau, was für eine Art von Dämon
sie ist. Nein, sie haben Spikes Chip nicht an ihr getestet, obwohl Cordelia
vermutet, dass er nicht auf sie anspringen würde, schließlich ist sie kein
reiner Mensch mehr. Aber ebenso wenig fungiert sie gerne als Punchingball, das
hat sich nicht geändert. Ja, es ist wirklich cool, dass Spike Buffy schlagen
kann, weil bei ihrer Auferstehung etwas auf der molekularen Ebene durcheinander
gekommen ist, ist interessant, aber Cordelia fragt, ob die Jägerin nicht lieber
mit Spike direkt reden will und deren Stocken ist deutlich.
Cordelia sich zur Seite dreht und Spikes gespanntem Blick
begegnet.
Sie etwas subtiler vorgeht, „Buffy, um was ging es bei der
geplatzten Versöhnung heute morgen zwischen dir und Xander? Das einzige, das
ich mitbekommen habe, ist, dass es um Spike ging und dein Sexleben mit ihm.“
Okay, vielleicht musste sie an dem subtilen Part noch arbeiten, aber die
Probleme kamen ihr ziemlich banal vor.
Die Pause dehnt sich und die Decke ist bequemer anzustarren, ohne
sich den Hals zu verrenken, wie den Vampir neben ihr, endlich, „Du weiß darüber
Bescheid?“
„Ja, es ist bei ein, zwei Gesprächen in Nebensätzen aufgetaucht.“
„Und du findest es okay? Ich meine, Slayer/Vampir ist ein Konzept,
das sich den meisten Menschen schon im Prinzip entzieht. Aber da du jetzt eine
Halbdämonin bist, hast du sicher keine Probleme damit, schließlich sind
Menschen für dich jetzt auch eine andere Spezies. Angelus war mir aber eine
Lehre auf dem dämonischen Gebiet und eine negative Erfahrung, die sich
eingeprägt hat. Nichts das ich wiederholen will.“ Cordelia hat vergessen was
für ein selbstgerechtes Miststück Buffy sein konnte, was sie zu dem gestrigen
Grund ihrer heutigen Kopfschmerzen bringt.
Sie reibt sich über die Stirn, versucht das sich wieder
ankündigende Pochen zu ignorieren und eine unverfängliche Antwort zu finden.
Dass die Jägerin in glücklicher Unwissenheit über die neusten
Entwicklungen an der Angelus-Front ist und ihrer Meinung nach auch bleiben
soll. Ein bewusstes Versäumnis von ihr in Sunnydale und diese Art von Wahrheit
kommt immer zurück, um einen heimzusuchen so wie im Augenblick. Cordelia sich
nicht wirklich dazu in der Lage sieht, den Fehlschluss aufzuklären, den Buffy
gezogen hat, ohne ihre Fassung und den eigentlichen Punkt zu verlieren.
Besinnt sich auf die unpersönlichen Fakten. Unterweisend, „Du
kannst Angelus und Spike nicht miteinander vergleichen, Buffy. Das sind zwei
Paar Schuhe nicht nur aus unterschiedlichen Kollektionen, sondern Jahrgängen.
Du würdest ja auch nicht einen Prada-Pomps und einen Gucci-Pomps anziehen,
selbst wenn beide die gleiche Absatzhöhe und die gleiche Farbe haben, nur um zu
beweisen, das sich beide in deiner Kollektion befinden. Das ist lächerlich,
richtig?“ Das Schweigen am anderen Ende zeigt Cordelia, dass der Vergleich zu
absurd war. „Kannst du dir Angelus beim Babysitten von Dawn vorstellen?“
Sexueller Missbrauch der Kinder. Susan war zwölf und blond und
Thomas sechszehn.
Schlechter Gedanke. Cordelia schluckt und schließt die Augen, hat
keine Lust mehr sich mit Buffy zu unterhalten, aber die redet sich über Chips
warm und unsichere Alliierte. Darüber dass er für sie da war und sie etwas
fühlten wollte neben der Leere und Cordelia gibt Spike wortlos das Telefon und
geht duschen.
Bevor sie ihr Gefühl und ihren Mageninhalt erneut verliert.
Als sie nach über einer Stunde aus dem Badezimmer kommt, ist ihr
Gesicht ohne Make-up, ihre Lippen blau und die Schatten unter ihren geröteten
Augen tiefer. Sie sucht ihre Tasche mit den Kleidern. Der dicke Rauch im Zimmer
sagt ihr, wie Spike die Zeit überbrückt hat. Er raucht selten Kette und dann
meistens in emotionalen Stresssituationen. Das Gespräch mit Buffy ist
wahrscheinlich nicht so gelaufen, wie er es sich gewünscht hatte. Cordelia weiß
nicht, ob sie deswegen froh sein soll, immerhin war er nicht auf seinem
überstürzten Rückweg nach Sunnydale, auch wenn er gestern gemeint hatte, dass
er sie wahrscheinlich so oder so in New York abliefern würde. Aber irgendwie
vertraut sie ihrem glücklichen Händchen mit Männern zurzeit nicht so, wie es in
der Vergangenheit der Fall war.
Spikes wachsamer Blick folgt ihr und sie fühlt die Ungeduld in
sich. Ruhelosigkeit.
Eine Panterin, der ihr Käfig zu eng wird und die Gitter auf der
Suche nach nicht vorhandenen Schwächen abstreift. Nicht vorhandene Gitter. Sie
neigt zur Dramatik in letzter Zeit und ihr fallen spontan zu viele Metaphern
ein, um innere Verwesung in mehr Worten zu umschreiben.
„Ich habe Buffy erklärt, warum wir auf diesem Road Trip sind.“ Sie
erstarrt in ihrer Bewegung, denkt nicht. Nicht. Denken. „Sie hat es
entsprechend den Umständen aufgenommen.“
Was waren ihre Umstände? Cordelia kannte ihre eigenen, aber
Buffys? Sie hatte Angel in den letzten drei Jahren weniger als ein halbes Dutzend
Mal gesehen, wie konnte sie also Umstände haben, die ihn involvierten? Sie
hatte ihn nicht fast jeden Tag gesehen, ihn mit Blutmischungen und Kaffee
bedient und in den Wahnsinn getrieben, Wunden versorgt und sein Baby in den
Schlaf gesungen. War nicht an seiner Seite, als Darla zurückkehrte und er sie
zur Nebendarstellerin degradierte. Hatte nicht trotz allem sein Leben geteilt,
weil sie keine andere Wahl hatte. Es ihre gemeinsame Mission war.
Aber natürlich drehte sich alles irgendwie um Buffy, so wie sich
bei der Jägerin alles irgendwie um Angel dreht und sie beide die entsprechenden
Entschuldigungen finden, die Menschen in ihrem Leben zurückzustoßen und aufs
Kreuz zu legen. Cordy. Spike. Teil des Champion-Deals. Handlanger,
Weggefährten und Komplizen, aber nie die erste Wahl gewesen. Immer Ersatz.
Sie ist bitter und sie ist zynisch. Unehrlich zu sich selbst, aber
Cordelia ist es egal.
Ihr ist es egal, wenn die Jägerin genau in diesem Moment auf ihrem
Weg nach LA ist.
„Schön für sie.“ Ihre Hände zittern und sie flucht unter ihrem
Atem, greift nach dem Rucksack und will zurück in die Sterilität des Bades.
Zurück in den weichen Kokon aus Dampf und Feuchtigkeit, der sie in dem Glauben
lässt, dass die Welt nur aus dem einen Quadratmeter ihrer Duschkabine besteht.
Will sich nicht vor den Spiegel stellen und für die Welt präsentable machen.
Aber sie weiß, dass sie es tun wird, weil es das ist, was sie von sich selbst
erwartet.
Spike klingt überrascht, „Schön für sie? Ich denke, das trifft es
nicht ganz.“
Sie dreht sich zu ihm um, zornig, „Was erwartest du, Spike? Soll
ich einen Freudentanz aufführen, weil ich es ihr endlich heimgezahlt habe für
all die Male, bei denen sie mir Angels unsterbliche Liebe unter die Nase
gerieben hat? Eine reine Liebe, die eine selbstzentrierte, narzisstische
Person, wie ich es bin, nicht verdient hat? Ich bitte dich, diese kindische
Fehde gab es nie und die Highschool liegt schon lange hinter uns. Ich war nie
eifersüchtig auf die Bürde, die mit dieser Liebe kam.“
„Das ist interessant, ich dachte, sie wäre Perfektion und keine
Bürde. Du hast mir nie gesagt, wie dein Angel seine Seele in deiner Gegenwart
verlieren konnte. Ich bin bis gestern vom Klassiker ‚Wham bam thank you ma’am’
ausgegangen, aber den hast du bei deinem kleinen Streit mit Peaches
ausgeschlossen. Also wie hat er deine Abwehr unterlaufen?“
Und sie überlegt lange, ob sie ihm an die Gurgel springen soll für
die pseudopsychoanalytische Art, in der er es gesagt hat. Starrt ihn hart an
und schnappt dann ihren Rucksack, um sich zu keinen unbedachten Handlungen
hinreißen zu lassen, die seine Kastration beinhalten.
Spike fängt sie an ihrer Hüfte ein, als sie am Bett vorbeiläuft,
sie ist zu sprunghaft, ihr Rucksack fällt zu Boden. Das Handtuch ist einen
Moment später durch ihre impulsive Bewegung weggerutscht, hängt wie eine
zerknitterte weiße Friedensfahne in seiner Faust und er blickt es einen Moment
verwirrt an, bis er sich auf ihr Gesicht konzentriert. Seine Frage erstirbt
unter der Herausforderung in ihrem Blick.
Sie fragt sich, wann er aufgeben wird und die Unmöglichkeit seines
Unterfangens einsehen, er ist kein Psychiater und ihre professionelle Hilfe
schließt Waffen, Stahl und Blut ein. Keine Therapiestunden auf der imaginären
Couch mit ihr auf dem Rücken und dass sie keine schnelle Antwort findet,
verwirrt sie weiter. Aber er hat ihr nie versprochen, dass es einfach wird, nur
dass er sie bei seinem Hexenmeister abliefert und dort ihre Erinnerungen
findet. Nur kann sie im Moment mit den Bruchstücken nicht umgehen, die sie
aufgesammelt hat und es schmerzt, pocht, reißt an ihr.
Die roten Striemen sind noch deutlich sichtbar und sie spürt die
Scham in sich und die Wut auf ihn, weil sie nicht in der Stimmung ist, dass er
ausgerechnet jetzt bohrt. Weil sie doch wohl ungestört duschen kann, sich
sauber schrubben, wenn sie dreckig ist und sie presst die Lippen zusammen, um
die bitteren Worte drinnen zu halten, die nicht ihn zum Ziel haben, er aber
genauso gut dafür fungieren kann, wenn er nicht aufhört sie genau so
anzustarren.
Cordelia nicht in Laune ist zu teilen und er kann ihren Schmerz
nicht wie einen Schwamm aufsaugen, ohne sie zu töten. Kann ihr nicht sagen,
dass alles gut wird, ohne eine Lüge zwischen sie zu stellen. Kann ihr nicht die
Schuld von den Schultern nehmen, weil es alles ist, das sie im Hier verankert.
Sie ohne diese himmelwärts fliegen würde, ohne Reue oder gar nicht an diesem
Punkt angelangt wäre, wo er sie mitleidig anstarren kann. Dass sie sich auf
derselben Ebene befinden. In derselben Hölle.
Er hat keine Seele. Hat ihm Buffy das nicht gerade wieder klar
gemacht?
Verdammnis ist alles was sie beide erwartet.
Seine verteufelten Augen lassen ihr Gesicht hinter sich und
streifen über die gerötete Haut. Die ungleichen Muster, die ihre Finger in
ihrem Wunsch gelegt haben, endlich sauber zu sein. Mit zuviel Druck. Mit zuviel
Entschlossenheit. Mit Nägeln und ohne Erfolg.
Sein Fokus sich auf den Bluttropfen an ihrer linken Brust verlegt,
über ihrem Herzen, die einzige Stelle, an der sie aus Versehen die Haut
aufgekratzt hat. Es ist keine Blutlust in seinem Blick aber Neugierde und sein
Kopf kommt näher. So unendlich langsam und sie ist nicht von Spikes eigenem
Charme hypnotisiert, sondern von dem Dämon und sie erkennt den Unterschied. Die
Differenz in der Dunkelheit dieses Verlangens. Worin es sich verwurzelt und
steht still mit pochendem Herzen, sieht wie ihre Brustwarzen steif werden, in
Erwartung des Bisses. Des Schmerzes. Irgendetwas das es einfacher zu ertragen
macht, das sie aus dieser Vorhölle ihres Verstandes katapultiert und die
verwischte Erinnerung drängt an die Oberfläche, dass es einfacher ist, wenn sie
kapituliert.
Er die Augenbrauen nachdenklich zusammenzieht, bevor seine kalte
Zunge ihre feuchte Haut trifft. Eine raue Spur hinterlässt, die kein Fegefeuer
in ihr weckt, aber eine kleine Flamme, die unter der Stelle züngelt, die er
berührt und sie bringt ihre Hände auf seine Schulter, um nicht in die Knie zu
gehen. Zieht sich näher an ihn, während er die Augen schließt und ihren Geschmack
in sich aufnimmt.
Sie in Trance ist und es so einfach erscheint, sich auf seinen
Schoß zu setzen und den Geschmack ihres Blutes von seinen Lippen zu kosten.
Seine Worte unklar sind, als er die Lippen löst, sein Kopf zwischen ihren
Brüsten schwebt, die Luft, die beim Reden ihre Haut streift eine Gänsehaut
verursacht und sie will nicht aufwachen. Nicht vernünftig sein. Will sich
ergeben. Nicht an Konsequenzen und Vergangenheit denken.
Aber seine Worte verlangen es von ihr, bedeuten Gefahr und Erinnerung.
Seine Stimme ist so leise und sie senkt den Kopf, um ihn besser zu
verstehen, die Bedeutung seines heiseren Flüsterns einzufangen. „Du kannst dich
an einen Höhepunkt erinnern, danach hast du abgeschalten und zeitweise davor.
Aber die eigentliche Gedächtnislücke beginnt erst mit deiner ungeahnten
Niederlage, richtig Cordelia?“
Seine dunkelblauen Augen treffen ihre, die goldenen Flecken, die
darin tanzen, faszinieren sie, fesseln ihre Aufmerksamkeit. Und sie nickt,
atmet tiefer und wartet darauf, dass die Kühle seiner Wangen gegen ihre
brennende Haut zurückkehrt. Dass er ihren Kopf herunterzieht und ihre Lippen in
Beschlag nimmt. Die Kühle seiner Zunge und die Hitze ihrer Haut von seinem
Körper konsumiert wird.
„Es war das erste Mal, dass du in den Armen eines anderen gekommen
bist?“ Ein weiteres Nicken und seine Stimme wird fester. Nachdrücklich und
wissend, „Das erklärt einiges.“
Damit lässt er sie los, schiebt sie ein Stück zurück und sie
starrt ihn an. Nicht fähig die Kontrolle zurückzuerlangen, die er ihr so
effektiv gestohlen hat.
„Ich gehe duschen, bin gleich wieder da.“ Er hört sich so
gottverdammt normal an.
Und sie setzt sich mit weichen Knien auf den Platz, den er auf dem
Bett geräumt hat und hört den Klick des Schlosses, den sie noch nie in seiner
Gegenwart vernommen hat. Dreht den Kopf und starrt ungläubig auf die weiße,
dünne Tür, die sie mit einem Kick niederreißen könnte. Hört das Rauschen der
Dusche einsetzen.
Sie schließen keine Türen ab, nicht sie beide, weil sie die Privatsphäre
des anderen respektieren und keine Schlösser brauchen, um sich zu verteidigen
oder den anderen auszuschließen. Nicht aneinander kleben und wissen, wie weit
sie gehen können und wann. Weshalb schließt Spike also ab? Schließt sie aus?
Wie konnte er soweit gehen und dann einfach gehen? Aufstehen und sie hier
zurücklassen?
Versucht zu verstehen, was gerade eben passiert ist.
Was es erklärt.
Warum er so desinteressiert an ihrem Gefühlstumult ist. So kühl.
Ihr Handyklingeln bringt etwas Realität in ihren Kopf und es ist
Wesley, der mehr Informationen zu ihrer Vision will und sie sagt ihm, dass sie
sich anziehen muss und ob er sich in fünf Minuten noch mal melden kann. Beeilt
sich mit dem Ankleiden, bringt etwas Make-up auf ihr Gesicht und starrt dann
auf das Telefon.
Spürt Spikes Zunge unter ihren Kleidern auf ihrer nackten Haut und
sie hat nicht an Stärke gewonnen, sondern nur ihre Fragen. Weil sie sich jetzt
schwach vorkommt und nicht weiß, ob sie ausgespielt wurde oder nur seziert. Sie
kein Forschungsprojekt oder Experiment sein will, aber es sich so anfühlt. Das
Drehen des Badezimmerschlosses ignoriert sie, es ist nicht das Geräusch auf das
sie wartet.
Spike sie fragt, ob sie bereit ist und sie nickt,
schlafwandlerisch sicher.
Er die alte Decke über den Kopf wirft und Richtung DeSoto
lossprintet, während sie bedächtig abschließt und den Schlüssel an der
Rezeption abgibt. Sich fragt, ob sie tatsächlich weniger als zwölf Stunden
vorher lachend in das Zimmer gestürzt ist. Sich ihre Zeit lässt, weil sie ihr
Zeitgefühl immer noch nicht gefunden hat und auf dem Weg zum Auto von dem
Klingeln erlöst wird. In der prallen Abendsonne steht und Wesleys Fragen so gut
und ausführlich beantwortet wie sie kann.
Die Luft vor Energie und Hitze schwirrt und ihr schwindelig ist.
Es gut ist seine Stimme zu hören, sie diese Kenntnis für sich
behält.
Sagt, dass sie ihn vermisst am Ende des Gespräches.
Hört seine Entgegnung und wundert sich, weshalb es sich bei ihm
nicht wie emotionale Erpressung anhört, wenn er sagt, dass er sie vermisst.
Wundert sich, wie viel Wesley ungesagt von dem versteht, was zur Zeit in ihr
vorgeht, denn er war ebenfalls schon einmal hilflos gefesselt und hat der
Gefahr zu lange, zu tief in die Augen geblickt.
Dann in den DeSoto steigt, mit einem vermummten Spike auf dem
Beifahrersitz. Sie ihre eigenen Defensiven vermisst. Das Radio aufdreht und den
Motor, er nichts dazu sagt und sie sich irgendwann albern vorkommt, mit
überhöhter Geschwindigkeit über die Landstraße zu brettern, vorbei an endlosen
Weizenfeldern und alles Gold erscheint, selbst der Himmel.
Er eine Zigarette nach der anderen raucht, bis ihre Augen brennen.
Sie das Brennen auf den Rauch schiebt und nicht auf ihn.
Als das letzte Sonnenlicht verglüht ist, tauschen sie das Steuer,
öffnen die Fenster und die Luft erscheint noch immer zu dick zum atmen. Die
Stille zu tief. Die dritte Vision dieses Tages trifft sie wenig später
unvermutet, aber sie ist für sie und sie scheinen beide in Blutlust zu sein und
der Kampf in der passenden Relation.
Groß, golden und wenig ruhmreich.
Wer hätte gedacht, dass in Kansas Dämonen auf den Feldern wachsen?
Im Dutzend?
As
they peel
apart
the skin –
Cordelia hat ein schlechtes Gefühl, als sie auf die Lichtung für
das Ritual treten und es bestätigt sich wie meistens, sie werden beide
verletzt. Aber Spike deutlich schwerer und sie kämpft härter, als sie ihn in
Slow Motion fallen sieht. Die Welt einfriert für den zeitlosen Augenblick, als
sein Blut über das Schlachtfeld sprüht in einem abgefuckten Horrorfilmklischee
und sie versteht in diesem Augenblick, weshalb die Filmemacher immer soviel
Blut verwenden. Er ein Vampir ist und nicht auf diese gottverdammt unnatürliche
Weise ausbluten sollte mit all den menschlichen Spezialeffekten. Denn Spike hat
keinen Herzschlag, der es aus seinen Adern presst und es liegt dennoch wie ein
Sprühnebel aus roter Graffitifarbe in der Nacht.
Erstarrt und starrt. Wird von seinen Augen festgenagelt, die sie
um etwas bitten.
Wehrt instinktiv den Gegner an ihrem Rücken mit dem Rückschwung
ihres Katanas ab. Noch immer schlafwandlerisch sicher. Noch immer auf
Autopilot. Weil ihr Geist noch immer von dem Bild vor ihr gefangen gehalten
wird. Er so fassungslos blickt, wie sie sich fühlt, denn das hier passiert nicht.
Spike fällt nicht. Er tut es einfach nicht. Er kann nicht. Bitte nicht. Nicht
so. Das ist ihr Part. Sie hat dafür geübt die letzten Monate, möglicherweise
die letzten Jahre.
Aber er geht in die Knie, egal wie ungläubig und stumm er sich die
Kehle hält, sich mit einem gurgelnden Röcheln vorbeugt. Es ändert sich nichts
daran, dass er wie ein gefällter Urwaldgigant nach vorne kippt, der sich immer
schneller der Schwerkraft ergibt.
Ihn fallen sieht und denkt, dass diese verfluchten Dämonen nicht
wissen, dass er kein Mensch ist, weil sie ihn sonst beenden würden, während er
schutzlos auf der Erde des Feldes kauert. Es sein Ende wäre, wäre er ein Mensch
und nicht nur eine weitere schwere Verletzung in seinem langen Leben. Ihr
wieder klar wird, was für eine relativ fragile Konstante Zeit in ihrem
tödlichen Geschäft ist, denn zwischen der Blutfontäne und seinem Aufprall
vergehen nur Sekunden und sie fühlt sich um Jahre gealtert, als er schließlich
regungslos auf dem Boden liegt.
Sie überleben muss, damit ihn nicht die Morgensonne umbringt.
Es keine Entschuldigung für sie gibt, den Tod herauszufordern und
ihre Deckung zu vergessen. Die Lektionen zu vernachlässigen, die Angel und
Spike ihr in den endlosen Trainingsstunden eingetrichtert haben und sie auf all
ihr Können angewiesen ist, um hieraus nicht als komplette Verliererin
hervorzugehen. Ihr Griff um ihr Katana wird unsicherer, ihr eigenes Blut und
Schweiß machen selbst die grobe Baumwolle glitschig, so wie ihre einsetzende
Erschöpfung sie angreifbar macht. Mehr bluten lässt. Schneller. Das Röhren der
Dämonen durch die Nacht klingt und sie einstimmt in ihrer urtümlichen Wut, weil
es primitiv ist und zu ihrem Wesen passt. Und diese Dämonen sind ebenso loyal
wie Spike, weil sie nicht flüchten, selbst als ihre Zahl von ihrem Schwert auf
zwei dezimiert wird.
Hier kein Platz für Fragen ist und Experimente, die ultimative
Niederlage entweder ihr Gegenüber oder sie trifft und so enthauptet sie den
vorletzten und dreht sich weiter. Ihrem eigenen originären Tanz folgend und dem
Schwung ihres Katanas und der letzte fällt auf die offene Erde, während sein
Schädel aus ihrem Sichtfeld rollt.
Sie gerne aufrecht stehen bleiben würde und Atem schöpfen in der
kühlen Brise oder einen animalischen Siegesschrei ausstoßen, der die Mächte
aufweckt und ihnen eine Warnung mitgibt, sich nicht mit ihr einzulassen, weil
sie es müde ist, verletzt zu werden und ihre Freunde fallen zu sehen.
Weil sie es so müde ist, halbherzige Rechtfertigungen für deren
großen Plan in ihrem Kopf zurechtzulegen. Das Adrenalin durch ihre Adern pumpt
und ihren Verstand auf den Überlebensinstinkt reduziert und dieser die Mächte
als Gefahr für ihr Überleben und das ihrer Familie identifiziert und
gleichzeitig als deren einzige Rettung. Die Dualität dieses Gedankens, Hysterie
in ihr weckt und sie kämpft um ihre Beherrschung. Kämpft ihre Gefühle nieder.
Hart. Versucht die Fetzen der Vernunft einzufangen, die durch ihren Verstand
rasen, Blitze in Lichtgeschwindigkeit. Zu schnell. Nicht wirklich greifbar und sie
versucht die Gedanken einzufangen. Nicht den roten Nebel vor ihren Augen zu
sehen, weil der nicht mehr real ist.
Abgelöst durch die unnatürliche Stille ihres Sieges und Spikes
Niederlage.
Nur durchbrochen durch ihre harschen Atemzüge, die zu laut
sind.
Spikes Kehle genauso aufgeschlitzt, wie es Wesleys wäre ohne die
höhere Warnung und sie fragt sich, ob Willows Schmerz genauso surreal war, als
Tara vor ihr zu Boden fiel, wie Cordelias in dem Moment, indem sie Spike fallen
sah. Es für Tara genauso schockierend und ewig war, als die Blutspritzer
Willows weißes Oberteil befleckten und sie verstand, was passiert war. Ob
Spikes Fall für ihn ebenso zeitlos war.
Sie Heimsuchung erkennt, wenn sie damit gnadenlos konfrontiert
wird.
Sie heimgesucht wird, von ihren Erinnerungen, den Visionen, der
Gegenwart. Bis Nichts mehr im Zusammenhang steht und trotzdem Alles miteinander
vereinigt ist. Jede Emotion klickt in ihr zusammen, in einem perfekten
Einklang. Einer perfekten Melodie aus Schmerz und Verlust. Sie fühlt und sie
hat immer zuviel gefühlt bei den Visionen und das war der Teil, der wirklich
schmerzhaft war. Der sie tatsächlich umgebracht hat, nicht ihren Körper sondern
sie, dieses unbekümmerte Mädchen. Diese emotionale Verbindung zu dem Gesehenen.
Und sie hat gedacht, dass sie besser geworden ist, im distanzieren von dem
Erlebten, aber hier geht es letztendlich um ihre Familie. Um Menschen, die sie
seit ihren Kindergarten-Tagen kannte oder um diejenigen, die so verzweifelt
geliebt worden sind und sie fühlt.
Hat sie erwähnt, wie viel sie fühlt? Zuviel und Cordelia löst
sich. Lässt die Gegenwart los.
Die Rollen verdreht und verkehrt sind, ineinander fließen, aber
die Fakten gleich bleiben.
Ein gebrochenes Herz. Eine aufgeschnittene Kehle. Nichts von Bedeutung.
Nichts das sich grundlegend ändert. Der Hass und die Kälte sind in ihr, das ist
neu, weil es noch nie einen Effekt auf sie hatte, weil die Dunkelheit sich
immer so fremd angefühlt hat. Aber nicht jetzt. Weil Cordelia diese durch
Menschen kennen lernt, denen sie schon so oft mit ihrem Leben vertraut hat,
dass sie aufgehört hat zu zählen und sie versucht sie verzweifelt festzuhalten,
weil es das leichter macht. Weiß, dass sie wie Willow scheitern wird. Dass sie
sich wie Wesley weiter sorgen wird.
Eine Balance, die sich ewig die Waage hält und was ist Gut und was
ist Böse? Was richtig und was falsch? Ist es passender, dass Spike auf dem
Boden liegt, anstelle von Wesley? Weil er nicht kälter werden kann, nicht
toter? Weil seine Zeit sowieso geborgt ist von fremdem Blut? Macht es das
besser? Macht es das einfacher? Macht es das zu dem geringeren Übel? Ist es
letztendlich ihre Wahl, weil sie sich entschieden hat die Visionen zu sehen und
sich kein Urteil zu erlauben, nicht blind wie Justitia zu sein?
Cordelia ein Killer für das Licht geworden ist und nicht für die
Dunkelheit.
Sie verzweifelt den Unterschied darin sucht, denn die Beute ist am
Ende genauso tot. Der Schmerz genauso real und vielleicht das der einzige
Unterschied zur dunklen Seite ist. Weil der Schmerz so verdammt real ist. So
konsumierend. Es kein Spaß ist, keine Unterhaltung, sondern einfach nur
einschüchternd. Lähmend.
Auge um Auge. Zahn um Zahn. Tropfen um Tropfen.
Spürt die Risse in ihrem Fundament, die knirschen, knacken und
krachen unter dem Ansturm ihrer Gefühle. Unter dem Gewicht ihrer Aufgabe. Will
sich aufgeben. Weil sie davon ausgehöhlt wird und etwas Neues in ihr erwacht.
Und sie ist keine verdammte Schlange, die ihre Verantwortung wie eine alte Haut
abstreifen kann und ihr altes Leben hinter sich lassen. Sich auf diese neue
Berufung stürzen kann. Will.
Nur hat sie keine Wahl, die Energie fließt durch ihren Körper und
jede Fiber davon und sie ist sich verdammt sicher, dass das Ganze nicht nur in
ihrem Kopf stattfindet, sondern tatsächlich. Dass sie tatsächlich versteinert
ist und es sich nicht nur einbildet. Aber sie würde gerne Zeugen befragen und
nicht nur diese vollkommene Stille um sie herum, die ihr kalt entgegenschlägt.
Ohne einen Laut und einen Windhauch und das ist merkwürdig.
Ein Vakuum in der Zeit. So fühlt es sich an.
Und Cordelia erkennt, dass es nicht wichtig ist, was sie fühlt.
Sie bei denen da oben kein Interesse oder Mitgefühl weckt, sondern nur eine
neue Prüfung provozieren wird, falls sie sich weigern sollte ihrer Aufgabe
nachzugehen, um die andere, die ertragene in passende Relation zu setzen. Mit
den desinteressierten Augen der Ewigkeit, ohne Partei zu ergreifen, immer
ausgleichend, aber nie gerecht.
Sie fragt sich, weshalb sie diese Beförderung zum Champion
erhalten hat und ob Wesley ihr Gehalt aufstockt, wenn sie ihn darüber aufklärt,
dass Vision Girl nicht mehr wie ein Mädchen kämpft, sondern wie eine Furie. Sie
eine Eingebung hat und ihr fehlt nur noch der Klick oder liegt der ebenfalls
hinter ihr? Sie ist unsicher und der Zusammenbruch, wartet in der nahen Zukunft
auf sie und das ist ein Bauchgefühl. Vielleicht hat sie die planvolle
Zersplitterung ihres Wesens bis jetzt einfach übersehen. So wie sie vieles in
ihrem Leben ausgeblendet hat, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand, ohne
Ausweg. Es sich wie Angels und Buffys melodramatischer Deal anfühlt und nicht
ihrer. Und ganz sicher nicht Spikes.
Sie sind die Ersatzbank. Haben die da oben diese wichtige Tatsache
vergessen?
Oder wollen die nur ihr Team aufstocken?
Sicher gehen, dass alle Reparationen abgeleistet werden in diesem
endlosen Krieg.
Und was passiert, wenn sie genug davon hat, keinen Wert mehr auf
deren Meinung legt?
Irgendwie bezweifelt Cordelia, dass die Mächte ein formvollendetes
Kündigungsschreiben akzeptieren. Schon die Adressierung würde sich als
schwierig erweisen. Sie begreift, dass sie immer verliert und nur das beste aus
den Momenten dazwischen machen kann. Denn darin besteht der Unterschied
zwischen existieren und vegetieren. Sie hat keine Unsterblichkeit als
Entschuldigung, um nicht zu leben. Und sie will nicht nur tot sein. Nicht nur
auf ihr Ende warten.
So wie sie sich mit der mystischen Energie in ihrem Körper
auseinandersetzen muss. Es kann nicht so schwer sein, ihrem eigenen Körper
Befehle zu geben. Großer Zeh? Kleiner Finger? Rechte Hand? Das Katana löst sich
aus ihrem krampfartigen Todesgriff und fällt klirrend zu Boden. Durchbricht die
Stille. Die Starre hebt sich langsam mit einer stechenden Impression von tausend
Nadelstichen auf. Der heiße Wind weht wieder ungestüm in ihr Gesicht, die
Realität kommt zurück und sie.
Das hier war unnatürlich, bestätigt ihr Verstand leidenschaftslos.
Aber sie hat andere Sorgen, die ihre Aufmerksamkeit erfordern.
Wendet sich steif von dem kalten, passiven Himmel über ihr ab und
geht stattdessen unbeholfen neben Spike auf die Knie, dreht ihn um und
begutachtet den Schaden. Ist wütend, denn die Wut ist effektiver als hilflose
Verzweiflung. Cordelia besinnt sich auf ihren Zorn und das prickelnde Gefühl
der Taubheit verschwindet. Abgelöst durch diesen Ball aus heißer Glut in ihrem
Magen, der ihre Hände nicht zittern und sie methodisch vorgehen lässt.
Mit einem Plan und mehr Überzeugung, wie sie sich zutraut.
Cordelia presst einen breiten Druckverband aus ihrer Bluse an
seine Kehle, schnürt ihn so eng bis der Stoff in seinen Hals schneidet und
fragt sich abwesend, ob er sein gesamtes Blut auf die Erde verteilt hat. Es
eine Pfütze unter seinem Körper bildet, den Boden unter ihren Knien aufweicht
und durch den Stoff ihrer Hose dringt. An ihr klebt, scheinbar überall.
Glitschig und kalt. Er nicht mehr nach Sommer riecht, sondern Tod und sie nach
ihrem Schwert greift und ihre Handgelenke anschneidet, weil die Abwehrwunden
auf ihren Armen an zu ungeschickten Stellen sind, um sie ihm leicht zugänglich
zu machen.
Betet, dass sie wenigstens etwas Rot in ihn zurückzupumpen kann,
nachdem der provisorische Verband fest sitzt und es gut ist, dass er nicht
atmen muss oder reden. Er sowieso bewusstlos ist und die Klinge nicht viel
tiefer hätte schneiden dürfen, bevor sie seine Wirbelsäule durchtrennt hätte
und sie mit Staub und Erde zurückgelassen hätte. Hofft, dass ihr Blut nicht
vollständig in seinen Lungen landet, wo es seinen Nutzen nicht voll entfalten
kann. Bebt vor Wut, weil sie ihn liegen lassen muss, um den DeSoto zu holen und
sein totes Gewicht selbst dann schwer zu hantieren ist, als der Wagen direkt
neben ihm steht und sie einige Minuten braucht, bis er sicher auf dem
Beifahrersitz verstaut ist.
Ihr blutverschmiertes Katana nachlässig auf dem Rücksitz landet
und sie sich den Teufel darum schert, denn sie sieht sowieso aus wie die
Überlebende eines Massakers und kein Polizist wird ihr ihre Story glauben. Aber
irgendwie glaubt sie, dass sie einfach blind durch jede Polizeisperre gewunken
werden würde und das beweist wiederum, dass ihr Glaube trotz allem noch da ist,
sie nicht fähig ist, ihn abzuschütteln oder niederzuringen und das ebenso
furchteinflößend ist, wie paralysiert auf einem Feld in Kansas zu stehen, ohne
einen Anhaltspunkt zu haben, was sie eingefroren hat. Oder ob sie sich einfach
kurz aus ihrem Leben ausgeklinkt hat, um ihren Verstand zu bewahren und neu zu
orientieren.
Spikes Kopf schließlich auf ihrem Oberschenkel liegt. Das Silber
seiner Haare ist in Bronzerot getaucht und glänzt wie frisches Kupfer in der
Finsternis. Ihre Hände zittern als sie nicht nach einem nichtexistenten
Lebenszeichen sucht, sondern stattdessen ihr Handgelenk wieder auf seinen Mund
presst und zwar solange, bis sie diesmal seine Fänge tief darin vergraben
spürt.
Der Blutverlust die Furcht abebnen lässt und sie sich leichter
fühlt mit jedem Schluck den er trinkt. Der Schluckreflex die einzige Reaktion
ist und sie sich fragt, ob es ausreicht und er sein Bewusstsein wiedererlangen
würde, wenn er sie bis zum letzten Tropfen aussaugen würde. Sich sein Gesicht
vorstellt, wie er neben ihrer Leiche erwacht und es auf keinen Versuch ankommen
lassen will. Sie absolut sicher ist, dass Leichenschändung nicht von seinem
Chip präventiv verhindert wird und sie als Punchingball herhalten müsste,
sollte sie es wagen, sich auf diese unehrenhafte Art aus der Affäre zu ziehen
und ihn zu hintergehen. Spike sich nicht bewegt, als sie schließlich die
Blutzufuhr unterbricht und ein T-Shirt von dem Rücksitz holt, um ihr Gelenk zu
verbinden. Der Verbandskasten zu weit weg im Kofferraum ist. Sie es sich nicht
erlauben kann, in Panik zu verfallen und Wesley die zwei in ihrem
Kurzwahlspeicher hat.
Sie ihn fragt, an wen sie sich wenden kann mit einem verletzten
Vampir und es dringend ist. Wirklich dringend. Er sie fragt, wo genau sie sich
befinden und sie keine Ahnung hat, weil sie nach Staaten geht und nicht
Städten. Sie nicht weiter östlich sind, als zu der Zeit, als Spike ihr Kleider
gekauft hat. Sie in Kreisen durch Colorado, Oklahoma, Arizona und Missouri
gefahren sind, vorbei an Wüsten, Weiden und Felder. Weil sie blind dem Pfad der
Mächte gefolgt sind und nicht der ungefähren Direktion ihres Zieles New York.
Cordelia Tränen spürt und heiße Verzweiflung, weil sie in Wes’
Gegenwart nicht wütend bleiben kann. Und sie will ihn dafür verdammen, weil es
weh tut, die Wut zu verlieren. Bis Wesley ihr sagt, sie soll einfach sitzen
bleiben und sich kurz ausruhen. Er kümmert sich darum. Er kümmert sich um
alles, er ruft sie zurück und gibt ihr dann exakte Anweisungen und das alles
wieder gut wird. Sie glaubt Wesley einfach, weil er ihr nie einen Grund zum
zweifeln gegeben hat und wartet mit Spikes Kopf auf ihrem Oberschenkel und
ihrer Handfläche auf seinem Herz. Nicht dass es ihn schützen würde oder sie.
Aber es fühlt sich beruhigend an, selbst ohne einen Herzschlag.
Kein Staub unter ihren Fingern. Kein Schwefelgeruch in ihrer Nase.
Nur Erde und Metall.
Solide Grundlagen, etwas mit dem man bauen kann, wenn man will.
Wenn man weiß, wie.
Sie ist wieder in Kontrolle, als ihr Telefon klingelt und Wesley
ihr die Strecke erklärt, die vor ihr liegt und sie wundert sich nicht, wie er
herausgefunden hat, wo sie genau sind. Ortungszauber ist in ihrer Welt
alltäglicher, wie ein Navigationssystem. Sie sagt, dass Spike Blut benötigt,
viel davon und ob sie sich darum kümmern soll oder ob daran gedacht wurde.
Wesley sagt, sie soll sich keine Gedanken machen, sondern einfach sicher dort
ankommen.
Dann fährt sie los, lässt das Schlachtfeld hinter sich und ihre
Hand auf Spike Brust.
Ist dankbar für die Automatikschaltung. Für die kleinen Konzepte
von flüchtigem Glück.
Kommt in dem Teil des Potawatomi-Indianerreservat an,
der ihr beschrieben wurde und folgt der einzigen Straße bis sie die Gestalt
einer alten Frau am Rande sieht vor einem einsamen Haus und zwei Beschützern,
die ihre Seite flankieren. Fährt in die Auffahrt, parkt neben einer alten
Corvette und wartet einen Moment, um sich zu sammeln, bevor sie Spikes Kopf
achtsam von ihrem Oberschenkel legt und aussteigt.
Sieht das Misstrauen in dem Blick der Männer und die Weisheit in
dem lederartigen Gesicht der hochbetagten Frau, „Wir haben dich erwartet, Kwé. Ngi-wabma.“ Der letzte Teil ist
für die Männer bestimmt und sie mildern ihren Argwohn etwas.
Cordelia nickt, ist sich sicher, dass sie erwartet wurde lange
bevor Wesleys Anruf hier eintraf. Seit entschieden wurde, dass nicht er heute
Nacht bluten soll, sondern Spike und vielleicht schon eine sehr lange Zeit
davor. Sie gibt den Männern Anweisung vorsichtig mit Spike zu sein, als sie ein
breites Brett unter ihn schieben und anschließend in das Haus tragen. Ihnen in
ein spärlich eingerichtetes Zimmer mit ihrem Luxusverbandkasten in ihren Armen
folgt. Überwacht, wie sie ihn vorsichtig hinlegen und das Brett wegziehen, ihn
mit ihrer Hilfe aus seinen Kleidern schält. Beginnt ihn zu waschen, verlangt
mehr Wasser, als es sich sofort Rosa färbt und ist nach der fünfte Schale
zufrieden als das Wasser fast klar bleibt und sie ihm auch den Rücken und die
Haare gewaschen hat.
Spürt die Neugier in der Frau und die schützende Präsenz der
Männer, während sie die Schnitte versorgt und sich schließlich an den
provisorischen Druckverband wagt. Ihn vorsichtig löst, den vollgesogenen Stoff
auf den Boden fallen lässt auf den Haufen seiner Kleider und mit Erleichterung
wahrnimmt, dass das Blut nicht sofort in Strömen fließt. Seine Heilungskräfte
das gröbste eingefangen haben und wischt das restliche Rinnsal behutsam weg,
tupft vorsichtig Salbe darauf, bevor sie Gaze und anschließend sterile Watte
auf die Wunde legt und dann den richtigen Verband um seinen Hals legt.
Spike so leichenblass wie der Stoff ist. So still wie der Tod.
Eingefallen. Ausgelaugt.
Cordelia die Decke über seinen nackten Körper legt, der fast
fragil wirkt, zerbrechlich und so verdammt schutzlos. Sie ihn nie in diesem
Zustand sehen wollte und es nur ein weiterer Test der Mächte ist, um zu sehen,
ob sie ohne ihren Protektor überleben kann. Die Aura der Unverletzlichkeit, die
Spike in ihren Augen immer umgab zerstört ist, so wie Angels Bild des dunklen
Retters. Sie keine Beschützer mehr an ihrer Seite aufweisen kann und es
trotzdem okay ist. Irgendwie. Sie trotzdem nicht fällt. Momentan.
Sie langsam aufsteht, „Die Kleider müssen gewaschen werden und der
Ledermantel ebenfalls. Und ich brauche das Blut.“
Schaut die drei stillen Gestalten vor sich an und erhascht aus dem
Augenwinkel einen Blick auf sich, in dem großen Spiegel neben der Tür. Ist von dem
Bild plötzlich festgenagelt. Sieht ihre dunkle Gestalt, in der engen Hose und
dem Spagettitop. Das Schwarz ihrer Kleider ist eingestaubt, so wie ihre Haut
kupferrot ist. Ihre Haare sind eine strähnige Masse und ihr Gesicht ist
unkenntlich unter dem Schmutz und Schweiß. Mit seinem und ihrem Blut
eingefärbt, das oszillierend Goldene der Dämonen einer verwischten
Kriegsbemalung gleicht. Die Sprenkel Funken ähnlich sehen, die über sie
verteilt sind. Der Stoff an ihrer Haut klebt.
Sie nach Tod riecht und nach Schwierigkeiten aussieht.
Cordelia kennt die Frau im Spiegel nicht, aber sie weiß, dass sie
gefährlich ist.
Dass sie weiß, wie sie ihren Willen und ihre Forderungen
durchsetzt. Dass sie sich schnell mit ihr anfreunden wird. Dass das die Person
ist, die Spike in ihr gesehen hat, bevor er ihr wie selbstverständlich eine
Waffe in die Hand gedrückt hat. Sie fühlt sich immer noch zu alt für ihr
Gesicht, aber nicht mehr für ihren Körper. Die graue Frau hat einer Platz
gemacht, die Schwarz wie die Nacht ist und so golden und rot wie die Sonne
dazwischen.
Löst widerwillig ihren Blick, als die alte Frau ihr ein Zeichen
gibt, ihr zu folgen und sie sammelt seine Kleider vom Boden ein, stopft sie in
die Waschmaschine in dem großen Bad und den Ledermantel in die Wanne, lässt
Wasser einlaufen. Stützt ihre Ellbogen kraftlos auf den Rand der Wanne und
presst ihre Hände gegen ihre Stirn. Nicht die klassische Gebetshaltung und
dennoch nicht soweit davon entfernt, wie sie es gerne hätte.
Die drei Visionen haben sie entkräftet, zusammen mit dem Kampf und
dem Blutverlust bewegt sie sich am Rande ihrer Belastungsgrenze. Nicht
körperlich, aber sie wurde heute zu oft getötet, hat zu viele Leben genommen,
wahrgenommen und die Nacht fordert ihren Tribut von ihr. Kniet einen Moment
länger als nötig und unterdrückt das Bedürfnis zu beten. Hilflos zu heulen.
Eine Macht in dem Chaos da oben um Gnade anzuflehen, weil sie nicht weiß, wie
lange sie das noch ohne Liebe erträgt, bevor der Teil von ihr stirbt, der ihr
Mitgefühl beherbergt. Der sie von der Dunkelheit trennt, die sie umgibt und die
sich langsam um sie herumschließt, wie ein in die enge gehetztes Tier.
Gott, sie vermisst die Taubheit. Diese Schwerelosigkeit nach dem
ersten Erwachen.
Und sie weiß nicht, woher dieser Gedanke kam. Sie weiß nur, dass
er gefährlich ist.
Steht schwerfällig auf, ihre Muskeln protestieren in Unisono, aber
sie ignoriert das Bedürfnis. Denn sie weiß, dass sie das kann. Dass sie das in
Angelus Gegenwart gelernt hat und die Erinnerung berührt sie nicht wirklich.
Nicht negativ. Wärmt das Blut in der Küche auf. Bringt ihn dazu die Liter zu
trinken, die er vorhin verloren hat und mehr. Spike sträubt sich zu Beginn
instinktiv dagegen, aber sie kann ihm kein weiteres williges Opfer
präsentieren, das im Besitz eines Herzschlages ist und die Plastikbeutel sind
ebenso effektiv. Sie ist hartnäckig, zwingt es seine Kehle hinunter und ist
froh, dass es menschliches ist, weil es die Heilung noch weiter beschleunigt.
Verhängt als letzten Akt um sein körperliches Wohlergehen das Fenster und geht
ins Bad, wringt das Leder aus bis sein Blut fortgespült ist und sie den Mantel
draußen aufhängen kann. Nimmt die verschmierten Blutkonserventüten aus der
Küche mit und wirft sie in den Müll.
Das Blut und der restliche Dreck auf ihrer Haut beginnt ohne ihren
Angstschweiß langsam zu trocknen, zieht ihre Haut unangenehm zusammen. Macht
ihre Kleider steif. Sie muss wirklich duschen. Diesmal ist es kein
psychologisches Bedürfnis nach Sauberkeit, sondern unübersehbarer und riechbarer
Fakt.
Steht dennoch auf der kleinen hölzernen Veranda und starrt auf den
Silberstreifen im Osten, der langsam golden wird. Eine weitere Nacht knapp
überlebt. Diese spezielle Nacht hat sie Jahre gekostet und sie fühlt sich nicht
weiser. Ihre Hände greifen das Holz des Geländers fester, bis sie Splitter in
ihren Handflächen fühlt.
Keine menschliche Stärke mehr und trotzdem nicht genug. Niemals
genug.
Fühlt die Alte hinter sich und sucht nach Worten der
Erkenntlichkeit. Letztendlich, „Danke für die Gastfreundschaft und alles
andere.“
Die Frau kommt näher und stellt sich neben sie ans Geländer,
studiert ihr Profil, so wie Cordelia den Himmel studiert. „Es ist nicht so
einfach, wie du gedacht hast, dass es sein würde.“
Yeah, warum hat sie erwartet, dass sie von ihr kryptische
Botschaften erhalten würde.
„Was ist nicht so einfach?“
„Die Geschichte neu zu schreiben, ohne die alten Fehler zu
wiederholen.“
Das hat ihre Aufmerksamkeit und Cordelia lässt den Himmel hinter
sich und starrt in das Schwarz ihrer Augen. Sie kann keine Pupillen darin
erkennen und irgendwie ist der Blick nicht halb so beunruhigend, wie er sein
sollte. Es bedarf mehr als seltsamer Augen, um sie heute zu einer äußerlichen
Reaktion zu bewegen, die Worte der alten Squaw reichen nicht dafür aus.
Cordelia ist erschöpft und aufgewühlt in einem, nicht bereit für
noch mehr mysteriöse Erklärungen, in dieser sich zuende neigenden Nacht.
Außerdem kann sie sich an keine Wahl erinnern, die sie hatte, außer die ihre
Familie zu retten.
Die Alte lächelt ein melancholisches Lächeln unter ihrem
unnachgiebigen Blick, sie muss nicht einmal Desinteresse heucheln. Cordelia
interessiert es im Moment ausgesprochen wenig, wie sie hier gelandet ist oder
warum. Was die verschleierte Botschaft der Mächte enthält und welche Warnungen.
Ihr Tagwerk ist erfüllt. Sie ist zu müde für einen abgefuckten Psychotrip ins
diffuse Zwischenleben oder die Geisterwelt und so geht ihr Blick wieder zurück
zur anbrechenden Morgendämmerung, wo sie zumindest etwas Klarheit, Hoffnung und
Licht erspäht. Etwas von dem flüchtigen Glück, das sich nicht mit beiden Händen
festhalten lässt oder Waffen oder Fängen. Nur mit dem Herzen.
Spike würde wieder gesund, die Konsequenzen waren nicht so
tiefschneidend, wie Taras Tod oder Wesleys Verrat. Sie würde, hätte sie eine
tatsächliche Wahl, wieder genauso handeln und sie weiß, dass dies ebenfalls in
Spikes Sinne wäre. Ihre Wut ist nur die Manifestation ihrer eigenen Schwäche
und Hilflosigkeit, die Nachwehen ihrer Visionen, die sie erneut überrollten.
Etwas das ihr durch den Schock half und sie in Gang setzte, damit sie nicht
paralysiert dastand und von dem Angriff gegen ihr Ego und den Mächte einfach
überrannt wurde.
Sie hat eine Vermutung, was sie auf dem Feld im Griff hatte. Ihre
Furcht.
Cordelia weiß das ebenfalls. Eine kleine Glaubenskrise.
Nichts das sie nicht handhaben konnte, nach all dem Bullshit.
Aber die Alte lässt sich nicht abschrecken von ihrer unbewegten
Haltung. Ihre stoische Ruhe hat nicht den gewünschten Effekt und warum
überrascht sie das nicht? Wann hat sie jemals Angel in Ruhe über sein Schicksal
brüten lassen? Das hier ist die späte Rache dafür. Die Indianerin beginnt
wieder zu reden und Cordelia hört zu.
„Du fällst wieder für eines seiner Childer, obwohl du bereit warst
soviel für deine Liebe zu Azhe'n zu opfern, bereit seinem Biest deinen Körper
zu übergeben, um am Ende seine Seele zu retten. Du hast seine Seele gerettet,
aber der Preis war deine bedingungslose Liebe und du trauerst darum, wie um den
Verlust deines Geliebten. Aber es ist nur eine Phase, die vergehen wird, wie
der kalte Winter, egal wie endlos er im Frost und Schnee im Dezember auch
erscheinen mag.“
Cordelia lächelt zynisch, wundert sich, ob die Hochbetagte das
passende Beispiel gewählt hat oder ihre Senilität die Fakten ihrer Aura
durcheinander schüttelt. Denn Angels Seelenverlust hatte mit ihrer momentanen
Identitätskrise wenig zu tun. Sie kann sich an den Schnee in Aspen erinnern,
glitzernd und puderig, eine Schicht aus Diamanten über den Rockys und dass ihr
die Weihnachtsferien immer zu kurz waren, um der klirrenden Kälte dort oben
überdrüssig zu werden.
Dass sie Schnee geliebt hat und den weißen Winter.
Das dreckige Tauwetter mit seinem Match gehasst.
Konzentriert sie wieder auf die leisen Worte in einen gutturalen
Akzent getaucht, „Deine Liebe bleibt im selben Blut und diesmal ist es das
richtige seiner Penoje'k, Kwé. Eine Liebe, die er akzeptieren kann, ohne zu
verdörren, trotz seines Dämons. Eine, die dich nicht zerstören wird und ihn.
Die etwas Gutes hervorbringen kann.“
Unbeteiligt, „Ich habe mich für diesen Weg entschieden?“
„Ahaw.“ Und Cordelia denkt, dass das ein Ja ist und schweigt, weil
ihr das kosmische Konzept zu groß für ihren momentanen Gemütszustand wird. Weil
sie sich nicht für Angelus entschieden haben kann, aber die instinktive
Verweigerung in ihr diesmal ausbleibt. Die Stille in ihr genauso unnatürlich
ist, wie die auf dem Schlachtfeld nach ihrem Sieg.
Die Alte fährt nach einer Weile fort, “Du hast einiges dafür in
Bewegung gesetzt, dass du dich auf diesem Pfad bewegst und die Mächte haben
sich deinem Wunsch gebeugt.“
Schaut direkt in die rote Sonne, fragt sich, was für ein Horror in
dem überschriebenen Leben auf sie gewartet hat, dass sie sich für dieses entschieden
hat und die Mächte sich ihrer Bitte angeschlossen haben. Welche Verluste sie
hiermit verhindern soll und denkt an die Visionen heute Morgen, Connor und
Tara. Wesley und Willow. An die ständigen Scharmützel, die Spike und sie
austragen müssen, bevor sie eine Meile näher an ihr Ziel gelangen können.
Daran, das sie stärker wird, den dämonischen Teil in ihr langsam definieren
kann und eingrenzen, ohne ihn zu unterdrücken. Glaubt, dass die Mächte ihren
Teil der Vereinbarung eingehalten haben und sie sich trotzdem auf einem
ungewissen Pfad befindet.
Schließt die Augen, als sie die Helligkeit nicht mehr erträgt.
Denkt an den verletzten Vampir, „Was ist mit Spike?“
„Er hatte seine eigenen Gründe sich deinem Weg anzuschließen, in
diesem Leben und dem anderen.“
Damit begibt die Indianerin sich auf den Weg ins Haus, Cordelia
hat noch eine Frage, „Wie lautet dein Name?“
„Martha“, und Cordelia lächelt das erste Mal wirklich amüsiert,
weil sie an Cassandra oder Esmeralda gedacht hat und Martha ebenso passend ist.
Sie steht noch lange auf der Veranda und sucht in ihr die Frau,
die es wagte, die Mächte herauszufordern und zu konfrontieren. Die vis-à-vis
eine Forderung gestellt hat, diesen Weg des Schicksals erpresst und gewonnen.
Sie erinnert an die vorlaute Göre aus Sunnydale, egoistisch und mit mehr
Temperament und Trotz gesegnet, als gut für sie war. Die ihre Klappe stets zu
weit aufgerissen und nie die passende Quittung dafür bekommen hat. Sie denkt,
sie weiß, wer ihr das Schlamassel letztendlich eingebrockt hat.
Sie selbst in ihrer Naivität und dem eigenen Glauben an ihre
eigene Unbesiegbarkeit.
Die Mächte in ihrem Kopf Angelus ziemlich ähnlich sind.
Beide Gewalten ließen sich nicht übervorteilen.
Manche Sinnfindung ist einfach, nur wurde das Dasein zu
kompliziert, um den Sinn klar zu sehen. Das hier war ihr Leben und ihre
Entscheidungen hatten sie hierher geführt, hatte sie nicht Angel vorgestern am
Telefon klargemacht, dass sie für sich selber entscheiden konnte, was richtig
für sie war. Warum versteckte sie sich dann hinter Ausreden und den Mächten?
Sie hatte sich gegen das Leben eines einsamen Stars an ihrem Geburtstag
entschieden. Für diese Existenz mit allem, was in dem Deal enthalten war. Ihre
Familie, ihre Freunde und ihre Liebe. Ihre Feinde, ihre Dämonen und ihrem Hass.
Alles Teil des Pakets Cordelia Chase – ein Dutzend Inkarnationen und trotzdem
ein Wesen. Vision Girl und Queen C. Vergewaltigungsopfer und Kriegerin. Frau
und Dämonin.
Das waren keine Masken, das war sie.
Tatsache war, dass es zwar nicht ihre Absicht gewesen war, dass
Angel seine Seele verlor, aber sie sich freiwillig neben Connor und ihn gelegt
hat. Ohne Zwang. Sie war diejenige, die sich von dem Gefühl der Sicherheit in
Angels Bett einlullen ließ und sich dagegen entschieden hatte, aufzustehen und
heimzugehen. Obwohl ihr gesunder Menschenverstand sie vor den Folgen warnte,
diese Grenze zu übertreten. Sie hatte diese in den Wind geschlagen und als
Zuckerguss ihr ‚Ich liebe dich’ obenauf gesetzt.
Das Schicksal oder Angel konnten sie nicht aufs Kreuz legen, das
hatte sie selbst.
Sie hatte es vermasselt und musste sich jetzt damit arrangieren.
Punkt. Ende.
Cordelia konnte nicht ewig in Verweigerung leben, aber sie musste
die Erinnerungen auch nicht Niederhetzen. Sie hatte ihre Visionen von Angel und
die waren Mahnung genug, sich nicht zu tief in sich selbst zurückzuziehen. Es
nicht zu einer Kamikazemission werden zu lassen, bei der sie am Ende nur
verlieren konnte. Spike hatte zu ihren Albträumen gesagt, dass diese sich komplett
ausspielen mussten und sie von selbst erwachen würde, wenn es an der Zeit war
und vielleicht war es mit ihren Erinnerungen ähnlich.
Vielleicht war es richtig, dass sie nicht seit zwei Wochen wieder
zurück in LA war.
Mit ihren Erinnerungen und ohne die Fähigkeit, mit ihnen
umzugehen.
Vielleicht war es ebenso richtig, dass Spike zurzeit nicht in
Sunnydale war.
Mit seiner Liebe und ohne die Fähigkeit, mit ihr umzugehen.
Denn so poetisch seine Vorstellung von Schmerz und Liebe auch war,
sie war falsch und genauso destruktiv, wie sein verlorener Kampf heute Nacht.
Sogar zerstörerischer und tödlicher. Schmerz war Teil seiner Leidenschaft, so
wie Mitgefühl zu ihrer Liebe gehörte. Beides konnte gefährlich sein, aber ohne
diese Emotionen waren sie innerlich leer. Tot. Und er wäre jetzt in der
Morgensonne ein ruhmloses Häufchen Asche auf einem namenlosen Feld in Kansas,
weil es sie nicht gekümmert hätte. Er verletzt keinen Nutzen für sie erfüllte.
So wie er ohne Temperament nicht an ihrer Seite gekämpft hätte, ohne Bedrohung
entstand keine Herausforderung. Sie liebten Herausforderungen und sie fühlten
sich von der Welt in ihrem Status bedroht.
Das waren sie, nicht unbedingt klug, aber weise genug um diese
Lektion einzusehen.
Und eine Welt ohne Spike? Definitiv um einen komplizierten
Egomanen ärmer.
Cordelia lächelt, ihr Kriegerpoet hatte ohne Zweifel einen herben
Schlag für sein Ego hinnehmen müssen. Fäuste und Fänge? Pfft! Stahl wäre
eindeutig die bessere Wahl für ihn in dieser Nacht gewesen. Sie war sicher,
dass er sich schneller davon erholen würde, als ihr lieb sein konnte.
Holt grinsend die Kleider und restliche Übernachtungsutensilien
aus dem DeSoto, geht duschen und fällt dann neben Spike ins Bett. Der wacht auf
und sie schüttelt den Kopf, bevor er die Frage formen kann, die ihm ins
desorientierte Gesicht geschrieben steht.
Besänftigend, „Nicht reden, deine Stimmbänder brauchen noch Zeit
zum verheilen. Hast du Durst? Blut? Wasser?”
Er verneint mit einem Kopfschütteln, mustert sie intensiv und sie kriecht
näher. „Du hast mir einen ziemlichen Schrecken eingejagt, ich hoffe das war dir
eine Lehre. Das nächste Mal nehme ich mir deinen Kopf dafür.“
Er grinst und zieht sie in seine Arme. Ihr Kopf findet seine
Achselhöhle bequem und die Belastung der letzten Stunden verflüchtigt sich in
seinem festen Griff. Er ist wieder soweit hergestellt, dass sein Körper ihr
Geborgenheit vermittelt, seine Finger finden die Knoten in ihren Schultern und
massieren die Anspannung mit gleichmäßigen, fast unbewussten Bewegungen heraus.
Die letzten Reste der Wut klingen nach und verhallen leise. „Du
schuldest mir noch eine Erklärung für dein kryptisches Verhalten im Motel, aber
das sparen wir uns für die Zeit auf, in der du deine Stimme wieder benutzen
kannst. Nicht dass ich viel Hoffnung für deinen Verstand habe, manche Dinge
ändern sich nie. Für was hast du ein Breitschwert, wenn du es nicht benutzt,
huh?“ Sie spürt sein Schulterzucken unter ihrer Wange, stellt sich sein
nonchalantes Grinsen auf den Lippen vor und lächelt in seine weiche Haut.
Sie ist zufrieden und fühlt sich schläfrig.
„Du weißt, dass dieses glänzende Stück Stahl einen anderen Nutzen
hat, wie ein phallusförmiges Sportauto und du deinem Aussehen nach zu jung und
deinen Jahren nach zu alt für diese riskante Art von Midlifecrisis bist?“
Sein Griff verstärkt sich in Bestätigung, „Wir sind nicht
unbesiegbar und es gut, wenn uns das klar ist, denn ich will dich nicht
aufgrund deiner eigenen Nachlässigkeit oder Dummheit verlieren. Ich will dich
nicht verlieren, Spike. Du bist Familie und du bist mir wichtig.“
Cordelia ist sicher für den Moment und das ist ihr ebenfalls
wichtig. Und so zieht sie ihren Arm zurück, der locker über seine Seite lag,
sucht die vertraute Stelle seines Herzens mit ihrer Handfläche, findet sie.
Fällt Augenblicke später in einen tiefen Schlaf.
Spike nicht.
Der Platz neben ihr ist leer, unvertraut.
Cordelia ist überrascht, dass die Tatsache, dass sie über 21 Jahre
alleine geschlafen hat, so schnell in ihrem Gedächtnis verblasst ist, dass sie
sich ausnahmslos an Spikes Präsenz bei ihrem Aufwachen in ihrem Bett gewöhnt
hat. Dass sie ihn schon vermisst, wenn er nicht durch ein untermöbliertes
Motelzimmer mit Bad räumlich an sie gebunden ist.
Sie wird anhänglich und das schlimme ist, dass sie darüber grinst, anstatt sich ernsthaft Gedanken zu machen, was das für sie, ihr Leben und ihre Unabhängigkeit bedeutet. Denn es ist nicht lustig, so wie die gestrige Nacht nicht lustig war. Sie ihn beinahe für immer verloren hätte und auch dieser Fakt schon wieder zur bloßen Erinnerung in ihrem Kopf degradiert wurde.
Zu weit weg, um noch darüber nachzudenken. Überlebt.
Das Grinsen liegt breit auf ihrem Gesicht.
Dass Vampire in ihrer Gegenwart den Kopf verlieren, sollte eine Metapher bleiben, wenn es sich dabei um die beiden, auf die ein oder andere Art, beseelten Ausnahmeexemplare dieser Spezies handelt.
Nach einem Moment verwirft Cordelia den Gedanken noch länger liegen zu bleiben, zieht sich an und macht sich herzeigbar für die Welt. Geht in die Küche, wo sie ihn findet, in eine einseitige Unterhaltung mit Martha verstrickt, er schaut auf und sie lächelt und er gibt ihr ein langsames Lächeln zurück.
„Schon später Nachmittag?“ Die beiden nicken und die Tasse vor ihm
enthält Kaffee und sie schenkt sich einen ein, setzt sich neben ihn. „Worüber
habt ihr euch unterhalten?“
„Martha hat mich in die Stammesgeschichte der Potawatomi eingeführt, genauer die der Prairie Band.“ Seine Stimme hört sich schrecklich an, ein schräges Krächzen, aber immerhin kann er schon wieder reden. Sie hätte gedacht, dass er länger auf seine Artikulationsfähigkeit verzichten müsste.
Sein Verband ist frisch und sie überprüft den Sitz instinktiv,
bevor sie sich entspannt.
Spike das Potential eines Horrorpatienten in ihren Augen besessen hat und dieser bittere Kelch ist offenbar an ihr vorbeigegangen. Er scheint soweit fit. Nimmt positiv überrascht seine schnelle Heilung wahr, nicht dass Krankenpflege eines bettlägerigen Vampirs auf ihrer Wunschliste gestanden hätte und sie ist davon verschont worden. Flüchtiges Glück, ihr neues Mantra und sie lächelt ihn befriedigt an.
Die Indianerin lehnt sich zurück, beobachtet sie beide fasziniert mit einem Blick, der Lornes allwissendem Halblächeln ziemlich nahe kommt und Cordelia kann nicht anders, als nachzuhacken, „Ist das die einzige Geschichte, die sie dir erzählt hat? Gestern hatte sie eine ziemlich interessante Variation meiner Story in petto.“
„Diese war für dich bestimmt, Kwé.“ Martha erscheint belustigt.
„Kwé?“
„Königin oder auch Frau, in Cordelias Fall war aber die erste Variation des Wortes gemeint.“
Und Spike wiederholt das Wort erneut, testet es auf seiner Zunge aus, „Ich glaube, ich habe einen neuen Spitznamen für dich.“
Sie zuckt die Schultern und grinst kurz, bevor sie sich wieder auf Martha konzentriert, wieder ernsthaft, „Heißt das, ich soll meine Geschichte für mich behalten?“
„Co, du kannst den Vampir einweihen, er hat seinen Weg ebenso frei gewählt wie du, nur hatte er nicht die Macht seine Forderungen durchzusetzen im Gegensatz zu dir. Es ist ebenso seine zweite Chance, Fehler auszugleichen. Sein Preis für die Seele war ebenso hoch, wie Angels oder deiner. Sein Glaube an das Happy End hat ihn, wie den Rest der Gruppe, verlassen.“ Martha wendet sich dem perplexen Spike zu, „Du bist Azhe'n frei in die Schlacht gefolgt, trotz besseren Wissens. Aber manchmal hat man nichts mehr zu verlieren, sogar mit Seele und Wiedergutmachung kann einem zu sinnlos vorkommen, um sie überhaupt in Angriff zu nehmen, oder?“
Spike ist zu verblüfft für einen spitzen Konter.
„Moment, Spike hat keine Seele.“ Keine raffinierte Feststellung, aber Fakt.
Das weise Lächeln vertieft sich, so wie Cordelias Wunsch es von dem Gesicht zu wischen und das hatte Martha ebenfalls mit dem Pylear gemeinsam. Sie weckte dieses unbändige Verlangen zu revoltieren, aufzubegehren, zu beweisen, dass man einen eigenen freien Willen hat. Ein eigenes Leben neben der Mission.
Dass Nichts in Stein gemeißelt war, das ihre Bestimmung betraf.
Und sie weiß, dass es sinnlos und kindisch ist, aber aufsässig hackt sie nach, „Nun?“
„Die Mächte haben die Tendenz, die Teile der Geschichte nicht zu verändern, die für sie von Vorteil sind oder mit denen sie sich arrangiert haben. Aber freier Wille ist eine tückische Angelegenheit. Du hast ihnen zwei Krieger aus der Dunkelheit versprochen und so wie ich dich kenne, wirst du dein Versprechen halten.“ Sie kannte sie nicht, aber bevor Cordelia zu einer cleveren Entgegnung ansetzen kann, fährt die Squaw fort. „Und ich habe genug über Dinge geredet, von denen ihr zwei im Moment keine Ahnung habt.“
Damit steht Martha graziös auf und verlässt für ihr Alter erstaunlich behände die Küche.
Spöttisch, „Und da geht unser Orakel.“
Aber Spike lässt sich nicht auf ihren Sarkasmus ein und starrt weiter beunruhigt auf die Tür, durch welche die Indianerin verschwunden ist. Alarmiert und in Gedanken von ihm, „Welche Geschichte hat sie dir erzählt, als ich den Schlaf der Verletzten geschlafen habe, Cor?“
„Dieselbe wie dir, nur ein wenig länger, aber nicht mit mehr Details, wenn es das ist, was du wissen willst. Und das mit deiner Seele ist mir ebenso neu.“ Sein Blick fokussiert sich auf sie und sie versucht die Frage zu beantworten, die dahinter liegt. „Spike, ohne Witz, sie war genauso zugeknöpft wie eben, nur hat sie meine Rolle mehr betont. Dass ich die Mächte konfrontiert habe und dieses Leben für mich gefordert habe. Wie sie schon sagte, die Geschichte neu zu schreiben.“ Sein Gesichtsausdruck verdunkelt sich und sie setzt schließlich nach, „Was beunruhigt dich so sehr daran?“
„Dass die Mächte nicht direkt mit niederen Wesen kommunizieren, egal wie penetrant sie in ihrem Flehen sind, geschweige denn sich auf einen Deal einlassen, zum Beispiel. Oder der Fakt, dass sie nicht einfach grundlos die Geschichte überschreiben, oh und dann wäre noch der weitere Fakt, dass du ein verdammt beschissenes Leben im Ausgleich für dein altes gefordert hast. Plus dass ich meine Seele in dem anderen Leben plötzlich wiederhatte und offensichtlich als Krieger für die Mächte gewertet werde. Dort und Hier. Soll ich weitermachen oder reichen dir meine Gründe zur Beunruhigung aus?“
Er hatte sich in Rage geredet und Cordelia denkt, dass Spike schreien würde, wenn es seine Stimmbänder zulassen würden. So ist es nicht mehr als ein heiseres Knurren, das sie an ein gereiztes Tier erinnert. „Du kämpfst seit Jahren auf dieser Seite des Zaunes und dass du dich um die Visionen kümmerst, die mir die Mächte schicken, verifiziert den Fakt deines Kriegerstatus. Was ist dein Problem damit? Du kämpfst gerne. Du liebst es.“
„Aus freiem Willen und nicht weil ich einen höheren Auftrag habe, verdammt!“ Und seine Faust knallt auf den Tisch und ihr Kaffee schwappt über.
Sie versteht seine hochkochende Wut zu gut, zur Hölle sie war gestern genau in demselben Zustand gewesen. Aber das war gestern. Heute empfindet sie die Rage als absurd, wenn sie nicht zielgerichtet ist. Ist sich spätestens seit Angels Beigephase über ihre Rolle in diesem Krieg klar und wie wenig Wahl man im Endeffekt tatsächlich hat. Wie wenig freien Willen, wenn man zuviel gesehen hat, um sich noch wegzudrehen und die Augen vor dem Leid zu verschließen. Aber das waren ihre Gründe nicht Spikes. Sie hatte ein Gewissen, er nur Blutdurst und Loyalität gegenüber einer Gruppe von vermeintlichen Friedensstiftern.
Steht auf und holt einen nassen Lappen. Kontert seine Wut mit einem sachlichen Tonfall, „Was ist der Unterschied, ob du im Auftrag handelst oder frei. Sie geben dir nur einen Hinweis darauf, wo du deine Gegner und die Gefahr findest.“
„Das ist nicht der Punkt.“
„Dann sag mir, was dein Punkt ist, du klingst irrational, Spike. Es steht dir frei, ihren Auftrag zu erfüllen oder zu ignorieren.“ Setzt sich wieder, wischt den Kaffee zusammen und wirft den Lappen treffsicher in die Spüle, während er sie zornig und frustriert mustert.
Schließlich, „Hast du jemals eine Vision ignoriert?“
Schaut wieder von ihm weg aus dem Fenster, in den blauen Kansashimmel und die weichgeschwungenen goldenen Hügel. „Nein.“
„Also das ist der Punkt.“
„Huh?“
Ihre Überraschung ist echt und Spike spricht langsam mit ihr, wie mit einem uneinsichtigen Kind und sie mochten den Tonfall nie bei Angel und er ist genauso unattraktiv an Spike. „Ich kann verstehen, weshalb Angel den tragischen Helden spielen will, er hat genug Dinge getan, für die er Wiedergutmachung leisten muss und trotzdem nie den Status Quo erreichen kann. Dich nicht miteingerechnet. Aber weshalb du dich an diesem Spiel beteiligst, ist mir unbegreiflich.“
Und sie schweigt ein trotziges Schweigen, weil sein Tonfall es von ihr verlangt, bis er enttäuscht und bitter nachsetzt, „Gott, du bist genauso aufopferungsbereit wie Buffy, in einem Krieg, der nicht eure Sache ist und sein sollte.“
Er lässt es wie ihre größte Charakterschwäche klingen und
vielleicht hat er Recht.
Allerdings im gleichen Maße Unrecht.
Spike ist in diesem Moment das Kind, wird ihr klar. Cordelia will
lächeln, unterdrückt es aber rechtzeitig. Er hat keine Ahnung, dass sie der
Krieg ist. So sehr Teil davon, so tief darin verwurzelt, dass sie ebenso wenig
Frieden fand, bevor der Horror sich ihr Leben vollständig angeeignet hatte. Sie
von Bildern verfolgt wurde, die sie zeitweise in den Wahnsinn trieben.
Das Böse ihrer Albträume für sie jetzt nur ein geliebtes Gesicht
angenommen hat.
Es war nicht von Bedeutung, dass die Opfer ihrer Visionen gerettet wurden, sie lebte mit dem ‚Wenn nicht’ in ihrem Kopf, nicht mit dem Happy End. Hatte zu selten die glückliche Wendung tatsächlich gesehen, während sie ihre Pillen in sich stopfte, bis sie so abgestumpft und apathisch war, das alles begann unreal zu werden. Sogar ihre eigene Person und Cordelia nur versuchte nicht zusammenzubrechen, bevor sie nicht in ihrem eigenen Bett und alleine war.
Nicht aufzugeben, weil es keine Option für sie war.
Cordelia glaubt, dass Buffy das vage Gefühl davon jede Nacht auf Patrouille gehen lässt. Bringt den Begriff Kriegerin in einen neuen Zusammenhang. Warum sollte die Jägerin sonst die Behaglichkeit ihres Heimes hinter sich lassen und die Dunkelheit und die Monster suchen, wenn sie nicht ebenso Teil des Krieges waren? Notwendiger Bestandteil des Ganzen. Weil jeder besiegte Gegner für die Überlebenden stand, die er nicht nach ihr erwischen würde. Egal, ob es sich um einen Frischling oder einen den Weltuntergang heraufbeschwörenden Dämon handelte.
Sie sich vielleicht doch ähnlicher waren, wie sie in der
Vergangenheit angenommen hatte.
Sie sich im Laufe der Zeit angenähert haben, denn sie mochte Buffy in ihrer rechtschaffenden Glorie noch immer nicht. Aber Cordelia verstand sie. Verstand ihren Antrieb und ihre Angst, diese Urteilskraft zu verlieren. Hatte es vielleicht nicht immer durchscheinen lassen, aber sie bewunderte Buffys Talent so vortrefflich in Schwarz und Weiß zu unterteilen. Diese Grenzen in ihrem Kopf aufrecht zu halten und nicht einzuknicken. Nicht nachzugeben.
Egal, mit was für Kreaturen sie konfrontiert war. Sogar gegenüber Spike.
Aber sie teilt nicht die Aufopferungsbereitschaft mit dem Slayer, ihre Motive blieben egoistisch. Sie war keine Märtyrerin. Sie war nur bereit, etwas von sich aufzugeben, wenn sie im Gegenzug etwas dafür bekam. Sei es Sicherheit oder die Tatsache das sich nichts in ihrer kleinen Welt ändern würde.
Es drehte sich immer, um die möglichen oder tatsächlichen Opfer.
Sie waren vielleicht des Kriegs zeitweise müde, aber sie konnten sich von den simplen Prinzipien, die dahinter standen, nicht lossagen.
Und eine Maxime lautete: „Es ist kein Spiel.“
„Verdammt richtig, also sag mir noch mal, weshalb du vier Nächte und drei Tage in Angelus’ Gegenwart verbringen musstest, weil mir kein triftiger Grund einfällt, der diese Strafe für eine Seherin der guten Seite rechtfertigt. Selbst wenn sie in einem anderen Leben unartig war.“ Sein Krächzen klingt wie Kreide auf einer Schiefertafel, geht direkt unter ihre Haut und fährt ihr ins Mark.
Sein verbaler Tiefschlag klingt nach und sie antwortet nachsichtig, wenn auch erschöpft, „Niemand bekommt das, was er verdient, nicht in dieser Welt. Nicht in diesem Leben. Du solltest das besser wissen, als die meisten anderen, Spike.“ Seine Augen verengen sich bei ihrer unverdeckten Anschuldigung und sie hebt die Augenbraue. „Das heißt noch lange nicht, dass man sich den Luxus von verletzten Gefühlen auf Dauer erlauben darf. Nichts geschieht ohne Grund oder bist du so naiv an Zufälle zu glauben?“
Provokant, „Aber an die Illusion des freien Willens? Ist sie dann nicht ebenso naiv, Cordelia?“
Jetzt lächelt sie, „Vielleicht, aber der Glaube an Märtyrer stirbt nie, schließlich brennt deine Haut, wenn sie ein Kreuz oder Weihwasser berührt. Also muss der Tod für eine höhere Sache folglich einen universellen Sinn haben.“
Die nächsten Worte kommen kalt und überlegen, sind persönlich und auch so verletzend von ihr gemeint, denn nicht nur er ist gut im ins Gedächtnis rufen von Wahrheiten. „Und bestand Buffys Grundproblem in diesem Jahr nicht darin, dass sie aus dem Himmel gerissen und in der Hölle landete? Hier? Bei dir?“ Sie hebt die Augenbraue noch ein Stück, zynisch, „Was macht dir mehr Angst, Spike? Der Gedanke, dass es einen Gott gibt oder die Möglichkeit, dass es keinen gibt.“
Er öffnet den Mund, schließt ihn wieder und presst dann die Lippen
hart aufeinander.
Cordelia nickt nach einem Moment versonnen, „Dich treibt dieselbe Todesangst an, die Angel keine Ruhe lässt. Ihr fürchtet euch vor dem Tag, an dem ihr Rechenschaft ablegen müsst. Paenitentiam agite adpropinquavit enim regnum caelorum.“
Spike schaut sie verblüfft an und sie starrt zurück, bevor er
leise übersetzt, „’Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.’ Das
ist aus der Bibel.“
Sie wusste, dass sie auf seine Viktorianische Erziehung zählen kann und erwidert, „Research-Girl, Latein gehört zur Grundausstattung. Der Spruch hat sich eingebrannt, seit ich ihn das erste Mal gelesen habe, verbinde ich ihn mit Angel und seiner Mission. Und jetzt mit dir.“
Höhnisch von ihm, „Ich dachte unser Anblick weckt in dir eher das Alte Testament, Fegefeuer und Schwefel, anstatt den Gedanken an das Himmelreich oder die weichgespülte Sonntagschule. Du enttäuschst mich, Cordelia. Nach all den gewonnenen Schlachten und dem Wissen, dass dieser Krieg zwischen Gut und Böse nie enden wird, ohne dass eine völlig neue Weltordnung entsteht, habe ich dich für kriegerischer gehalten.“
Cordelia zuckt die Schultern, „Vielleicht bin ich zu feminin, um
mich für die pure Gewalt begeistern zu können, die dieser Krieg bedeutet.“
Sein Auflachen ist unerwartet und das Geräusch fremdartig, ihr Blick fällt wieder auf den Verband, nach einem Augenblick fährt sie bedächtig fort, „Vielleicht klug genug, um zu wissen, dass Wiedergutmachung möglich ist und naiv genug, um auf ultimative Gerechtigkeit zu hoffen.“
Sie spürt in seiner Haltung wie sich ausgedehnterer Widerspruch regt.
„Ist das Alte Testament nicht gerechter?“
Spike legt den Kopf schief und seine Stimme ändert den Tonfall,
klingt als ob ein oft rezitiertes, geliebtes Gedicht wiedergibt, anstelle eines
grausamen Bibelverses. „‚Nunc
de propinquo effundam iram meam super te et conpleam furorem meum in te et
iudicabo te iuxta vias tuas et inponam tibi omnia scelera tua et non parcet
oculus meus neque miserebor sed vias tuas inponam tibi et abominationes tuae in
medio tui erunt et scietis quia ego sum Dominus percutiens.’*“
Sein Latein ist besser als ihres und er mag das Thema oder einfach die Chance einmal seine Bildung auszuspielen und nicht seinen Charme. „Entspricht das nicht eher deinem Bild eines zornigen Gottes? ‚Ich will nicht gnädig sein; sondern will dir geben, wie du verdient hast, und deine Gräuel sollen unter dich kommen, dass ihr erfahren sollt, ich sei der HERR, der euch schlägt.’“
So lächelt er sie an, mit seinem bornierten Intellektuellenlächeln, als ob sie eine unpersönliche Podiumsdiskussion zu dem Thema führen und nicht ihre Einstellung und die Konsequenzen für ihr Leben erörtern.
Spike
lehnt sich entspannt zurück, philosophisch, „Glaubst du, dass dieser Gott in
unserer Welt noch eine Macht hat? Oder warten wir nicht alle auf die
Gerechtigkeit im nächsten Leben? Hatte ich eine Wahl, ob der Dämon mich
übernimmt oder war es meine freie Entscheidung? War es nicht Schicksal und
meine unerwiderte Liebe, die mich in dieser Nacht auf die Straße trieb. Hat es
meine Seele befleckt, dass ich mich Drusilla ohne Gegenwehr hingegeben habe
oder war es vorherbestimmt? War es Schicksal, dass mir ein Chip verpasst wurde
und ich mich plötzlich in so widrigen Umständen wiederfand, dass ich auf meine
Feinde angewiesen war, um zu überleben? Auf die Jägerin und sich meine
Obsession mit den Jägerinnen in Liebe zu Buffy verwandelte?“
Und Cordelia versucht den Philosophen und den Krieger in Einklang
zu bringen, während sie ihm zuhört und es ist einfacher, als sie angenommen
hat.
Vielleicht auch weil sie beide wissen, dass seine Fragen keine Antwort finden
werden und Spike sie trotzdem stellt. Mit derselben Leidenschaft, die ihn immer
antreibt und verhindert, dass er diesem Leben jemals müde werden kann. Die
Cordelia erstaunt und in Bewunderung versetzt, denn nach allem was er getan und
gesehen hat, findet er noch Rechtfertigungen für seine Existenz, die sich nicht
nach Entschuldigungen anhören, sondern nach seinem Anrecht.
Also hört sie zu, „War es der Masochist in mir, der Funke William oder der Dämon? Oder freier Wille und wenn es freier Wille ist, wie kann er sich so meiner Macht entziehen? Denn ich hätte mich sicher nicht für diesen unbequemen Weg meines Unlebens entschieden. Oder ist das Williams späte Rache für ein versautes Leben, vergebene Chancen?“
Er hat sich in Fahrt geredet und sie keine wirkliche Lust auf
endlose Fragenzeichen über seinem Leben. Cordelia reichen ihre. Will nicht auch
noch seine Existenz enträtseln, sondern genießen, ohne eine Bibelstunde. Sie
hat keine Nerven dazu und zuwenig Argumente.
Schließlich stoppt sie ihn mit einem, „Ich weiß es nicht.“
Nein, sie ist nicht allwissend und vielleicht wäre das eine interessante Frage für Wesley und die beiden könnten sich mit einem Whiskey oder Scotch für eine Nacht darüber streiten ohne das sich etwas an den Fakten änderte. Aber sie weiß auch, dass Spike einen Kampf dieser Diskussion vorziehen würde, egal wie sinnlos beides ist.
Deshalb besinnt sie sich auf die Fakten, ruhig und eindringlich, “Vergiss eine Wahrheit nie, egal ob mit oder ohne Seele. Wir laufen nicht vor denselben Wahrheiten weg, Spike. Wir kämpfen nicht aus demselben Antrieb und wir lieben nicht aus denselben Gründen. Sie sind sich nicht einmal im Ansatz ähnlich. Aber sie sind beide real. Zumindest hier.“
Sie legt ihre Hand über ihr Herz.
„Und deshalb können wir trotzdem für das gleiche Ziel getötet werden. Du hättest gestern an meiner Seite sterben können und in jedem Kampf in den letzten drei Jahren so wie ich. Ich hätte zumindest eine vage Vorstellung für was ich zugrunde gehe, wenn ich auch nicht das Warum beantworten kann. Ein Warum, das für dich nicht wichtig ist, um zu kämpfen. Wenn du mich also fragst, ob es diese zweifelhafte Vorstellung des Guten wert ist, dafür zu töten und getötet zu werden, dann frage ich dich nach den Alternativen. Sollen wir den Kopf in den Sand stecken und auf einen strahlenden Retter warten? Können wir das? Haben wir eine andere annehmbare Wahl, als für unsere Überzeugungen einzutreten? Denn Aufgabe und Frömmigkeit sind uns beiden nicht ins Naturell gelegt. Wir können beide nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen. Niemals.“
Er ist still, lässt ihre Worte einwirken. Aber sie weiß, dass sein Schweigen nicht von Dauer sein wird, nicht für lange anhalten, weil es nicht in seinem Charakter liegt.
Weil er ein Kämpfer und Opportunist ist. Er sich jeder Lage anpassen kann und die Wahrheiten trotzdem in seinem Sinne manipulieren. Verbiegen. Wahrer machen. Sein Grinsen, bevor er den Mund aufmacht, ist ihr eine Warnung und seine Frage verhängnisvoll einfach, „Macht unsere Fähigkeit zu Sehen den freien Willen also wahrer, Cordelia, oder trügerischer?“
Sie überlegt, gibt ihm dann letztendlich ihre erste ungefilterte Antwort, die nicht halb so philosophisch gemeint ist, wie sie sich anhört. „Wir sind beide Sklaven unserer eigenen Dämonen und wir lassen uns zu gerne von ihnen beherrschen, unterwerfen uns und sind ihnen zu Willen. Wir sind nicht frei. Werden es niemals sein.“
Spikes Augen verengen sich, „Hat er dir das beigebracht?“
Der intellektuelle Schlagabtausch, in den sich ihre Diskussion verwandelt hat, kommt zu einem jähen Ende. Das spielerische Geplänkel ebenso. Ihr Lächeln ist mit einer Spur von Trauer durchsetzt, als sie langsam antwortet, „Nein, für diese Lektion habe ich ihn nicht benötigt, ich kannte sie seit Jahren.“
„Für welche Lektion dann?“
„Für die, mich in mein Schicksal zu fügen und es zu genießen. Ist es nicht das, was du mir vorsichtig beibringen wolltest, Spike? Dass ich zu seiner Hure geworden bin und es genossen habe? Dass ich ebenso zu deiner werden und es genießen kann? Dass Liebe nie selbstlos ist? Erst recht nicht unter uns Dämonen.“
Der Ausdruck von Bestürzung ist fast komisch, sein Kinn fällt ein Stück herunter und seine mitternachtsblauen Augen weiten sich. Spike sieht so aus, als ob er seine Stimme verloren hat und sie blickt ihn auffordernd an.
Die Antwort kommt mit Verspätung und heiser, „Nein.“
Sie weiß, dass er diese Wahrheit nicht hören wollte und sie weiß, dass sie ebenso trügerisch wie seine Frage des freien Willens ist. Ebenso verlogen. Aber dennoch da. Etwas das sie belastet und trotzdem so integriert in ihr Leben ist, wie das Summen ihres Kühlschrankes daheim. Ein störendes Nebengeräusch, das einen nur vom einschlafen abhält, wenn man andere Gründe hat wachzuliegen.
Und Cordelia hat zu lange versucht ihren Frieden und ihre Ruhe zu finden.
Vielleicht rennen sie beide tatsächlich vor denselben Wahrheiten davon, aber Cordelias Gefühl sagt ihr, dass sie dieses Rennen verlieren werden. Träume sind Schäume und Seifenblasen nur leerer Raum in einer glänzenden Verpackung. Dazu bestimmt zu platzen und sich wieder in Nichts aufzulösen. Es ist gut, wenn sie sich daran erinnert und ihn. Daran, dass das was sie hierher geführt hat, nicht schillernd und ruhmreich ist.
Sie beide Kreationen desselben Meisters sind.
Ebenso flüchtig. Ebenso grausam.
„Seltsam, aber so fühlt es sich an.“
Der Schock in seinem Gesicht ist echt und er schweigt.
Diesmal erwartet sie keinen expliziten Konter.
Das Entsetzen in seiner Miene ist auf einen Schlag zuviel und sie will nicht darüber nachdenken, was an ihrer Aussage ihn am tiefsten verletzt hat. Was seine Gründe für die offenkundige Enttäuschung sind, die sein Gesicht widerspiegelt. Das Befremden dort, denn sie dachte, dass sie sich auf derselben Seite ihrer Geschichte befanden.
Lässt ihn hinter sich und tritt instinktiv in die helle Nachmittagssonne auf der Veranda, bringt Abstand zwischen sich und ihn. Zwischen sich und die Fragen, die sie sich selbst zu oft gestellt hat, bevor Spike sie überhaupt laut formuliert hat. Wahrheiten, die nicht wahr sind, aber sich dennoch so anfühlen.
Sie weiß, dass ihr eigener Glaube sie Angelus in die Hände gespielt hat.
Verflucht ihre scharfe Zunge gegenüber Spike und ihre Unfähigkeit, die einfachen, harmlosen Antworten zu finden, die sie sucht und die sie einmal gekannt hat. Verdammt ihren Zynismus, der zuviel mit Selbstschutz und einem harten Panzer gemein hat, der sie zu sehr einengt, um angenehm zu sein.
Beginnt zu laufen, erst langsam, einfach geradeaus. Einfach der Sonne entgegen, querfeldein und spürt die reifen Ähren an ihren Händen. Läuft schneller und fühlt, wie sie gegen ihre Beine schlagen und die feste Erde unter ihren Schuhen aufstaubt. Sprintet bis sie es müde ist und ein Wald das Rennen verlangsamt, geht weiter bis ein See ihr den Weg versperrt.
Flucht ist keine wirkliche Option, sie weiß das.
Aber das macht den Wunsch allem zu entfliehen nicht kleiner.
(*“8Nun
will ich bald meinen Grimm über dich schütten und meinen Zorn an dir vollenden
und will dich richten, wie du verdient hast, und dir geben, was deinen Gräueln
allen gebührt.9Mein Auge soll dein nicht schonen, und ich
will nicht gnädig sein; sondern will dir geben, wie du verdient hast, und deine
Gräuel sollen unter dich kommen, dass ihr erfahren sollt, ich sei der HERR, der
euch schlägt.“ Hesekiel 7, 8f)
Trying
to get their fingers in.
Cordelia setzt sich schließlich ans Ufer, nachdem sie einen guten Platz gefunden hat. Es müde ist wegzurennen und der alte Steg zu einladend aussieht, um zu widerstehen. Zieht ihre Schuhe aus und lässt ihre Füße im Wasser baumeln.
Denkt über Seherinnen, Visionen und Champions nach.
Denkt an Angel in LA und den Kampf gegen seinen Dämon, der ihm zuflüstert, dass er ihm das Kommando überlassen soll, damit jeder auf seine Kosten kommt. Schließt die Augen und versucht nicht an das Bild zu denken, wie er in dem Sessel sitzt und zu dem Bild kommt, wie sie vor ihm liegt. Aufgebrochen und ungeschützt. Seinen Selbstekel und sein Wunsch nach Selbstgeißelung waren nie die Gefühle, die sie in ihm wecken wollte, aber es ist nicht das erste Mal, dass sie ihr Ziel bei Angel verfehlt hatte. Richtig?
Versucht sich andere Zeiten in Erinnerung zu rufen, bessere und scheitert wie so oft.
Die Mächte haben ihr Bild von Angel vollends besudelt, in den Dreck gezogen und sie weiß, wenn sie damit bestrafen und ermahnen wollen, nicht vom rechten Weg abzukommen. Nicht den Kampf aufzugeben, weil Angels Seelenheil noch lange nicht gesichert ist und der seidene Faden in ihrer Hand, wie in der einer mystischen griechischen Schicksalsgöttin liegt. Mädchen, Frau. Greisin. Vergangenheit. Gegenwart. Zukunft. Geburt. Leben. Tod. Sie hatte immer gedacht, es wäre ihre Aufgabe Angels Leben mit dem seiner Familie zu verweben. Ein festes Gebilde für ihn zu schaffen, das ihn über ihren Tod hinweghilft. Aber sie ist nicht gestorben, sondern neugeboren und in einem unbedachten Moment hatte sie den Faden zerrissen, der ihn mit seiner Menschlichkeit verband, weil sie es zu hart probiert hatte.
Verdammte vorbehaltlose Liebe.
Der Knoten, der nun seine und ihre Seele zusammenhielt, war alles andere als fest. Sie wusste, dass er ihr kunstvolles Gewebe aufscheuerte. Durchscheinend machte für die dunklen Abgründe, die unter den Seelen lagen. Sie war zu oft versucht, die Verbindung zu trennen, die noch zwischen ihnen bestand. Sie wollte nicht Buße leisten, sondern leben, ungesühnt, aber dafür war es zu spät.
Cordelia weiß, dass Angel die meiste Zeit nicht über ihre Unterwerfung nachdachte, sondern über die Zeit ihrer bedingungslosen Niederlage. Sie konnte es ihm nicht wirklich übel nehmen, schließlich wusste sie, was ein Vampir war, der noch dazu von seiner Seele in Zaum gehalten wurde. Sie sollte froh darüber sein, aber gerade diese Bilder ließen sie nicht in Ruhe. Waren diejenigen, die sie verfolgten, selbst wenn sie in ihrem Kopf nur aus kurzen Fetzen und Eindrücken bestanden, aus zweiter Hand, durch andere Augen gesehen, vertieften sie trotzdem den Riss, der sich zwischen ihnen immer weiter auftat. Diese Stunden entfachten in ihm nicht den Wunsch sich sofort einen Pflock ins Herz zu rammen und weckten stattdessen in ihr das Verlangen endgültig loszulassen.
Oder an guten Tagen nie wieder heimzugehen.
Sie konnte sich nicht an diese Zeit erinnern, aber Angel rief diese Stunden und Tage ohne Probleme ab. Er war derjenige, der vor der anderen Zeit zurückschreckte, vor der als sie noch passiven Widerstand geleistet hatte. Denn um ehrlich zu sein, ihre Gegenwehr war nie mehr als stumme Erduldung gewesen. Zu eingeschüchtert von seinen Drohungen und ihrer eigenen Angst, um wirklich aufzubegehren oder eine Gefahr für ihn darzustellen.
Gefangen in ihren eigenen Moralvorstellungen.
Sein Tod war unakzeptable und der eines anderen Menschen auch.
So sieht sie sich durch seine Augen und die Visionen sind kein Trost, sondern Unterweisung in ihrer eigenen dunklen Seite. Cordelia wundert sich, wie Angel dieses finstere Wesen scheinbar mühelos mit ihr vereinigen kann, das er in seinen Phantasien sieht. Das ihm unerschrocken entgegengetreten ist, die eigene Macht in der Niederlage gefunden hat. Die Freiheit, das zu tun, was es wollte, ohne sich weiter um Konsequenzen und Familie zu scheren. Ohne sich darum zu kümmern, was richtig und falsch ist, solange es sich gut anfühlt und zur Erfüllung führt.
Weshalb es Angel so fasziniert, diesen Teil von ihr in seiner Vorstellung weiter zu erkunden und ob Angelus tatsächlich jenen Teil von ihr erschaffen hat oder ob er nur von ihm geweckt wurde, aus einem scheinbar jahrelangen Schlaf.
Wie er diese dunkle rücksichtslose Göttin so gut in sie integrieren kann.
Mit der Freundin und Seelenverwandten auf eine Stufe stellen, ohne verrückt zu werden.
Weil es nicht Teil von ihr ist, zumindest nicht solange sie denken kann und die Scham, die sie bei jeder Vision von ihm fühlt, Eiswasser gleich kommt. Sie kurz taub und gefühllos macht, solange bis sie seine Eindrücke akzeptiert und wieder weiter ihr Dasein leben kann. Bis zur nächsten Vision.
Denkt an Spikes gestrige Worte und versucht zu ergründen, was er so offensichtlich in ihrem Verhalten findet, das ihre Erinnerungslücke erklärt. Blickt in den See und sieht ihre Reflexion und seinen Schatten, ist fast gewillt zu fragen, ob er es nicht müde wird, sie und Angel zu terrorisieren, aber sie kennt Angelus’ Antwort darauf und so spart sie sich den Atem. Er ist nur eine weitere Verbindung zu Angel. Eine, deren sie sich nicht entledigen kann.
Sieht die Tropfen auf ihrem Schienbein, die wie Diamanten in der untergehenden Sonne glitzern.
Schließt die Augen und ist dort.
Im Schatten. Bei ihm.
Vor dem Erwachen, weil es Zeit ist, sich ihm zu stellen.
Cordelia ist viele Dinge, müde, wund, erschöpft. Aber eines nicht – sauber.
Es ist nicht von Bedeutung, die Dusche ist vorbei und er führt sie in das Schlafzimmer der Mutter. Anna. Ihr Name war Anna und Cordelia sträubt sich, die Tote namenlos werden zu lassen. Der Raum ist feminin gehalten, Pastellfarben und weißer Marmor. Weiße Möbel und ein Queensize-Bett.
Cordelia fühlt sich unwohl in dem luxuriösen Raum, denkt an die entstellten Leichen im anderen Zimmer und sieht die Photos auf der Kommode. Bilder einer Vorzeigefamilie. Oberflächlich. Aber die separaten Räume der Eltern sprechen eine eigene Sprache, die Cordelia zu gut aus ihrer eigenen Kindheit versteht, obwohl sie durch ein Badezimmer verbunden waren, lebten ihre Eltern in zwei Welten, die sich selten berührten. Zu viele Räume, um sich für einen zu entscheiden und eine Ehe zu leben.
Dieses Zimmer erinnert sie an den frostigen Ort, an dem sie
aufgewachsen ist.
So wie Joshuas Geständnis seiner Affäre, sie an ihren Vater
erinnert hat. Er hätte ihr Vater sein können. Erfolgreich in all den Punkten,
die für seine Tochter nicht signifikant waren, bis sie lernte, dass sein Geld
zwar nicht Liebe aber Annehmlichkeit kaufen konnte. Ihr eine Welt zu Füßen
legen konnte, egal wie leichtlebig, es besser war zum neunten Geburtstag ein
Pferd zu fordern, als enttäuscht zu sein, wenn ihr Vater es nicht schaffte von
seiner Geschäftsreise rechtzeitig zurück zu sein. Sie hat sich damit
arrangiert. So wie ihre Mutter sich mit Unterstützung ihren unnötigen Pillen
und Alkohol mit seinen Affären arrangiert hatte, um die Leere zu füllen.
Es ist nicht mehr von Bedeutung. Nicht für sie, nicht für Anna. Es
entlastet niemand, dass Joshua unter Umständen ein schlechter Ehemann war und
die Ehe eine Farce. Erst recht nicht ihr Gewissen.
Sie ist nur am Ende, unterdrückt das Bedürfnis zusammenzubrechen und nie wieder aufzustehen.
Cordelia ist gut im unterdrücken ihrer Bedürfnisse geworden.
Es fühlt sich beinahe natürlich an.
So steht sie neben ihm und wartet auf seine nächsten Anweisungen, während er den Raum und sie eingehend mustert. Sie hat sich an die Kälte seines Blickes gewöhnt, so wie an ihren unbekleideten Zustand, spürt nicht mehr den Drang sich zu bedecken und beschämt die Augen zu senken. Es ist der Verlust ihrer Unschuld in Gegenwart eines Mannes, sie weiß das, weil sie selbst bei Xander Dunkelheit vorgezogen hat und Decken über ihrem Körper. Nacktheit für sie für die neidischen Blicke der anderen Cheerleader unter der Dusche nach dem Training reserviert war. Blickt ihn unbeteiligt an, sieht die Illusion eines nackten Mannes vor sich, der nichts anderes als tot ist, der sie trotzdem mit einem Wort in die Knie zwingen kann oder einem Handzeichen.
Sie sieht nicht mehr Angel in ihm, seit er den glühenden Schürhacken in der Hand hatte.
Und das ist merkwürdig, weil sie vorher auch nicht Angel gesehen hat.
Aber etwas hat sich ihr weiter entzogen, seit diesem Moment.
Die gemeinsamen Jahre sind nicht vergessen, aber liegen jetzt unter einer dicken Ölschicht. Kontaminiert. Selbst wenn sie das hier hinter sich lassen können, wird ihre Verbindung nie wieder unbefleckt sein. Unberührt und schuldlos wie in der Vergangenheit. Eine elementare Freundschaft und das warme Gefühl von Familie, das er für sie repräsentierte, haben sich in etwas Dunkles verwandelt.
Nicht kalt wie das Verhältnis zu ihren Eltern, sondern tot. Verwest. Hat plötzlich einen faulen Geschmack in ihrem Mund und der Ekel vertieft sich, dringt bis auf die Knochen und sie kämpft ihren Widerwillen zurück. Und Cordelia erlaubt sich zum ersten Mal über die Zukunft nachzudenken, die dem hier folgen wird, falls sie überlebt und es macht ihr Angst.
Mehr Angst als seine Gegenwart.
Soviel Angst, dass sie sich das Weiterdenken abrupt verbietet.
Und so konzentriert Cordelia sich auf die Gefahr vor ihr. Sie macht sich nicht mehr vor, dass sie ihn kennt oder seine Motive versteht. Sie weiß, dass sie keine Macht über ihn und seinen Willen besitzt. Aber sie sucht noch immer den Ort in ihr, an dem er sie nicht berühren kann und der es unreal macht. In der Dusche hatte sie ihn fast gefunden, bis er ihr Haar packte und ihre Kehle bloßlegte. Der Biss war beinahe Routine und nicht so schmerzhaft wie das Zurückkommen in seine Gegenwart.
Er ist vorsichtig geworden, in der Menge Blut, die er nimmt.
Sie weiß, dass sie es sich nicht erlauben kann, ohnmächtig zu werden, den Kinder zuliebe und so sollte sie ihm dankbar sein. Sie weiß noch, dass Dankbarkeit sich anders anfühlt.
Gibt ihm Zeit seine weiteren Pläne zu schmieden, sie hat es sich verdient.
Bleibt mit hocherhobenem Kopf stehen, als er bedächtige Runden um sie dreht, ballt ihre Fäuste und starrt auf das Bett vor sich. Weiß, dass er Raubtier und sie Beute ist. Kämpft noch immer gegen sich, ihre innere Stimme und die gellenden Schreie in ihrem Kopf. Stellt sich taub für sie, es ist nur wichtig, dass sie ihn beschäftigt hält, nichts weiter. Ihr Stolz ist nicht wichtig. Ihr Herz ebenso wenig. Sie ist nicht wichtig. Nicht hier. Nicht Jetzt.
Er steht hinter ihr. Zu nah und sie bebt. Er hat noch immer diese Macht über sie.
„Geh aufs Bett, Cor.“ Seine Lippen sind an ihrem Ohr, die Stimme heiser und sie schließt kurz die Augen, weil sie nicht bereit für die nächste Runde ist und keine Wahl hat. Muskeln in ihr protestieren, von denen sie nicht geahnt hat, dass sie diese besitzt. Gibt sich einen Ruck und setzt sich in Bewegung, klettert auf das Bett und dreht sich in seine Richtung, behält die Gefahr im Auge. Stützt sich auf ihre Ellbogen und wartet.
„Öffne deine Beine, ich will dich ansehen.“
Folgt seinem Befehl und fühlt sich unkomfortable, verwundbar, was lustig ist, weil er sie schon so oft geöffnet unter sich hatte. Im Licht.
Weil er sie schon so oft verletzt hat. Im Schatten.
Er kommt langsam näher und sie weiß nicht, wie sie den Blick
deuten soll, den er ihr zuwirft, weil er einen neuen Plan hat und ihn gerade
minutiös ausarbeitet. Sie zuwenig Erfahrung besitzt, um sich vorzubreiten und
ihre Abwehr aufzubauen. Anzupassen. Weil sie weiß, dass seine intensive Blicke
gefährlicher für sie sind, als seine eisigen.
Er am Rande des Bettes zum stehen kommt. Schneller wie er sollte, aber er ist ein Vampir und die Ewigkeit keine Gefahr für ihn, er würde ihr dorthin folgen und sie ist es müde auf Zeit zu spielen oder zu hoffen, dass jemand sie erlöst. Jemand anders als er und der Tod ist eine süße Versuchung und er repräsentiert ihn und vielleicht sollte sie sich das zunutze machen. Vielleicht sollte sie ihm mehr entgegenkommen, bis nichts mehr von ihr übrig ist. Ihr Fleisch konsumiert bis auf die Knochen.
„Berühre dich selbst, Cor.“
Sie schließt gedemütigt die Augen und legt sich zurück. Sie kennt seinen Plan nun, es braucht kein Genie, um ihn zu verstehen. Sie fühlt die Schamesröte, die in ihren Wangen brennt und zögert und er wartet geduldig. Sie denkt, dass es für ihn Teil der Show ist und er auf ihren Widerwillen gezählt hat, so wie auf ihre Beschämung und sie ist zornig, weil sie es ihm so einfach macht. Weil er sie so leicht schockieren und ausspielen kann. Sie sich wie ein Mädchen fühlt und gleichzeitig wie eine leere Hülle.
Nicht wie die Frau, die sie ihm wahren Leben ist.
Dass es Teil des Kicks ist, den er sich hieraus verspricht.
Ihre Hand langsam zwischen ihren Beinen verschwindet und sie schluckt und versucht seinen brennenden Blick auszublenden und einen eigenen Rhythmus zu finden unter ihm. Unabhängig von ihm und seiner Gegenwart. Ihre Finger taub sind und ihre Bewegung mechanisch. Sie einen Schluchzer hinunterbeißt und sich härter konzentriert, es Gottverdammt, das einzige ist, bei dem sie tatsächliche Erfahrung hat. Seine Feuchtigkeit noch zwischen ihren Schenkeln klebt, aus ihr herausrinnt und sie taucht ihre Finger ein, bringt sie zurück auf ihre Klitoris und versucht sich an das Konzept von Selbstbefriedigung zu erinnern und scheitert in der Grundlage.
Sie nicht befriedigt werden muss und nicht sie selbst ist.
Spürt, wie die Matratze unter seinem Gewicht nachgibt und er näher kommt.
„Nicht aufhören, Cor!“ Seine Stimme ist leise, die Drohung dennoch nicht zu überhören, gebieterisch und die Autorität im Tonfall ist ein weiterer Unterschied zu Angel. Sie hält sich daran fest. So wie sie die Augen geschlossen hält, als seine Hand ihren Knöchel einfängt und seine Zunge den Spann ihres anderen Fußes abfährt.
Gott, sie wünscht sich so sehr, dass er sie einfach in Ruhe lässt. Ihr ihren Frieden wiedergibt. Und sie weiß nicht, wie lange sie diese Tortur noch aushält, ihn in ihrer Nähe zu haben und seine Zunge fährt über ihr Schienbein, leckt die Tropfen der Dusche weg. Seine Hände kommen auf ihren Knien zur Ruhe und drücken sie weiter auseinander, wandern nach außen und in ihre Kniekehle, verweilen dort.
Die Stille hängt zwischen ihnen und sie nimmt nur ihren eigenen Atem wahr.
Seinen Schatten auf ihr. Wie er an ihr klebt. In ihr.
Sie ist taub und kalt für ihre eigene Berührung.
Kann sie vorhersehen und erwarten.
Es ist nicht mehr dasselbe.
Wie vorher.
Reizlos.
Er spreizt seine Hände, umfasst ihre Oberschenkel, zieht sie näher, legt sie noch offener vor sich, beobachten sie, so dass sie die taxierenden Blicke mit geschlossenen Augen fühlt und ihre fruchtlosen Bemühungen. Sie kann sich nicht an Leidenschaft erinnern und ihre Lungen brennen, in dem Verlangen, den Schreien in ihrem Kopf endlich Gewähr zu leisten. Und dann ist seine Zunge ohne Warnung auf ihr und sie zuckt zurück. Der Schrei löst sich ungewollt, bevor sie ihn wieder einfängt. Versucht instinktiv die Beine zu schließen, die er ohne Schwierigkeiten in seinem eisernen Griff gespreizt hält.
Ihre Finger liegen still und sie krallt die linke Hand in die Tagesdecke. Vermisst den Geruch ihrer Laken daheim und er leckt sie langsam, sie will ihm sagen, dass er kein Recht hat, sie dort anzutasten. Anzurühren. Er genug von ihr genommen hat, um ihr diesen kleinen Rest von sich selbst zu lassen, diesen Teil ihrer Intimsphäre. Aber seine Zunge vollführt langsame Bewegungen, fährt ihre volle Länge ab und der Schluchzer lässt sich diesmal nicht hinunterschlucken. Hinunterbeißen.
Sein Schwanz war grausam, aber das hier ist grausamer. Offener.
Die Tränen fließen wieder frei und diesmal ist kein körperlicher Schmerz, die passende Entschuldigung für ihr jämmerliches Verhalten und er erhöht nicht den Druck, aber ihr Weinen verstärkt sich und sie weiß nicht, um was sie weint. Um wen. Um Alles.
Aber ihm ist es egal und so muss sie sich ebenfalls nicht darum kümmern. Ihre Nervenenden durch die ungewohnte Beanspruchung der letzten vierundzwanzig Stunden überempfindlich sind. Ihre Nerven bloßliegen und sie.
Seine Hände liegen auf ihrem Bauch und sie fühlt sich so ausgeliefert und hilflos.
Sie unter seiner kalten Zunge und deren langsamen Rhythmus weiter zersplittert.
Bis sie ein Ventil für ihre Gefühle findet. Ihre Finger krallen
sich in seinen Skalp, in dem nutzlosen Versuch ihn wegzuziehen. Wegzudrücken.
Wegzuschieben.
Sie ihn hilflos anschreit, dass sie ihn hasst.
Ist sich nicht sicher, ob seine Antwort ein Knurren oder Schnurren ist. Weiß, dass es sie nicht kümmert und ihr armseliges Weinen nicht tröstet, sondern nur verstärkt. Sie sich noch nie so schwach in seiner Gegenwart gefühlt hat, so machtlos und abhängig.
Er seinen Fokus auf den Punkt konzentriert, der ihr erbärmliches Schluchzen verstärkt und die Kreise kleiner werden, der Druck höher und die Kälte ist da und sie hasst sich dafür. Hasst ihn noch mehr. Und ihren verräterischen Körper. Hasst das eisige Feuer, das er in ihren Lenden entzündet und das sie versengt. Hasst wie es sich durch ihre Glieder ausbreitet bis in die Zehenspitzen und dann wieder zu einem Feuerball in ihrem Bauch wird. Hasst die Intensität und das Echo, das ihre Zähne aufeinanderschlagen lässt, in dem Rhythmus den seine Finger in sie hineinpumpen und sie zittern lässt. Hasst seine raue Zunge auf ihr, die sie an Trockeneis erinnert, ihr das Gefühl nimmt, sie einfriert und an ihm kleben lässt, seinen verhassten Bewegungen folgend. Taumelnd.
Hasst ihn. Hasst sich.
Hat vergessen, dass Hass sehr viel mit Lieben zu tun hat und sie sich auf dünnem Eis befindet. Dies hier in mehr als einer Weise gefährlicher für sie ist. Als seine Fänge ihre Klitoris streifen, berstet sie. Ihr Herz fühlt sich an wie ein großer Eisklumpen und sie lauscht unbewegt dem Klirren, als es unter seinem Druck bricht. Die kalten Splitter schmerzhaft durch ihren Körper jagen. Ihr Blut abkühlen.
Cordelia sich einen Moment fragt, ob es nicht auch ihr Verstand war, der zersprungen ist.
Es ist nichts mehr von ihr übrig, das sie an sich erinnert und das was vorher war. Angelus auf ihr liegt mit dem Grinsen einer Raubkatze, die ihr Opfer in die Enge getrieben hat und dieses die Falle viel zu spät erkannt hat, um noch zu entkommen. Er sie bewusst nicht daran erinnert, dass sie sein Opfer ist, als er wieder in ihr abtaucht und ihre Lippen in Anspruch nimmt, während er in sie mit einem harten Stoß gleitet.
Weiß nur, dass sie ihn hasst, aber nicht mehr warum.
Und so setzt sie seinem Rhythmus ihren eigenen entgegen und ihre Arme legen sich um seine breiten Schultern und Beine umschlingen seine schmalen Hüften. Hat vergessen, dass es noch etwas zu schützen galt und zu verteidigen, als sie ihre Finger in seinen Haare vergräbt und ihn noch näher zieht. Die Taubheit in ihr verschwunden ist, so wie die Kälte. Leidenschaft durch ihr Blut pumpt, zusammen mit dem Willen diesen Kampf zu überleben, wenn sie schon nicht gewinnen kann.
Dass sie sich in sein Gedächtnis einbrennen will, so wie er ihres ausgelöscht hat.
Vergisst, dass Begierde nichts mit Schmerz zu tun haben sollte. Ebenso wenig Liebe.
Dass es ein Vorher gab. Und dass es ein Nachher geben wird.
Kann sich heute noch nicht an das erinnern, was folgte.
Angel schon und das macht ihr Angst.
Well
they’ve got to kill what we found.
Cordelia fühlt Spikes Präsenz hinter ihr und sie klopft neben sich auf den Holzsteg.
Er folgt ihrer Direktive, setzt sich im Schneidersitz neben sie und ihr Blick fängt die Szenerie vor sich ein. Den Vollmond und das entfernte Quacken der Frösche. Das Zirpen der Grillen und die Reflexionen im See. Den Wald um sie herum und die nächtlichen Geräusche in ihm. Vielleicht hätte sie die Kulisse in ihrem anderen Leben romantisch empfunden, aber sie ist noch immer friedvoll, gerade für einen Stadtmenschen wie sie.
„Du hast dir Zeit gelassen.“
„Ich dachte, du benötigst Zeit für dich allein.“ Seine Stimme hört sich fast wieder normal an, der Verband ist verschwunden, gibt den Blick auf einen hässlichen Narbenwulst frei, der einige Tage benötigen wird, bis er ganz verschwunden ist und sie richtet ihren Blick schließlich auf seine Augen.
Unsicher, ob er Recht hat oder nicht. Weil es gefährlich sein kann zu denken und nicht den Instinkten blind zu folgen. Oder den Mächten.
Der Verstand Instinkte mit Motive versetzt, Intuitionen in Frage stellt und Beweggründe offenbart, die nicht immer rein und selbstlos sind. Sie deshalb Denken in den letzten drei Monaten rigoros abgelehnt hat, wenn es für sie gefährlich wurde und sie sich dadurch ihren Verstand teilweise bewahrt. Aber man kann nicht ewig in Verweigerung leben und Zeit heilt alle Wunden und sie benötigt eine Ewigkeit davon, um wieder sie selbst zu sein. Vielleicht auch nicht. Vielleicht hatte er damals bei ihrem Zusammenbruch in seinem DeSoto Recht, dass sie hieraus stärker hervorgehen wird, wenn sie lernt die Veränderung zu akzeptieren. Sich anzunehmen mit ihren Fehlern und Schwächen.
Den Schatten zu dulden, der sich in ihrer Existenz ausbreitet.
Sie heute körperlich stärker ist, als jemals zuvor. Es zwischenzeitlich mit jedem Vampir aufnehmen könnte, außer mit denen, die sie und ihre Schwäche zu gut kennen. Spike. Angel. Sie weiter an Kraft gewinnt und ihr Training, das übliche dazutut, um ihre Tödlichkeit zu erhöhen, so wie Spikes Einfluss. Sie damalige Schwächen heute erkennt und sie trotzdem Schwierigkeiten hat, diese ganz abzustreifen. Alle hinter sich zulassen.
Weil Liebe Schwäche ist und Mitgefühl ebenso.
Aber kann sie darauf verzichten und noch sie selbst sein?
Wieder eine Frage ohne einfache Antwort, schiebt sie weg und besinnt sie sich auf die Fakten, versöhnlich, „Du heilst schneller, wie ich angenommen habe.“
Er nickt, „Martha sagte mir, dass du mir genügend Blut für drei von meiner Sorte gegeben hast.“
„Ja.“
„Weshalb?“ Die Frage kommt unerwartet und sie blickt ihn überrascht an.
„Du hast es benötigt, es war nicht wirklich eine Option dich auf dem Feld ausbluten zu lassen, weder in deinem noch in meinem Sinne.“ Spike blickt sie erstaunt an und sie fährt hastig fort, „Und ich heile ebenso schnell wie du.“
Sie weist auf ihre nun wieder verheilten Abwehrwunden auf den
nackten Unterarmen, auf denen noch einige lange weiße Narben von dem Kampf zu
sehen sind, einige rote Striemen von den tiefsten Verletzungen. Dann dreht sie
ihm ihr inneres Handgelenk zu, wo seine Fänge nur eine Reihe von perlenförmigen
Narben hinterlassen haben, die aber bis morgen ebenso verblassen und
verschwunden sein werden.
Sie hebt herausfordernd die Augenbraue, wartet darauf, dass er ihre Logik in Zweifel zieht.
Stattdessen fängt er ihr linkes Handgelenk ein und streicht mit dem Daumen sanft über die Abdrücke. Kleine Kreise über ihren Puls und sie folgt der Bewegung seines Daumens mit ihren Augen. Er erwidert schließlich gedehnt, „Ich rede nicht vom Feld, sondern von hier. Ich wusste nicht, dass du mir dein Blut gegeben hast, was wiederum einiges meiner Wunderheilung erklärt. Dein Blut ist exquisite und potent.“
„Ah.“ Sie nimmt es als Kompliment und schweigt. Wieder ihre Instinkte und die Konsequenzen und weshalb färben sich ihre Wangen in Verlegenheit rot? Sie hat genug von diesem Thema, entzieht ihm vorsichtig ihre Hand und zieht ihre Knie an, stützt ihr Kinn darauf und starrt in den Nachthimmel. „Es reicht, wenn du brav Danke sagst, ich bin nicht das erste Mal Blutspenderin für einen Vampir. Ich erwarte keine Blumen oder einen Schokoriegel für meine Mühen.“
„Danke“, nach kurzem Zögern, „für alles.“
„Wenn ich hart an dir arbeite, bringe ich dir vielleicht noch Manieren bei, huh?“ Lächelt ihn an und er sieht sie ernst an, bleibt stumm. „Ich schätze es war einfach mich zu finden, oder? Einfach dem Pfad meiner Zerstörung nach.“
„Es erforderte keinen indianischen Spurenleser oder unser Orakel, wenn du das meinst. Die alte Squaw hat mich nach Sonnenuntergang zurückgehalten, solange sie konnte. Es ist ziemlich erstaunlich, wie viel Durchsetzungskraft in einem alten Knochen wie ihr steckt.“
„Die Einsicht, dass ich Zeit benötige, ist also nicht auf deinem Mist gewachsen?“
Er legt den Kopf schief, mit nur einem Hauch von Humor, „Mmh, ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass du wieder die Geschichte überschreibst, weil du festgestellt hast, dass dein Handel nicht so aufgegangen ist, wie du ihn dir vorgestellt hast oder unfair war. Dein Starrsinn und Durchsetzungsvermögen Marthas offensichtlich in den Schatten stellen kann, wenn du sogar die Mächte überzeugen konntest.“
„Ha ha, sehr lustig. Ich habe diese Macht verloren, Spike.“
„Hast du?“
Sie nickt, „Ich bin mir ziemlich sicher.“
„Ich bin mir da aber nicht so sicher, Cor.“ Und seine schwermütige Erwiderung ist nicht für sie bestimmt und so spart sie sich die Antwort.
Er fischt seine Zigaretten aus der Hosentasche zusammen mit dem Feuerzeug und die Flamme blendet sie und sein Gesicht ist wieder ein undeutlicher Fleck in der Nacht nachdem sie erlischt. Aber sie kann den Ausdruck nicht mehr lesen und sie wundert sich, ob das seine Absicht war. Ob nicht nur sie das Gefühl hat, ihre Emotionen verstecken zu müssen. Ihr Blick wendete sich auf die Landschaft vor ihnen.
Sie waren noch nicht zum eigentlichen Thema gekommen und Cordelia hasste diese Befangenheit, die sich zwischen ihnen aufbaute. Gottverdammt, Spike wollte sie zu einer Brazil Wax überreden, es gab nicht sehr viel Peinlicheres und Intimeres, als die eigene Schambehaarung, das man mit einem Vertreter des männlichen Geschlechts besprechen konnte, der nicht der eigene Liebhaber war. Weshalb war ihr es damals nicht verrucht vorgekommen, sondern nur lustig und nun brachte sie ein intensiver Blick von ihm aus dem Konzept?
Aber die Lage war komplizierter geworden, damals ging es nur um ihren Körper, heute nicht. Heute ging es um ihre Einstellung dazu. Seine gleichmäßigen Züge sind die einzigen Bewegungen, hüllen sie beide in den Geruch von Rauch und sie fragt sich, wann sie angefangen hat, Zigarettenrauch angenehm zu empfinden und ihn mit Schutz gleichzusetzen. Mit seiner Gegenwart.
Vielleicht gestern nach dem Kampf. Vielleicht vorher.
Schließlich schnippt er die zuende gerauchte Kippe in den See und durchbricht vorsichtig das Schweigen zwischen ihnen, „Hast du das ernst gemeint, heute Nachmittag?“
„Ich weiß es nicht, ich denke zum Teil ja.“ Sie nickt bekräftigend mit dem Kopf. „Es ist nicht, dass ich dir irgendwelche Motive unterstelle, wirklich nicht, aber es ist, wie es ist.“
„Mmh. Du bist keine Hure und du hast dich nicht für ihn verhurt und ebenso wenig könntest du das für mich, Kwé.“
Cordelia lächelt leicht über seinen neuen Spitznamen und bleibt stumm.
Es gibt soviel, das sie seiner Aussage entgegensetzen könnte. So viele Wahrheiten über sich und Angelus’ Deal, die ihn vom Gegenteil überzeugen könnten, aber sie mag den Respekt mit dem er sie behandelt. Mag Spikes Loyalität, die nun ebenfalls ihre Person mit einschließt und will nicht das Risiko eingehen, diese zu verlieren.
Lauscht in ihr Inneres, versucht noch immer die unschuldigen Antworten zu finden, die einmal in ihrem Besitz waren. Freundschaft. Familie. Liebe. Das sind Begriffe, die ihm ebenso vertraut sind, wie ihr und die er nachvollziehen könnte. Die seinen Schutz ebenso in Anspruch nehmen, wie ihren. Aber es fühlt sich nicht richtig an, diese Begriffe sollten nicht mit soviel Schuld beladen werden.
Eine Hure kann ihren Körper aus Liebe verkaufen. Ihrem Gewerbe nachgehen, um ihre Familie zu ernähren und zu erhalten und das ist etwas, das sich für Cordelia wahrer anfühlt, als zu behaupten, sie hätte es aus reiner Nächstenliebe getan. Sie hat einen Teil von sich an Angelus verkauft, den sie nie wieder zurückerhält. Der mit seiner Präsenz ebenso aus ihrem Dasein verschwunden ist. Von dem sie noch nicht einmal angenommen hatte, dass er einen eigenen Wert besaß oder sich in ihrem Besitz befand. Erst jetzt bei ihren Aufräumarbeiten wird ihr klar, dass Stücke fehlen. Helle Flächen, die jetzt in Finsternis getaucht sind. Große Teile, die nicht wiederherzustellen sind.
Restauration im Ansatz gescheitert.
Gott, ihr Kopf fühlte sich chaotisch und blutleer an, zu viele widersprüchliche Gefühle, um ihnen allen ein Motiv zu zuordnen. Sie fährt über ihr Gesicht, reibt ihre Augen und dreht sich dann herum, setzt sich im Schneidersitz neben ihn, er kehrt sich ihr ebenfalls frontal zu, bis sich ihre Knie berühren und sie starrt ihm ins Gesicht.
„Also was macht dich so sicher, Spike, dass ich keine Hure bin? Ich kenne meine Argumente, die zu diesem Schluss führten, was sind deine, die das Gegenteil beweisen.“
Sie kennt ebenso die Argumentationslücke darin, die ihn in diesem Gedankengang betrifft. Er hat ihr nichts zu geben, kein Gut oder Wert, was sie sich zu eigen machen oder haben will und eine Hure macht nicht umsonst die Beine breit, außer um Zuneigung zu erwerben und dann ist sie keine Hure mehr, sondern Frau. Eine naive noch dazu.
„Ich kenne genügend Huren, Cordelia. Ich kenne die teuren Mätressen aus edlen Kreisen und die Straßennutten aus East End. Sie alle haben eines gemeinsam, sie wollen gut behandelt werden.“
Sie versteht nicht, „Und?“
„Du willst das nicht. Du willst Strafe für dein Scheitern, für deine Niederlage und das ist etwas, das nur eine Lady für sich in Anspruch nehmen kann, die den Unterschied zwischen Überleben und Liebe kennt. So eine Frau kann ebenfalls ihren Körper verkaufen, versteh mich nicht falsch, Überleben ist ein Urinstinkt, dem sich niemand entziehen kann, der noch einen Hauch von Hoffnung in sich trägt. Aber diese Frauen werden dabei nie zu einer Hure, weil sie die Bestrafung für ihr Fehlverhalten mit ihren Augen fordert. Du hast diesen Blick und nicht den einer Hure.“
Sie kann sich seiner simplen Logik nicht entziehen. Sie weiß nicht, was er in ihren Augen liest und was man in ihren Blick hineininterpretieren kann, so wechselt sie das Thema. „Aber du schuldest mir noch immer eine andere Erklärung.“
„Tue ich das?“, und er klingt fast wieder spielerisch.
Er weiß, worauf sie zielt, sie braucht die Frage nicht ausformulieren, deshalb kurzangebunden, „Ja.“
Spike fängt ihr Handgelenkt ein, legt seine Hand locker auf sein Knie und beginnt wieder Kreise um ihren Puls mit dem Abdruck seiner Fänge zu ziehen. Nach einem Moment des Schweigens, versucht sie es ihm zu entziehen, sein Griff wird fest. „Entspann dich, Cordelia, das hier gehört zu deiner Lektion.“
Starrt auf die blasse Haut, die selbst im Mondlicht mit ihrer kontrastiert.
Dann beginnt er leise zu sprechen, „Hast du dich je gefragt, was sexuelle Erfahrung ist?“
Schüttelt unsicher den Kopf, verwirrt durch sein Verhalten, seinen Daumen und seine Worte. „Es ist nicht die Zahl deiner Liebhaber oder die Variation der Positionen. Es ist noch nicht einmal der Grad der Leidenschaft, zu dem du fähig bist. Sexuelle Erfahrung beginnt mit einer Erkenntnis, dass es gut ist einen Körper zu haben, der die Genialität hat, einen Höhenpunkt zu fühlen. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist der, dass Jungs sich sehr viel früher darüber klar werden, wie sie ihn erreichen können. Es ist einfach für uns, Erregung ist Härte, die Erleichterung sucht und der Weg ist ebenso anspruchslos, wie unfehlbar. Bei Frauen liegt es ein wenig anders, eure Lust ist nicht so offensichtlich. Deshalb könnt ihr euren Körper dafür einsetzen, eure Ziele zu verfolgen und Männer zu täuschen, während unser einziges Ziel, der Sex selbst ist und bleibt.“
Cordelia fühlt sich hypnotisiert durch die Kreise auf ihrem Handgelenk und sie blickt langsam in sein Gesicht, versucht sich nicht von ihm und seiner Laune einfangen zu lassen. Spikes Miene ist intensiv, ob oder gerade wegen des Mondlichtes, das tiefe Schatten darauf zaubert, kann sie nicht ganz ausmachen.
„Dein erster Liebhaber war Xander?“ Sie nickt.
„Und du warst seine erste?“ Ein weiteres Nicken folgt.
„Es war nicht so erderschütternd, wie du es dir gedacht hast, richtig? Die Welt ist nicht aus ihrer Bahn gekippt und dir hat niemand am nächsten Tag angesehen, dass du keine Jungfrau mehr warst. Das sich etwas in deinem Leben grundlegend geändert hat.“ Cordelia zuckt die Schultern, ein beschwingtes Lächeln um die Lippen, bei den Erinnerungen und seinen Worten sie zu umschreiben.
„Viel Gefummel von Xan-Boy und wenig Reaktion deinerseits. Sein vorzeitiges Kommen und dein Fragezeichen, um was es bei dem ganzen Drama überhaupt geht und weshalb so ein Aufhebens darum gemacht wird.“ Sie lächelt ihm breiter zu und er erwidert es, seine Zähne leuchten in der Nacht. Lenken blendend von dem Schatten ab, der um seine Augen liegt. „Du aber glücklich warst, dass dein Freund sich nicht in ein mordendes, psychopathisches Ungeheuer verwandelt hat, du nicht vor ihm und den Erinnerungen auf der Flucht sein musstest.“
Spike braucht kein Nicken von ihr, um diese Frage als beantwortet anzusehen und es erstaunt sie, dass er ihr erstes Mal zeitlich so gut einschätzen konnte, obwohl er sie vor all den Jahren gerade einmal flüchtig aus der Distanz kannte.
„Du weißt, dass in der Zeit, in der ich aufgewachsen bin, Unschuld ein hohes Gut war, eigentlich der einzige Besitz, den eine Frau ihr Eigentum nennen konnte. Nicht nur in den Adelskreisen. Eine Frau, die sie verlor, bevor sie im Stand der Ehe war, konnte ihr gesamtes Leben und das ihrer Familie ruinieren. Als Mensch habe ich mich nie gefragt, warum. Ich meine, weshalb ein System in Frage stellen, das Jahrhunderte lang gut funktioniert hat. Außerdem waren meine eigenen Vorstellungen über die Ehe und die nächtlichen Aktivitäten ziemlich romantisch, um nicht zu sagen naiv.“
Sie kann sich Spike nicht als Ehemann und Vater vorstellen, aber seine Worte beweisen, dass er kein Lebemann war und es ist seltsam, dass sie sich nie Gedanken darüber gemacht hat, was für eine Art von Mensch er gewesen war. Cordelia kann ihre Neugier nicht länger in Zaum halten, sie platzt heraus, „Warst du verheiratet?“
„Nein, zu sehr Müttersöhnchen, um das Risiko eines Hausdrachens einzugehen.“
Es ist mehr als ein Schuss ins Blaue, ein Bauchgefühl, „Du wurdest du als Jungfrau gevampt?“
Sein Grinsen wird provokant, „Diese Frage verbietet der Anstand und gefährdet meine Reputation, Cor. Außerdem entbehrt sie jeder Grundlage.“
Sie wirft den Kopf in den Nacken, ihr Lachen ist schallend und
unbefangen, nicht bösartig, aber oh Gott, er war unschuldig gestorben und diese
Variante seiner Vergangenheit wäre ihr nie in den Sinn gekommen. Salonlöwe? Ja.
Dandy? Definitiv. Aber Jungfrau? Nope. Er blickt sie mit milder Nachsicht an
und als sie sich endlich wieder gefangen hat. „Wie süß, Spike.“
Sein warmes Lächeln verschwindet, „Nein, nicht süß. Unrealistisch und verträumt schon eher, weshalb es mich auch dermaßen niedergeschmettert hat, als ich Drusilla zusammen mit Angelus im Bett fand. Ich dachte, ich hätte mein Schicksal mit ihr gefunden, die eine dunkle Göttin für die Ewigkeit an meiner Seite. Allerdings waren das die Träumereien des Poeten. Auch wenn ich zwei Nächte davor meine Jungfräulichkeit verloren hatte, nahm mir Angelus die Unschuld in jener Nacht auf jede erdenkliche Weise.“
Sein Griff wird unbewusst schmerzhaft, es dauert bis er ihn wieder lockert. Spikes Augen sind in die Ferne gerichtet, an ihrem Gesicht vorbei, als ob sich direkt hinter ihrer Schulter ein blutiges Drama abspielen würde. Sie ist sich ziemlich sicher, dass er diese Nacht in jedem grauenhaften Detail sieht. Aber im Gegensatz zu ihr, verliert er, wenn er mit seinen Erinnerungen konfrontiert ist, nicht die Sprache.
Die Ruhe in seinem Tonfall ist erschütternd, „Der Bastard hatte schon immer ein Talent im auffinden und zerstören von Unschuld und Illusionen. Als ob er die Leere in sich auffüllen müsste, nicht nur mit Blut, sondern auch mit den Träumen seiner Opfer. Ihre Wünsche und ihre Phantasien, so dass sie am Ende genauso leer, wie er waren. Aber er hat mich auch stärker gemacht. Schneller wie jeder andere Lehrmeister es je gekonnt hätte. Schmerz ist eine sehr gute Gedächtnisstütze, um gewisse Lektionen und Wahrheiten nie wieder zu vergessen. Gewisse Gefühle und Geheimnisse um jeden Preis für sich zu behalten, damit er sie nicht verwüsten und ausmerzen konnte.“
Seine Stimme ist emotionslos und losgelöst, als ob er sich selbst von dem Inhalt des Gesagten distanziert. Als ob nicht er der Frischling wäre, der damals gebrochen wurde. Es in keiner Beziehung zu ihm und zum heute steht. Cordelia ist sich nicht sicher, ob es gerade diese Art zu erzählen, es noch intensiver erscheinen lässt. Näher bringt. Aber sie hat eine Gänsehaut und ihre Hände zittern in seinem ruhigen Griff. Vielleicht weil er ihr zum ersten Mal ihre Vermutung vorbehaltlos bestätigt, dass er auch Opfer war.
Dass sie von demselben Monster gebrochen wurden.
Dass es eine gemeinsame Vergangenheit gibt, die sie tiefer verbindet, als ihr Blut in seinen Adern. Die sie im Heute verankert und hinter ihren Schutzmauern.
Spikes Augen suchen ihre, „Du wirst vorsichtiger mit dem, was du an die Oberfläche lässt, filterst es und kontrollierst es auf Schwächen. Du wirst härter, kümmerst dich weniger und veranstaltest größeres Chaos draußen, um von dem Chaos in dir drinnen abzulenken. Irgendwann hast du Erfolg damit. Du bist so laut, so ungezähmt, so wild, dass man es nicht mehr ignorieren kann. Er es nicht mehr ignorieren kann und dir ist alles so was von egal, weil du deine Strafe für etwas bekommst, das endlich außerhalb von dir liegt und nichts mehr mit dir zu tun hat. Du verlierst dich selbst darin. Wirst größer damit. Brutaler. Verstehst endlich den Dämon, der dich jede Nacht antreibt. Der ihn antreibt.“
Und er lächelt sie so nachsichtig an, so wissend, dass sie sich unwohl fühlt. Noch immer ihre Sprache sucht, weil seine Erinnerungen ebenfalls die Macht haben, ihr diese zu rauben. Sanft, „Diesen Teil wirst du nie verstehen, Cordelia, und ich beneide dich fast darum. Du hattest Recht, heute Nachmittag, wir kämpfen nicht aus denselben Gründen und ich bin froh, dass dem so ist. Du versteht die Dunkelheit gut genug, um vor ihr zurückzuschrecken und sie nicht auch noch in dir zu suchen.“
Cordelia blickt ihn nur an, nicht sicher, ob er Recht hat.
Nach einem Moment redet er weiter, „Egal, wir waren eigentlich bei weiblicher Unschuld und nicht meiner, richtig?“
Sie nickt, akzeptiert den Themenwechsel, weil das schmerzhaft in
der Intensität war und er fährt fort, „Als Vampir hatte ich eine andere
Perspektive auf Keuschheit, sicher, sie reizte noch immer. Man kann
Jungfräulichkeit bei beiden Geschlechtern regelrecht riechen, stärker bei
Frauen, sie lockt dich. Zieht dich in ihren Bann und du willst sie nehmen und
zerstören. Das ist was einen Vampir daran reizt.“
Er zuckt die Schultern, „Männer haben ein Bedürfnis, das anders gelagert ist, sie wollen sie behüten, weil letztendlich der Verlust der Unschuld Frauen befreit und ihnen Macht über sie gibt. Sie können manipulierend und berechend werden, erkennen vor allem ihre eigenen Bedürfnisse und unter Umständen die Unfähigkeit ihrer Männer eben diese zu befriedigen. Es bedarf einer eigenen Stärke, um sich nicht von Frauen unterwerfen zu lassen und ihnen gleichzeitig Lust zu zugestehen. Die Bibel und christliche Kirche hatte Jahrtausende lang, die Ikone der unbefleckten Jungfrau als Symbol für das ideale Frauenbild zelebriert. Nicht ohne Grund, Männer haben vor Frauen und vor allem ihrer eigenen Schwäche für sie Angst. Zu meiner Zeit waren Frauen oft genug Waren, Gattinnen dazu da einen Erben zu gebären, Mätressen dazu da Vergnügen zu schenken. Man trennte diese Lebensbereiche gerne, weil es einfacher für einen Mann ist. Aber die Zeiten haben sich geändert und die sexuelle Revolution hat ihr übriges getan, um diese Weltanschauung als überholt zu entlarven. Fast jedes Mädchen weiß heute, dass Sex einen Höhenpunkt als Ziel hat und trotzdem täuschen in dieser Sekunde Tausende Frauen noch Orgasmen vor, hast du dich je gefragt warum?“
Ihre Augenbrauen gehen zusammen und sie durchleuchtet ihre Motive der Vergangenheit, eben dieses nicht zu tun. Denkt daran, dass sie Xander unter Umständen hätte halten können, wenn sie ihm diese Bestätigung seines Egos gegeben hätte, anstatt ihren Trost nach jedem gescheiterten Versuch. Seine wachsende Enttäuschung und seinen Frust.
Sie war damals zu unerfahren für ihn gewesen, so wie er für sie und sie begreift das heute. Es gibt keine bitteren Gefühle mehr, aber sie weiß, wie sein Betrug sie damals verletzt hat. Sie sich dumm vorkam, verraten, betrogen, stärker als sie es davor je für möglich gehalten hatte und in ihrem weiblichen Stolz zutiefst gekränkt. Das Vortäuschen eines Höhepunktes ihr eine Dämonenschwangerschaft mit Wilson nicht erspart hätte, aber zumindest nicht seinen kalten, steifen Abgang danach.
So antwortet sie knapp, „Weil es keine große Schauspielkunst erfordert und einiges an Unannehmlichkeiten ersparen kann?“
Er lächelt sie ironisch an, „Yeah, um es kurz zu fassen, machen Frauen aus genau diesem Grund ihren Liebhabern etwas vor. Weißt du auch, warum du einem Vampir keinen Orgasmus vortäuschen kannst, oder zumindest keinem halbwegs erfahrenen?“ Verlagert sich in die Rolle des Lehrers und sie hat kein Problem damit, weil es dadurch einfacher für sie wird. Distanzierter.
Die Schlussfolgerung ist schnell getroffen, „Eure übernatürlichen Sinne. Herzschlag. Atmung. Und ihr könnt Erregung riechen und deren Entladung.“
Und er wiederholt die Worte von eben, „Yeah, um es kurz zu fassen, machen Menschen Vampiren bei natürlichen Reaktionen nichts vor. Fällt dir auch ein Grund ein, der einen Vampir dazu bringen könnte, einen menschlichen Bettgefährten zum Höhepunkt zu bringen?“
„Blut. Es läuft immer auf das Blut hinaus.“
„Ja, das Blut ist süßer. Es gibt sogar Vampire, die diesen Geschmack der Furcht immer vorziehen, Angelus war ein Meister in der Kombination von Furcht, Erregung und Todesangst. Er liebte diese Mischung und die absolute Dominanz, die sich daraus ergab. Es ist berauschend ein Opfer auf einen unbekannten Pfad zu setzen und die meisten jungen Frauen wussten damals nicht, was er genau mit ihrem Körper anstellte, bis sie blutend und tot in ihren Laken lagen. Du hast es gewusst und konntest dich ihm trotzdem nicht entziehen und es verfolgt dich. Weißt du, warum? Nein, Stopp, ich weiß, dass ich von dir nur die falschen Antworten hierauf bekommen würde. Das war die falsche Frage, weil du eines nicht verstehst.“
Cordelia versteht soviel mehr nach seinen Belehrungen der heutigen Nacht. Er ist ein guter Mentor, besser als Schmerz auch wenn sie denkt, dass er ihr widersprechen würde. So entgegnet sie sanftmütig, „Und das wäre?“
„Dass Angelus ein manipulierender Bastard mit Erfahrung ist, der dein Körper besser kennt als du.“ Sie schluckt. „Ich kenne deinen Körper besser, Cordelia, und wenn ich mir Zeit lasse in der Erforschung deiner restlichen Geheimnisse, könnte ich dich noch heute Nacht härter kommen lassen als er.“
Spike weist mit Kopf nach unten und sie bemerkt überrascht, dass er ihre beiden Unterarme in den Händen hält. Sie weiß nicht, wann er ihr zweites Handgelenk überhaupt in Anspruch genommen hat, wann er weiter an ihren Armen entlang gewandert ist und irgendwie beunruhigt sie das ein wenig. So wie die Tatsache, dass sie sich ihm nicht entziehen will oder ihr gesamter Körper sich in seinen lehnt, von ihren aufgestützten Ellbogen bis zu ihrem durchgedrückten Rücken, der ihre Brüste hervorbringt.
Ihr Gesicht eine Handbreit von seinem entfernt ist und es nicht nahe genug erscheint.
Das schlimme ist, dass Spike sich aufrichtig anhört, nicht wie ein Aufschneider oder Möchtegern-Casanova, sondern wie jemand, der von der Wahrheit seiner Aussage absolut überzeugt ist. Sie blickt wieder in sein Gesicht und der sinnliche Zug um seine Lippen fordert sie heraus, ihn in Frage zu stellen, damit er es ihr beweisen kann.
Cordelia fühlt sich dazu versucht.
Spike ist die Versuchung.
Und sie schweigt.
Well
they’ve
got to hate what they fear.
Der leichte Wind spielt mit ihren Haaren, die wieder ein Stück
über die Schultern gehen, weht ihr Strähnen ins Gesicht und Spike ist nah
genug, dass ihre Haare sein Gesicht streifen. Die Zeit dehnt sich, während er
sie gründlich mustert. Seinen Blick prüfend über ihr Gesicht und ihren Hals
gleiten lässt, eine Weile an Angelus Mal hängen bleibt und dann tiefer wandert.
Ihr Decollete fixiert, Cordelia sich fragt, ob er an gestern denkt, als sein
Gesicht dort ruhte.
Ihre Brustspitzen hart bei der Erinnerung werden und ein warmes
Prickeln durch ihre Adern fließt. Süße. Und sie will fragen, warum er die
Bitterkeit der Gewalt bei der Jagd vorgezogen hat, wenn er so leicht fasziniert
von ihr in diesem Stadium ist. Sie mit einem Heißhunger mustert, der bedrohlich
wäre, wenn sie nicht ebenso fühlen würde, bis sie sich erinnert, dass er ihr
diese Frage schon beantwortet hat.
Es würde ihn auf die gleiche Stufe stellen wie Angelus.
Etwas das seinem Wesen zuwider ist. Dass was sie in den letzten
Wochen geschützt hat. Letztendlich. Seine Abneigung in die Fußstapfen seines
Grand Sires zu treten. Aber die Spannung zwischen ihnen entspringt heute Nacht
nicht Schmerz. Nicht Liebe. Noch nicht einmal der Überanstrengung ihrer
Defensiven. Ist einfach da. Unangemeldet. Zwischen ihnen beiden. Oder unter
Umständen das erste Mal klar an der Oberfläche, ohne mit einem zweideutigen
Motiv versetzt zu sein.
Sie denkt, dass er schön ist.
Will ihn und seine Schönheit in sich aufnehmen, die Einfachheit
mit der er ihre Fragen widerlegt oder als nebensächlich abtut. Die
unkomplizierte Wahrheit dahinter und die komplizierten Lügen, um es noch
einfacher für sie zu machen. Er bietet ihr ein Vorhängeschloss für den Käfig,
den er für Angelus in ihrem Innern gebaut hat und es ist einfach, den Schlüssel
aus Spikes Hand zu nehmen. Die Besuchszeiten einzuschränken. Mit ihren eigenen
Bedingungen zu verknüpfen und der Möglichkeit das Gefängnis zu verlassen.
Spikes Blick kommt langsam zurück auf ihr Gesicht und die Lust
lässt seine Gesichtszüge noch schärfer wirken. Als er spricht ist seine Stimme
kehlig und tief, löst einen wohligen Schauer in ihr aus. „Du bist atemberaubend
schön.“
„Ich war es einmal.“
Sie weiß nicht, warum sie ihm ausgerechnet diese Eröffnung gegeben
hat.
Oder er diese eine Feststellung getroffen hat. Weil es eine
Einladung ist und sie beide diesen speziellen Tanz auslassen sollten. Er war
nicht für sie bestimmt, davon war Cordelia überzeugt. Auch wenn es ihr so
einfach fällt, seine Schrittfolge nachzuahmen und sich auf seinen Takt
einzustimmen.
Es sich natürlich anfühlt, wie alles was Spike ihre Person
betreffend in Angriff nimmt.
Nicht zu schnell, nicht zu langsam. Sie blind seine nächsten
Aktionen vorhersehen kann und es dennoch nicht an Reiz verliert, diese Unterhaltung
mit ihm zu führen und zu ergründen, in welche Bahnen es sie lenken wird, weil
sie weiß, dass er sie trotzdem überraschen wird.
Er es ebenso weiß und auf dieses Überraschungselement hinarbeitet.
Der Sarkasmus schleicht sich in sein Lächeln, „Du bist es noch
immer und ich bin froh, dass ich nicht auf Atmen angewiesen bin, um in deiner
Nähe zu überleben.“
Und ihr Blick senkt sich auf den Narbenwulst und sie stimmt ihm
stumm zu, lässt sich nicht von seiner geheuchelten Galanterie einfangen. Sondern
von dem Fakt, dass wenn er ein Mensch wäre - wenn er ein Mann wäre - er die
gestrige Nacht in ihrer Gesellschaft nicht überlebt hätte.
Sie dankbar dafür ist, dass er ein Vampir ist. Mit Seele oder ohne
spielt im Moment keine Rolle, so wie es gestern nicht von Bedeutung war, als
sie seine Wunden versorgt hat. Er ihr Weltbild so oft hinterfragt und
durcheinander gebracht hat, dass alles Teil eines Spieles erscheint, dessen
Antworten nie eindeutig sind und vielleicht ist das wahrer, als all ihre Überzeugungen
der letzten Jahre.
Nichts ist Unwiderlegbar, aber das macht es nicht unsicher,
sondern interessant, solange man seine Essenz beibehält. Einige ausgewählte
Prinzipien, einen stabilen Rahme, ein Gerüst, das einen trägt und sie beide
widersprechen sich in so vielen Ansichten und ergänzen sich in den Grundlagen,
dass es zeitweise erschreckend einfach ist, die Meinung des anderen als Teil
der Wahrheit zu akzeptieren.
Die andere Seite der gleichen Münze. Geschmiedet in demselben
Feuer.
So hält sich ihr Widerspruch, der sich bei seinen nächsten Worten
bildet in Grenzen, „Eine klassische dunkle Schönheit, die trotzdem an Sonne
erinnert, heiße Sommertage und die unendlichen Möglichkeiten diese zu füllen.“
Cordelia sich sicher ist, dass er sie für seine Sichtweise
gewinnen könnte, wenn sie es darauf anlegt. Wenn sie ihre Zweifel laut
ausspricht und seinen Standpunkt hinterfragt. Er darauf spekuliert hat.
Spikes herausforderndes Grinsen schwindet unter ihrer erhobenen
Augenbraue, diese Seite von ihr ist neu für ihn. Sie war nicht immer verlegen,
wenn es um ihre körperlichen Reize ging und es ist gut, sich daran zu erinnern.
Und ihn. Dass nicht alles was jetzt unter schwarzem Stoff verborgen ist,
Neuland für sie war.
Die kühne Witwentracht nur Teil seines Entwurfs.
Er improvisiert, als sich ihr nachsichtiges Schweigen dehnt und
fährt leise fort, „Weißt du, dass ich an Eiswürfel denke und die Arten, wie ich
sie auf deiner Haut schmelzen lassen könnte, in der Zeit, in der du sonnenbaden
bist? Die Hitze deiner Haut mich und meine Selbstkontrolle beinahe verbrennt,
nachdem du wieder im Zimmer bist? Dein Geruch reines Licht und Sonne ist und
ich nicht genug davon bekomme? Er nicht weniger intensiv wird, wenn du duschst,
sondern nur purer und ich zwischenzeitlich überzeugt bin, dass Sonne deine
Grundessenz ist? Und was ist verführerischer für einen Vampir, als die eine
Sache, die er nie in seinem Unleben genießen kann, ohne sich daran zu
verbrennen und die sich trotzdem in Reichweite befindet?“
Spike beinahe entrückt wirkt und sie ist sich sicher, dass es eine
Masche von ihm ist, um seine Worte noch eindringlicher erscheinen zu lassen.
Wundert sich für den Bruchteil einer Sekunde über die Anzahl von Frauen, die er
mit genau diesem tiefen Timbre seiner Stimme aus der relativen Sicherheit eines
Nachtclubs oder Bar gelockt hat. Aber er überrascht sie wieder, kennt ihre Art
zu denken zu genau, wechselt zur Ernsthaftigkeit.
„Du bist verführerisch, nicht nur dein Körper, dein Verstand
ebenso.“
Ihr anerkennendes Lächeln bei seinen Worten, beinhaltet mehr als
eine Spur von Lob für die geänderte Taktik und verliert sich nur zögernd, als
er erneut Teile seiner Vergangenheit für sie eröffnet. Weil keine gefälligen
Lügen über die Gewalt hinwegtäuschen können, die für ihn dort unter der
Oberfläche liegt.
In sich gekehrt, „Du bist nicht Drusilla, die Sternenstaub und
kaltes Mondlicht war. Blutige Versprechen die Nächte der Ewigkeit aufzufüllen,
mit Leidenschaft und Leiden. Oder Buffys süßer Nektar, der Teil ihres Waffenarsenals
ist, Venusfliegenfalle und glitzernder Tau. Zu verlockend und berauschend, als
dass man seinen Überlebensinstinkt einsetzen kann und fliehen.“
Er ist in der Laune sie zu bezaubern und diese Stimmung trägt er
nie ohne Absicht.
Cordelia sollte sich daran erinnern, aber sie fühlt sich lebendig
und jung und das ist neu.
Und sie will das Gefühl auskosten, nur für den Augenblick. Einfach
so. Weil er diesen Zauber um sie spinnt und sie unangreifbar macht mit seinen
sanften Worten. Ein Netz webt, das sie an Sicherheit erinnert und bodenlosem
Fall ohne Aufschlag. Weil er nichts von ihr fordert, sondern ihr nur einen
Einblick verschafft in das, was hinter seiner nonchalanten Maske vor sich geht
und selbst wenn es nicht der ganzen Wahrheit entspricht, ist es genug für sie.
Mehr als sie erwartet hat, aber nicht angsteinflößend in der
Tragweite oder Tiefe.
Sie weiß, dass Spike klug ist und manipulierend sein kann, aber
die meiste Zeit ist es nicht von Bedeutung, weil es sie besser fühlen lässt.
Schöner. Wärmer. Weiser. Der König des sanften Beherrschens und sie hat diese
Tatsache nicht vergessen. Sie mag ihn und seine Art sie zu handhaben noch immer
und das ist irgendwie überraschend. Trotz allem.
Trotz der gemeinsam verbrachten Zeit. Den gemeinsamen Dämonen.
„Aber wir kommen wieder vom Thema ab und das ist nicht die
Auskunft, die du brauchst.“
Cordelia schüttelt den Kopf, ist sich selbst nicht sicher, ob sie
ihm zustimmt oder den Themenwechsel diesmal verneinen will. Er verwirrt sie
heute Nacht in mehr als einer Weise. „Du willst wissen, was deinen
Gedächtnisverlust mit der Tatsache zu tun hat, dass du zum ersten Mal in den
Armen eines anderen gekommen bist.“
Sie denkt, das war ihre Frage. Irgendwann einmal.
Bevor sie soviel mehr über ihn und seine Art zu denken gelernt
hat.
Gestern erscheint zu weit weg, um sich deswegen Sorgen zu machen
und ihr wird klar, dass das Spikes Magie ist, sie in den richtigen Augenblicken
vergessen zu lassen. Ihren Zynismus zur Ruhe kommen zu lassen. Aber nie vollständig,
hört ihm aufmerksam zu, da er sie noch nie grundlos erinnert hat und das keine
Ausnahme bilden wird.
„Weil du nie den Unterschied zwischen Leidenschaft und Liebe
treffen musstest und daran geglaubt hattest, dass es keinen gibt. Du dich für
deine große Liebe im Herzen aufsparen wolltest und dich stattdessen von deinem
Körper verraten fühlst. Was die ganze Sache noch komplizierter macht, ist die
Tatsache, dass das Gesicht deiner Verdammnis, dasselbe deiner einzigen Liebe
ist und auch wenn ich auf dem psychologischen Sektor keine Erfahrung habe, gehe
ich davon aus, dass dies genug ist, um einige Sicherungen im Verstand
durchbrennen zu lassen. Stimmst du mir zu?“
„Ja.“ Die nächtlichen Geräusche füllen die Stille, die ihre Zustimmung
zwischen ihnen auslöst. Sie zieht ihre Arme zurück verschränkt ihre Finger mit
seinen und sucht eine Antwort in seinen beschatteten Augen und dem geraden
Strich seiner Lippen.
Schließlich, „Fällt dir ein effektives Gegenmittel ein, Spike?“
Sein Lächeln ist eine weitere Überraschung dieser Nacht.
Purer Sex, verrucht und verdorben, seine Stimme ist ebenso davon
eingefärbt und jagt etwas durch ihren Körper, das sie nicht so genau bestimmen
will. Von dem sie annimmt, dass Spike es schlicht als sexuelle Erregung
bezeichnen würde und sie gut daran tun würde, es bei seiner Lösung zu belassen.
„Das einzige Gegenmittel, das mir einfallen will, ist, dass ich dir den
Unterschied zwischen Liebe und Leidenschaft zeige, aber da ich selber dazu
neige, dem Objekt meiner Begierde zu verfallen, erscheint es mir wenig effektiv
und heilsam.“
Cordelia ahnt, dass es die fehlende Lektion ist, die Angelus so
viel tiefer unter ihre Haut kommen ließ und seine. Er in dem letzten
Jahrhundert Zeit hatte, die fehlende Erfahrung aufzuholen. Sie in der Vergangenheit
davor zurückschreckte, dieses Terrain im Ansatz zu erkunden. Weil gute Mädchen
keine Fremde aus der Bar abschleppten, um ihre Befriedigung in anonymen Sex zu
suchen.
Angelus es ihr unmöglich gemacht hat, diese Option in Zukunft
überhaupt in Erwägung zu ziehen und so wie Angel es in der Vergangenheit getan
hat. Die unausgesprochene Wahrheit zwischen ihnen, dieses Wissen, dass wenn die
Dinge ein wenig anders liegen würden - ohne Buffy, ohne den Fluch - sie ein
Paar wären und das gemeinsame Warten auf diesen Tag. Sie hat es nie als Bürde
empfunden, nie als bewusste Entscheidung, aber selbstgewählte Lügen täuschen
über viele Ungewissheiten hinweg.
Deshalb spart sie sich dieses ‚Was wäre wenn?’-Spiel mit Spike.
Ihr Aufeinandertreffen hatte nur einen einzigen Grund und sie
weiß, dass sie sich nie die Zeit genommen hätten, den anderen unter anderen
Umständen kennen zu lernen. Sie kann sich keine Apokalypse oder einen
verunglückten Barbesuch vorstellen, der sie näher gebracht hätte. Sie wäre nie
in den Genuss seines Wissens und seiner Erfahrung gekommen, wenn er nicht etwas
in ihr entdeckt hätte, das er reparieren wollte. Von dem er annahm, dass es zu
beheben war.
Sie weiß nur, dass Angel sie nie ermutigt hätte, ihr Glück in
einem fremden Bett zu suchen. Sie weiß, dass es das ist, was Spike ihr
ultimativ vorschlagen wird. Erinnert sich daran, dass selbstlose Liebe unter
Dämonen möglich ist und sie gerade Teil davon wird.
Dass sie diese Differenzierung in ihrem Leben braucht. Nötiger,
als jemals zuvor. Diese Unterscheidung zwischen Sex und Liebe, dass das eine
nicht in direktem Zusammenhang mit dem anderen steht. Weiß, dass sie zu
verunsichert und zerstört ist, um den nächsten Mann abzuschleppen, der ihr
gefällt. Dass ihr gesamtes Wesen sich allein bei dem Gedanken daran sträubt.
Sie schluckt den Brechreiz hinunter, versucht die Logik von Spikes Aussage
ihrem Körper zu vermitteln und nicht nur ihrem Verstand. Scheitert. Es hört
sich nur in ihrem Kopf gut an. Eine Theorie, die sie nicht in die Praxis
umsetzen kann, ohne schreiend davonzulaufen.
Dass ein Höhepunkt möglich ist, ohne in ihren Grundfesten zu
zerbersten.
Spikes Lächeln verliert sich so schnell, wie es aufgetaucht ist
und sein Ausdruck wird Ernst, ohne Spielerei und Charme, als ob er eine
Wahrheit ausspricht, die gefährlich sein kann. Es unter Umständen ist. Eine
Facette, die er selten an die Oberfläche lässt und so gibt sie instinktiv
seinen folgenden Worten noch mehr Aufmerksamkeit, weil sie ihre Zukunft
einschließen.
Er den Gedanken vorweg greift, der logische Konsequenz für sie
wäre, würde er ihr Zeit lassen, seine Analyse zu durchdenken. Die gesamte
Realität ihrer verfahrenen Situation. „Ich weiß, dass ich für dich fallen
könnte und wir beide sind verbrannt und ausgezehrt von unserer Liebe, um uns
auf diesen Pfad zu begeben. Er könnte das zerstören, was sich zwischen uns
aufgebaut hat und ich will nicht die Freundin verlieren, die ich in dir
gefunden habe, Cordelia.“
Ihr Tonfall ist resigniert, „Und ich nicht den Freund, Spike. Du bist
mir wichtig.“
Manchmal ist es so einfach. Aber dieser Moment gehört nicht dazu,
weil sie noch immer etwas von ihm braucht, das über Freundschaft hinausgeht und
trotzdem nicht Liebe ist. Sie will nichts verderben und zerstören. Sie will
nichts verkomplizieren, das perfekt in der Einfachheit ist und nichts
herausfordern, das gefährlich sein kann. Weil die Chancen, dass es tatsächlich
besser wird, so verdammt gering sind.
Verflucht Angelus. Verdammt den Schatten, den er für sie kreiert
hat. Für sie alle.
„Und wenn wir beschließen und schwören nicht füreinander zu
fallen?“
Der Satz steht plötzlich zwischen ihnen und Cordelia ist erstaunt,
dass sie ihn laut ausgesprochen hat. Es nicht ihre Art ist, das Schicksal
herauszufordern. Nicht wenn es um ihre Gefühle geht. Sie normalerweise zu gut
darin ist, eben diese zu schützen, um jeden Preis. Wenn es sich nicht ihrem
Einfluss entzieht.
Spike blickt sie nur leicht amüsiert an. „Was?
Wir
schwören
es? Wie
soll das funktionieren, geben wir ein Signal sobald wir spüren, dass wir
beginnen uns in den anderen zu verlieben? Erwarten von ihm einen Klaps auf den
Hintern und das Versprechen, sich nicht mehr in einem so positiven Licht zu
repräsentieren, weil wir eine Erinnerung daran brauchen, dass er nicht perfekt für
uns ist? Nicht der Partner fürs Leben, falls es so etwas überhaupt geben
sollte? Und erst recht nicht die Liebe fürs Leben? Ist das nicht ein wenig, um
den Ausdruck verrückt zu vermeiden, leichtgläubig von dir?“
Ohne Naivität von ihr, „Nein, wir könnten Fuck Buddies sein.“
Und er sieht sie im Moment an, als ob sie das achte Weltwunder ist
und er sich nicht entscheiden kann, ob er huldigen vor ihr auf die Knie gehen
soll oder sie einfach auslachen.
Ihr Kopf wippt zustimmend, als sie sich an den Cosmo-Artikel
erinnert und das Konzept, das sich ebenfalls in der Theorie ziemlich genial
angehört hat. So logisch, dass sie sogar versucht war, Wesley zu fragen, ob er
Lust auf einen Versuch hätte und dann von ihren eigenen durchdrehenden Hormonen
vollends überzeugt war, so dass sie es auf keinen Probelauf ihrerseits ankommen
ließ. Es unter Visionsnachwirkungen abbuchte oder spontanen Notstand und keine
Überlegungen anstellte, was den Trieb in ihr ausgelöst hatte.
Aber ihre Situation hatte sich geändert und Spike war nicht
Wesley.
Sie war hier nicht jedermanns Cordy.
Spike war sexy und erfahren und riskant.
Sie sollte sich an den Fakt erinnern, dass er Risiken für sie barg
und Gefahren. Aber das erschien so herunterrationalisiert. So unwahr. Ihre
Instinkte sahen ihn nicht als Gefahr, egal was ihr Verstand ihr zuflüsterte.
Spike war ein seelenloser Dämon, aber dies hieß für sie nur, dass er seine
Seele nicht verlieren konnte und sie war selbst für die Partnerwahl riskant.
Niemand, der es auf Dauer mit ihr in ihrem derzeitigen Zustand aufnehmen
konnte, ohne von ihr zerbrochen zu werden. Kein unschuldiges Mädchen mehr mit
romantischen Vorstellungen, über ihre Zukunft und die, wie hatte er es genannt?
Nächtliche Aktivitäten.
Sie war pervertiert worden von jemand, dem es gleichgültig war,
was es für sie bedeutete und der sie gut genug kannte, um die Wunde nicht
tiefer, als ihre Haut gehen zu lassen und trotzdem bis in die Tiefe ihrer
Seele.
Dort etwas gebrochen war, das sich nicht so einfach reparieren
oder heilen ließ, wie ein gebrochener Arm. In der Fatalität mehr an ein
gebrochenes Genick erinnerte.
Das Lachen überwog schließlich die Ungläubigkeit in seiner Stimme,
„Fuck Buddies? Was zum Teufel soll das sein?“
„Freunde, die Sex haben. Ohne weitere Verpflichtungen oder
Bindungen, die einfach miteinander schlafen, ohne dass sie Liebe voneinander
erwarten oder Versprechungen für die Zukunft. Eigentlich die beste Form, um an
unverbindlichen Sex zu kommen.“
„Du meinst, du willst einen Liebhaber, Cor. Das Konzept ist so
alt, wie die Menschheit und war mit Sicherheit auch den Dämonen vor den
Menschen bekannt. Fuck Buddies lässt es vielleicht ein wenig moderner und
anstößiger klingen, aber im Prinzip ist es dasselbe.“
Er hört sich zu arrogant an, aber hat nicht seinen langsam
belehrenden Tonfall ausgepackt, der sie als Kind darstellt und sie in den
Wahnsinn trieb, der sie dieses Thema im Grundsatz vergessen ließ. So bohrt sie
weiter, „Und?“
„Und was?“
„Komm schon, Spike, lass mich dir nicht jedes Wort aus der Nase
ziehen. Willst du mich als Liebhaberin?“
Noch immer keine herablassenden Unterweisungen seinerseits, aber
die Entnervtheit ist klar herauszuhören, „Hast du ein Wort von dem verstanden,
was ich dir vorher gesagt habe? Natürlich will ich dich. Natürlich will ich mit
dir schlafen, Sex haben, dich vögeln, bumsen, ficken, poppen, was auch immer,
aber wir haben das Problem, dass ich auch Liebe mit dir machen will.
Herausfinden, ob ich mich in deinem Körper vergessen kann und deinen Verstand
lieben.“
Sein Seufzen ist unterdrückt, seine Nachsicht für diese Nacht aber
noch nicht ganz aufgebraucht, „Hier geht es nicht um Begehren. Ich begehre dich
seit dem ersten Moment, in dem ich dich gesehen habe. Ich müsste blind sein, um
es nicht zu tun. Du bist eine äußerst attraktive Frau und deine Reize sind
schwer zu übersehen, selbst bei unserem Wiedersehen in Sunnydale. Deine
Schönheit ist da, egal wie sehr du sie herunterspielst und versuchst sie zu
vertuschen oder unter den Scheffel zu stellen. Dieses Licht brennt in dir,
Cordelia, und nicht einmal er konnte es auslöschen. Und ich bin nicht impotent
und selbst dann – Egal, belassen wir es bei der Wahrheit, dass ich dich begehre
und du zu einfach zum lieben bist, um uns auf dieses Experiment einzulassen.“
„Ich bin nicht liebenswert.“ Ja, das war nicht der Punkt, aber das
einzige, das ihr spontan zum antworten einfiel.
„Das habe ich auch nicht behauptet, ich sagte nur, dass du zu
einfach zum lieben bist.“
Seine Hand ist beinahe auf ihrer Wange, bevor er sich besinnt und
sie fallen lässt. Seine eigene tröstende Geste ignorierend setzt Spike
zähneknirschend nach, „Nur weil du meinst, dass das nicht zutrifft, muss nicht
der Rest der Welt es so wie du sehen. Oder habe ich das Memo verpasst, das dich
zur Allwissenden Cordy machte? Außerdem ist liebenswert langweilig und Gott,
jeder verfluchte Dämon von hier bis zur Hölle muss mich für verrückt halten.“
Er stöhnt frustriert, fährt mit beiden Händen durch sein Haar,
kämpft sich seine Kontrolle zurück, die scheinbar heute Nacht von ihr auf eine
harte Probe gestellt wird.
Beherrschter, „Erinnere mich daran, warum ich verdammt noch mal
mit dir argumentiere und dich nicht einfach flachlege?“
Cordelia wundert sich, ob das eine rhetorische Frage ist, weil er
sie jetzt wieder nonchalant angrinst. Die sexy Laune von vorhin in sein Grinsen
zurückkehrt und sie noch nicht bereit für diesen Stimmungsumschwung ist. Sie
blickt auf ihre verschränkte Hände und die Konfusion ist zurück, warum bemerkt
sie nicht mehr, wann er beginnt sie anzufassen? Bei Wes reichte eine kurze
Berührung, um die Alarmglocke in ihr zum Schellen zu bringen, obwohl sie
wusste, dass er keine Gefahr für sie bedeutete.
So laut, dass sie erst wieder klar denken konnte, wenn er sie
losließ.
Gott, das alles war so irritierend. Chaotisch. Sie braucht Spikes
Freundschaft, darüber ist sie sich klar. Er war der Schlüssel dazu, dass sie
sich wieder zurechnungsfähig fühlen konnte und begehrenswert. Wieder am Leben
sein konnte, ohne in jedem Atemzug einen Kampf zu sehen. Sich selbst Vertrauen
konnte und ihren Instinkten, ohne von der Finsternis konsumiert zu werden oder
dem Schatten an ihrer Seite.
Weil Spike noch immer nicht mit der Dunkelheit verschmolz, von der
er Teil war.
So beantwortet sie seine rhetorische Frage, so ehrlich, wie sie
kann und bedauert, dass sein leichtes Lächeln wieder verschwindet, aber es
zeigt ihr zumindest, dass er ihr zuhört und dem, was sie zu sagen hat.
„Weil ich klare Fronten benötige, Spike. Ich bin nicht Buffy, ich
weiß nicht, was richtig und falsch ist. Ich brauche dich nicht, um etwas zu
fühlen. Aber ich will –"
Verstummt, unsicher, wie sie ihm klar machen kann, was sie von ihm
braucht, was er ihr zum Überleben beibringen soll, nötiger als Kämpfen.
Dringender als Lachen. Verzweifelter als Lieben. Es namenlos ist und sie ahnt,
dass ihr Wortschatz dafür nicht ausreicht und ihre Erfahrung. Er diese besitzt
und ihr diese Lehre spielerisch leicht mitgeben könnte, wenn er nicht ebenso
ramponiert und kaputt wie sie wäre. Sie diese ungetrübte Leidenschaft trotzdem
braucht, obwohl sie diese noch nie in ihrem Leben hatte. Sie nicht vermisst
hat. Aber Cordelia muss den dunklen Hohlraum in ihrem Inneren mit Helligkeit
auffüllen, ansonsten friert sie ein. Stirbt ab, wie eine Pflanze ohne Licht.
Sucht Worte für die Einfachheit ihrer Erkenntnis, die kein
Missverständnis seinerseits zulassen. „Ich will etwas anderes fühlen. Neben der
Dunkelheit. Etwas das sich normal anfühlt und mich nicht entzweit.“
Cordelia fühlt, wie Tränen ihre Augen füllen und die Umrisse
schemenhaft werden.
Gott, seit wann war sie so verdammt nahe am Wasser gebaut, dass
sie keine Nacht verstreichen lassen konnte, ohne gegen diesen Drang zu kämpfen?
Diesmal seine Hände auf ihren Wangen zum liegen kommen und sie ist noch nicht
fertig, sie kann sich nicht dem offerierten Trost ergeben. Lässt die Tränen
nicht fallen, kämpft um ihre Fassung und gegen ihren verräterischen Körper.
Dagegen jetzt einfach zusammenzubrechen und die Stücke von Spike aufsammeln zu
lassen, in der Hoffnung, dass er sie in der richtigen Reihenfolge
zusammensetzen kann. Oder so, wie er sie gerne haben will. Vielleicht würde sie
seine Anordnung lieben. Vielleicht nicht.
Vielleicht wäre sie nicht mehr sie selbst und vielleicht wäre das
ebenfalls ganz gut.
Atmet tief durch, beruhigt sich selbst.
Drängt die Niederlage und das Bedürfnis sich zu ergeben zurück.
Fängt seine Handgelenke ein und zieht seine Hände in ihren Schoß.
Gefasster sucht sie die Schatten seiner Augen, das Schwarz seiner Pupillen und
das Licht, das dahinter liegt. Sie kann ihn in diesem Moment nicht lesen und
sie weiß nicht, ob es das einfacher macht oder schwieriger und so flüchtet sie
sich in die Wahrheit. Egal, wie verwundbar es sie macht. Oder bedürftig.
„Ich brauche dich, Spike. Aber ich weiß nicht, ob ich überhaupt
anders lieben kann, als platonisch. Ob ich nicht zu verdreht und zu gebrochen
bin, um zu erkennen, was der Unterschied ist. Wann ich geliebt werde und wann
ausgenutzt. Ob ich wirklich nur noch durch und in der Dunkelheit kommen kann.
Und ich will dich nicht ausnutzen, wirklich nicht und keine Hoffnung schüren,
die sich nicht erfüllen kann. Aber ich fühle mich gut in deiner Gegenwart.
Gelöst und locker.“
Sie lächelt zittrig und er erwidert es langsam.
Als ob er sie beruhigen will, sie nicht weiter verschrecken. So
wie man ein verletztes Tier Anlächeln würde, wenn es den Trost eines Lächelns
verstehen würde und einen Moment macht sie das wütend. Die Wut ist auf sich
selbst gerichtet. Mit dem Zorn löst sich das Gefühl von Befangenheit ein wenig,
sie kann wieder ruhig durchatmen und sie tut es. Der Eisenring um ihre Brust,
gibt ein wenig nach, schnürt ihr nicht mehr die Luft ab.
Cordelia schreckt nicht mehr vor Wahrheiten zurück, die sie
schwach wirken lassen, weil Spike wissen muss, auf was er sich einlässt und
warum. Ist sich nicht sicher, ob sie ihn anlügen könnte, selbst wenn sie es
versuchen würde, weil sie das Gefühl hat, dass er sie versteht. Immer. Egal,
wie verwirrt und irrational sie ist, er ihren eigentlichen Antrieb versteht,
meistens sogar besser als sie selbst und sie findet es seltsam, dass sie diese
Gewissheit nicht wehrlos fühlen lässt.
Spike ihre Gründe trotzdem laut ausgesprochen braucht, um zu
verstehen, was sie jagt und warum sie einen Liebhaber benötigt, der nichts von
ihr beansprucht und sich nichts erhofft, außer seinem Höhepunkt. Besinnt sich
auf die Fakten, die er noch nicht aus ihrem frühren Leben kennt. „Ich habe
nicht das Gefühl, dass du von mir erwartest, dass ich deine Welt auf den Schultern
balanciere, gleichzeitig dein Kind großziehe, deine Freunde bei Laune halte und
dein Geschäft am Laufen. Das hier geht tiefer. Ist etwas, das vor Angelus war.
Diese Erwartung von ihm und ich habe Angst zu versagen und ich habe Angst, es
gar nicht zu probieren. Und ich will mich nicht ewig von meiner Furcht lähmen
lassen und endlich ein Stückchen leben. So leben, wie es meine 21 Jahre
eigentlich von mir verlangen, unbeschwert und sorglos.“
Er blickt überrascht, die Sturmwolken im Paradies waren offensichtlich
etwas, das er vorher nicht gesehen hat und Cordelia geht es ähnlich. Es war zu
alltäglich, um sich darüber Gedanken zu machen. Zu sehr Teil ihres Lebens, um
es mit Motiven zu versetzen und sie ist sich nicht sicher, ob sie es in Frage
gestellt hätte, wenn sie ihre Aufgabe nicht zu perfekt erfüllt hätte und ihre
Angst zu Versagen von Angelus auf eine neue Ebene projiziert wurde.
Es Zeit wird für Spike, egoistisch zu werden und sie nicht zu
verhätscheln. Er sich daran erinnern muss, wessen Scherben er hier aufsammelt
und wessen Arbeit er hier eigentlich erledigt und für wen. Sie seinen
Widerwillen bei allem was mit Angel zu tun hat kennt und er gerade deshalb
wissen muss, ob es sich für ihn überhaupt lohnt, die Sache anzugehen.
„Ich liebe dich als Freund und brauche etwas von dir, das über
meine Definition von Freundschaft hinausgeht, aber trotzdem keine echte Liebe
ist.“ Cordelia fühlt sich so verfallen und so arglos in diesem Augenblick. So
verdammt unsicher. Aufgewühlt bis in die hinterste Ecke ihres Wesens.
Sie lacht ein trockenes, verzweifeltes Lachen, „Wobei wahre Liebe
wieder etwas ist, das ich nur vom Hörensagen kenne.“
Seine Erwiderung ist resigniert, „Wir kennen sie alle nur vom
Hörensagen, vielleicht würden wir sie nicht einmal erkennen, wenn sie sich
direkt vor unseren Augen befindet.“
Spike blickt sie ruhig an, nachdenklich, fast lauernd. Sieht
glasklar durch ihre Facetten und Schutzwälle auf seine eigentümlich
transparente Art, bei der sie sich ausgeliefert fühlt und gleichzeitig beschützt.
Kommt langsam für sich zu seiner Entscheidung, die sie mit einschließt und ihr
Leben.
Der Eisenring ist zurück, endlich seine Zustimmung, „Aber ich habe
eine Vorstellung von dem, was du brauchst, Cordelia. Keine Erwartungen und
alles was ich von dir brauche, ist Vertrauen. Kannst du mir das geben?“
Sie atmet auf und nickt.
Sie denkt nicht, aber sie weiß, dass ich ihm vertrauen
kann.
Blind. Bei allem was wichtig ist. Spike sie in der Vergangenheit
zu oft vor sich selbst und ihm geschützt hat, um sich ihm nicht anzuvertrauen.
Auf ihn und seine Fähigkeit zu bauen, ihr das zu geben, was sie letztendlich
braucht. Selbst wenn sie keine Ahnung davon hat, was sie jetzt genau begehrt.
„Gut, zieh dich aus, wir gehen schwimmen.“ Und er ist auf den Beinen
und streckt ihr eine Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie ergreift
sie, nicht wirklich denkend, weil ihr das alles ein wenig zu schnell geht.
„Spike, sollte das hier nicht etwas anders ablaufen?“ Ihre Stimme
ist unsicher.
Er beginnt sein T-Shirt auszuziehen und blickt sie abschätzend an,
„Du willst einen Liebhaber, Cor und den bekommst du. Du willst keine
romantischen Versprechen hören, die dich und mich in einer falschen Sicherheit
wiegen oder Illusionen und so verzichte ich darauf. Folglich bleiben mir nicht
viele Möglichkeiten, dich aufzulockern und schwimmen gehört zu eben diesen.
Keine Sorge, ich weiß, was ich tue.“ Damit bindet er sich die Schuhe auf und
sie fängt zögernd an seinem Beispiel zu folgen.
Irgendwie war die ganze Situation von möglichem Sex einfacher zu
managen, als es eine Theorie in ihrem Verstand war oder sein Kopf zwischen
ihren Brüsten schwebte. Da hatte sie zumindest ihre körperliche Reaktion auf
ihn, die ihr die Sinne verwirrte und jetzt? Ein unbekleideter Spike war nicht
wirklich neu, trotzdem ungewohnt.
Vor allem in seiner Zielstrebigkeit, die Kleider zu verlieren.
Für einen Moment ist er ein gutmodellierter, silberner Schatten im
Mondlicht und dann hechtet er in den See. Sie zuckt die Schulter, er war derjenige
mit der sexuellen Erfahrung, also was blieb ihr übrig, als seiner Führung zu
folgen. Sie konnte schließlich nicht schreiend in ihrem halbbekleideten Zustand
durch den Wald jagen, weil sie das hier in letzter Konsequenz herausgefordert
hat. Und verbot es nicht der Anstand so lange unter Wasser zu bleiben oder war
es anständig, dass er ihr die Zeit zum ungestörten entkleiden ließ?
Cordelia steht unentschlossen in ihre Unterwäsche auf dem Steg,
bis sie sich dazu entscheidet, die schwarzen Dessous auch fallen zu lassen.
Schließlich verbarg die Spitze nichts, was er nicht schon gesehen hatte und er
hatte sie sowieso eingekauft, sie wollte die geliebten Teile unter keinen
Umständen im Wasser verlieren. Außerdem erschien sie dieser besiegelten
Konfrontation nackt besser gewappnet. Yeah, mit wie vielen pragmatischen
Gedanken konnte sie sich noch ablenken, bevor sie sich der Realität ihrer
Situation stellte?
Sie zog sich aus, um Sex zu haben.
Das war gelinde gesagt, erschreckend und furchteinflößend.
Sollte es sein, auf so vielen unterschiedlichen Ebenen.
Aber diesmal fühlt sie sich nicht besiegt und markiert, als sie
die letzten Lagen Stoff von ihrer Haut pellt. Sie fühlt sich ausgesprochen
lebendig. Bleibt einen Augenblick so wie Gott sie schuf stehen. Fühlt den
warmen Augustwind auf ihrer aufgeladenen Haut, der ihre Haare leicht
durcheinander wirbelt. Sieht ihren Schatten, der vom Vollmond vor ihr auf den
Steg geworfen wird und dann auf die Oberfläche des Sees wandert. Das
ausgegerbte Holz unter ihren Sohlen und schließt die Augen.
Cordelia ist sich sicher, dass irgendeine Macht da oben, sich
gerade vortrefflich auf ihre Kosten amüsiert und hat keine Probleme damit, sich
das Entsetzen auszumalen, dass jede einzelne Person, die sie je näher in ihrem
Leben kennen gelernt hat, empfinden wird, wenn das hier kein Geheimnis zwischen
Spike und ihr bleiben sollte. Kann sich den Verrat von Buffy und Angel bis ins
kleinste Detail vorstellen, den die beiden fühlen werden und Wesleys leises
Unverständnis.
Ihr fällt nicht eine einzige Person ein, dämonisch oder
menschlich, die dem hier vorbehaltlos zustimmen würde und das schlimme? Es war
ihr vollkommen egal. Von ihr aus konnte jeder zur Hölle gehen, der sie für
diesen Schritt verdammte oder für wahnsinnig hielt. Sie selbst eingeschlossen.
Wann hatte sie noch mal endgültig ihren Verstand verloren?
Sie war dabei Spike als Liebhaber zu bejahen, hatte ihn dazu
eingeladen, aufgefordert und provoziert. Hatte ihn dazu überredet, angestiftet
und angespornt, obwohl er meinte, dass sie beide sich in gefährliche Untiefen
begaben. War dabei ihm ihren Körper zu überantworten.
Gott, sie und ihre große Klappe.
Ihr Kopf fühlt sich wieder leer an. Gut.
Dann ist sie bereit und köpft ihm nach.
Well they’ve got to make it go away.
Er muss sie nicht suchen. Spike weiß, wo er sie finden kann.
Hat es immer gewusst.
Cordelia taucht durch das schwarze Wasser, solange bis ihre Lungen
brennen und sie die Oberfläche mit einem harten Zug durchbricht. Nimmt mehr
Atem und taucht wieder ab, lässt sich von dem warmen Wasser und seiner Magie
einfangen, die jeden Millimeter ihrer Haut in pures, nasses Leben eintunkt.
Wiederholt die Notwendigkeit des Atemholens bis sie sich trunken von all der
Lebendigkeit ihres Körpers fühlt.
Denkt nicht an Meerjungfrauen, Klippen und Gezeiten, aber an
Wassergöttinnen, Nixen und Nymphen, während das Wasser ihren Leib umspült und
ihr Schwerelosigkeit gibt. Das Gewicht von ihren Schultern nimmt und ihr nichts
anderes übrig bleibt, als sich sauber und rein zu fühlen.
Eins mit sich und ihrer Sphäre.
Spürt Spike neben sich, unter ihr, hinter ihr. Ein weiteres
Wissen, das einfach da ist, weil er sie nicht berührt und trotzdem etwas in ihr
zum schwingen bringt. Sie lächelt grundlos, so wie der See grundlos erscheint
und trotzdem voller Sinn.
Schwimmt schließlich wieder an die Wasseroberfläche und bleibt
dort, lässt sich vom Wasser treiben und entspannt sich, bis sie bewegungslos
auf der Oberfläche schwimmt. Wie ein Korken oder ein Schwan. Grinst bei der
Erinnerung an das hässliche Entlein, das sie nie war und wie sie trotzdem
wieder von ihrer eigenen Schönheit überzeugt werden muss. Fragt sich, weshalb
ihr schwärze Schwäne nie gefallen haben, sondern immer das Gefühl von
Nicht-Richtigsein in ihr geweckt haben. Spreizt ihre Finger wie ein Gefieder
und starrt auf den Mond über ihr und die Sterne. Die Welt ist Silber und Blau,
von Weiß bis Schwarz, in jeder Nuance dazwischen getaucht und Cordelia wundert
sich, wann sie wieder jede Farbe zusammen wahrnimmt und nicht immer nur eine
selektive Farbnuance.
Gestern die Rote, heute die Blaue und vorvorgestern die Gelbe.
Aber immer Schwarz.
Seufzt und schließt die Augen. Ist in einer geräuschlosen Welt,
deren Ruhe nicht mehr bedrohlich erscheint, weil sie Spike beinhaltet und er
die Stille brechen wird, bevor sie unangenehm oder zu leise wird. Die sanften
Wellen sie auf sein Auftauchen neben ihr vorbereiten und sie bleibt still
liegen, träge auf dem Seewasser und wartet auf seinen nächsten Zug.
Es ist seltsam wie viel Zeit sie mit warten verbringt, aber dieser
Augenblick fühlt sich so sehr nach dem sicheren Ort an, den sie in Angelus’
Gegenwart immer wieder gesucht hat. So gedämpft und trotzdem klar. Sie ist eins
mit sich, die Erwartung hat sich noch nicht eingestellt und kann nicht die
Schönheit dieses Zeitpunktes trüben.
Sie ist nur ein Körper ohne feste Grenzen, ohne Limitationen oder
Behinderungen.
Sie ist nur ein ungedachter Gedanke, die Möglichkeit des
Augenblickes.
Spike ist der See, seine Hände haben die Temperatur des Wassers
und die Weichheit. Sie kann nicht genau sagen, wo er sie wirklich berührt, weil
der Druck zu leicht ist. Verschwindet, bevor sie sicher ist, ob es nur ihre
Vorstellung oder tatsächlich er ist, der den Spann ihres Beines abfährt oder
die Beuge ihrer Knie. Sie ihn an ihren Schulterblättern fühlt und an ihren
Fingerspitzen.
Sie lächelt still in die Dunkelheit ihres Geistes.
Spreizt ein wenig mehr die Beine und schwebt weiter in der Nacht. So leicht. So frei. Überlegt, ob sich so ein Astronaut in
den Weiten des Weltalls fühlt und verneint instinktiv, weil sie nackt ist und
nicht in einen zentimeterdicken Schutzanzug gepackt, der sie vor der Kälte und
dem luftleeren Raum schützen soll. Sie ihre Nacktheit genießt und das Gefühl von
Unbezähmtheit, das sie in ihr weckt. Sie an gestern denkt und an den kurzen
Moment zwischen endgültigem Sieg und der Sorge um Spikes Wohlbefinden. Der
Augenblick, der sie mit dem Wunsch nach einem Urschrei zurückließ, nur um auf
sich aufmerksam zu machen. Auf ihre Bedürfnisse und Wünsche.
Das Gefühl war ähnlich primitiv wie jetzt, nur eine andere Facette
desselben Steines.
Friedlich, den sie will keinen Krieg beginnen.
Keines ihrer Rechte erstreiten, sondern einfach sein. Konzentriert
sich wieder auf ihre Haut und die Grenze, die sie bedeutet, aber die sich jetzt
gut anfühlt. Das was sie vom Rest der Welt trennt, lässt sie sich gleichzeitig
einzigartig fühlen. Saugt die Nachtluft ein und wartet auf die nächste
Berührung seiner Finger, erwartet sie nicht, aber weiß, dass sie kommen wird.
So sicher wie der Neumond nach dem Vollmond. Oder die Ebbe nach
der Flut.
Seine Finger umschließen ihre Taille und sie weiß jetzt, dass er
sich direkt unter ihr befindet, ist einen Moment versucht, sich sinken zu lassen,
um seinen Körper gegen ihren zu fühlen. In der vollen Länge. Der vollen Härte.
Aber Spike liest ihre Gedanken, lässt sich nach oben spülen von der
Leichtigkeit seines Körpers. Sie zieht die Luft ein und hält sie an, genießt
den Schock, der durch ihren Körper fährt, die kleinen Wellen von Lust und
Begehren, die von dort ausgehen, wo sich ihre Haut berührt und sie gegen seine
Glätte stößt.
Die Weichheit, die ihre Brüste umspült oder sind das seine Hände?
Nein, seine Hände umfassen ihre Hüfte und sie spürt seine Erektion
leicht zwischen ihren Innenschenkeln. Dorthin, wo seine Finger wandern, mit dem
Haar spielen leicht zupfen und sie stöhnt nur für die Nacht, weil er noch immer
unter Wasser ist und es nicht hören kann. Sie selbst es nicht hören kann, sondern
nur die gedämpften Geräusche des Sees. Wird noch weicher und nachgiebiger in
seinem Griff, noch biegsamer.
Öffnet sich noch ein Stück weiter.
Geschmeidige Wellen, die gegen sie plätschern und in ihr
nachhallen. Weitergetragen werden. Hält den Atem ein wenig mehr an, als seine
Finger ihre Weiblichkeit auskundschaften. Darüber streichen, hineingleiten,
noch immer sanft, aber sie lernt den Unterschied zwischen ihnen und dem Wasser
kennen. So wie die zufälligen Berührungen seines Körpers an ihrem, sie noch
empfindlicher machen. Die Bewegungen zwischen ihren Beinen nichts Zufälliges in
sich hat. Sie den Kontakt sucht, so wie seine Finger.
Seine Zähne sind an ihrer Schulter, streifen darüber, finden ihren
Nacken. Sie zerfließt. Schmilzt unter dem
Rhythmus seiner Finger, taut auf. Weiß nicht, ob sie die Beine noch weiter
öffnen oder schließen soll, um die Berührung zu intensivieren. Badet sich
einfach in seiner Erfahrung und seiner Zärtlichkeit. Der Sanftheit, die er ihr
gibt und spendet und sie hat sich noch nie so bereit gefühlt und sie wartet
nicht mehr, sondern sucht mehr.
Legt ihre Hand über seine, verstärkt etwas den Druck, genau so und
schiebt ihre Hüfte etwas vor, genau so. Fühlt seinen Arm um ihren Bauch, seine
Hand an ihrer Brust. Die Spitzen zwischen seinen Fingern, so wie der Knoten von
Nerven unter seinem Reiben härter wird.
Sie weicher wird, während sie sich gleichzeitig mehr anspannt.
Flüssiges Feuer zwischen ihren Schenkeln, das sie nicht verbrennt.
Kühlendes Wasser und seine Härte, die sie an ihrem Handrücken und Innenschenkel
streift und sie phantomgleich an etwas erinnert, das dem hier folgen wird.
Etwas, das noch besser ist. Seine Bewegungen sind zu schnell für sie und sie
greift nach seinem Unterarm, krallt sich daran fest und drückt den Rücken
durch, beißt den Schrei zurück und kommt mit einem Zittern, das durch ihren
Körper schießt. Schwingt. Nachweht.
Schauer und Regen. Nichts erderschütterndes, nur etwas das sie
erschüttert in seiner Einfachheit. Sie kommt in den Armen eines anderen und ist
noch sie selbst. Kein Schmerz, keine Aufgabe, nur ihr Körper und Spike.
Die beiden verstehen sich offensichtlich gut, wenn sie nicht denkt
und sie möchte lachen, weil ihr einfach nach Lachen ist und Feiern. Und sie
dreht sich und er kommt an die Oberfläche, einem vergessenen Seegott gleich,
zieht sie an ihrer Hüfte an seinen Körper und ihre Hände kommen auf seinen
Schultern zum liegen. Sie widersteht dem Bedürfnis ihre Beine um ihn zu
schlingen und sie beide in ihrem überschäumenden Enthusiasmus zu ertränken.
Oder zumindest sie.
Und einen Moment schweben sie so, umspült vom Wasser und den
leichten Wellen und Cordelia ist schockiert von seiner Jugend, die er
ausstrahlt, ohne seine zurückgegelten Haare und mit dem zufriedenen Lächeln,
als ob er gerade den letzten Keks aus der Keksdose geklaut hat. Mit den
Tropfen, die in seinen langen schwarzen Wimpern hängen, dem Mondschein auf
seinem Gesicht und er raubt ihr kurz den Atem, wieder einmal in dieser Nacht.
Raubt ihr die Sprache, vielleicht zum ersten Mal und sie starrt
ihn an, unsicher, weil sie ihn kennt, aber nicht diese Seite von ihm. Bis jetzt
nur Facetten davon gesehen hat, die aufblitzten und wieder verschwanden, bevor
sie sich wirklich herauskristallisierten. Sie diese wirklich erkennen konnte.
Sie dachte, dass das Spielen mit seinen Reizen oberflächlich war, etwas das sie
nicht tiefer berühren konnte, weil sie es verstand. Zu gut.
Woher es kam und wohin es führt.
Aber er ist ohne diese Maske noch schöner. Noch
einnehmender. Noch
sinnlicher.
Cordelia schließt die Augen, konzentriert sich auf irgendetwas
anderes als ihn. Versucht diesen Gedanken an ihn zu verscheuchen und die Wärme
in ihrem Herzen und sie weiß jetzt, was Spike mit Gefahr meinte und damit, dass
sie vorsichtig sein sollen. Sie vorsichtig mit ihren Wünschen sein sollte, weil
diese sich nicht erfüllen konnten. Es schwierig war, das hier einfach zu halten
und nicht unnötig zu verkomplizieren.
Spike ihr Freund war und jetzt ihr Liebhaber.
Oder bald. Denn sie spürt seine Erektion gegen ihren Bauch und
öffnet die Augen.
Spike grinst sie arrogant und sexy an, ein dunkles Versprechen in
der Stimme, „Das war die Ouvertüre, sollen wir zum Hauptteil kommen?“
Schluckt trocken und das ist lustig, weil sie von soviel Wasser
umgeben sind und nickt dann langsam.
Ernsthaft von ihm, „An Land, weil ich dich nicht wirklich
ertränken will im Eifer des Gefechts.“
Sie lacht, weil er ihren Gedanken von eben laut und unvermutet
ausgesprochen hat und löst sich von ihm, schwimmt auf den Steg zu und fühlt
wieder sicherer. Es war gut, dass sie ihm klar gemacht hatte, worum es ihr
ging, denn wenn er jetzt süße Worte benutzt hätte, wäre sie unter Umständen für
seinen Charme gefallen.
Nein, nicht für seinen Charme, sondern für ihn.
Ist sich nicht sicher, weshalb diese Unterscheidung wichtig ist,
außer dass es von Bedeutung ist und verspricht sich, später darüber
nachzudenken, wenn sie ihren Teil des Abkommens eingehalten hat. So fühlt sie
ihn hinter sich, als sie das mit Algen bewachsene Holz erreicht und er hilft
ihr auf den Steg, greift das Holz und schiebt ihren Hintern hoch, kommt mit
einer fließenden Bewegung neben ihr zum sitzen und betrachtet sie für eine
lange Zeit. Einfach so. Und sie gönnt sich den Luxus ihn anzustarren, weil er
die Erlaubnis mit seinem Blick gibt, sie dazu auffordert und es nicht peinlich
ist, sondern unentbehrlich.
Trinkt seinen Anblick. Seine silberne Schönheit.
Die Geschmeidigkeit seines Körpers, die Muskeln, die jetzt
entspannt sind, aber tödlich in ihrer Perfektion. Sich weich in das Bild von
ihm einfügen und er ist so anders als Angel. Beinahe hager und sehnig im
Vergleich. Kein Gigant, in dessen Schatten sie sich versteckt oder von ihm
geschluckt und zertrampelt wird. Ihr Blick senkt sich auf seinen Penis, nicht
voll erregiert, aber beeindruckend in der Größe, aber nicht so angsteinflößend
wie Angelus’.
Annehmbar in dem Ausmaß.
Spike hat mit Sicherheit auch Frauen bluten lassen, aber er konnte
sie mit Gewissheit nicht mehr zum bluten bringen. Zumindest nicht mit seinem
Schwanz, dieses Privileg befand sich ebenfalls im Besitz seines Grand Sires.
Sie beide diese Schuld bei ihrem Lehnsherren abgegolten haben. Ius primae noctis. Das Recht der ersten Nacht und sie lächelt bitter bei dem
Gedanken, dass Angelus mit absoluter Sicherheit nicht diese Verbindung absegnen
wollte.
Er dennoch der Grund ist, warum sie sich überhaupt hier mit Spike
befindet.
Auf der Suche nach Heilung und Helligkeit. Nach Vergessen.
Cordelia scheucht die dunklen Gedanken davon. Den Schatten aus
ihrem Sichtfeld. Sie war gut im Verdrängen gewesen, so gut, dass sie wirklich
nicht mehr an ihn gedacht hatte, während sie sich der Nacht hingab und seinem
Grand Childe. Er seine Macht über sie verlor, zumindest wenn Spike sie
berührte, aber seine Blicke reichten noch nicht ganz dafür aus.
Spike wirkt ohne seine Kleider größer, breiter. Schwarz macht
tatsächlich dünner, der Gedanke ist da und sie lächelt gelöst. Als ihr Blick
zurück in sein Gesicht geht, verliert sich ihr Lächeln sofort, als sie seinen
Ausdruck sieht und fühlt zum ersten Mal die Kühle der Nacht.
Seine Miene ist ernst, die Stimme angespannt, „Wovor hast du
Angst, Cor?“
Verflucht seine übernatürlichen Sinne und den Wind, der ihren Duft
in seine Richtung treibt. Die Witterung, die er aufgenommen hat, gefällt ihr
nicht, sie will nicht darüber reden. Weiß nicht, ob sie es kann. Nicht
Jetzt. Nicht Heute.
Ihre Erwiderung schnell und emotionslos, „Du weißt, wovor ich
Angst habe und es hat nichts mit dir zu tun.“
„Aber mit dem, was ich bin.“ Keine Frage und sie blickt ihn nur
an.
Schließlich leidenschaftslos, „Ich hatte auch vor Wesley – "
Unterbricht sich abrupt, weil sie zwar vor Wes Angst gehabt hatte,
aber mehr vor seiner Verurteilung, als davor, dass er ihr körperlich wehtat.
Wes ihr bester Freund ist und ihr Bruder im Geiste. Nichts an ihm, was sie mit
diesem Akt der Erniedrigung in Verbindung setzen wollte. Konnte. Ihre Haut
trotzdem brannte. Sie sich ihm gegenüber so schuldig gefühlt hatte, weil sie es
hätte besser wissen müssen, oder nicht? Weil sie etwas zerstört hatte, das für
ihn ebenso wichtig war, wie für sie. Die erste richtige Familie ihres Lebens
und seines.
Das Fegefeuer ihrer Schuld jedes Mal aufflackerte, wenn er sie
berührte.
Besinnt sich auf das Jetzt. „Wir sollten aufhören zu reden.“ Und
es hinter uns bringen, setzt sie stumm hinzu. Bitte, lass es uns hinter
uns bringen, Spike. Einfach so. Mit der Leichtigkeit, die keine Grundfesten
erschüttert.
Vielleicht konnte sie ihm rationalere Antworten geben, wenn sie
ihn in sich gefühlt hatte und sich davon überzeugt, dass er sie nicht
aufspießen und Niederpinnen konnte, wie ein verdammter Schmetterling in einem
gläsernen Schaukasten.
Er zögert noch immer und sie fühlt etwas, das nahe an pure
Melancholie herankommt.
Das hier wird sich nicht durch Worte lösen oder weitere
Diskussionen. Sie es müde ist und zu lange mit sich selbst argumentiert hat, um
sich jetzt von seiner falschen Rücksichtnahme ausbooten zu lassen. Weil sie
verflucht noch mal überraschenderweise noch immer einen Verstand hatte und
egal, wie verdreht, gebrochen oder verrückt er war, er eben dieses Szenario mit
Spike, als Lösung präsentiert hat und sie konnte ihre eigenen weitreichenden
Entscheidungen für sich und ihr Leben treffen.
Vielen Dank für die geschenkte Aufmerksamkeit und das Vertrauen.
Trifft eine weitere, diesmal spontane Entscheidung, als sie
rittlings auf seinen Schoß klettert und sich seine Augen in Überraschung
weiten, packt seine Handgelenke und legt seine Handflächen auf ihre Brüste.
Drückt den Rücken ein Stück durch, legt dann ihre Arme um seine Schultern und
nimmt sein Ohrläppchen zwischen ihre Zähne, beißt und spürt seine Hüfte
vorstoßen.
Nackte nasse Haut, die sich gegen ihre reibt.
In einer Stimme, die sich hoffentlich verführerisch und
auffordernd in einem anhört, „Du hast mir versprochen, dass du mich heute Nacht
härter kommen lassen kannst als er und dieses Versprechen hast du noch nicht
gehalten.“
Legt ihren Kopf schräg und sieht, wie er die Geste nachahmt. Sein
wissendes Grinsen ist zurück und sie atmet erleichtert auf, amüsiert von ihm,
„Das habe ich noch nicht?“
Ihre Augenbrauen gehen hoch und sie schüttelt den Kopf, ein
schelmisches Lächeln um ihre Lippen. „Dann schulde ich der Lady noch die
Erfüllung eines Versprechens, schließlich bin ich ein Ehrenmann.“
„Ein Ehrenmann? Soll
ich dir erklären auf wie vielen Ebenen, diese Aussage falsch ist, Spike?“
Er echot gekonnt ihre Worte von gerade eben, „Wir sollten aufhören
zu reden und uns an gegebene Versprechen erinnern.“
Dann liegt sie kichernd mit einer schnellen Drehung unter ihm,
spürt das raue Holz an ihrem Rücken und die Weichheit seiner Lippen auf ihrem
Gesicht. Ihr Lachen versiegt, während er den Bogen ihrer Augenbrauen nachfährt.
Die Rundung ihrer Wangen mit seinem Mund nachzeichnet. Fühlt seine Hand an
ihrer Kehle und die andere an der Rundung ihrer Brust.
Seufzt und reibt sich gegen seinen Oberschenkel.
Entspannt sich unter seiner gekonnten Berührung und der Spur
seiner Küsse, fühlt wie er an dem Mal hängen bleibt und seine Zunge, die Kontur
abfährt, seine Zähne darüber gleiten, bevor er beinahe bedauernd tiefer über
ihren Hals wandert. Dem Pfad seiner Hände folgt und sie sich nicht entscheiden
kann, ob sie lieber seinen Rücken erkundet oder sich in der Weichheit seiner
nassen Haare verlieren sollte. Sich schließlich für seine Schulter entscheidet,
ihre Hände dagegen presst und ihre Fingernägel kratzen leicht über seinen
Rücken und er lässt ein Stöhnen vernehmen und etwas, das sich nach einer
Verwünschung oder einem Gebet anhören könnte und ihren Griff verstärkt.
Sein Mund ihr Schlüsselbein erforscht und seine Hände ihre Brüste
umfassen, seine Finger das Fleisch leicht kneten, drücken. Er dazwischen
schwebt, als ob er sich nicht entscheiden kann, welcher der beiden Hügel er
zuerst seine Aufmerksamkeit schenken soll. Die Zwischenzeit mit seiner Zunge in
der Vertiefung füllt, die ihre Rippen unterhalb ihres Herzens schaffen, bevor
er die Schwere hochdrückt und die Lücke vertieft, die Stelle schließt,
unerreichbar für seine Zunge macht und sie streicht über seinen Haaransatz.
Er blickt hoch und sie lächelt sinnlich, fühlt sich zum ersten Mal
wirklich sexy in seiner Gegenwart, warm und weiblich, und in seiner
Unentschlossenheit weckt er ihren Spieltrieb.
Neckisch, „Ich verspreche dir, keine läuft ohne die andere weg.“
Sieht die Überraschung in seinem Blick und die Ertapptheit. Wieder
der Junge mit der Keksdose und sie mag diesen Aspekt von ihm, der sie sich
leichter fühlen lässt. Wissender. Ihre Hand ist unter seinem Kinn und sie würde
ihn gerne küssen und weiß nicht, ob dies zu ihrem Arrangement gehört und so
streift sie nur mit dem Daumen über die Fülle seiner Unterlippe. Seine
menschlichen Zähne schnappen sie schneller, als sie im Moment reagieren kann
und sie spürt den Druck auf ihrem Nagel und die Rauheit seiner Zunge gegen
ihren Daumen.
Ihre Hand ist auf seine Wange gewandert und er legt sein Kinn auf
ihre linke Brust. Seine Zungenspitze kreist träge um ihren Daumen und er blickt
sie aus halbgeschlossenen Lidern an, träge wie ein Löwe nach der Jagd. Oder
davor. Je
nachdem. Fragt
sich, ob deshalb Meistervampire für Jägerinnen fallen, weil sie das erste Mal
in ihrem Unleben Beute sind. Sie von ihren Gefährtinnen versorgt, aber nicht
gehetzt werden. Denkt an Drusilla und Darla, denkt an die seltsame Gruppe von
Wesen und Frauen, die vor ihr unter ihm lagen und sie weiß, dass sie ihn nicht
so liebt, wie eine Frau einen Mann lieben sollte, weil sie keine Eifersucht
spürt, sondern nur Bedauern, dass er ebenfalls unter Angelus lag und weiß, was
es heißt, niedergepinnt und hilflos zu sein.
Sein Inneres nach Außen gekehrt zu haben.
Wenigstens blieb ihm die Seelenqual dieses Wissens erspart.
Merkt nach einer Weile, dass sie seine Zähne nicht mehr
festhalten, sie tiefer mit ihrem Daumen eingetaucht ist und sie unbewusst die
Kreise seiner begabten Zunge mit ihren Hüften gegen seinen Hüftknochen echot.
Ihre Beine ihn so umschlungen haben, wie sie es im Wasser vermieden hat, aus
Angst unterzugehen.
Es sich noch immer leicht und sexy anfühlt.
Er entlässt ihren Daumen aus seiner Gefangenschaft, verhalten, „An
was denkst du?“ Seine Worte sind undeutliches Flüstern unter dem
Blätterrauschen des Windes.
Lächelt ein erotisches Lächeln und bannt die trüben Gedanken aus
dem Hier, „Dass du mich an einen weißen Löwen erinnerst, mit deinen blauen
Augen und platinblonden Haaren.“
Er hebt die Augenbraue nach diesem Statement. „Weiße Löwen können
in der Wildnis nicht überleben.“
„Du warst nicht immer weiß.“ Und Spike grinst anerkennend und sie
ist sich nicht sicher, ob er ihr auf mehr als einer Ebene bei dieser Aussage
zustimmt, findet es nicht wichtig. Sie braucht keinen weißen Ritter, der sie
aus dem Elfenbeinturm befreit oder ihre Kämpfe ausfechtet. Streicht über seine
frische Narbe an seiner Kehle, denkt an sein Blut, wie es über ihre Hände
floss. So glitschig und kalt, ihr das Gefühl raubte mit jeder Unze, die er
verlor.
Er gehört jetzt auch zu der seltsamen Reihe von Wesen, für die sie
sterben würde.
Ist Familie und keine gesichtslose Macht.
„Und du hast überlebt.“ Das ist wichtig.
„Ich bin nicht so einfach totzukriegen.“
„Gut.“ Cordelia ihren Finger von seinem Gesicht löst und ihre
Brust mit der freigewordenen Hand weiter hochdrückt, so dass er den Nippel ohne
sich einen Millimeter zu bewegen, zwischen seine Lippen nehmen kann. Ihre
andere Hand sich schon lange in seinem weißen Haar vergraben hat und ihn nun
näher zieht.
Sie will sein lebendiges Gewicht auf ihr spüren und in ihr, wie
ihr mit Überraschung klar wird. Seine Zähne fahren über ihre Spitzen und sie
verschränkt ihre Arme hinter seinem Nacken, rutscht tiefer unter ihn und zieht
ihre Beine an, lässt ihre Fußsohle über seine Oberschenkel gleiten, bevor sie
die Knöchel überkreuzt. Fühlt, wie er das Gewicht auf eine Seite verlagert und
dann sind seine Finger genau dort, wo Cordelia sie haben will. „Oh, gut.“
Sein Zeigefinger vollführt einen langsamen Kreis und sie seufzt,
„Besser?“
„Ja.“ Wundert sich, ob er von ihr eine Konservation erwartet und
sie löst einen Arm, spürt die Fülle ihrer Brust und drückt sie hoch, sein
Gesicht herunter und er kommt ihrer Aufforderung nach. Seine Zähne gleiten über
die empfindliche Haut unterhalb ihrer Spitze, knabbern leicht an ihrer Haut,
spielerisch, bevor er wieder den Kopf hebt.
„Und so?“ Spike erhöht den Druck, aber nicht die Geschwindigkeit
und sie sprüht Funken.
„Ja.“ Zwischen zusammengebissenen Zähnen. Das Holz ist rau und
reibt ihren Rücken auf, in dem Versuch ihm näher zu kommen. Er hat Erbarmen,
lehnt sich über sie und saugt ihre Brustwarze in seinen Mund. Fest. Sie
entlässt die angehaltene Luft mit einem Keuchen.
„Oder doch so?“ Versenkt zwei Finger in ihr und sein Daumen presst
gegen ihre Klitoris, ihre Antwort ist ihr Rücken der sich vom Boden löst und
ein tiefes Stöhnen. Eine Kaskade von leichten Stromstößen, die sein Pumpen in
ihr auslöst und spürt, wie sich etwas in ihr verkrampft und lockert mit jedem
kreiseln und pressen. Sie höher treibt und sie lässt ihre Beine kraftlos von
seinen Hüften rutschen. Zu viel. Gefühl.
Presst ihre Augen zu und seinen Kopf noch näher.
„Gott, bist du feucht.“
„See – Wasser nass.“ Hört ihn leise lachen und lächelt trotz ihrer
Anspannung. Yeah, vielleicht wurde sie nie einen Oskar für bestes Drehbuch bekommen,
aber das war ihr egal, solange er nicht aufhörte, nur noch ein bisschen. Sie
konnte den Höhepunkt in ihren Bauchmuskeln fühlen. Nur noch ein wenig
schneller. Komm schon. Komm.
„Das ist nicht der See, Cor, das bist du. Nur du.” Ihr einerlei.
Sie hat ihn angelogen, sie will etwas von ihm. Mehr. Jetzt.
„Verdammt, ich will dich kommen sehen.“ Spike löst seinen Kopf aus
ihrem Griff und ist direkt über ihr. Spürt seinen Atem auf ihren glühenden
Wangen. Wundert sich warum. Nein, eigentlich nicht. Eigentlich ist es ihr
gleichgültig. Beißt die Verwünschung zurück, weil sie sich ebenfalls kommen
fühlen will und er dafür nur ein wenig härter – Die Welt bleibt stehen für den
perfekten Bruchteil einer Ewigkeit, hört sie nur Stille und ihren Körper, wie er
schwingt und eins wird.
Dann fühlt sie seine Finger in sich und seinen Daumen, der drückt
– Sie stöhnt. Schwebt. Zerspringt. Und die Welt dreht sich schneller, als ob
sie den vorigen Moment wieder aufholen will, wird lauter oder ist das sie?
Egal. Sie kommt. Kommt
an. Im Hier. Bei Spike.
„Wunderschön.“
Seine Lippen
streifen
wieder
über
ihr
Gesicht und sie zittert.
Nachbeben. Nichts weiter. Teil des Arrangements.
Nichts worüber sie sich Sorgen machen muss.
Well they’ve got to make it disappear.
“Bereit für den nächsten Schritt?”
Cordelia hört Spike wie durch einen Nebel, aber die Bedeutung ist
klar, würde Alarmbereitschaft in ihr auslösen, wenn sie nicht so relaxt wäre
und sie nickt. Findet die Kraft und wickelt sich wieder um ihn mit ihren Armen
und Beinen. Ihre Nase findet wieder den Ort an seiner Halsbeuge, der nach See,
Sommer und ihm riecht. Nicht mehr nach Tod. Der behaglich und tröstlich ist und
sie braucht etwas Trost für ihre aufgewühlten Emotionen.
Fühlt, wie er wieder das Gewicht verlagert und dann über ihr
schwebt.
Nur die Andeutung von Härte.
„Sicher?“ Er klingt so angespannt, wie sie sich fühlen sollte und
sie löst sich aus seiner Halsbeuge, blickt ihm offen ins Gesicht und nickt noch
einmal. Sie ist sich so sicher, wie sie ihrer Sache je sein kann und reden
macht es nicht besser. Streicht ihm die widerspenstigen Haare aus den Augen und
lässt ihre Hand über seine Wange gleiten. Härte und Weichheit.
Es geht noch immer darum ihre Dämonen zur Ruhe kommen zu lassen.
„Sicher.“ Ein Vorrücken in der Dunkelheit und er ist in ihr, füllt
sie aus und dehnt sie, während Spike mit einem behutsamen Stoß tiefer in sie
dringt. Cordelia hält die Luft an, wartet auf den Schmerz, der nicht kommt,
selbst dann nicht, als sie seine Hüfte an ihrer spürt. Er bewegungslos in ihr
verharrt. Sein Schambein den Druck seines Daumens ersetzt und sie wieder Funken
spürt.
Tiefer in ihr und es sie mehr an Blitze erinnert.
Das erste richtige Gewitter des Sommers.
Gott, davor hatte sie so verdammte Angst?
Spannt testend die Muskeln an und hört ihn scharf die Luft
einziehen. Das hier fühlt sich gut an, besser als gedacht, ohne Qual. Sie
grinst in sein Gesicht, aber er hat die Augen geschlossen und sein
Gesichtsausdruck ist angestrengt. Als ob er versucht seinen Fokus zu finden.
Fühlt Leichtigkeit und Humor in sich, ist beinahe etwas berauscht von der
plötzlichen Erleichterung.
Gelöstheit und sie weiß, dass es das ist.
Spike ist in ihr und sie fühlt sich noch immer wie sie selbst. Die
sexy Laune ist noch immer nicht abgeklungen und hat dem Drama platzgemacht.
Spannt erneut die Muskeln an und hört sein, „Verflucht!“
Fährt durch seine feuchten Haare und will plötzlich seine Augen
sehen. „Spike, um dein nichtvorhandenes Gewissen zu beruhigen, du hast dein Versprechen
gehalten und ich bin außerdem schon zweimal bedient worden. Du brauchst dich
meinetwegen nicht zurückhalten.“
Er hat sie vielleicht nicht härter kommen lassen, aber schöner.
Viel schöner.
Er gibt ihr ein trockenes Lachen und blickt sie an. Seine Augen
funkeln wie Edelsteine in der Nacht, Saphiren gleich, mit einem inneren Feuer.
„Ich habe noch immer einen Ruf zu verteidigen und Zurückhaltung ist mir ins
Blut gelegt.“
Sie lacht und er flucht wieder, bei der Bewegung. „Gott, du bist
so eng.“
„Ist das nicht eine erstrebenswerte Eigenschaft bei einer Frau?“
„Cordelia.“ Sein Ton ist Ermahnung und Stöhnen in einem. „Ssh.“
Sein Kopf fällt auf ihre Schulter und seine Hände verlieren sich
in ihrem nassen Haar, biegen ihren Kopf ein Stück zurück und sie fühlt seinen
harschen Atem an ihrer Kehle. Dann zieht er sich bedächtig zurück und stößt
wieder vor.
Ihr Lachen ebnet ab und sie zieht die Knie an.
Okay, es ist nicht so witzig, wie sie gedacht hat. Nicht wenn er
genau diesen Punkt in ihr trifft und sein Funke auf sie überspringt. Wenn er
die Bewegung genauso wiederholt und sie plötzlich etwas benötigt, um ihren Mund
zu beschäftigen. Um die Leere nicht mit Worten zu füllen oder Küssen. Findet
seine Schulter und ihre Zähne graben sich leicht hinein.
Spike biegt ihren Kopf noch ein Stück weiter nach hinten, streift
mit seiner Zunge über das Mal, presst dagegen, als ob er noch Angelus’ Essenz
wahrnehmen kann, die es enthält und diesmal ist der Stoß heftiger. Spürt, wie
die Aufgebrachtheit sich in seinem Rhythmus manifestiert und er auf diesen
einen Makel fixiert ist, versucht es wegzuwischen mit seiner wütenden Zunge. Er
lässt seine Aufmerksamkeit und seinen Mund dort, leckt und nagt mit stumpfen
Zähnen und Cordelia fühlt ihren Puls brennen unter der Narbe, wie das Blut sich
unter der Oberfläche sammelt.
Ihr Stöhnen entschlüpft ihr, bevor sie es halten kann.
Sie will Verdammt sagen, aber es ist sein Name.
Sie will ihn loslassen, aber sie zieht ihn näher.
Sie will – ihn.
Mit dieser Erkenntnis stoßen ihre Hüften vor, kommen ihm entgegen
und sie will keine gezügelte Zärtlichkeit oder seine aufgezwungene
Rücksichtnahme. Dieser Teil von ihr erwacht erneut, der dunkle, den sie nicht
zuordnen kann oder ergründen will. Aber Spike scheint keinen Unterschied in
ihrem Verhalten festzustellen oder keinen, der ihn abstößt und sie ist einen
Moment unsicher, bevor sie die Muskeln erneut anspannt und ihm entgegenkommt.
Denkt, ‚Härter. Tiefer.
Fester.’
Den Kopf zurückwirft und ihr Rückrat vom Holz löst. Ihren
flexiblen Körper in seine Härte hineinbiegt, ihn stumm um etwas bittet, das er
zu gerne bereit ist ihr zu geben. Sein Tempo wird schneller und
unkontrollierter. Es spielt keine Rolle, dass ihre Haut an den Stellen brennt,
die das Holz berühren, weil andere Stellen lichterloh in Flammen stehen.
Bis er erstarrt und sie beißt den Schrei der Enttäuschung
hinunter.
Beißt sich auf die Unterlippe. Schluckt.
Zittert und weiß mit der plötzlichen Bewegungslosigkeit nichts
anzufangen.
Seine Stimme ist gedämpft und heiser, „Du blutest.“
„Nein.“
„Doch.“
Schluckt das automatische Nein hinunter und denkt nach, wie sie
diese sinnlose Diskussion sofort beenden kann, während er sich von ihrem Hals
löst und sich von ihr aufrichtet. Nimmt sein echtes Gesicht wahr und wie er
prüfend den Blick seiner gelben Augen über sie wandern lässt. Erwägend, „Mein
Rücken?“
„Vielleicht.
Komm
hoch.“ Ist sorgsam darauf bedacht, ihre körperliche Verbindung nicht zu
unterbrechen, als sie sich aufrichtet. Spürt seine Hand an ihrem Schulterblatt
und sieht wie seine Finger beinahe schwarz in ihr Sichtfeld zurückkommen. Ihr
Blut. Er hatte Recht. Greift nach seinem T-Shirt und wirft es hinter ihren
Rücken. Breitet es aus.
Legt sich zurück, „Nun?“
Sieht, dass die Blutspur von seinem Finger verschwunden und sein
Game Face fest an seinem Platz ist. Könnte wetten, dass wenn sie ihn jetzt
küssen wurde, sie ihr Blut in seinem Mund wahrnehmen würde.
Vampire, so unglaublich einfach gestrickt. Manchmal.
„Nun gehen wir es umsichtiger an.“ Spürt seine Hände unter ihrem
Gesäß, wie er sie anhebt und näher zieht, bis er ganz zwischen ihren Beine ist.
Sie seine Oberschenkel unter ihrem Po fühlt und seine Hände an ihren Hüften.
Dann beginnt er sie zu bewegen und sie schluckt. Der Winkel ist anders,
tiefer. Schaukeln und wiegen. Intensiver, vor allem weil er seinen Daumen
zwischen ihren Beine verschwinden lässt und genau den richtigen Druck auf das
Nervenbündel ausübt, das sie schmelzen lässt. Er ist kontrollierter in dieser
Position und sie starrt ihn an, wie seine Bauchmuskeln sich an und entspannen
mit jedem Heben von ihrer Hüfte. Ihre Arme sind über ihren Kopf zurückgebogen
und der Vollmond scheint direkt auf ihn, lässt die Szene vor ihr in einem
bizarren Zwischenlicht erscheinen.
Sie ist ihm mehr ausgeliefert in dieser Position und gleichzeitig
freier. Seltsam.
Spike baut die abgekühlte Spannung mit ein paar Stößen wieder auf
und sie blickt in seine Augen. Kann nur in seine Augen starren, während er
ihren Körper einnimmt und den Druck in ihre Lenden zurückbringt. Das Pochen und
Pulsieren. Es fühlt sich merkwürdig an, wie schnell sie wieder an Funken und
Feuerwerk denkt und sie weiß, sie bildet es sich nur ein, aber seine Augen
scheinen unnatürlich zu strahlen. Zu hell. Aber sie kann den Blick nicht
abwenden und er steigert seinen Rhythmus, in dem er in sie fährt und sie ist in
Trance. Unter seinem Bann.
Hypnotisierend, „Komm für mich, Cordelia.“
Es ist beinahe unheimlich, wie sehr sich ihr Körper und Spike
verstehen. Er übereifrig seinem Befehl nachkommt und sie fühlte sich nicht auf
der Grenze, als sein Daumenagel den Punkt streift, aber sie spürt wie sie
erneut fällt. In seine Augen und seinen Körper. Die Spannung sich entlädt, als
ob er eine Klaviersaite durchtrennt hätte. Kurz und einschneidend. Lässt die
Luft mit einem langgezogenen Seufzen entweichen, spürt wie sich ihre Muskeln um
ihn konvulsivisch zusammenziehen und er verzieht sein Gesicht beinahe
schmerzverzerrt.
Hält sie noch fest.
Hält seine Kontrolle und es nicht das erste Mal, dass sie diese
bewundert, aber ihr will gerade die andere Zeit nicht einfallen. Schließt
schaudernd die Augen und kommt zur Ruhe.
Spürt seine Handflächen auf ihren Oberschenkeln, wie sie weiter
wandern, über ihren flachen Bauch und an ihrem Busen verharren. Rauer, wie
vorher. Inständiger. Jetzt benötigt er etwas von ihr, will mehr und sie ist
mehr als bereit seinen Wünschen nachzugeben. Egal, wie diese aussehen sollten.
Sie schuldete ihm mehr als drei Orgasmen.
Sie schuldet ihm ihr Sexleben und ihre Zukunft.
Cordelia öffnet die Augen und blickt auffordernd in seine Miene,
er zögert kurz, dann, „Dreh dich um.“
Nickt ihm zu und löst sich von ihm, kniet vor ihm und spürt wie er
wieder in sie eindringt. Die Leere erneut füllt. A Tergo hineingleitet,
langsam. Bringt ihre Stirn auf die Unterarme und fühlt seine Hände, die ihre
Hüfte näher ziehen und er nimmt einen leichten Rhythmus auf. Wieder
kontrolliert und beinahe abwesend in der Unbeschwertheit. Als ob er nicht
wirklich hier bei ihr wäre, sondern seinen Fokus woanders hätte und sie wundert
sich.
Nur ein wenig. Nur ein bisschen. Und würde gerne sein Gesicht
sehen, einfach so.
Vielleicht um sich zu vergewissern, dass er hier bei ihr ist und
nicht in seiner Vergangenheit. Weil seine Augen es ihr verraten würden oder der
angespannte Zug um seinen Mund, von dem sie weiß, wann er nichts mit ihr zu tun
hat. Und sie spürt den ersten Anflug von Lust und weiß plötzlich, was er da
treibt. Sein Griff wird fester und seine Stöße unnachgiebiger und sie drückt
den Rücken durch.
Das hier ist anders, als vorher, unpersönlicher und trotzdem –
heiß.
Presst ihre Stirn ein wenig fester auf ihre überkreuzten
Unterarme, beißt sich auf die Unterlippe. Fühlt, wie seine Hände auf
Wanderschaft gehen, eine die Rundung ihres Hinterns abfährt und die andere ihre
Wirbelsäule, nachdem seine Finger ausgiebig, die Konturen ihrer Tätowierung
abgefahren haben.
Vielleicht hatte auch ihr Tattoo seine Aufmerksamkeit, aber es
muss ihm vorher aufgefallen sein, oder? Seine Hände fühlen sich anders an, aber
den Teil hatte sie schon, oder? Bestimmter und seine Handfläche übt genug Druck
aus, um sich in seine Berührung zu biegen. Beinahe eine Massage, aber sie bauen
keine Spannung ab, sondern erhöhen sie nur. So wie seine Geschwindigkeit sie
atemlos und bedürftig macht. Schließlich findet seine Hand ihr Ziel, sein
Unterarm auf ihrem Rückrat, seine Finger um ihr Genick.
Kommt an ihrem Nacken zur Ruhe, sie dort nicht wirklich
niederdrückt, aber festhält.
Zeit für seine Bedürfnisse und das hier fühlt sich primitiver an,
aber Cordelia hat gelernt, dass Primitivität nicht unbedingt schlecht sein
muss. Er sie trotzdem mit einer Bewegung töten könnte und die Feststellung
berührt sie ungefähr genauso tief, wie die, dass der Himmel tagsüber azurblau
ist. Diese Wahrheit ist nicht neu. Spike zwar ihren Nacken festhält, aber nicht
ihre Hüften und so findet sie zögernd ihr eigenes Tempo, das sie seinem
entgegensetzt.
Ihm schließlich in nichts nachsteht. Animalisch. Dämonisch.
Herausfordernd.
Cordelia lässt sich von ihm dominieren und ihre Hand zwischen ihre
Schenkel wandern, spreizt ihre Finger und sie denkt nicht, als sie die Wölbung
findet, sondern fühlt nur. Fühlt seinen Schwanz, wie er sich ungezähmt in ihr
bewegt und ihre eigene Lust, weiß, wie sie es noch besser für sich machen kann
und das hier hat nichts mit einsamer Selbstbefriedigung zu tun, aber viel mit
Befriedigung und Spike hat zur Genüge dafür heute Nacht gesorgt. Es sollte
nicht seine Sorge sein.
Es ist nichts Schamhaftes in ihrer Haltung, es fühlt sich zu
natürlich und richtig an.
Sie weiß, dass sie jetzt Sex haben, um expliziter zu sein,
miteinander ficken und es nicht süß oder lieblich ist, sondern wild und auf der
Grenze zur Rohheit. Und dass es einen Teil von ihr unglaublich antörnt.
Der Teil ist noch immer dunkel, erscheint aber nicht mehr so
angsteinflößend. Das hier fühlt sich zu gut an, um von Grund auf verdorben zu
sein. Gleichzeitig ist es das, vor dem der Priester sonntags in der Kirche von
der Kanzel predigt und sie fühlt sich sündig und gut. Der Widerspruch verwirrt
sie einen Moment, bis sie seine Hand über ihrer spürt und er seine Finger
zwischen ihre schiebt.
Noch immer dominierend, aber er hat ihr genug Zärtlichkeit für
eine Nacht gegeben und sie braucht auch das. Hört ihn stöhnen und seine
simple Art, die Erregung in primitive Laute zu packen. Es klingt richtig und
verdammt, er ist sowieso lauter als sie und es kümmert niemand. Cordelia das
Klatschen von nacktem Fleisch aus der Distanz wahrnimmt. Nichts von Bedeutung
und diesmal glühen nicht nur ihre Wangen, sondern ihr gesamter Körper. So wie
die gesamte Welt in Bewegung erscheint und nicht nur ihr Körper. Die beiden
Hände, die sie fest und niederhalten ihr Unterstützung geben und einen Rahmen.
Sie keucht und den Schweiß in ihrem Nacken fühlt.
Die Lust in ihrem Unterleib, wie sie sich ausstreckt, wie ein
Raubtier, das langsam aus seinem Winterschlaf erwacht. Nein, wie ein Raubtier,
das zum ersten Mal jagt. Spürt die Erwartung, die Gewalt in ihrem eigenen
Wesen. Spürt Spikes Dominanz und fühlt keinen Grund sich aufzulehnen, weil er
ihr das gibt, was sie braucht. Seine Härte in ihr. Sein Vorstoßen und Ausfüllen
ihrer Leere.
Will seinen Namen sagen und keucht, „Gott.“
Fühlt, wie er gegen ihren Rücken fällt und einen Arm neben ihre
Rippen aufstützt. Seine Lippen sind neben ihrem Ohr, so heiß, sie weiß, dass er
nicht so heiß sein kann.
Frevelhaft und ruchlos, „Gott, hat nichts damit zu tun, Cordelia.“
Und er presst fester auf den Knoten und stößt tiefer und sie
spürt, wie ihre Knie zittern, ihre Oberschenkel, als ob sie eine verdammte
Stute wäre und sich ihre Flanken heiß gelaufen hätte. Gibt nach, als sie ihr
Gewicht nicht mehr halten kann und seines. Bricht nieder und sein Mund ist auf
ihren Wunden am Rücken, sie fühlt seine Zunge, seine scharfen Zähne, wie er
saugt und leckt. Spürt seine Hand unter ihrem Schambein und wie er sie wieder
hochzieht in Position bringt.
Spürt seine Fänge, wie sie über ihre Schultern streifen und sie
will sagen, dass es okay ist. Dass es für sie in Ordnung sein wird, falls er
sie beißt, wenn er sie endlich kommen lässt, aber ihr fehlt die Fähigkeit sich
zu artikulieren. In Worten auszudrücken, was sie will. Bringt ein Schluchzer
hervor und bockt unkontrolliert gegen ihn, das ist das, auf das er gewartet zu
haben scheint. Denn sie hört ihn schreien und fühlt ihn kommen, in jeder Fiber
ihres Körpers. In jeder Faser und sie spürt die unkontrollierten Zuckungen
seines Körpers, als er sich in ihren entleert. Sein Griff, der sich anspannt,
bis es schmerzhaft ist und folgt ihm in die Niederlage.
Kampfunfähig. Besiegt. Gewinnend.
Spürt durch einen Nebelschleier, wie Spike auf ihr zusammenbricht.
Bleibt liegen.
Solange bis er sich mit ihr schwungvoll umdreht und sie auf ihm
zum liegen kommt. Er ist noch immer in ihr und sie starrt blicklos in den
Sternenhimmel. Fühlt seine Umarmung und seine Lippen an ihrem Hals, ist
trotzdem irgendwie taub, von ihren Sinneseindrücken überwältigt und
niedergeworfen. Schließlich nachdem sich ihr Atem schon lange wieder beruhigt
hat und das Zittern ebenso der Vergangenheit angehört, wie das Pochen zwischen
ihren Schenkeln, bricht Spike das Schweigen.
„Bin ich gut oder bin ich gut?“ Sie spürt ein Lächeln, das sich
seinen Weg an ihre Lippen erkämpft und ist zu kraftlos für eine Erwiderung.
Arroganter Bastard, aber er hatte Recht. Drückt nur kurz seinen Unterarm, der
über ihrem Bauch liegt.
„Das war unerwartet, aber du bist tatsächlich heute Nacht härter
gekommen, als mit ihm.“ Das Lächeln ist jetzt breit auf ihr Gesicht
gepflastert. „Wie wäre es, wenn du jetzt brav Danke sagst und ich verzichte
ebenso auf meine Blumen und meinen Schokoriegel?“ Sie lacht los und er spannt
seine Arme um sie an. „Nun?“
Cordelia bringt ihre Hand auf seine Wange, legt ihren Kopf in den
Nacken, dreht sein Gesicht und ihres. Küsst ihn. Fest. Lange. Freundschaftlich.
Dann mir einer Stimme, die mehr als ein bisschen amüsiert ist. „Danke, Spike,
für den großartigsten Sex meines kurzen Lebens.“
„Wofür sind Freunde mit Erfahrung da.“ Schüttelt den Kopf über
seine Zufriedenheit und ist zu träge zum Weiterargumentieren. Cordelia hat
jetzt eine bessere Vorstellung von sexueller Erfahrung und Sex. Sie versteht
Liebe noch immer nicht, aber das ist ganz okay. Gähnt so ausgiebig, dass ihr
Kiefer knackt und sie sein leises Lachen hört. „Wir sollten langsam aufbrechen,
bevor ich in Gefahr gerate, mich in Staub aufzulösen.“
„Gib mir noch einen Moment, ich brauche mein Gefühl in meinen
Gliedmaßen zurück.“ Bewegt ihre Zehenspitzen und Finger.
Wachsam, „War ich zu grob?“
„Nein. Aber erschöpfend. Immerhin weiß ich jetzt wenigstens, was
mit der Redewendung, es wie Tiere treiben, gemeint ist.“
Seine Stimme klingt ernsthaft, als ob es ein wichtiges Thema wäre,
das es zu erwägen galt, „Ich würde mehr mit dem Spruch, das Hirn rausvögeln
gehen.“
„Spike?”
„Ja?”
“Sei einfach still, okay? Einmal in deinem langen Unleben, tu mir den Gefallen. Wir können
das Ganze noch auf einer Note ausklingen lassen, die nicht total grotesk ist.”
„Oh-kay.“ Einen Herzschlag später, „Aber du warst diejenige, die
überhaupt erst mit der Idee von Fuck Buddies kam und wie grotesk ist das? Ich
meine, Liebhaber hört sich klassisch und stilvoll an, aber -“ Der harte Schlag
ihres Ellbogens in seine Rippen lässt ihn augenblicklich verstummen und sie
dreht sich schneller um, als ihr ausgepowerter Zustand es erlauben sollte.
Spürt einige Muskeln sich in Protest zusammenziehen, kommt rittlings auf seinem
Bauch zum sitzen, fängt seine Handgelenke ein und nagelt ihn spielerisch unter
ihr fest.
„Bezeichnest du mich und meine moderne Ausdrucksweise als stillos,
Spike?“ Hebt ihre Augenbraue und ihr Tonfall enthält mehr als nur eine kleine
Dosis Drohung, ihren Stil in Frage zu stellen.
Sein Grinsen ist verdorben, „Wie sieht meine Bestrafung aus, wenn
ich es tue?“
Spikes Handgelenke loslassend, setzt sich zurück, sinnend, „Mmh,
wie wäre es mit Sexentzug, ich habe gehört, das soll effektiv bei einem
Liebhaber sein.“
Seine Hände kommen auf ihrem nackten Oberschenkel zum liegen,
unbeeindruckt von ihm, „Oh, du würdest es nicht wagen. Außerdem müssten wir
dazu eine Beziehung haben, die über deine Definition von Fuck Buddies
hinausgeht, denn so wie ich es verstanden habe, machen wir es nur ‚wie Tiere’,
wenn wir beide Notstand haben. Richtig?“
Ihr Grinsen ist sexy und herausfordernd. “Ich könnte dafür sorgen,
dass der sich ziemlich schnell bei dir einstellt mit meinem stillosen
Verhalten.“
„Ich denke, ich habe ein Monster mit meinem unwiderstehlichen
Sexappeal geschaffen, Kwé.“
„Ich denke, wir sollten dich in Sicherheit schaffen, bevor du
davon überzeugt bist, dass du die Sonne dieser Galaxie bist und dich selber in
Flammen setzt.“
„Tödlich getroffen, genau ins Herz.“ Und er schlägt gegen seinen
Brustkorb und Cordelia schüttelt lachend den Kopf. Steht auf und streckt ihm
ihre Hand zum Hochkommen hin, er nimmt sie an und kommt neben ihr zum stehen.
„Dein Herz wird dein Ende sein, weißt du das, Spike?“
„Ich wusste es schon immer, niemand ist an meinem Kopf
interessiert. Dabei bin ich ein so vernünftiger Vampir und habe ein so
betörendes Wesen.“ Sein Lächeln ist so einnehmend und die Geste, mit der er ihr
das Haar hinters Ohr streicht so natürlich, dass die Wärme in ihrem Herz kurz
zurück ist, bevor sie sich fast brüsk wegdreht und beginnt sich anzukleiden.
Sie weiß, dass ihre Unerfahrenheit sie empfänglich für seinen
Charme macht und für ihn, sie sollte an etwas denken. Etwas das wichtig war,
aber die Nacht war zuviel für sie, um sich schnell an alle Veränderungen
anzupassen. Sie war liebevolles Geplänkel nicht mehr gewohnt. Nicht damit
vertraut, dass jemand sie als Sexobjekt wahrnahm und es sich gut anfühlte.
Cordelia hatte sich viele Titel und Positionen in ihrem Leben
erkämpft, aber die einer Liebhaberin befand sich nicht darunter. Seine gute
Laune und gelöste Stimmung nach dem Sex war absolutes Neuland für sie. Das
musste es sein, zufrieden mit ihrer Logik hat sie sich wieder im Griff, als sie
ihre Schuhe überstreift, wendet sie sich ihm wieder zu.
„Wie lange haben wir noch, bevor die Sonne aufgeht?“
Er kniet vor ihr, bindet seine Docks, blickt zum Vollmond und dann
in den Sternenhimmel. „Eine gute Stunde, sollte eigentlich ohne Probleme im
Schritttempo reichen, wenn wir in keine Schwierigkeiten rennen, wie einen umherstreifenden
Werwolf.“
„Du hast eine unnachahmliche Art Schwierigkeiten
heraufzubeschwören.“
Er gibt ihr ein verwegenes Grinsen und läuft los. Wirft über seine
Schulter zurück, „Dafür liebst du mich, ich bin wie die Mächte.“ Sie friert in
ihrem Schritt ein. „Führe dich genau in den Ärger, nur helfe ich dir dabei
wieder heraus und lasse dich nicht in den Seilen hängen.“
Folgt ihm kopfschüttelnd, „Das ist nicht der Grund, weshalb ich
dich liebe.“
Er bleibt stehen, „Nein?“
„Nein.“ Geht an ihm vorbei und er holt wieder auf, blickt sie so
lange abwartend von der Seite an, bis sie sich schließlich lächelnd zu ihm
dreht, während sie weiterläuft. „Was? Wir haben schon über die Gefahr deines
Egos geredet und ich setze mich nicht dem Risiko einer plötzlichen Verpuffung
aus oder in deinem Fall mit Sicherheit einer dramatischen spontanen
Selbstentzündung.“
„Komm schon, nur einen weiteren Grund.“
„Nein.“
„Cor.“ Er tänzelt um sie herum.
„Nein!“ Sie denkt, sie wird diese Form der Kommunikation bis zur
Rückkehr zu Marthas Haus führen und grinst. Es gibt schlimmere Formen des
Zeitvertreibens, als es mit Spike auf eine Diskussion ankommen zu lassen.
Er quengelt, „Cor-de-li-ah!“
Und bessere. Hackt sich in seinen Arm ein. „Ich liebe dich einfach
so, okay? Als Freund und Fuck Buddy, weil du unglaublich penetrant und
nervenaufreibend bist, dass ich deine Gesellschaft nicht anders ertragen könnte
und ich den letzten Teil meiner Aussage anhängen musste, damit dein Ego
erträglich bleibt. Einverstanden?“
Er grinst wieder zufrieden, „Du hattest nichts gegen mein
penetrant sein, als ich dich penetriert habe.“
„Das war lahm, selbst für dich.“
„Warum grinst du dann?“
„Pfft, ich grinse nicht.“
„Tust du wohl.“
„Sind wir im Kindergarten, oder was?“
Natürlich rannten sie auf ihrem Weg zurück in Schwierigkeiten und
wurden angegriffen, aber nicht von Werwölfen, soweit reichten Spikes seherische
Fähigkeiten dann doch nicht. Nur ein Pack von denselben Dämonen, die Spike
gestern niedergemetzelt hatten, so dass es Zeit für eine Revancheparty für ihn
war und einer kurzen Lektion für Cordelia, wie man ein Genick schnell und
effektiv mit den Händen brechen kann. Sie zog noch immer Schwerter vor, weshalb
sie die Klinge eines gefallenen Dämons an sich nahm und ihren Kampf mit dieser
Waffe fortführte.
Selbstverständlich schlichen sie sich erst wenige Minuten, bevor
das Morgengrau eindeutig zu hell für ihn wurde in Marthas Haus. Tatsächlich kam
Cordelias Verbandskasten erneut bei ihm zur Verwendung. Zweifellos war es nicht
das letzte Mal auf ihrer gemeinsamen Reise. Trotzdem riss ihre Unterhaltung nie
ab und das Lächeln blieb auf ihren Gesichtern.
Und als sie gemeinsam im Bett lagen, kurz bevor der Schlaf
Überhand gewann, dachte Cordelia, was für komische Wesen sie waren.
Und Spike dachte, was für eine erstaunliche Kreatur sie war.
Martha nebenan in ihrem Schlafzimmer dachte, dass ein weiteres
Schicksal besiegelt war und ihr die Vorgehensweise der Mächte nicht gefiel. Die
alte Indianerin eine lange Zeit nicht mit ihnen uneins war, aber der Besuch in
der Zwischenwelt ihren Widerspruch geregt hatte. Die Balance drohte erneut zu
kippen und sie sahen sich nicht gezwungen einzugreifen, stattdessen stellten
sie weitere Fallen für ihre Streiter auf und das war nicht nur sinnlos, sondern
bedrohlich für die Welt. Martha liebte diese Welt. So wie sie war, sie mochte
keine grundlegenden Veränderungen, weshalb sie Apokalypsen verabscheute. Sie
fühlte sich wohl bei dem Stamm, den sie als ihren angenommen hatte, über den
sie wachte und beschützte.
Sie Cordelia im Wesen ähnlicher war, als diese annahm und sie
würde ihnen gerne eine Warnung zukommen lassen, die effektiv war, klar und
deutlich. Aber das letzte Mal als sie gegen die Mächte argumentierte, war um
die Zeit geschehen, als ihr Stamm vom weißen Mann nach Westen zwangsumgesiedelt
wurde und sie hatte diese Zeit in einer anderen Dimension verbracht, von
Dämonen bewacht und von den Mächten niedergebunden. Ihrer Kraft beraubt für
Jahrhunderte.
Martha weiß nicht mehr, wie viele Sommer es her ist, als ihr
endlich erlaubt wurde zurückzukehren, geschwächt und machtlos. Sie ist sich nur
sicher, dass dies lange vor Spikes menschlicher Geburt geschehen war. Sie hatte
keine Lust auf eine Wiederholung dieser speziellen Erfahrung oder auf das Eintreffen
dieser dunklen Zukunft, die in der Luft lag und ein Schlüssel dazu war eine
zufriedene Cordelia. Eine glückliche Cordelia zog nicht in den Krieg und Martha
versteht nicht, weshalb die Mächte sich dieser einfachen Wahrheit verschlossen
und sie wieder herausforderten.
Martha ist bereit, einiges dafür zu opfern, dass ihre Welt
erhalten bleibt. Sie nahm persönliche Niederlagen nicht gut auf. Eine weitere
Ähnlichkeit mit Cordelia, sie behüteten, was sich unter ihrem Schutz befand
oder zerstörten die Bedrohungen elementar.
Es hieß ein individuelles Schicksal aufzuheben zum Wohl der Welt,
denn Cordelia und Spike beschritten einen gefährlichen Pfad. Die Verantwortung
war zu groß und die Chancen zu gewinnen zu niedrig. Die beide waren eindeutig
zu jung für diese Bürde.
Aber sie waren machtvolle Krieger.
Und sie hatten beide wieder etwas zu verlieren.
Wissen war Macht und Aufklärung nicht gegen die Regeln, langsam
beginnt Martha zu lächeln.
The farther I fall, I’m beside you.
Das Klopfen an der Türe ist unnachgiebig, es hört nicht auf, egal
wie tief Cordelia unter dem Kissen und Spikes Körper verschwindet. Er war im
Ignorieren störender Geräusche geübter als sie oder einfach ungehobelter in
seinem Egoismus. Mit einem Stöhnen richtet sie sich schließlich auf, stolpert
fluchend über einen von Spikes Docks und öffnet die Tür. Es war zu früh für
Höflichkeiten und das alte Gesicht vor ihr ist enervierend gutgelaunt.
Die schmerzende Stelle reibend und Martha müde anfunkelnd, „Was?“
„Zeit für dein Reinigungsritual.“
Verdutzt, „Huh?“
Die Indianerin gibt ihr ein durchtriebenes Lächeln, „Das ist
Brauch nach der Paarung.“
Jetzt ist sie wach. „Wa-as?“ Was hatte Sex mit dieser Störung zu
tun?
Ein glockenhelles Lachen hallt durch den Flur und es ist nicht Cordelias,
zu verwirrt für eine Reaktion, bis Martha Erbarmen mit ihr hat und ausführt,
„Ich mache nur Spaß. Aber im Ernst ich muss mit euch beiden reden und diesmal
Klartext, keine kryptischen Botschaften, das hier ist zu wichtig, um es auf
Missverständnisse ankommen zu lassen. Ich erwarte euch in fünf Minuten unter
der Küche und ja, ihr habt ausreichend geschlafen, die Sonne geht bereits
unter, also keine Ausreden und etwas Beeilung.“
Damit ist Martha aus dem Gang verschwunden, erstaunlich wie flink
und behände die Alte sein konnte und direkt, Cordelia schüttelt ungläubig den
Kopf und schließt die Tür.
„Hast du das mitbekommen, Spike?“ Er gibt ihr nur ein Grunzen und
sie weiß zwischenzeitlich, dass er kein Abendvampir ist oder wie auch immer man
die Zeit direkt nach dem Aufstehen, bei seiner Spezies nannte. Etwas das mit
ihrem Wesen Hand in Hand ging, niemand der sie kannte, sprach sie ohne eine
Tasse Kaffee an oder zwei. Ein Grund mehr, warum Dennis der perfekte
Untermieter für sie war.
Vor allem nicht wenn sie Muskelkater hat und - Oh. Sie sollte dort
keinen Muskelkater haben und sie sollte nicht nackt sein. Das war nicht gut und
langsam wacht ihr Verstand auf und die Erinnerung an gestern kommt zurück.
Ihr Blick geht panisch zu dem Vampir in ihrem Bett. Die
Boxershorts sind verschwunden, waren nie mehr als ein Zugeständnis an ihr
Bedürfnis nach etwas Anstand und Sitte. Der nackte Hintern, egal wie delikat er
auch sein mochte, war ein falscher Ausblick in einem Leben, das ihr scheinbar
aus den Händen geglitten war.
Cordelia lässt sich haltsuchend gegen den Türrahmen fallen.
Verdammt.
Aber sie hat keine Zeit sich damit auseinander zusetzen, nicht
wenn Martha in der Küche wartet und ihre fünf Minuten sich bereits dem Ende
zuneigten. Sich schnell anziehend und Spike zum Aufstehen motivierend, brauchte
sie trotzdem länger und das Hämmern an der Türe ist zurück.
Sie überlässt das endgültige Wecken von Spike Martha, weil deren
Gesicht mit Sicherheit den gewünschten Effekt auf seine Erektion und suggestiv
ins Kissen gebrummte Andeutung, „Komm her, lass uns Fuck Buddy spielen.“ hatte
und ihres, nun ja – Kein Eiswasser mehr für seine Lust bedeutete.
Cordelia geht der peinlichen Situation aus dem Weg und sich die
Zähne putzen. Ihr Spiegelbild war erstaunlich unbewegt, von den sich jagenden
Gedanken. Die Wangen rosig, die Augen funkelnd und mit dem Nachglühen einer
Frau, die wirklich guten Sex in den letzten zwölf Stunden gehabt hatte. Oder
vielleicht war es nur die Verlegenheit, aber verdammt, warum mussten Dämonen
wie Martha und Lorne mit ihrem Wissen immer in den ungünstigsten Moment prahlen
und herausplatzen.
Es war lästig und unhöflich.
Die Alte hatte mit Sicherheit in den letzten fünfzig Jahren keinen
Sex gehabt und mit dem Gedanken stürzt sie in die Küche und erstarrt. Da wo der
Küchentisch auf einem wahrscheinlich handgehäkelten Teppich gestanden hatte,
war nun eine Luke, die in den Keller führte. Die Idee, diese Unterhaltung in
einem dunklen, engen, muffigen Keller zu führen, sagte ihr nicht zu. Ganz und
gar nicht.
„Cordelia, komm schon und ja, du hast Recht und es ist tatsächlich
länger her.“ Die Stimme aus dem Loch klingt noch immer vergnügt und vom Echo
leicht verzerrt.
Ihre Wangen brannten jetzt. Shit, das konnte heiter werden.
Sie klettert vorsichtig die Leiter hinunter, unten ankommt und
merkt Cordelia, dass es kein Keller sondern eine natürliche Höhle unter dem
Haus ist. Der Stein glänzt in dem Licht der Feuer, der unbehandelte schwarzer
Granit, wirft Funken zurück und der Platz vor ihr ist groß und eben. Ihr Blick
fängt die Szene ein, die Fackeln und das Feuer in der Mitte. Den Kreis und die
Symbole, die in den Sand gezeichnet sind und Cordelia mochte Magie noch nie und
hier sind alle Vorbereitungen getroffen. Die Gänsehaut ist zurück und sie sucht
Spikes Blick und als sie ihn findet, erwidert er ihn achselzuckend. Er sieht
nicht alarmiert aus, wie er leger neben Martha steht, außerhalb des Zirkels und
sie kommt neben ihnen zum Stehen.
Martha schmunzelt jovial, „Ihr seid nicht an der langen Erklärung
interessiert, oder?“ Sie verneinen beide augenblicklich.
„Okay, die Kurzfassung, alles was innerhalb des Kreises gesprochen
wird, bleibt Unvernommen. Mit Unvernommen meine ich, dass weder die Mächte noch
sonst ein höheres oder niederes Wesen, die gesprochenen Worte hören und
aufnehmen können, ebenso wenig wie Dämonen und Menschen. Nur was sich
körperlich im Zirkel befindet, ist dazu fähig, das Gesagte zu erfassen. Seht es
als wirksame Spionageabwehr auf mystischer Ebene. Außerdem hat dieser Zirkel
die Zusatzfunktion, die Wahrheit zu offenbaren. Ihr könnt nicht lügen, ebenso
wenig ich und wir werden uns alle in unserer dämonischen Form gegenüberstehen,
dich miteingenommen Cordelia. Es wird Zeit, dass du erkennst, was für eine Art
von Dämon du bist. Ich habe vor euch über einen Teil eures Schicksals
aufzuklären und eure Fragen so offen zu beantworten, wie ich es kann. Seid ihr
bereit?“
Spike starrt erwägen in ihre Augen, als er findet was er sucht,
antwortet er als erster, „Yeah, warum nicht, Aufklärung hat noch niemanden
geschadet.“
Cordelia nickt zögernd. Sieht wie Martha in den Kreis tritt und
die Gestalt der alten Frau von ihr abfällt, stattdessen eine Dämonin an ihre
Stelle tritt, deren Haut eine absolut brillante Grünnuance annimmt. Anders als
Lornes Färbung, trotzdem beeindruckend und ergreifend makellos. Sie erscheint
beinahe durchscheinen und Cordelia denkt an eine Jadestatue mit Augen aus
Smaragden und Onyx, blendend und wunderschön. Das hüftlange Haar pechschwarz.
Das Gesicht zeitlos und glatt. Dann folgt Spike und es ist beruhigend sein Game
Face zu sehen, normal und komfortable. Nach einem tiefen Atemzug folgt sie den
beiden, fühlt wie die Magie durch sie durchschwappt und dann schließt sie die
Augen vor dem gleißenden weißen Licht, das von ihrem Körper ausgeht. Zu hell. Viel zu hell.
Sie ist körperlos für einen Augenblick, nur Licht und sie fühlt
Panik.
Hört Marthas Stimme aus der Distanz und dann in ihrem Kopf und
konzentriert sich auf die Worte. „Fokussier dich auf deinen Körper.“ Cordelia
will sagen, dass sie keinen hat, aber dann bekommt sie das Gefühl für ihre Haut
zurück und dann kann sie endlich die Augen öffnen und ihr Körper glüht noch
immer. Aber es ist mehr ein Nachglühen. Diesmal ist es kein subtiler Eindruck,
ihre Haut ist golden, glänzt und schimmert wie flüssiges Metal, die Sonne in
einer Nahaufnahme. Lebendig, liquide, transparent.
Aber ihre Hände sind noch ihre Hände auch wenn sie anders
aussehen, die gleichen Linien, die sie Zeit ihres Lebens begleitet haben, die
Narben, die sie in den letzten Jahren erkämpft hat und dieselbe Form ihrer
Fingernägel. Selbst wenn alles anders wirkt, ist es noch sie unter all dem
trägfließenden Gold.
Vernimmt Spikes, „Verdammt, das war imposant, Kwé.“ Und sie kann
sich noch nicht vom Anblick ihrer Haut lösen. „Wie heißt ihre Dämonenart,
Martha?“
„Die Potawatomi nennen uns Sawasmo we'onuk.“
Nach einem Moment des Suchens hat sie den passenden Begriff geformt,
„Gewitterschönheit.“
„Uns?“ Cordelia blickt auf und Marthas grüne Gestalt
verwandelt sich in das gleißende weiße Licht. Kontrollierter als es bei ihr der
Fall war, aber noch strahlender ergießt sich die Lichtflut aus dem Körper der
Dämonin. Die Verwandlung hat tatsächlich etwas von einem Gewitter und die
Helligkeit ist so blendend, wie ein langgezogener Blitz am Nachthimmel. Für
Spikes Augen zuviel. Er legt instinktiv schützend den Arm vor sein Gesicht, bis
das Licht wieder gedämpft ist und er den Arm senkt. Auch Marthas Körper glüht
in den Nachwehen, aber sie hat den grünlichen Schein einer Waldfee oder Elfe.
Wunderschön, aber anders, kühler.
„Jetzt fehlt nur noch, dass ich mich in ein Glühwürmchen
verwandele und das Triangel ist perfekt.“ Spikes Spott kann den fassungslosen
Tonfall nicht ganz verbergen.
„Nein, du bleibst schön das Schattenwesen, das du bist,
ansonsten haben wir größere Probleme, als ich bis jetzt angenommen habe.“
Martha klingt ernst. „Ihr seid beide zu vertrauensselig, ich hätte mehr
Widerstand von dir erwartet, Spike. Den Kreis zu betreten war leichtsinnig und
dumm. Magie ist nicht zu unterschätzen. Niemals.“ Bevor er zu einer heftigen
Erwiderung ansetzen kann, hebt sie die Hand. „Keine Diskussionen, wir haben
wichtigere Themen, die wir besprechen müssen und Cordelias Dämonenstatus ist
ein Teil davon.“
Mit den Worten richtet sich Marthas Aufmerksamkeit auf
sie. „Wir sind mächtig, fast zu mächtig für diese Dimension, aber es wird noch
Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte dauern, bis du eine Vorstellung von dem
bekommst, was in dir schlummert und das macht dich verletzbar. Im Jetzt. Ich
sagte dir, dass du diesen Weg gewählt hast und das ist wahr. Jedoch haben sich
die Mächte der Ewigkeit nicht selbstlos deinen Wünschen angeschlossen. Wie viel
versteht ihr von Zeit und den kosmischen Gesetzen, denen wir unterliegen?“
Cordelia blickt Spike fragend an und er zuckt ein wenig
hilflos die Schultern, sie entgegnet, „Kommt auf den Zusammenhang an, schätze
ich.“
„Soll ich es einfach machen?“ Und sie beide atmen mit
einem Nicken auf und Martha überlegt kurz und fährt dann fort, „Schnecke und
Fliege nehmen sich gegenseitig nicht als Lebewesen wahr, obwohl sie denselben
Lebensraum miteinander teilen, weil die Zeitkonstanten auf denen sie beide
existieren zu weit auseinanderliegen. Die Bewegung der Schnecke ist zu langsam
für die Fliege und die der Fliege zu schnell für die Schnecke. Um es grob zu
umschreiben, haben Dämonen und Menschen oft dasselbe Wahrnehmungsproblem. Oder
die Mächte. Ein menschliches Flehen und Beten, das über Jahre hinweggeht, ist
trotzdem nur der Bruchteil einer Makrosekunde für ein Wesen, das ein Millennium
als Wimperschlag wahrnimmt. Bedeutungslos.“
Das klang logisch, kam an Spikes gestrige Feststellung
heran und erklärte gleichzeitig, den Mangel an Rücksichtnahme vonseiten der
Mächte.
„Die Mächte greifen erst ein, wenn sich Zeitkonstanten und
Welten überschneiden. Dann wird es für sie interessant. Das bringt mich zu
deiner anderen Lebenslinie. Du hast eine abtrünnige Macht hier in dieser
Dimension freigesetzt und sie haben den Verräter in den eigenen Reihen
entlarvt, überführt und bestraft. Du warst danach mit dem Ausgang dieses
Szenarios nicht glücklich und mächtig genug, um dich mit ihnen auf eine
Abmachung einzulassen. Sie schuldeten dir einen Gefallen. Dieser Handel fiel
ebenfalls nicht nach deinen Vorstellungen aus. Du warst, um es milde zu sagen
angepisst, dass sie Angel eine Vision gaben, die nicht für ihn bestimmt war und
zu dessen vorzeitigen Tod führte. Somit auf deinem ganz persönlichen Kreuzzug
als Zwischenwesen. Infolgedessen haben die Mächte eingesehen, dass sie dich
besser unter Kontrolle halten, wenn sie dir diese Existenz geben, dir deine
Familie lassen und dir dein Wissen nehmen. Dein Preis bestand im Vergessen all
deiner Fähigkeiten, der ultimativen Niederlage. Du hast gestattet, dass sie
dein Leben auslöschten und dich einem Test unterzogen. Deine Liebe, deinen
Glauben und deinen Geist.“
Cordelia stimmt ihr zu, das hier war vertrautes Terrain.
„Die Mächte greifen gerne auf Tests ihrer Krieger zurück. Dass Angelus meine Wahl
war, hast du schon einmal gesagt.“
„Er war deine Forderung, Cordelia.“ Marthas Tonfall
enthält leichten Tadel. „Du wolltest seine Seele verankern, aber dafür musstest
du ihnen etwas im Gegenzug bieten. Deine Arroganz bestand im Vergessen der
Tatsache, dass du nicht immer unbesiegbar warst und dies hatte nichts mit
deiner Jugend, sondern mit deinem Alter zu tun. Du hast einen Krieg angeführt,
gegen die, wie nennst du sie im heute? Senior Partner?“
Cordelia gibt ihre wortlose Bestätigung. „Gegen sie und
ihre Verbündeten. Du hast gewonnen, aber es gab zu viele Verluste, um den Sieg
und die weitreichenden Konsequenzen zu versüßen. Die kosmischen Gesetze
verloren ihre Bedeutung und die Balance kippte endgültig und nein, die Welt war
nach deinem Sieg kein Paradies, sondern in Trümmern und nicht nur diese Welt.“
„Weshalb sollte ich so einen Krieg anführen?“ Ihre Stimme
klingt hohl.
„Weil du nichts mehr zu verlieren hattest, Kwé. Nichts und
das nicht der Deal war, den sie dir versprochen hatten. Dein Versprechen
gegenüber Angel, dass du ihn wiedersiehst, hat sich nicht erfüllt. Er hatte
noch nicht seine Wiedergutmachung geleistet, als er starb und der Rest deiner
Familie war deiner Meinung nach, ebenfalls erst am Anfang ihrer Reise. Leider
war Azhe'n, der Wächter, der Hüter, der Krieger, der König und Spike
hier anderer Ansicht. Deine Familie wurde in einer Nacht von dem Wolf, dem
Widder und dem Hirsch niedergeschlachtet und das war der letzte Grund, den du
benötigt hast, um dich von den Spielregeln der Mächten loszusagen.“
Spike unterbricht, „Wolfram & Hart? Was hat eine
Anwaltskanzlei damit zu tun, egal wie dämonisch ihr Klientel ist?“
Die Erklärung ist logisch für Cordelia, offenkundig, „Sie
sind die profanen Repräsentanten der Senior Partner hier auf Erden, Spike. Die
Gegenspieler der Mächte.“
Martha schüttelt verneinend den Kopf, „Das ist so nicht
richtig. Wolfram & Hart sind ebenfalls Mächte, nur auf der anderen Seite
des Gleichgewichtes. Du hattest eine Armee von Jägerinnen im Rücken und mit den
beiden Ursprungsjägerinnen, der Hexe und der Ältesten als Unterstützung hast du
Höllen erobert und Himmel einfallen lassen. Frauen Power bekam durch euch eine
neue Dimension und ich meine das wortwörtlich. Aber der Krieg war zu
verlustreich, zu ewig und am Ende standest du wieder alleine da. Genauso wie zu
Beginn, nur war der Kosmos dein Schlachtfeld und nicht dein Inneres. Das war
der Grund, weshalb du dich letztendlich auf das Friedensangebot der Mächte
eingelassen hast, nachdem der Gottkönig Illyria fiel. Du hast dich nicht mit
ihnen versöhnt, sondern nur ein anderes Terrain gewählt. Du wusstest, dass sie
dich bluten lassen, aber es war besser, als die Alternative, die du
hervorgebracht hast. Eine Heerschar von Engel ist am Ende ebenfalls nur ein
Heer und Krieg bleibt Krieg, egal in wessen Namen er geführt wird. Du bist der
Krieg, aber diese Wahrheit ist dir schon bekannt.“
„Weshalb haben die Mächte meinen Aufstieg nicht
verhindert? Du sprichst von einem Feldzug, der alles in den Schatten stellt,
was sich in meiner Realität und Vorstellung befindet.“
„Du warst zu unbedeutend und dadurch
unangreifbar, bis es zu spät war.“ Spike hört sich überzeugt von sich an und
Martha nickt ihm aufmunternd zu, dass er weiterreden soll. „Sie haben nicht
erkannt, dass sie in Gefahr schwebten, wenn das was unser Orakel sagt, stimmt,
dann haben sie dich für ihre eigene Zwecke benutzt. Missbraucht und nicht
durchschaut, dass dein Potential über das ihrer Pläne für dich hinausging. Dass
du mächtige Alliierte in dieser Welt hast und die Hinterhalt-Taktik ist immer
effektiver gegen einen übermächtigen Gegner, wie ein offener Angriff.“
Schließlich übernimmt Martha wieder das Gespräch, „Die
Mächte sind nicht eine Macht, sondern untereinander verstritten und verfeindet.
Verschiedene Interessen kommen zusammen, Fehden laufen über Ewigkeiten und dein
Auftauchen war für einige von Vorteil. Sie unterstützten deine Rebellion gegen
die Direktive des Nichtintervenierens. Sie schützten dich, bis ein offener
Krieg ausbrach. Sieh deine Rolle als die eines jeden großen Umstürzlers, die
chaotischen äußeren Umstände haben deinen Aufstieg beschleunigt. Die
Unzufriedenheit war vorher da, aber brach mit dir offenkundig aus. Sie waren zu
fokussiert auf den Vampir mit Seele und die Frage, welcher Vampir nun gemeint
war, um an die Seherin zu denken. Prophezeiungen wurden diskutiert, anstatt das
Chaos zu unterbinden. Nachdem Spike und Angel beide Opfer der Senior Partner
wurden, verschärfte sich die Anarchie, Machthunger mit Ehrgeiz und
alteingesessene Interessen begannen sich zu bekriegen. Du hast die Gunst der
Stunde genutzt, hieltest dich lange genug im Hintergrund auf, um im richtigen
Moment mit deinen Verbündeten zu zuschlagen und ihnen die Rückkehr mit Hilfe
des Schlüssels zu versperren. Der Kreislauf war unterbrochen, die Zeit für alle
Wesen linear und begrenzt. Ihr führtet einen Blitzkrieg mit Giganten, die Äonen
verschliefen und ward dadurch im Vorteil. Götter wurden sterblich und
Sterbliche ewig. Ein Konzept, das neu war und einige Mächte sofort ausrottete,
andere ihrer Kontrolle beraubte.“
Entschieden, „Ich führe keinen Krieg, um des Krieges Willen.“
Marthas Erwiderung erfolgt ebenso überzeugt, „Nein, aber einen, um
für deine Überzeugung einzutreten. Cordelia, hier geht es nicht um eine
Verurteilung, die liegt hinter dir. Dieser Teil der Geschichte wird nie wieder
so geschrieben, die Mächte haben dafür gesorgt und du. Ihr habt einen Pakt
ausgehandelt, der wieder hierher führte. Sie haben dir diese Macht genommen und
sie werden dich kein zweites Mal unterschätzen. Das vor dem ich dich warne, ist
die späte Rache der Besiegten. Oder verfrüht. Je
nachdem. Du hast ein System zum Einsturz gebracht, das die Ewigkeit
funktionierte und du hast Kräfte besiegt, die sich außerhalb deiner wildesten
Phantasie befinden. Diese Gegner sind gefährlich und tödlich. Denkst du deine
Visionen von Angel kommen von derselben Quelle, wie die deiner
Rettungsmissionen?“
Cordelia spürt Spikes überraschten Blick auf sich und schluckt.
Trocken, „Nein, aber es muss doch eine Einheit bestehen, oder nicht?“
„Ganzheit besteht in dem Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, so
wie du es erlebst. Nicht in einem Endziel, weil es eine Symbiose ist, die helle
Seite kann ohne die dunkle nicht existieren. Das ist die Lektion, die ein Teil
der Mächte dir mitgeben will und die du am Ende selbst eingesehen haben musst,
ansonsten wäre der Waffenstillstand nicht zustande gekommen. Man kann das Böse
nicht in eine einzige Dimension verbannen, es ist zu tief in allem verwurzelt,
was uns umgibt. Man kann nur die schlimmsten Auswirkungen verhindern und darauf
hoffen, dass es sich am Ende zum Guten wendet. Deine Methode war zu extrem, zu
tiefgreifend und verwandelte das Gute in Nichts, weil es nicht ausbalanciert
wurde.“
Ihr Kopf schwirrt, aber die Geschichte hört sich nicht so unwahr
an, wie es Cordelia gerne hätte. „Okay, gehen wir davon aus, dass du die
Wahrheit sagst. Dieses Kuriosum sich so abgespielt hat, wie du es erzählst und
ich jetzt wieder am Anfang stehe, an dem Punkt, den ich mir ausgesucht habe.
Warum Angelus? Und vor allem warum Spike? Warum jetzt? Und weshalb erzählst du
mir davon? Ich bin offensichtlich nicht unschuldig an der Misere.“
„Eines nach dem anderen. Warum jetzt? Ihr habt eine Variable in
der Zeitlinie benötigt, einen Moment, der sich hätte anders entfalten können,
um ein Paradoxon entstehen zu lassen und kein alternatives Universum. Diese
Nacht war eine Option, der sowohl du, wie die verbliebenen Mächte zustimmten.“
Cordelia nickt, das klang einleuchtend und nachvollziehbar. Fred
würde mit Sicherheit einige Fragen hierzu haben, aber ihr reichte diese
einfache Erklärung. Angels Fluch war also modulierbar für die Mächte gewesen
und nur dann zum Einsatz gekommen, als es in ihrem Sinne war. Aber das war
jetzt nicht mehr der Fall, wenn sie Wesleys Ausführungen glauben konnte, dann
hatte Lornes Kontakte, den Fluch für immer aus dieser Existenz verbannt. „Du
sagtest, dass ich Angels Seele gerettet habe, folglich ist die Glücksklausel
endgültig geschlossen und er kann seinen Frieden finden?“
Martha blickt sie einen Augenblick hart an, bevor sich ihr
Ausdruck in Mitleid wandelt und Cordelia sich auf noch mehr schlechte
Nachrichten gefasst macht, bedauernd, „Er wird nicht verdammt, Kwé, du wirst
es.“
Spike macht instinktiv einen Schritt auf sie zu, aber Cordelia
lächelt ihm beruhigend zu, steckt den imaginären Faustschlag in ihren Magen weg
und verneint seinen Beistand mit einer Geste ihrer Hand. Das wortlose Entsetzen
in Cordelia bleibt unter der Oberfläche, als die grüne Dämonin bestimmt
fortfährt, „Angel kann morgen sterben und seine Seele wird in die Dimension
wandern, die ihr mit dem Himmel gleichsetzt, aber deine nicht. Du bist an dein
Schicksal hier auf Erden gebunden und musst Wiedergutmachung leisten. Für dich
und für ihn. Das ist Teil deiner Abmachung mit den Mächten.“
„Die Senior Partner sind jetzt also wirklich daran interessiert
mich in ihre Finger zu kriegen, wenn ich das richtig verstehe, haben sie
Anspruch auf meine Seele.“
„Nein, aber sie sind die einzigen, die sich im Moment ernsthaft
dafür interessieren.“ Die Pause, die dieser Aussage folgt, ist schwerwiegend.
Die Warnung offensichtlich. Tod war tatsächlich keine Option mehr.
Schließlich nimmt Martha die Fragen von vorhin wieder auf, „Warum
Angelus deine Prüfung war? Weil es um deine Rache für Angel ging bei deinem
Kreuzzug und es ein Test der Mächte ist. Nicht nur deiner Liebe, sondern auch
deiner Überzeugung. Sie sind nicht so weltfremd, um den Einschlag von purer
Perversion und dem Bösen in Gestalt einer geliebten Kreatur zu unterschätzen,
im Gegensatz zu deinem alten Selbst. Du hattest vergessen, dass du nicht
dieselbe warst, wie zu diesem späten Zeitpunkt deines Lebens. Du bist nicht so
widerstandsfähig und hattest nicht all die Verluste zu betrauern und zu verarbeiten,
die du dort über dich ergehen lassen musstest. Du bist stark, aber nicht so
stark wie in dem anderen Leben. Noch zu menschlich, zu jung, um in höheren
Konzepten zu denken.“
Ihr Blick schweift zu Spike, der ihrer Unterhaltung angespannt und
stillschweigend folgt, etwas das sie nervös machen sollte. Er war nicht ruhig
oder leise, nicht unter normalen Umständen, es war beinahe unnatürlich. Diese
Ruhe von ihm.
Er hatte diesen Eispanzer weggesprengt, den sie sich um ihr Herz
aufgebaut hatte und Cordelia schaudert bei der Vorstellung, wie kalt und hart
sie dort gewesen sein muss, wenn ihr Angelus als ungefährlicher Gegner
vorschwebte. Als ein Dämon, dessen Tortur sie einfach so wegstecken sollte.
Dieses Wesen macht ihr Angst und sie beantwortet ihre gestrige Frage für sich
um Stillen.
Liebe und Mitgefühl waren keine Schwächen.
„Vielleicht bin ich stärker.“ Und die beiden sehen sie verblüfft
an. Nein, sie war nicht naiv, aber ebenso wenig desillusioniert von dem Kosmos
und seinen Möglichkeiten. „Aber das ist nicht das Thema. Also warum Spike als
Weggefährten?“
Und zum ersten Mal seit sie die Dämonin vor ihr kennt, zeigt diese
eine Spur von Unsicherheit. „Ich bin mir nicht sicher, ob er eine Variable oder
feste Größe in deinen Plänen war.“
„Warum das?“
„Weil ihr keine gemeinsame Vergangenheit dort hattet, nur einen
Biss, der eine Geschmacksprobe war und nicht mehr. Eventuell hat die erste
Auserwählte so von ihm erzählt, dass es Eindruck bei dir hinterließ oder der
Schlüssel. Ich weiß nicht, was du in ihm gesehen hast, ich kann dir nur von den
großen Ereignissen und meine Sicht darauf erzählen. Von den Dingen, die hinter
vorgehaltener Hand über dich in der Dimension der Mächten kursieren und die
Gerüchte, die sich hartnäckig bei denen halten, die behaupten sich an das Ende
erinnern zu können. Legendenbildung ist ein feines Gespinst aus Wahrheit und
Lügen, deshalb ist es schwer zu unterscheiden, was tatsächlich stattgefunden
hat. Wann und wie. Ob du ihn als Teil des Handels gefordert hast oder ob das
hier eine neue Form von Schicksal darstellt, ist eine Frage, die nur du und die
Macht beantworten könnten, die den Pakt aushandelte. Vielleicht ist es
tatsächlich nur freier Wille. Du hast ihnen zwei Krieger versprochen, die den
Mächten ergeben sind, zusätzlich zu deiner Loyalität, dich auf deine
Ursprungsmission zu besinnen, das Retten von Seelen in dieser Dimension.“
„Seelenrettung, meine Rede.“ Sie blinzelt Spike zu, aber bekommt
keine Reaktion. Sein Gesicht ist so verschlossen wie gestern bei ihrer eigenen
kleinen Diskussion zu dem Thema. Sein Blick dunkel und nicht nur wegen seiner
Dämonenvisage. Das Glühen, das sie gestern Nacht in seinen Augen wahrgenommen
hat, ist erloschen und hat Argwohn platzgemacht. Sie lenkt das Gespräch wieder
zurück auf ihn, „Also was ist Spikes Geschichte? Die Seele muss einen Grund
dort gehabt haben und du meintest, dass er hier ebenfalls auf eine zusteuert.
Freier Wille oder Zufall?“
„Der Grund dort war sein Versuch, Buffy das zu geben, was sie
verdient.“
Der Widerspruch von Spike kommt schnell und hart, „Ich würde nie
so weit gehen.“
Sein Kopfschütteln ist instinktiv und Cordelia stimmt ihm
insgeheim zu, das war untertrieben gesagt, zu extrem für eine seelenlose
Kreatur. Zuviel edle Absicht. Spike konnte seine noblen Momente haben, ohne
Zweifel, aber er war kein Heiliger. Er wusste durch Angel, dass eine Seele
etwas anderes als ein neuer Ledermantel war. Nichts mit dem man kurzerhand sein
Ansehen aufpolieren kann.
„Du hast versucht sie zu vergewaltigen.“ Die Stille war
schneidend. Das war dagegen ein möglicher Anstoß für ihn, um auf Seelensuche zu
gehen. „Deine Impulsivität ist legendär und es erschien dir ein bequemer Weg,
um dein Ziel zu erreichen. Ihre Liebe.“
Nach einer langen Pause, „Und habe ich mein Ziel erreicht?“
„Du hattest am Ende ihren Respekt, hast durch dein Selbstopfer den
Höllenschlund über Sunnydale geschlossen und sie beteuerte ihre Liebe. Aber du
hast ihr anscheinend nicht geglaubt, denn du hast nach deiner
Wiederauferstehung LA und Angels Gesellschaft bei Wolfram & Hart vorgezogen
und das ist eine lange und komplizierte Geschichte, die nicht wirklich von
Bedeutung hier ist.“
„Haben wir keine Zeit?“ Cordelias Frage war zu seinen Gunsten
gesprochen, Spike sah verstört aus. Eine Miene, die sie beunruhigte, es
schmerzte ihn in diesem ohnmächtigen Zustand zu sehen.
„Bedauerlicherweise nein, unsere Zeit im Zirkel ist begrenzt. Was
mich zu deiner letzten Frage bringt, warum ich euch beiden diese Geschichte
überhaupt erzähle, obwohl ihr beide nicht unschuldig seid. Die Dämonen gegen
die ihr die letzten beide Nächte gekämpft habt, sind Vorboten einer Armee und
diesmal keiner Heerschar von Engeln. Nur der übliche Weltuntergang mit den
dazugehörenden Omen und den entsprechenden Riten. Ein Teil der Mächte ist für
eine Eroberung dieser Dimension, ein Teil dagegen und ich sehe es als eure
Reifeprüfung an, euch darum zu kümmern. Diese Bedrohung ist neu und geht
hauptsächlich auf dein Konto Cordelia, somit ist sie deine Verantwortung. Aber
sie ist zu groß, ohne dein Wissen und deine Erfahrung, etwas das
unwiederbringlich verloren ist. Ich schuldete euch diese Warnung und dieses
Bewusstsein, damit ihr begreift, auf was für einer Ebene ihr spielt und dass
ihr euch nicht blind auf alles verlassen könnt, was euch von den Mächten
serviert wird. Ihre Informationen sind mit Vorsicht zu genießen, sie können dir
keine Visionen schicken, die Lügengebilde sind, das ist Teil deines Deals, aber
sie sind dir auch keinen Sieg schuldig, Kwé. Aber ich würde es vorziehen, wenn diesmal
nicht Himmel und Hölle dafür in Bewegung gesetzt werden, um deinen Triumph zu
feiern. Habt ihr noch Fragen?“
Eine hatte sie tatsächlich noch, „Warum bin ich nicht tot? Weshalb
ermorden die Mächte mich nicht einfach, um die Bedrohung zu eliminieren oder
ein Exempel zu statuieren? Oder ließen Angelus die Drecksarbeit für sie
erledigen?“
„Du kannst nur durch eigene Hand oder durch einen
zufälligen Gegner fallen, aber wenn du stirbst, führt dein Weg momentan wie
gesagt nicht nach oben, ebenso wenig wie Spikes. Erst an dem Tag, an dem du in dem
anderen Leben gestorben bist, kann die eigentliche Hetzjagd auf dich beginnen
und ich hoffe für dich, dass du bis dahin einige der Mächte wieder für dich
gewinnen konntest, damit du eine Chance zu überleben hast. Bis zu diesem Tag
kannst du nicht durch einen ihrer höheren Helfershelfer oder Angelus beseitigt
werden. Was nicht heißt, dass letzterer es nicht in eurer ersten Nacht versucht
hat. Nur ist die Verwandlung in einen Vampir nichts für uns. Sein Blut war wirkungslos.
Unsere Dämonenart ist soviel stärker, als die der Vampire, aber nicht
unbesiegbar. Sawasmo we'onuk, die du bist, hast du den Vampir in dir
zurückgedrängt, aber er ist noch da, deine Augen verraten es, auch wenn sie gut
zu deinem Teint passen. Du hast vielleicht keine Fänge und keinen Blutdurst,
aber du bist auch nicht mehr rein.“
Ja, irgendwie hatte sie damit gerechnet.
Cordelia reibt sich über die Stirn. Ihre Fassungsvermögen
war an der Grenze. Nur sprach Martha weiter, mit Mühe zwingt sie ihre
Konzentration zurück auf die Unterhaltung. „Was zur Folge hat, dass du keine
himmlische Sphäre mehr betreten kannst und dort für deine Sache eintreten oder
Unterstützer rekrutieren. Ein Großteil der Mächte wird dir sowieso misstrauisch
entgegentreten oder mit offener Abneigung. Du bist an diese Dimension für eine
sehr lange Zeit gebunden und du hast hier bedrohliche Widersacher und eine
Menge zu verlieren. Habe ich erwähnt, dass deine Lehre, die Harmonie der
Elemente sein wird und deren Balance? Ist euch beiden klar, das Aufgeben keine
Option ist?“
Ihr Nicken erfolgt synchron, zu viele Informationen und warum
wurde das in den letzten Nächten zur Regel in ihrem Leben?
„Dann überlasse ich euch, der Planung eures Gegenangriffs.“
Martha tritt aus dem Zirkel und nach einer Weile geht Cordelia
langsam auf Spike zu. Bedächtig von ihr, „Glaubst du ihr, Spike?“
Der schweigt, mustert sie gründlich und schließlich ernsthaft, „So
merkwürdig es sich anhören mag, ja, ich glaube ihr. Deine Augen erinnern mich
tatsächlich an einen Vampir nur ohne die Kälte und sie hat keinen Grund uns
anzulügen, weil sie nichts gefordert hat, außer das sich ihre Welt nicht
grundlegend ändert. Die Warnung hört sich ehrlich besorgt an und ich kann mir
dich in dem geschilderten Szenario zusammen mit Buffy und Willow zu gut
vorstellen. Eine Armee von Jägerinnen würde zu Buffys Generalstatus passen und
Willow ist dazu imstande mit den nötigen Hilfsmitteln. Mische noch Dawn und
Faith in den Mix und die Hölle kann losbrechen. Du bist dazu fähig einen Krieg
zu führen, wenn du nichts zu verlieren hast und wenn du nicht deinen Frieden
findest, dann bist du selbstmörderisch.“
Belegt, „Und du bereit für eine Seele.“
„Wie es scheint.“ Seine Schlussfolgerung kommt überraschend und
leise, „Du liebst ihn. Trotz allem.“
Es ist keine Frage und so antwortet sie mit einer weiteren
Feststellung, „Ja, und du liebst sie. Ohne Zweifel.”
„Ja.” Seine Augen gehen über ihre goldene Haut und schließlich,
“Ich frage mich, ob du mich einfach verbrennst, wenn ich dich jetzt anfasse und
ich weiß, dass ich mich das nicht fragen sollte, in Anbetracht der Umstände,
weil es im Moment nicht wichtig ist.“
„Ich verbrenne dich nicht. Ich kann dir keinen Schmerz zufügen.“
„Kannst du nicht?”
„Nein.”
“Seltsam, ich dachte, wir würden uns in einem Wahrheitszirkel
befinden.“
Cordelia verengt die Augen, streckt die Hand aus und lässt sie
sanft auf seiner Wange kommen, streicht über die weiche Haut und sie sind fast
auf Augenhöhe und es gibt wiedereinmal so viele Wahrheiten, die sie ihm
entgegnen könnte und sie besinnt sich auf die einfachste. „Ich liebe dich,
Spike.“
„Natürlich tust du das und deine Liebe zu ihm hat hierher geführt,
ließ Himmel einstürzen und Höllen untergehen.“
Murmelnd, „Verbrenne ich dich jetzt?“ Er schüttelt den Kopf.
„Deine Liebe zu ihr, ließ dich auf die Suche nach einer Seele gehen und den
Höllenschlund kollidieren. Das ist ebenfalls ziemlich poetisch, meinst du
nicht?“
„Noch immer nicht genug Poesie, um sie zu halten, Cor.“
„Noch immer nicht genug Blut, um ihn zu gewinnen, Spike.“
Nach einer langen Pause zögernd von ihm, „Also werden wir ihnen
jemals in einem Leben reichen? Um sie zu gewinnen und zu halten, zumindest für
einen friedvollen Moment, ohne Niederlage und Schmerz, einfach aus Liebe?“
„Ich weiß es nicht. Aber du wirst wissen, wo du mich findest, wenn
du es mal wieder bezweifelst.“ Sie gibt ihm ein tröstendes Lächeln. „Wir haben
beide die Ewigkeit vor uns, wenn wir es uns nicht versauen.“
Und dann sind seine Lippen auf ihren, langsam und zärtlich, so
unendlich zärtlich und sie schmilzt ein Stückchen mehr. Schließt die Augen und
gibt ein Stückchen mehr nach, wird weicher. Wird offener und sie ist noch immer
überrascht, wie wehrlos er sie mit einer unerwarteten Geste machen kann. Wie sanft.
Wie zart. Bevor der Kuss sich vertiefen kann, geht er wieder auf Abstand und
sie bleibt zurück mit Verlangen und – nein, keine Begierde. Vielleicht
Sehnsucht. Vielleicht mit dem Wunsch ihn so zu lieben, wie er es verdient hat.
Eine Liebe, die sich ihr scheinbar im Grundkonzept entzieht.
Als sie die Augen langsam öffnet, geht sein Blick ihr unter die
Haut. Intensiv und er schnürt ihr wieder die Luft ab, nur mit seinem
durchdringenden Ausdruck.
Sie schnappt nach Atem und sein Grinsen auf diese Reaktion ist
wieder erheitert und unverschämt, „Du weißt, dass er mich nicht in deiner Nähe
dulden wird. Niemand macht seine Frauen atemlos, außer ihm und wenn er dazu zu
erotischer Erstickung greifen muss, dann heiligt der Zweck die Mittel.“
Ihre Augenbraue geht hoch, „Ja, aber er wird es akzeptieren, wenn
ich es so will.“
„Deine Arroganz ist ungesund und überzogen.“
„Sagt mir genau der Richtige, Spike, du bist auch kein Abbild der
Bescheidenheit und Demut.“ Und er lächelt und sie grinst und kurz sind es wieder
nur sie beide. Big Bad und Queen C. Ohne den Rest der Welt im Nacken oder deren
Gewicht auf den Schultern.
Ohne Prophezeiungen von brennenden Himmeln und fallenden Höllen.
Aber der Augenblick hat keinen Bestand, wird von den Bedrohungen
ihres Lebens eingeholt und es wird Zeit für einen Plan. „Weißt du gegen was für
eine Dämonenart wir kämpfen?“
Er schüttelt den Kopf, wieder bei der Sache, „Nein, aber dein
Watcher wird es schnell herausfinden können, wenn er sich bei seiner Suche
nicht nur auf diese Dimension beschränkt. Sie sind nicht so stark, aber in der
Menge nicht zu unterschätzen.“
Seine Hand fährt gedankenverloren über die Narbe an seiner Kehle,
die nun nur noch ein dünner weißer Strich ist. „Und sie benutzen Magie, wie
Martha es ausdrückte, ist die nie zu unterschätzen und ich bin mir nicht
sicher, ob Willow im Moment eine große Hilfe auf dem Sektor ist. Vielleicht mit
Taras Unterstützung ein tragbares Risiko und die Wicca kickt Ärsche, wenn es
hart auf hart kommt. Ich habe sie gegen Anya argumentieren sehen, sehr
beeindruckend und sie hat ein Verständnis, das andere fehlen lassen. Und eine
Weisheit, die älter ist als ihre Jahre. Buffy und Angel sind ebenfalls für
jeden Endkampf zu haben. Aber diese Apokalypse geht auf dein Konto, deshalb
wäre es angebracht, die beiden herauszuhalten, wenn möglich. Du bist im Moment
sowieso nicht gut auf unsere beiden Liebenden zu sprechen. Nur werden wir nicht
das Risiko eingehen, dass die Welt Opfer deiner Reifeprüfung wird.“
Cordelia hat Bedenken den Rest der Gruppe in den Plan einzuweihen
oder auf sie zu zählen, aber ihr fällt kein vernünftiges Argument ein, außer
ihrem Bauchgefühl und so behält sie ihre Zweifel für sich. Vielleicht ist es
auch nur das Bedürfnis ihre schmutzige Wäsche nicht in aller Öffentlichkeit zu
waschen und das ist eigensüchtig und dumm.
Erinnert sich an einen anderen Fakt, „Was ist mit deiner Seele?“
„Was soll damit sein, im Moment wird sie nicht benötigt, oder? Und
ich werde mich mit Sicherheit nicht mit so was belasten, wenn es sich vermeiden
lässt.“ Sie dachte an Angels Erzählungen, die Jahrzehnte, die er benötigte, um
zu lernen mit Gewissen zu leben und stimmt Spike zu. Sie hatten keine Zeit für
Experimente oder Versuche. Konnten nicht das Risiko eingehen, sich mit einer plötzlichen
Seele zu schwächen. Vielleicht später, wenn sie nicht in akuter Gefahr waren
und er noch Interesse daran hatte.
Der richtige Zeitpunkt war eine wichtige Komponente, was sie
zurück zum Thema brachte, schmutzige Wäsche hin oder her, „Fred ist ein Genie
was Dimensionen und Portale betrifft, mit ihrem Physikverständnis und generell
naturwissenschaftlichem Talent lässt sich einiges anstellen. Lorne könnte sich
vielleicht in LA umhöre, wenn Wes die genaue Dämonenart herausgefunden hat, die
Neuankömmlinge müssen Aufsehen erregen, falls sie dort auftauchen. Außerdem
haben wir dort noch immer einen Slayer, der sich auf dem Pfad der
Wiedergutmachung der weltlichen Justiz ausgeliefert hat. Faith kickt ebenso
Ärsche wie Tara, aber um einiges brutaler und tödlicher. Gunn ist auch nicht zu
unterschätzen und wenn alle Stricke reißen, können wir uns getrost auf Angel
und Buffy verlassen. Oh und Giles, ist der nicht zurück in England beim Rat der
Wächter? Die haben doch auch Verbindungen.“
„Wenn sie sich nicht gerade in eine Prophezeiung verlieben oder
sich selbst im Weg stehen. Ich würde sie als absolute Notlösung einstufen oder
deinen Wächter zwischenschalten, damit uns das Palaver erspart bleibt. Wir
haben eine schlagkräftige Truppe im Rücken, wenn es hart auf hart kommen sollte
und bis dahin haben wir uns. Wir können genügend Dämonen niedermähen, um die
Bedrohung in Schach zu halten und sind auch nicht völlig bescheuert, wenn es um
Hinweise für eine endgültige Beseitigung derselbigen geht. Unorthodoxe Methoden
eingeschlossen. Deshalb einfach weiter nach Osten zu unserem ursprünglichen
Ziel? New York?“
Cordelia nickt geistesabwesend, das hörte sich logisch an. „Martha
meinte, dass nur ein Teil der Mächte für eine Eroberung dieser Dimension war,
hoffen wir, dass der andere Teil uns weiterhin Warnungen zukommen lässt.“
Spike nickt erwägend und dann behutsam, „Warum hast du mir nichts
von den anderen Visionen erzählt? Diejenigen, die Angel einschlossen?“
Ertappt blickt sie ihn an, beruft sich dann aber auf die Gegebenheiten,
„Weil sie nicht für dich bestimmt waren. Es hätte keinen Zweck gehabt, sie mit
dir zu teilen oder wäre es für dich von Interesse gewesen, wie Angel sich zu
dem Bild von mir einen runterholt? Ich denke nicht.“
Spikes Antwort ist ebenso kalt wie ihre, „Ich denke schon.“
„Komm schon, es wäre nicht in meinem Sinne gewesen, wen hättest du
mehr verflucht Angel oder die Mächte? Alle? Niemand?“ Sie zuckt die Achseln.
„Oder mich bemitleidet? Pfft! So nicht mein Stil, vor allem weil es kein
Gegenmittel dafür gibt. Du kannst mir nicht die Visionen nehmen, sie gehören zu
mir.“
Er kämpft einen Augenblick mit sich, bis seine Wut die Überhand
gewinnt, „Das wäre auch nicht meine Intention gewesen, aber vielleicht hätte
ich die Bürde erleichtern können. Verdammt, Cordelia, du bist nicht alleine,
falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, ich stecke genauso halstief drin
wie du. Die Welt geht nicht unter, wenn du einmal nicht stark bist und Gefühle
zulässt, die negativ sind. Niemand wird einen falschen Eindruck von dir
bekommen oder dich verhöhnen. Und falls du dir Sorgen über deinen möglichen
Zorn machen solltest, der mit deinen ach so diabolischen Emotionen einhergeht,
dann kann ich dich beruhigen, du darfst wütend sein, es ist eine natürliche
Reaktion und verdammt sind wir beide. Wenn ich dich an Martha erinnern darf,
dann bist du ebenfalls dort oben unerwünscht. Sogar unwillkommener als ich.“
Der Stich saß, sie schluckt und schweigt.
Sie weiß, dass er eine Reaktion provozieren will. Irgendeine.
Zwingt sich zur Ruhe und Gleichgültigkeit. Zwingt sich zu einer ausdruckslosen
Miene. Und er nickt nach einer Weile bitter, die Einsicht in seiner Miene
entschärft nicht seine Worte, „Meine Schwäche ist das Herz, aber deine ist das
Fehlen desselbigen und das wird dein Ende sein.“
Cordelia hasst seine Fähigkeit, ihre Worte so ungeniert
zurückzuwerfen und ihre Unfähigkeit, sich von dem Inhalt zu distanzieren.
Ironisch, dass sie vorhin gedacht hatte, dass er den Eispanzer, um selbiges
weggesprengt hat. Weshalb macht Spike sie so verletzbar, empfänglich für seine
Kritik und übersensibel dafür? Sie ist keine Idiotin und kein kleines Mädchen.
Sie weiß, was sie will und wie sie es bekommt, aber er stiehlt ihr die Begabung
es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen und eigentlich hat er sie nicht
angegriffen.
Sie hat ihn mit dem Satz gestern nicht herabgesetzt und sie ist
nicht kalt.
Warum lag ihr so verdammt viel an seiner Meinung? Warum sagte sie
ihm nicht einfach, dass er sie am Arsch lecken konnte mit seinen verdrehten
Analysen? Oder warum stimmte sie ihm nicht einfach zu, denn es war nicht so
schlimm, sein Ende durch den Verstand zu erlangen.
Anstelle des Herzens. Es war mit Sicherheit weniger schmerzhaft.
Aber sie hat Panik, dass sie davor verrückt wird und nicht einfach
krepiert.
Wenn sie sich ihren Gefühlen stellt und sich nicht von den
Geschehnissen distanziert, dass sie von ihnen überrollt und niedergeworfen
wird. Dass sie einen Tobsuchtsanfall bekommt, wie eine hysterische Frau
geifernd und Galle und Gift um sich spritzend, mit Gegenständen, um sich werfen
wird und ihr Schicksal verfluchen. Dass dies kein schöner Anblick sein wird,
darüber ist sie sich klar. Dass es nichts an den Tatsachen ändert, ist ihr
ebenso bewusst. Dass sie diese Unfallszene in ihrem Inneren ist, weiß sie
sicher.
Aber sie muss diesen Eindruck nicht nach außen tragen, oder?
Die lebensmüde Frau befindet sich in demselben Käfig, den Angelus
jetzt für sich in Anspruch nimmt und rüttelt an den Gittern. Ist in guter
Gesellschaft dort, ein Spielzeug für Stärkere, bis sie bricht, die Stücke
weggeworfen werden und endlich frei sind. Sie frei von ihr ist.
Sie muss nicht mit Spike darüber reden, wie sie sich dabei fühlt,
dass sie Angel diese Schuld im Hier aufgebürdet hat, es sie entsetzt und stumm
macht. Dass sie ihn nicht mehr verdammen kann, weil sie die alleinige
Verantwortung trägt. Weil sie für soviel mehr die Schuld trägt und die Mächte
gerecht erscheinen und gnädig, nicht wie ein zorniger Gott, weil sie sich
selbst eine soviel größere Strafe auferlegt hätte, es vielleicht getan hat.
Angelus ihr wehgetan hat, aber sie sich diese Behandlung mehr als
verdient hat.
Weil sie die höheren Konzepte nicht versteht und die Rose an ihrem
Innenschenkel brennt und die Konsequenzen plötzlich untragbar sind. Sie eine
lange Zeit nicht mehr den Fall gespürt hat, aber im Moment ist er
allgegenwärtig.
Dröhnt in ihren Ohren. Verwischt ihr Sichtfeld. Versengt ihre
Haut.
Die Konturen verschwimmen.
Sie. Kann. Nicht. Atmen.
Sie. Kann. Nicht. Fühlen.
Es ist zu viel. Sie will sich nicht wieder neu zusammensetzen oder
ist es freisetzen? Spürt die Erschütterung in ihrem Innern, wie die Welle aus
Energie sich aufbaut und sie ist müde, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.
Ist es so müde und es nicht mehr als ein Schimmer auf ihrer Haut, der den
Tzunami ankündigt. Die Flutwelle, die bereit ist loszubrechen und ihre
restlichen Schutzmauern zu zerstören. Cordelia denkt, dass er Unrecht hatte.
Ihr Herz war ebenso ihr Ende, wie seines. Das hier war unreal. Der Wunsch in
Licht zu explodieren und sich zu vergessen.
Vergessen, dass sie ein Ich besaß und einen Willen und eine
Vergangenheit.
Plötzlich sind Spikes Arme fest um sie gelegt.
Sie wird gehalten. „Entspann dich, Cor. Komm schon, Cheerleader,
das ist keine Wahrheit, die dich sprengen kann. Lass es gut sein. Lass los.“
Wusste er nicht, dass sie dabei war loszulassen? Weshalb hielt er
sie zurück?
„Lass den Schmerz los.“ Sie war der Schmerz, wie sollte das
funktionieren? Sie war der Krieg. Sie war so müde.
„Baby, komm schon.“ Sie war niemandes Baby. Sie war jedermanns
Cordy.
„Verdammt, brich mir jetzt nicht zusammen.“ Sie brach nicht
zusammen. Sie explodierte. Das war nicht dasselbe. Das war anders.
Weshalb hatte er solche Angst? Weshalb presste er sie in seinen
Körper? Er würde nur von der Flutwelle weggespült, wenn sie losbrach. Sie
sollte ihn warnen. Ihre Stimme war so weit weg. „Spike, jetzt wäre ein guter
Zeitpunkt loszulassen.“
„Nein.“ Sie will den Kopf schütteln, aber seine Hand in ihrem Haar
unterbindet die Bewegung. „Ich falle mit dir.“ Das war ungerecht. Er sollte
seine Chance auf Wiedergutmachung haben. Er hatte nicht die Götter ihrer Welt
gefordert.
„Das ist idiotisch von dir.“
„Ich war nie klug, in den Angelegenheiten des Herzens.“ Cordelia
schließt die Augen, spürt wie sich ein Lächeln in ihr aufbaut und atmet tief
durch. Riecht Sommer und den See. Fühlt, wie er die Leere in ihr füllt. „Nenn
mich einen hoffnungslosen Fall.“
Versonnen von ihr, „Die Hoffnung stirbt zuletzt oder ist es die
Liebe?“
„Wenn die Hoffnung stirbt, dann stirbt auch die Liebe.“
Sie will nicken, aber er drückt sie noch immer in seinen harten
Körper. Ihre Arme gehen zögernd um seinen Oberkörper und die Anspannung weicht
langsam unter seinem beruhigenden Streicheln. Seine und ihre. Die Kreise die
seine Hände auf ihren Rücken zeichnen, kommen ihr magisch vor, lösen das
Eisenband, kann den Klick in ihrem Innern vernehmen als es von ihr abfällt und
sie legt ihren Kopf schließlich erschöpft auf seine Schulter. Ihre Nase wieder
in seiner Halsbeuge und sie atmet tief und gleichmäßig durch. Ihr Kopf fühlt
sich so schwer an und sie will sich nur ausruhen, nur kurz verschnaufen, bevor
sie ihre Stärke zurückkämpft und ihn auf Abstand bringt.
Und so stehen sie eine lange Zeit.
Bis der Zirkel um sie beginnt aufzuglühen, ein kurzes Schwirren
und er bricht mit einem Zischen zusammen. Zeit sich wieder der Welt zu stellen.
Ihre Aufmerksamkeit hat ein anderes Ziel und sie atmet erleichtert auf,
„Schätze unsere mystische Spionageabwehr hat ihren Geist aufgegeben.“
„Dann gehe ich eine rauchen und du kannst deinen Wächter anrufen.“
„Yeah, klingt nach einem Plan.“
Und sie liebt seine Art, über ihre emotionalen Zusammenbrüche
hinwegzugehen.
Es war so britisch und hatte Klasse.
As lost as I get, I will find you.
Der Plan klang vielleicht gut, aber die Aussicht mit Wesley zu
telefonieren war nach den Ereignissen, der letzten beiden Tage ein wenig
beunruhigend. Vor allem weil sie keine Ahnung hatte, wie sie Marthas Warnung in
Worte fassen konnte und die Bedrohung darstellen, ohne ihn zu paralysieren oder
in den Panikmodus zu versetzen. Sich selbst daraus befreien.
Außerdem gab es noch das kleine Problem, einem Wächter
klarzumachen, dass sie Sex mit einem Vampir hatte und es gut war. Für sie und
sie deshalb nicht verrückt war. Gerade mit ihrer Vergangenheit. Nach einem
letzten langen Blick auf das Handy, steuert sie auf die Küche zu, schenkt zwei
Whiskey ein und folgt Spike auf die Terrasse.
Er blickt müde auf, als sie ihm den Whiskey reicht und sich in den
Sessel neben ihn setzt. „Wo ist Martha?“
„Keine Ahnung, sie ist weggefahren.“ Sein Kopf weist auf die
Stelle, an der vorher eine alte Corvette stand. Dann lehnt er sich in dem
Korbsessel zurück, nimmt einen tiefen Zug von seiner Zigarette und starrt auf
die Felder vor ihm.
Das Schweigen ist angenehm nach all den Offenbarungen der
vergangenen Tage und Cordelia zieht die Beine an und entspannt sich, nimmt
einen Schluck von ihrem Whiskey. Der Geschmack ist unvertraut scharf, aber die
Wärme des Alkohols angenehm in ihrem leeren Magen. Sie war dabei sich eine
Menge schlechter Angewohnheiten zuzulegen und Whiskey vor dem ‚Frühstück’ war
noch nicht einmal in der Top Ten.
Versucht sich zu erinnern, wann sie zuletzt eine Tagesroutine
hatte, die auch nur im Entferntesten an Normalität heranreichte und denkt, dass
sie die kläglichen Ansätze davon endgültig mit ihrem Highschool-Abschluss
hinter sich gelassen hat. Dass sie sich in den letzten Wochen endgültig auf den
Vampir-Rhythmus eingestellt hat, die Tage verschlief und erst mit der
einsetzenden Dämmerung wach wurde. Seit die Visionen, die zu einem Kampf
führten mit der Genauigkeit einer Schweizer Uhr eben dann eintrafen, wenn sie
wieder auf der Straße waren.
Überlegt, ob die drei Visionen ihr drei Tage Ruhe zusichern und ob
das heißt, dass sie morgen wieder auf der Straße sind und ob tatsächlich jedes
Detail Part eines größeren Planes ist. Warum die Schattenbilder verschwunden
sind und ob sie den Kontakt mit Angel verliert oder nur den zu Angelus
unterbindet. Schiebt den trüben Gedanken weg, besinnt sich auf etwas anderes.
Die Nächte waren angenehmer, nicht nur weil Spike sich frei
bewegen konnte, sondern weil sie sich freier fühlte. Bizarr, aber die Routine
mit der die Menschen ihre Leben führten, erschien bedrückend und Cordelia ist
sich nicht sicher, ob es daran liegt, dass sie eben diese nie erleben wird oder
es sie irritiert, weil sie sicherstellt, dass die Familien in Frieden leben
können. Die Freaks der Nacht waren ihrem Wesen näher, ließen ihr den Glauben,
dass sie normal war. Zumindest normaler.
„Du bist eine seltsame Frau voller Widersprüche, Cordelia. Sehr
beunruhigend.“
Sie blickt ihn verblüfft an, erinnert sich daran, dass
Gedankenlesen keines seiner Talente ist und Spikes Lächeln ist unverfänglich.
„Ist dir das gerade erst klargeworden oder ist diese Wahrheit das Ergebnis
eines längeren Denkprozesses?“
„Mmh, beides. Mir ist nur gerade klar geworden, wie seltsam du
tatsächlich bist.“
Als sie ihn unverwandt anstarrt fährt er schließlich fort, „Auf
der einen Seite kannst du es mit Angelus und den Mächten aufnehmen, ohne daran
zu zerbrechen, bist so biegsam wie flüssiger Stahl. Auf der anderen Seite kann
die Aussage, dass du kein Herz hast, dich soweit treiben, dass du bereit bist
dich aufzugeben. Als ob jemand flüssigen Stickstoff über dich geschüttet hat
und eine falsche Bewegung reicht, um dich in Stücke zu schlagen, der geringste
Druck. Nur langsames Auftauen eine Vernichtung verhindert.“
„Ich wusste nicht, dass du den Discovery Channel in deiner Gruft
empfangen konntest.“
Er lässt ein leises Lachen hören. „Was kann ich zu meiner
Entschuldigung sagen? Die Tage in Sunnydale sind lang, die Besuche des Slayers
oder Nibblets waren zu selten und man braucht ein
Kontrastprogramm zu Passions.“ Er inhaliert noch einmal tief und schnippt die
Zigarette auf den Vorplatz, erwidert ihren bösen Blick mit einem Achselzucken.
„Warum hast du deinen Wächter noch nicht angerufen?“
„Weil er nicht nur mein Wächter ist, sondern in erster Linie mein
bester Freund und ich noch dabei bin, mir eine Formulierung für den Stand
unserer Beziehung einfallen zu lassen, die Wes nicht in den ‚Brillenputz-Modus’
schickt.“
Spike grinst frech, bevor er ironisch erwidert, „Fuck Buddies ist
keine passende Formulierung? Dabei war deine Erklärung gestern so
einleuchtend.“
Sie lässt ein Schnauben hören, bevor sie ihr Glas leert. „Ich bin
eine seltsame Frau.“
„Vergiss die Widersprüche nicht.“
„Wie könnte ich.“
Schließlich fährt er ernsthaft fort, „Also welchem Umstand habe
ich es zu verdanken, dass du dich nicht in Licht aufgelöst hast, Cor? Um
zukünftigen Spaltungen auf nuklearer Ebene zuvorzukommen.“
Die Antwort ist einfach. „Deine Worte und dein Geruch.“
„Huh?“ Er legt überrascht den Kopf schief.
„Dein Geruch nach Sommer, See und Salz weckte Erinnerungen.“
„Also habe ich Eindruck hinterlassen.“ Sein Grinsen ist pure
männliche Eitelkeit und sie lächelt kopfschüttelnd. „Dann sollte ich für mehr
gute Erinnerungen sorgen, oder?“ Ihre Augen werden groß.
Er leert seinen Whiskey mit einem Zug, steht auf und hält ihr
seine Hand entgegen. Sein Grinsen ist teuflisch, „Sieh es als
Präventionsmaßnahme, schließlich sind wir Fuck Buddies.“ Und sie kann seine
mentalen Anführungsstriche, um das Wort sehen.
„Martha –"
Er unterbricht sie, „- wird für die nächste Stunde weg sein und
selbst wenn nicht, wird sie uns nicht stören. Dafür ist sie diskret genug,
außer sie ist auf einen Dreier scharf, was ich persönlich für unwahrscheinlich
erachte. Also?“
Cordelias Hand legt sich zögernd in seine und er zieht sie hoch.
Zieht sie hinter sich her in das gemeinsame Schlafzimmer, entledigt sich ihrer
Kleider und seiner. Dann manövriert er sie auf das Bett, kniet über ihr, seine
Hände erkunden ihren Körper. Das hier ist noch immer unvertrautes Terrain und
sie liegt ein wenig steif unter ihm, weiß nicht, wohin mit ihren plötzlich zu
langen Armen und Beinen.
Seine Stimme ist eindringlich, „Entspann dich, Cor, ich werde dir
nicht wehtun.“
„Ich weiß.“
Das ist auch nicht ihre Sorge. Aber sie kann das Gefühl nicht
abschütteln, dass sie das hier nicht verdient hat. Dass es schwerer sein
sollte, sich ihm hinzugeben. Verworrener. Sie etwas anderes empfinden sollte,
als das Gefühl seiner begnadeten Hände auf ihrem Busen. Seiner Lippen auf ihrem
Schlüsselbein.
Das pure Vergnügen von eisiger Haut, die gegen feurige reibt.
Ihre Arme gehen zögernd um seinen Nacken, ziehen ihn näher und sie
seufzt leise. Schließt die Augen und atmet seinen Geruch ein, vermischt mit
Whiskey und Rauch. Er erinnert sie an die ersten Wochen in seiner Gesellschaft
und daran, dass sie beide jemand anders lieben. Die Frage, was sie eigentlich
hier treiben, eine wäre, auf die eine Antwort suchen, sich lohnen würde.
Nur scheint dieses geheimnisumwitterte Rätsel unwichtig.
Nur scheint ihr Körper nicht daran interessiert zu sein, was ihr
Herz will.
Es nicht wirklich hiergegen demonstriert. Sie stöhnt als seine
stumpfen Zähne sich flüchtig in ihre Brust graben, ihr Rücken biegt sich durch
und ihre Beine öffnen sich. Beinahe als ob sie ferngesteuert ist. Beinahe als
ob es natürlich ist. Beinahe als ob sie ihn begehrt und ihm nicht nur vertraut.
Aber das tut sie nicht. Kann sie nicht. Und will sie nicht.
Nicht mehr als sie es ohnehin schon tut.
Spürt mehr, wie sie es bewusst wahrnimmt, dass er seine Position
ändert, zwischen ihre Beine gleitet und sie reibt sich gegen seine Erektion,
hört ihn seufzen und benötigt wieder etwas, um ihren Mund beschäftigt zu
halten. Biegt ihren Arm zurück und legt ihren Handrücken auf ihre Lippen, um
sich von unbedachten Handlungen abzuhalten. Und vielleicht auch vor
gedankenlosen Äußerungen.
Fühlt wie sein Mund tiefer gleitet und diesmal nicht an ihren
Brüsten hängen bleibt, als er auf Höhe ihres Bauchnabels ist, zieht sie ihn
zurück. Fest, „Nein, Spike!“
Seine Augenbrauen gehen zusammen, „Nein?“
Sie schüttelt entschieden den Kopf, „Nein.“
„Okay. Alles andere ist jedoch offene Spielwiese?“ Sie nickt
langsam. „Gut.“
Aber Spike kommt nicht sofort zurück, lässt seine Zunge um ihren
Nabel kreisen und sie hat genug Vertrauen in ihn, dass er ihre Wünsche
respektiert und sie entspannt sich wieder unter den Berührungen seiner
Fingerspitzen. Lässt sich wieder von der Wärme und Leidenschaft einfangen, die
sein kühler Körper in ihr zündet. Die Flamme unter ihrer Haut macht sie nicht
mehr nervös und sie genießt seine Finger, die tiefer wandern.
Erwartet sie, lächelt, streicht mit einer Hand über seinen Rücken
und seinen Hals.
Entfaltet sich weiter und atmet tiefer.
Ebnet einen weiteren Schutzwall in sich, hebt einen weiteren
Schleier, während seine Lippen ihren Körper erkunden. Die Stelle unter ihren
Rippen findet, die sie seufzen lässt und den Punkt an ihrer Taille, der sie
auflachen lässt. Seine Augen leuchten und sie grinst und weiß, dass sie genauso
strahlt wie er, ohne übernatürliche Kräfte. Sie sich verstanden fühlt und
seltsam beschwingt.
Cordelia diesmal keine ausgedehnte Ouvertüre will, sondern einfach
Sex.
Keinen formvollendeten Liebhaber, sondern einen Fuck Buddy.
Bringt ihn mit einer Drehung unter sich, positioniert sich über
ihn und er blickt sie mit einer Mischung aus Hunger und Verlangen an, die ihre
Haut noch mehr glühen lässt. Ihre Hand schließt sich um seine Erektion und sie
lässt sich langsam fallen. Diesmal wird sie wieder von ihm aufgefangen und
seinem harten Körper. Seinen Händen um ihre Hüfte. Schließt die Augen, als sie
ihn so tief in sich begraben fühlt und ihr Kopf fällt instinktiv in den Nacken.
Verharrt für den Augenblick.
Nimmt seine Fülle in sich auf, die ihre Leere so perfekt ausdehnt,
das Gefühl von ihm tief in ihr begraben. Ihre Handfläche auf seinem Oberkörper.
Ihre ersten Bewegungen sind behutsam und sie sucht ihren eigenen Rhythmus,
sucht nach etwas das ihr Vergnügen bereitet und findet langsam das Gleichmaß,
das sie klingen lässt. Eine Resonanz in ihr entfacht, die nachhallt bis in
seine Muskeln unter ihren Händen. Seine Finger wandern zärtlich, fast
spielerisch über ihre Oberschenkel, malen leichte Muster auf ihre Haut, während
sein intensiver Blick auf ihrem Gesicht ruht.
Bis sie ein Tempo ansetzt, das ihn anheizt und seine Lider
schließt. Sich gegen das Kopfteil stützt und seine unterdrückten Flüche bringen
ihren Blick zurück auf sein Gesicht. Er hat nichts Himmlisches in diesem Moment
und es könnte sie nicht weniger interessieren, solange seine Hände sie nicht
einfangen und ihre Geschwindigkeit ausbremsen.
Ihr die Freiheit lassen.
Aber alles was er anbietet, ist seine Unterstützung, sind seine
Hände auf ihrem Hintern, die sie locker halten, wieder ein Rahmen. Wieder
etwas, dass sie nicht ziellos werden lässt. Ihren Fokus hält. Ihr Atem kommt
stoßweise, ihre Bewegungen fließend und sie lässt sich endlich nach vorne auf
ihre Ellbogen fallen, bringt ihre Arme neben seinen Kopf und ihre Stirn
gegeneinander und sie fühlt wie er synchron mit ihr atmet.
Die simple Erotik in der Geste trifft sie unerwartet.
Die Bedeutung, dass er sich ganz auf ihren Körper einstellt, ist
nicht wirklich überraschend. Ist intensiv. Ist etwas, das er vielleicht gestern
schon getan hat und ihrer Aufmerksamkeit entging. Und sie wird langsamer, weil
sie noch nicht will, dass es zuende geht und sie zu nahe am Abgrund ist.
Und Cordelia öffnet die Augen, sein Gesicht ist so dicht, dass es
fast verschwommen ist und sie wird von goldumrandeten Blau empfangen und seine
verbale Stille ist genauso unnatürlich wie im Zirkel. Aber es erscheint trotz
allem richtig. Seine Hände die sie näher ziehen, ihren Oberkörper gegen seinen
pressen und seine Hüften, die gegen ihre stoßen. Sie aufrütteln, aber auf eine
gute Weise. Sie daran erinnern, dass dies Sex ist und sie auf ein Ende
zusteuern sollten. Es zuviel ist und sie wieder die Augen schließt, sich auf
das Gefühl in ihrem Innern konzentriert und ihre gemeinsamen Bewegungen.
„Komm näher.“
Sie will sagen, dass wenn sie noch näher kommt, ihr Körper in
seinem verschwindet. Sie immer noch zwei Individuen sind und ihre Finger
vergraben sich zittrig in seinem Haar. Seine Arme legen sich enger um ihren Rücken.
Ihr Atem rasselt in ihren Ohren und dann dreht er plötzlich den Kopf und seine
Zunge fährt die Linie hinter ihrem Ohr ab. Langsam und zündend folgt sie ihrem
Hals und ihre Lippen wandern genauso begierig über die Stellen seiner Haut, die
sie erreichen kann, ohne sich von ihm zu lösen. Seinen Oberkörper, seine Kehle,
genauso ruhelos wie seine Hände ihr Kreuz kneten und sein Mund ihre Schulter
und ihren Hals schmeckt.
Versucht seinen Geschmack aufzunehmen.
Versucht ihn im Gedächtnis zu behalten und sie weiß nicht, woher
die heftige Wendung kommt, aber auf einmal ist es Leidenschaft und Lust und
eine Spur von Trauer in beidem. Keine Verzweiflung, aber das Wissen, dass dies
zu gut ist, um zu halten. Relatives Glück nicht mehr als ein Zwischenspiel. Nichts
ist für die Ewigkeit bestimmt. Nicht sie beide. Sie wissen das.
Verharrt mit der Stirn gegen sein Kinn gepresst, offene Lippen
gegen seinen Adamsapfel, denkt an all die Worte, die ungesagt bleiben werden
zwischen ihnen. Denkt an all die Möglichkeiten, die unerforscht im Raum
zwischen ihnen stehen werden. Denkt an ihn und das was er bereit ist ihr zu
geben, neben den gemachten Erinnerungen. Am Ende.
Das Erkennen, das sie nicht alles von ihm annehmen kann, das er
bereit ist zu geben.
Es sollte sie nicht stören, aber der Missklang ist da.
Das Moll, das von einer Zukunft wispert, in der sie beide wieder
getrennt ihre Wege gehen. Sie will ihn festhalten, will in ihn kriechen und
sich dort in den Rissen und Spalten festsetzen. Unbemerkt. Einen Teil von ihr
in ihn imprägnieren. Unzerstörbar machen in ihm. Unerreichbar in seinem
Gedächtnis sogar für sie, so dass es Bestand über alle Veränderungen hinaus
hat. So dass sie sich ohne schlechtes Gewissen davon schleichen kann, mit dem
Wissen, dass ein Teil von ihr solange existieren wird, wie Spike an diese Erde
gebunden ist und selbst in seinem Staub noch da sein wird.
Dass sie gut war. Ist. In etwas. In ihrem Wesen. Ihrer Liebe.
Seine Hände fangen ihr Gesicht ein, heben es an und seine Augen
suchen ihre. Fingerspitzen, die ihr Gesicht federleicht abzeichnen und in
seltsamen Kontrast zu seinen harten Stößen stehen, die gegen ihre Hüften
prasseln. Die aufgebracht sind, wachrütteln und seine Blicke fragen sie, ob es
nicht das ist, was sie von ihm will, braucht, verlangt und seine Hand wandert
in ihren Nacken zieht sie näher an sein Gesicht und sie weiß, wohin das führt
und es ist das, was sie über die Grenze wirft und sie reißt ihn mit.
Denn Spike hat nie gelernt loszulassen und manchmal kann das gut
sein.
Manchmal kann der Fall schön und schwerelos sein und
atemberaubend, ohne Angst zu wecken und Dinge zu verkomplizieren. Ihre Hände
halten noch immer sein Haar und er hält noch immer sie, als sie langsam
zurückkommt. Aber ihr Gesicht ist sicher in seinen Hals gepresst, Cordelia
atmet ihn ein. Und sie will hier weich liegen bleiben, nur bis sie ihr Rückgrat
zurück hat und er schiebt sie nicht von sich, legt nur seine Arme locker um
ihren Rücken, seine Hände auf ihren Hintern und sie greift seine Schultern.
Sie denkt, dass das keine Gewohnheit werden sollte. Diese
Schwäche.
Dem ungeachtet liegt sie knochenlos auf ihm, nicht wartend aber
auch nicht angekommen, bis der Schweiß auf ihrer Haut getrocknet ist und sie
sich zögernd von ihm löst. Die Welt ist zurück. Sie sind es, an dem Punkt, an
dem sie gestartet sind und es hat sich nichts geändert. Nichts ist aus den
Bahnen gekippt und das ist ebenfalls gut.
„Wir sollten morgen weiterziehen.“ Und er nickt bedächtig. „Und
ich sollte noch Wes anrufen.“
„Ist es dafür nicht einwenig zu spät?“
Nach einem Blick auf die Wanduhr, „Nein, er wird noch im Hyperion
sein.“
„Okay, dann gehe ich duschen, damit ihr ungestört reden könnt.“
Und sie gibt ihm ihre Bestätigung mit einem Nicken,
selbstvergessen, „Deine Sachen sind im Bad.“
„Du sollst mir nicht hinterher räumen, bezwing den Mutterinstinkt
oder ich sehe mich gezwungen, ihn aus dir herauszutreiben.“ Blickt ihn
überrascht an und er lächelt provokant und damit ist ein nackter Spike aus der
Tür und sie blickt einen Moment unentschlossen auf das helle Viereck. Bevor sie
das Mobiltelefon aufklappt und auf Empfang hofft. Nach einem Blick auf das
Display, zieht sie sich an und geht in die Küche. Martha wird nichts dagegen
haben, wenn sie ihr Telefon benutzte.
Die Nummer gedankenlos aus dem Gedächtnis eintippend, lauscht sie
dem Leerzeichen, nachdem zweiten Klingeln, hört sie die verschlafene Stimme auf
die sie gesetzt hat. „Angel Investigation. Wesley Wyndham-Pryce am
Apparat. Was kann ich für Sie tun?“
Lächelt bei ihrer Vorstellung, wie er über seinem
Schreibtisch eingeschlafen ist, weil niemand da war, der ihn heimgeschickt hat.
Lächelt, weil sie deswegen nicht traurig sein sollte. Wundert sich nicht, wo
ihr Motto geblieben ist, ‚Wir helfen den Hilflosen!’, erinnert sich, dass sie
seit einer ganzen Weile selbst ziemlich hilflos und hoffnungslos waren. Sind.
„Wesley, hier ist Cordelia.“
„Cordy.“ Und er hört sich so müde an, dass sie ihn am liebsten für einige Wochen in Urlaub schicken würde, weil er es sich mehr als verdient hat. Entspannung dieser Tage nicht so leicht in LA gefunden werden kann. „Wie geht es dir?“
Das Zögern ist beinahe unmerklich, wie ging es ihr? „Gut.“
Abgesehen von ein paar bedeutungslosen Kleinigkeiten, wie
einen von ihr heraufbeschworenen Weltuntergang und der zusätzlichen Nachricht,
dass sie sich mit einem Teil der Mächte in einem persönlichen Krieg befand,
ging es ihr ausgesprochen gut. Dass sie die Ewigkeit wahrscheinlich in
irgendeiner Höllendimension schmoren würde, war auch noch ganz oben auf ihrer
Liste, der trivialen Dinge. Plus der irrelevante Fakt, dass Angelus allein auf
ihr Konto ging und zwar noch viel weitreichender, wie sie es noch vor zwei
Tagen gedacht hatte. Das leichte Pochen zwischen ihren feuchten Schenkel fühlte
sich auch gut an und ja, eigentlich lief in ihrem Leben alles soweit
fantastisch. Wenn sie nicht über die Zukunft nachdachte oder die Geschichte und
eigentlich war sie der Meinung gewesen, dass sie nur die Vergangenheit zu
fürchten hätte.
Cordelia merkt erst jetzt, wie abgedreht, nein, verdammt abgefuckt das alles klingt und dass sie Wes damit nicht belasten sollte. Er hatte bereits genug Verantwortung auf seinen schmalen Schultern. Wesleys Worte durchdringen den Nebel aus Groll und Sarkasmus, der sich gerade einstellen will. „Braucht ihr Hilfe? Hattest du eine Vision?“
Und er hört sich noch immer so müde an und sie kommt zu einer Entscheidung, dass er mit einer von ihren kürzlich getroffenen Entscheidungen genug zu knabbern hat. Sie vernimmt wie er einen seiner dicken ledergebundenen Schmöker auf den Tisch vor sich fallen lässt und schließt die Augen, lauscht auf das folgende Geräusch und ja, da ist es, das leise Rascheln von Papier und sie sieht ihn so offensichtlich vor sich. Fast fühlbar, als ob sie die Hand ausstrecken kann und ihn anfassen. Wie er gedankenverloren an dem großen Schreibtisch sitzt und ein wenig verloren dahinter wirkt, wenn er nicht ein Buch vor sich liegen hat, das älter als er ist.
Sie kennt ihn und seine Reflexe und lächelt. „Wo ist Spike?“
Und er kennt sie.
„Er duscht.“ Sie fragt sich, warum es so komfortable ist
mit Wesley zu reden. So sehr daheim und alltäglich, dass sie sich beinahe
wieder normal fühlt. „Cordy. Nicht dass ich es nicht schätze, dass du mich
anrufst, aber es ist -“
Sie unterbricht ihn lächelnd, „Was, zu spät? Zu früh? Warum bist du dann noch an der Arbeit, Wes?“ Und sie kann sich nicht halten, ihn mit ihrem Wissen aufzuziehen. „Und warum hast du dann das Buch der Wächter vor dir liegen?“
„Ich höre, dass es dir tatsächlich gut geht.“ Langsam wird er wach und ihr Lächeln wird noch breiter.
„Es geht mir gut, Wes.“ Ihr geht es jetzt gut, aber das ist nicht der Punkt, sie muss trotzdem mit ihm reden und sie braucht seinen Segen oder etwas, was dem sehr nahe kommt. Sie braucht sein Verständnis, das wenigstens er sie nicht verdammen wird und sie weiß, dass er der einzige sein wird, auf den sie hoffen kann, weil sie den Rest ihrer Familie kennt. Angel und Gunn einmal mit dem Hass auf einen speziellen Dämon vereint wären, Freds Gründe Dämonen nicht zu trauen und Lornes allseitiges Verständnis, das soweit geht, dass es keine Bejahung ihrer Situation sein kann.
Sie setzt sich langsam an den Küchentisch.
„Aber es gibt da tatsächlich etwas, über das ich mit dir reden muss...“ Cordelia pausiert, unsicher, wie sie das Thema anschneiden soll, ohne ihn zu verschrecken oder die Familie auf den Plan zu rufen. „Aber du musst mir versprechen es niemand zu sagen. Ich weiß nicht, wen ich sonst anrufen soll. Fred ist wohl kaum die Richtige um über Sex zu palavern. Und du musst zugeben, dass ich nicht allzu viele Freundinnen habe.“
„Wie bitte?“ Er schnappt ihren Köder und sie lehnt sich
zurück, „Sex?“
„Sex. Ja, Wes.“ Sie
konnte ihn noch schocken, trotz der gemeinsam durchlebten Traumata und
Katastrophen, einfach indem sie das S-Wort benutzte im Zusammenhang mit ihrer
Person. Und das war nicht neu. Das war älter als drei Monate. Das war ihr Wes.
„Das hat nicht mit Angel zu tun, nicht wahr?“
Seine Frage ist langsam gestellt, er versucht seinen
Geist, um das neue Konzept zu wickeln und sie lässt ihm seine Zeit. „Nicht
wirklich.“
„Das hat mit Spike und dir zu tun, oder?“
„Ja.“
Nach einiger Zeit, schließlich leise, „Also?“
Sie denkt, die Wahrheit ist das, was er am ehesten versteht.
„Wir sind zu der Übereinkunft gekommen Fuck Buddies zu sein.“
„Wie BITTE?“ Oder auch nicht.
Vielleicht anders? „Freunde mit Extras.“
„Gott, Cordy, das...“
Sie unterbricht ihn diesmal rigoros, hat keine Lust auf
seine Vorträge, wenn er derjenige mit den One-Night-Stands war. „Das machen die
Leute heutzutage ständig. Sie...“ Cordelia nimmt einen tiefen Atemzug. „Sie
haben Sex mit Freunden, Nicht-Freunden, Kollegen, Fremden, Freunden...“
„Du wiederholst dich.“
„Ja, ich weiß.“ Das hier war sicher. Auf eine Art und
Weise. Und normal. Sie durfte normal nicht vergessen. „Was ich sagen will ist,
dass es mehr Leute wie mich gibt, die auch Freunde haben mit denen sie Sex
haben. Sehr guten Sex, wenn ich das mal so-“
„Zu viel Informationen, Cordy.“
Lustig, das von dem Mann, der sie nach einer Mördervision
nach der Augenfarbe des Monsters fragen konnte, während sie versuchte, ihr
Gehirn im Kopf zu behalten und ihren Verstand dort, wo er hingehörte. Sie
klingt etwas spöttisch, „Ich dachte nicht, dass ich das mal aus deinem Mund
höre, Wes.“
„In diesem Fall heißt es, umso weniger Informationen umso
besser.“ Haha, falsche Antwort Wächter.
„Nun...“ Sie grinst böse, Wes hatte es sich verdient mit
seinen Visionsinquisitionen und den endlosen Recherchemarathons, durch die er
sie in der Vergangenheit durchgehetzt hatte. Keine 21jährige sollte Latein und
die Bibel und diverse andere Wälzer in einer toten Sprache rezitieren können.
Worüber eine junge Frau reden sollte, war das: „Spike ist ein toller Liebhaber.
Ich bin dreimal hintereinander gekommen und das ohne dass er mehr als seine
Finger und seinen Körper einsetzen müsste. Ich meine alles ohne Lippen und
danach hat er mich umgedreht und-“
Seine Stimme klingt eine Oktave höher, „Tut mir leid dich
zu stören, Cordelia, aber ich bin wirklich nicht erpicht darauf über deine und
Spikes sexuellen Erfahrungen zu hören. Obwohl ich es sehr schön finde
festzustellen, dass du überhaupt wieder über Sex reden kannst.“ Sieht wie er
die Augen verdreht und gegen die Decke starrt, nur da oben ist niemand, der ihn
oder sie erhören wird.
Der ihnen gewogen ist und nicht auf ihr Blut aus ist.
Mit all seinem angehäuften Wissen sollte er das ahnen,
oder?
„C-Cordy.“
Sie versucht die Erschöpfung abzustreifen und sich auf ihr
eigentliches Thema zu konzentrieren, sie wollte ihn nicht weiter beunruhigen
oder ihm ein schlechtes Gewissen machen. Und er klang so verdammt besorgt.
Weshalb? Wes wusste noch nicht einmal den Anfang ihrer Geschichte und sie würde
sie ihm nicht heute Nacht erzählen, sie unterdrückt ein Seufzer. „Ich weiß
nicht was mit mir los ist, Wes.“
„Was meinst du?“
„Ich meine...“ Wieder eine Schauspielstunde zugunsten
ihrer Familie und Wes und Angel waren der Meinung gewesen, dass es sich nicht
bezahlt machen würde. Wenn sie nur damals geahnt hätten, wie falsch sie mit
dieser Annahme lagen, dann hätte sie die verdammten Stunden auf Kosten von
Angels Investigations genommen, anstatt auf ihre eigene Kappe, weil sie dachte,
dass sie einem kindischen Traum nachlief und sie diesen aus eigener Kasse zu
finanzieren hatte.
Die Stunden waren praktisch und hatten sich gelohnt. Für
alle.
Sie überlegt kurz, es hieß nahe bei der Wahrheit bleiben
und Wes trotzdem auf eine falsche Fährte locken. Es nicht zu wahr zu machen.
„Ich fühle mich wie eine verdammte Schlampe. Ich fühle mich gut dabei. Ich
*mag* es. Ich will es wieder tun. Aber es fühlt sich so an...“
Wie fühlt es sich an, eine Schlampe zu sein? „Als...“
Sie war Zeit ihres Lebens ein Miststück, eine Bitch und
eine Eiskönigin.
Cordelia denkt an Faith und sieht kajalverschmierte,
gehetzte Augen. Sieht sturen Überlebenswillen und Traurigkeit. Sieht den
Konflikt. Die mangelnde Erwartung und sie denkt daran, dass von ihr Zeitlebens
erwartet wurde, dass sie scheitert und von Faith, das sich die schlimmsten
Erwartungen bestätigen und vielleicht sind sie doch nicht so unterschiedlich.
„Als stimme etwas nicht mit mir. Ich bin sicher vor Spike, weil ich nichts für
ihn empfinde, ich kann Sex mit ihm haben, weil ich nichts für ihn empfinde und
doch...“
Vielleicht sind sie die dunkle Jägerin und sie zwei Seiten
einer Münze. Der Gedanke ist sehr beunruhigend. So wie ihr Einfühlungsvermögen
langsam unheimlich wird, kann sie wenn sie sich hart genug konzentriert auch in
Satan einfühlen oder Angelus? Schiebt die Retrospektive weg und setzt
gedankenverloren nach, „Irgend etwas ist nicht richtig daran und ich weiß nicht
was.“
Seine Erwiderung kommt bedächtig, „Vielleicht ist es der
Teil mit dem nichts empfinden.“
Diese Antwort ist wahr, wenn auch in einem anderen
Zusammenhang, „Aber dann muss ich keine Angst haben.“
„Cordy. Wir alle haben Angst, wenn wir lieben. Wir sind
einfacher zu verletzen und einfacher kaputt zu machen. Du bist verletzt worden,
weil du liebst, aber deshalb...“ Er sucht nach Worten. „Deshalb darfst du nicht
damit aufhören.“
Und das von ihm. Das war klassisch.
Gott, Wesley war einer der wenigen, der noch mehr Angst
vor Liebe hatte als sie.
Cordelia wird sich zum ersten Mal vollends darüber klar,
wie sehr er sich hinter seine Bücher und sein Wissen zurückzieht, um nicht
angreifbar zu sein. Denkt an Faith. Denkt an die Zeit, die folgte und die so
unendlich hart für sie war, wenn er vor ihrer Berührung zurückzuckte und sich
dabei seine Verletzungen erneut aufriss. Er Monate brauchte um unter ihren
Händen ruhig zu sein. Still zuhalten und den Kontakt zu ertragen, ihre Fürsorge
und die Nähe. Sie dachte, das wäre normal, hat selbst nicht anders bei seinen
tröstenden Gesten reagiert, bis er es endlich einsah und die Messer an der
Klinge aus ihrer Hand nahm, um ihre Haut nicht zu berühren.
Und vielleicht kann sie ihn zum ersten Mal vorbehaltlos
begreifen, weil ihr allein bei dem Gedanken übel wird, mit Angel in einem Raum
zu sein. Was seine Aussage noch mehr als Lüge abstempelt und offene Lügen sind
wie Schmetterlinge, schillernd, aber schnell vergänglich. Sie verkürzt die
Lebenszeit dieses überzogen optimistischen und farbenprächtigen Exemplars auf
ein paar Sekunden, „Das kannst du mir nicht erzählen, Wes, nicht du.“
Sie zieht ihre Hand von ihrem Mund zurück, wird sich erst
nachdem sie gesprochen hat, darüber klar, dass sie in ihrem Entsetzen vergessen
hat, dass er sie nicht sehen konnte und das vielleicht gut war.
„Du wirst es nicht glauben, Cordy, aber ich bin auch verletzt
worden. Auf eine andere Art. Ob schmerzlich oder tödlich spielt keine Rolle. Es
tat weh. Es tut jetzt noch weh. Und ich weiß, du willst irgendwann mit Angel
zusammen sein können. Du willst nicht zuerst deine Gefühle abtöten müssen,
bevor du wieder bereit bist etwas zu empfinden, aus Angst es könnte zu viel
werden.“
Sein Seufzen klingt gequält. „Ich habe die Erfahrung
gemacht, dass es meistens nicht genug sein kann.“
Sie bleibt ruhig, verarbeitet die gewonnenen Erkenntnisse
über Wesley und weicht der Frage aus, ob sie das alles tut, um mit Angel
zusammenzusein, denn diese Antwort ist zu komplex. Sie hat schon zuviel getan,
um ihm das zu geben, was er verdient hat und sie will einen kleinen Moment
egoistisch sein, ohne das Ganze auf Spikes Rücken auszutragen und ihn als
Bauernopfer darzureichen.
Ihr einziger Schutz davor ist seine Liebe zu Buffy und sie
fühlt sich nicht als Betrügerin. Fühlt sich nicht als die Schattenfrau oder
Geliebte, weil sie mit zuviel Gefühl tatsächlich nicht umgehen kann und Wes
ihr gezeigt hat, weshalb sie in den Bahnen denkt, in denen ihr Verstand zurzeit
kreist. Selbst zu lange darin gefangen war. Er es logisch und rational klingen
lässt, ohne den ganzen Konflikt überhaupt gehört zu haben.
Vermutlich verstecken Spike und sie sich gerade hinter
ihrer Freundschaft, aber es ist die Atempause, die sie beide brauchen, um sie
nicht von ihrer Liebe vollständig konsumieren zu lassen, so dass tatsächlich
nichts als Asche zurückbleibt.
Schließlich sagt sie, „Das ist nicht das, was ich erwartet
habe.“
Spürt sein Lächeln, „Nun, aber das ist meine Antwort.“
Der Konter ist Instinkt, „Ich war mir nicht bewusst eine
Frage gestellt zu haben.“ Das Buch auf seinem Tisch gibt ein leises Woosch von
sich und sie weiß, dass er es geschlossen hat und die Geschichte darin
eingeschlossen.
Und sie waren die Zukunft, oder? Lebendige, nicht
festgeschriebene Schicksale.
Seine Stimme ist warm, „Aber ich habe sie trotzdem
gehört.“
Er kennt sie so gut und manchmal tatsächlich besser als
sie sich selbst kennt. Setzt sie auf den Pfad zurück, ohne dass er von ihrem
Straucheln unterrichtet werden muss. Cordelias Augen brennen, während das
Lächeln auf ihr Gesicht zurückkehrt. Sie war nicht töricht und sie hätte sich
wohl kaum auf diese Reise gesetzt, wenn diese erfahrene Cordelia der Meinung
gewesen wäre, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen wäre oder sich nicht lohnen
würde.
Sie nicht ihren Frieden finden würde. Irgendwann.
„Danke, Wes.“
„Nein, Danke dir, Cordy.“ Und sie weiß, dass er ebenso
dümmlich lächelt wie sie und es ist mehr als okay.
Sie hält das ‚Ich liebe dich’ zurück, weil sie dann beide
in Tränen ausbrechen würden und ihm das peinlich wäre. Sie schluckt den Kloß
hinunter, der sich gebildet hat und schließt ihre Augen.
Zeit sich den Herausforderungen ihres Lebens zu stellen
und Wesley hatte die Hoffnung neu in ihrem Herzen gesät. Hat ihr seinen Segen
gegeben für diesen Weg. Diese für Außenstehende befremdliche Beziehung zwischen
Spike und ihr. Selbst wenn es gegen alles sprach, was er als Wächter gelernt
haben muss, vertraute er ihrem Instinkt. Wollte er, dass sie wieder fühlte und
lebte, selbst wenn das hieß, Fehler zu machen. Denn das macht sie menschlich.
Hat sie erwähnt, dass sie ihn liebt?
„Ach Wes, eines noch, vielleicht wäre es an der Zeit,
Faith einen Besuch abzustatten und das Gefängnis hinter dir zu lassen.“ Lauscht
in die Stille seiner Antwort, wenn sie sich ihren Dämonen stellen sollte, dann
war es nur fair, wenn er ebenso seinen einen Besuch abstattete. Hört wie er
hart einatmet, dann besänftigend, „Geh nachhause Wes und schlaf dich einmal
richtig aus. Angel wird sich schon nicht umbringen, wenn du nicht im Hotel
bist. Er hat es nicht in den ersten Wochen getan und er wird es jetzt mit
Sicherheit nicht tun. Er hat es mir versprochen.“
„Gute Nacht, Cordy.“
„Gute Nacht, Wes.“
Und das ist ihre Art ‚Ich liebe dich’ zu sagen und sie
lächelt leise in den Klick, bleibt einen Moment sitzen, bevor sie sich ein
Sandwich macht und es herunterschlingt. Dann ins Bad geht und kurz duscht.
Sie fühlt sich ganz okay und eigentlich hätte ihr das eine
Warnung sein sollen.
The deeper the wound, I’m inside you.
Als Cordelia neben Spike ins Bett kriecht, wirft er ihr
nur einen kurzen Blick zu und starrt dann weiter an die Decke. Seine ganze
Haltung schreit königlich angepisst, mit den hinter dem Kopf verschränkten
Armen. Sie unterdrückt ein Seufzer und verflucht wieder einmal die
übernatürlichen Sinne von Vampiren.
Behutsam, „Wie viel von meiner ungestörten Unterhaltung
hast du mitbekommen?“ Sie verzichtet auf die Betonung von ungestört, denn es
macht letztendlich keinen Unterschied. Es reicht, wenn er wütend ist und sie
ist zu gut drauf, um sich leicht die Stimmung verderben zu lassen.
„Mmh, ich habe nach Schlampe und ‚Nichts für ihn empfinden’
begonnen wegzuhören.“
Cordelia verlegt ihre Strategie auf verständnisvoll, „Du
weißt, was ich für dich empfinde, Wesley hingegen - Es ist schwierig, das zu
beschreiben, ohne ihn in Panik zu verfallen lassen. Er ist ausgebildeter
Wächter und er traut keinem seelenlosen Vampir, warum sollte er? Er kennt dich
nicht, abgesehen von deinen Auftritten in den Wächtertagebüchern und ich will
ihn nicht noch weiter runterziehen, er hat es im Moment schwer genug in LA.“
Herausfordernd von Spike, „Du meinst bei Angel? Sag mir,
wie fühlt es sich für deinen Wes an, tagtäglich mit der Kreatur
zusammenzuarbeiten, die dich in den Fängen hatte? Kitzelt es einen Nerv in ihm
ihn zu foltern mit all seinem Wächterwissen oder ist schon alles vergeben und
vergessen?“
Sie runzelt missbilligend die Stirn, „Wir haben nicht
darüber geredet.”
Er dreht sich elegant auf den Bauch und stützt sich auf
seine Ellbogen, den Kopf auf die Unterarme gesenkt. Die vermeintlich entspannte
Pose täuscht nicht darüber hinweg, dass Spike sich in Angriffposition bringt
und auf sie ein Gewitter der Extraklasse wartet. Solange es die Atmosphäre
reinigt, sollte es ihr recht sein, denn momentan war die Luft zwischen ihnen
zum Schneiden dick.
Die gute Laune, in die Wes sie versetzt hat, legt sich mit
leisem Bedauern, aber sie ging keinem Streit mehr aus dem Weg. Eine von Spikes
Lektionen. Ein Psychiater würde an ihnen beiden ein Vermögen verdienen und
eigentlich sollte Wes froh sein, dass sie keine professionelle Hilfe in
Anspruch genommen hat. Nicht nur zum Wohle der Gemeinschaftskasse von Angel
Investigations.
Das hier funktionierte ausgezeichnet. Die meiste Zeit.
Außer wenn sie sich in Paartherapie begaben. Dann brach
die Hölle los.
Die leichte Belustigung verschwindet unter seinem Blick,
der kritisch auf sie gerichtet ist und seinem verächtlichen Tonfall, „Ihr tut
das nie, selbst mir ist das aufgefallen, so unsensibel ich scheinbar auch sein
mag und so wenig ich von deinen echten Gefühlen mitbekomme. Du redest über die
Zeit davor und danach, das dazwischen ist ein Vakuum. So wie deine Visionen von
Angel oder deine Alpträume.“ Er stockt kurz und der Hauch von Mitleid in seinen
nächsten Fragen, trifft sie tiefer, als seine Verachtung, „Redest du überhaupt
mit irgendjemand über deine echten Gefühle? Allgemein? In den letzten Jahre?
Jemals? Bist du noch ehrlich mit dir selbst?“
Sie schluckt und rafft sich zu keiner Antwort auf, die sie
ihm in die Hände spielen würde.
Spike wägt seine nächsten Worte einen Moment ab, bevor er
fortfährt, „Bist du dir eigentlich darüber bewusst, dass du noch immer in
deinen Träumen um Hilfe schreist? Zwar seltener, aber deine Tränen sind noch
nicht ganz getrocknet und ich weiß nicht, was mich verrückter macht, deine
Hilferufe oder diese stumme Resignation, die du in den letzten Wochen im Schlaf
gezeigt hast. Ich konnte mir vorher keinen Reim darauf machen, also klär mich
auf, hast du damals bei Angelus so aufgegeben oder brichst du augenblicklich
wegen Angel?“
Cordelia bleibt stumm, ihre Aufgabe bei Angelus war auf
eine Art geschehen, die Spike wahrscheinlich nicht als Niederlage empfinden
würde. Und ihr Brechen wegen Angel war etwas, das sie nicht bekämpfen konnte,
nur akzeptieren, wie all die Neuerungen in ihrem Leben. Die zeitweise zu
schnell über sie hereinbrachen, um sich mit ihnen rechtzeitig zu arrangieren,
bevor sie sich als veraltet erwiesen. Sie versucht mit ihnen mitzuhalten, weiß
Gott, hatte aber meistens den Eindruck, dass sie einfach von ihnen mitgerissen
wurde.
Lässt sich Zeit mit ihrer Antwort, weil sie beide genug
davon haben.
Sie war sich nicht darüber bewusst gewesen, dass die
Träume noch so schlimm waren. Eine seltsame Konstante. Oder woran es lag, dass
sie weinte, sie konnte ihre Reaktion im Schlaf nicht kontrollieren und sie war
sich sicher, dass es nicht das war, was Spike von ihr forderte. Sie weiß, dass
es harmloser für sie wäre, wenn es ihm nur um seine gestörte Tagesruhe gehen
würde und nicht Einblicke in ihr Gefühlsleben. Etwas das sie ihm nicht geben
kann, selbst wenn sie wollte, sie hat diese Verbindung zu ihrem Ich noch nicht
wieder vollends aufgespürt. Hatte nur Augenblicke der Klarheit hin und wieder,
die meistens ihn involvierten, wenn er sie wieder auf etwas stieß, das
augenscheinlich war, wenn es nicht direkt unter ihrer Nase liegen würde.
Er hat Recht, sie hat ihre Empfindungen nie offen für die
Welt getragen und ihre Sorgen selbst gehandhabt. Es war Teil ihres Wesens.
Autonomie im Schmerz. Die Visionen hatten nur ihre Versuche verstärkt, diesen
Part von ihr für die Welt unzugänglicher werden zu lassen. Nun war sie selbst
inzwischen gefangen in dem Labyrinth, das sie geschaffen hatte und auf der
Suche nach Erinnerungen und ihrer Zukunft. Sie hatte letztendlich mit ihrer
Strategie Erfolg gehabt, der Schmerz war nicht mehr so wichtig, wie der Weg.
Sie war verschlossen auf diese Art und sie sah nicht die
Notwendigkeit sich zu öffnen.
Und es sollte nicht sein Problem sein, was in ihr vorging,
selbst wenn er ihr Freund war. Es sollte sich nicht nach seinem Problem
anhören, wenn sie Schwierigkeiten hatte mit all den Zeitbomben umzugehen, die
in ihr lagerten und das tat es.
Wenn sie sich zu nah kamen, war die Kollision ihrer Wesen
unabwendbar.
Das hier war riskant und der Alarm in ihrem Kopf geht los.
Ein nervendes Nebengeräusch in dem Chaos ihrer Vernunft.
Ihre Stimme ist gepresst, „Ich weiß es nicht, Spike. Und hatten wir nicht eine
Vereinbarung, die sich darauf bezog, dass ich nicht davon rede?“
Und er schüttelt den Kopf, gefasst, „Nein, wir hatten
eine, die mich davon befreite darüber zu reden und ich habe diese schon vor
einer langen Zeit gebrochen und es hat dich nicht gestört. Deshalb komm mir
nicht mit dem überholten Deal und denkt darüber nach, warum Angel nicht wollte,
dass du diese Seite von ihm kennen lernst.“
Ihre Lippen befeuchtend, versucht sie ihre Reizbarkeit zu
unterdrücken, „Welche Seite?“
„Seine vampirische Facette, Cor.” Spikes packt all seine Überheblichkeit in seine
Stimme und es hat tatsächlich die gewünschte Wirkung, sie fühlt sich nicht nur
ahnungslos, sondern unwissend, trotz all ihrer Erfahrung mit eben dieser.
Versucht leicht zu klingen und scheitert, „Als ob jetzt
noch einen Unterschied macht, Spike. Das liegt in der Vergangenheit.“
„Ist dem so?“ Er schnaubt ungläubig, bevor er unterweisend
weiterspricht, „Peaches hat viele Fehler, aber sein größter in den vergangenen
Jahren war der, dich in den Glauben zu wiegen, dass er wie ein Mensch denkt.
Das tut er nicht, hat und wird er nie. Er hat sich schon einen zu deinem Bild
runtergeholt, als du noch nicht einmal richtig in dein Cheerleaderoutfit
gewachsen warst, weil es das ist, was Vampire tun, wenn sie mit Schönheit
konfrontiert werden. Wir wollen sie.“
Die Pause ist beinahe unhörbar, der verändert resignierte
Tonfall dagegen deutlich, „Die Seele kann keinen so gravierenden Unterschied im
Kopf machen, sondern nur den Umgang mit diesem Wissen verändern. Die
Konsequenzen werden abgewogen, aber nicht die Denkanstöße. Ansonsten hätte
Angelus sich wohl kaum in Sunnydale schon darüber Gedanken gemacht, dass er
dich in einen Vampir verwandeln sollte, damit er ein nettes Spielzeug für sein
Bett neben Dru hat. Dass dies den Slayer und Xander anpisst hätte, war nur ein
weiterer Bonuspunkt in dem Plan, aber nicht der eigentliche Beweggrund.“
Sie schweigt, denkt an Angelus und seine Ausführungen zu
dem Thema, versucht wegzuhören, weil manche Wahrheiten noch immer versengend
sind. Spike hat sich dagegen in Fahrt geredet, sein Temperament ist am
Hochkochen und sie kann seine eiskalte Stimme nicht ignorieren, die an ihrer
Abwehr nagt.
Spike von ihr durch die unbedachte Charade, die sie mit
Wes gespielt hatte, verletzt wurde und es nun an ihm ist, den Gefallen
zurückzugeben, indem er einige in ihrem Kopf aufdeckt und ihr unter die Nase
reibt. Lügen waren Schmetterlinge, richtig? Und Spike versprüht momentan
Insektengift in ihrem Kopf. Cordelia fühlt sich benommen.
Ätzend von ihm, „Selbst in der Zeit, als er offiziell
Buffy nachtrauerte und du nicht mehr als seine dunkelhaarige, hinreißende
Sekretärin warst. Oder glaubst du noch ernsthaft, dass er sich in seine
Batman-Höhle eingeschlossen hat, mit den Phantasien über seine Jägerin mit
romantischer Hochzeit, Kerzen und Händchenhalten? Weshalb sagt mir mein
Instinkt, dass er eher einen ménage à trois in seinen Phantasien hatte? Denn
Darla und Dru haben ihm genügend Material und Ideen für dich und Buffy in
Gedanken gegeben. Blutige Variationen eines Themas.“
Legt die Arme schützend um ihren Oberkörper, defensiv,
„Ich kenne eure Motive, Spike, du musst sie mir nicht erläutern.“
Spike hebt den Kopf von seinen Unterarmen und lehnt sich
aggressiv vor, „Kennst du sie, Cor? Warum wendest du sie dann nicht auf deinen
Angel an? Warum passt er nicht in die Schublade, die du für ihn eingerichtet
hast?“
Weil er zwischenzeitlich eine eigene Ebene in ihrem Geist
bekommen hat, aber Cordelia ist davon überzeugt, dass Spike es nur als weitere
Ausweichtaktik ansehen würde. Ihr Wissen zu diesem Thema war ausreichend genug,
sie hat sich mehr als einmal in diesem Labyrinth verloren und keine Intention
dorthin zurückzukehren. Das ging sie nichts an, waren nicht ihre Instinkte und
die Einblicke, die Angelus ihr gegeben hatte, waren widerwärtig genug und die
Visionen taten ihr übriges, um sie vor diesem Irrgarten aus abstruser Sinneslust
zurückschrecken zu lassen, die keine Regeln kannte.
Cordelia will vor allem keine endgültige Antwort von Spike
bekommen, die dieselben Gedankengänge in ihm offenbarte. Gott, sie wusste doch
zwischenzeitlich genau, wie sehr sich Vampire von Menschen unterschieden und
deren Vorlieben zu Eskapaden offenkundig waren.
Egal, ob es sich um Gewalt oder Sex handelte. Mit Seele.
Ohne.
Es war das, was sie anfeuerte jede Nacht. Jede Sekunde
ihres Unlebens.
Spike fährt dagegen höhnisch fort, „Weshalb konnte Angel
nicht in Sunnydale bleiben, Cheerleader? Weil er seine verdammten Instinkte in
Buffys Nähe nachgab, die Verlockung sie auf Patrouille einfach auf das Gras zu
werfen und sich in ihr zu vergessen zu groß war. Weil er der Versuchung aus dem
Weg gehen wollte und in LA eine neue entdeckte, der er sich Stück für Stück
ergab. Eine Sucht mit einer anderen ersetzte, wie der Junkie, der er ist.“
Ihr Protest klingt schneidend, „Du kennst Angel nicht.“
Und sie weiß, dass sie ihr ein weiterer Fehler unterlaufen
ist, denn seine Erwiderung ist schärfer, „Oh, ich kenne Angel, meine Süße.“
Und sie glaubt ihm. Das ist der Teil, der schmerzt.
Spikes Lächeln ist wieder so verdammt anmaßend und er
nickt langsam, „Buffy und du, ihr könnt euren großen Illusionen über den
tragischen Helden nachhängen. Aber die Konfrontationen, die ich mit der Seele
hatte, liefen nicht sehr viel anders ab, wie in der glorreichen Vergangenheit.
Vielleicht ohne einen Fick oder Auspeitschen, aber ich weiß, dass mein Grand
Sire noch in ihm steckt. Verhüllt unter der brüchigen Maske von Zivilisation
und Heldenmut. Diese Seite zeigt er nur nicht gerne den Menschen, die er nicht
verlieren will. Seiner kleinen menschlichen Familie und ihr habt es ihm einfach
gemacht, indem ihr weggesehen habt. Aber seine Triebe schlafen nicht, sind nur
besser versteckt und seine Zerstörungswut hat ein anderes Ziel. Ich frage mich
nur, weshalb du solch immensen Schwierigkeiten mit diesem Wissen hast, wenn du
doch scheinbar begriffen hast, was ein Vampir ist?“
Der Sarkasmus tropft von seinen letzten Worten, wie
klebriger Honig und sie bleibt an ihm hängen. „Denn dein Angel war nie etwas
anderes und ist nichts anderes.“
Sie sollte sich von Unterschieden fernhalten und
vermeintlichen Sicherheiten, aber sie kann nicht anders. Ist es so sehr
gewöhnt, Angel zu verteidigen, dass es ihr in Fleisch und Blut übergegangen
ist.
„Die Seele macht den Unterschied aus.“ Ihre Stimme kippt
und der Einspruch klingt selbst in ihren eigenen Ohren verzweifelt und
angestrengt.
Den eigentlichen Punkt verfehlend.
Sein Lächeln wird noch kälter und Cordelia weiß, dass es
besser gewesen wäre, wenn sie den Mund gehalten hätte. Boshaft, „Tut sie das?
Hat er sich bei dir entschuldigt oder war er so sehr damit beschäftigt einen
Griff um seine Gefühle zu bekommen, dass er deine wieder außen vor ließ?“
Spikes Augenbraue ist oben und er beantwortet seine
gestellte Frage überzeugt und siegesgewiss, „Weißt du, was er in dem Moment
gedacht hat, als er wiederbeseelt war? Verdammt! Und es hatte sehr wenig mit
deinem Trauma zu tun, sondern einzig und allein mit dem Umstand, dass er diese
Wärme nicht aufgeben wollte und dein Blut. Er die Umstände vielleicht
bedauerte, die dazu führten, aber nicht den Akt selbst und kannst du ihm dieses
Denken verzeihen? Mit all deinem Verständnis und deiner Liebe für ihn? Mmh?“
Beißt sich auf die Unterlippe, denn diese Frage ist eine,
die nur die Zeit beantworten kann und ihre gemeinsame rinnt durch ihre Finger.
Cordelia ahnt, wohin diese Unterhaltung führt und zwar nicht in zwangloses
Lachen oder das Vergessen ihrer Sorgen.
Das hier ist ein Wettbewerb um ihre Gunst, nicht im
romantischen Sinne, sondern Spikes Ungewissheit, wer mehr wert ist. Sein Grand
Sire oder er. Wessen Existenz mehr Daseinsberechtigung hat und sie würde sich
gerne für Spike entscheiden, weil er es wert wäre. Er genug verloren hat und so
wenig für sich fordert. Weil es so anspruchslos wäre, so ungekünstelt und frei.
Aber uralte Prophezeiungen sprechen eine eigene Sprache, teilen sie dem anderen
Vampir als dessen Seherin zu und dass ihr Schicksal untrennbar mit dessen
verwoben ist. Sie hat keine Wahl. Niemals gehabt. Daran ändern ein paar Wochen
auf der Straße nichts und das ist kein Bekenntnis zu seiner vampirische Natur
mehr. Sie kann nicht denselben tiefschwarzen Hass für Angel empfinden, den
Spike in sich trägt.
Ihre Stimme ist dumpf, „Hast du dich jemals verraten
gefühlt, als er euch wegen der Seele verließ? Damals anno 1898?“
Spikes Blick flackert, „Nein, niemals.“
Er war ebenso schlecht im Lügen wie sie und das sollte sie
beruhigen. Tat es aber nicht.
Verhalten, „Warum hast du dann alle Antworten im Bezug auf
Angel?“
Die Anspannung kehrt in seine Miene zurück, als er die
nonchalante Maske fallen lässt, „Ich kenne ihn. Das ist der Grund, ich weiß,
wie er tickt und was ihn antreibt. Ich verstehe nur eure verdammte
Heldenverehrung seines Charakters nicht. Ihr könnt doch nicht alle so blind
sein und in ihm den Märtyrer ohne Grund sehen. Er hat jeden Grund wie einer zu
leiden, das ist wahr. Jeden, den du dir auch nur im Entferntesten vorstellen
kannst, aber keinen sich als Schlachtopfer zu sehen. Gottverdammt! Mich
beunruhigt schon der Gedanke, dass ich versucht habe Buffy zu vergewaltigen und
er hat dich nicht nur vergewaltigt, sondern für die Welt gebrandmarkt und es
ist okay?“
Die absolute Ungläubigkeit seinem Ton wird nur von dem
Unverständnis in seinem Gesicht übertroffen. Nach einem tiefen Atemzug hat er
sich wieder soweit unter Kontrolle, dass er ohne Brüllen weitersprechen kann,
„Jeder deiner zukünftigen Liebhaber wird dich fragen, woher die Rose stammt,
nicht unbedingt mit Worten, aber mit Gesten. Du wirst in jeder Nacht an ihn
erinnert, die du mit einem anderen Mann oder Dämon verbringst. Für den Rest
deines langen Lebens, weil du ihm seine wohlverdiente Verdammnis abgenommen
hast. Ohne dass er darum gebeten hat oder es sich verdient. Fuck, Cordelia, das
ist so krank, ich kann dir noch nicht einmal sagen, gegen wie viele kosmische
Naturgesetze das verstößt. Und du liegst hier und nimmst die Bürde auf dich,
als ob es Nichts wäre. Als ob es deine Schuld wäre. Es ist seine.
Seine und daran ändert die Seele nichts!“
Er hat gegen Ende seines Monologs wieder angefangen zu
schreien und Cordelia denkt, dass es gut ist, dass er nicht Gefahr läuft einem
Herzinfarkt zu erliegen. Galgenhumor, sie erinnert sich daran, dass sie ihn das
letzte Mal ebenfalls in Gegenwart eines seelenlosen Vampirs gefühlt hat.
Dass sie jetzt ebenso auf den Exitus eines Traumes
zusteuert.
Ihre Augen brennen sich in seine und sie versucht ihn nieder zu starren, ihn dazu zu bewegen, das Gespräch fallen zu lassen. Aber Spike verzieht nur spöttisch den Mund bei ihrem Versuch. Nicht beeindruckt von ihrem Blick oder ihrem eindeutigen nonverbalen Wunsch nicht über dieses Thema zu reden. Spikes Hand zieht plötzlich das Laken weg, Cordelia ist kurz zu verblüfft, um zu reagieren und er schnappt sich ihren Oberschenkel, legt die Narbe bloß. Seine Augen tragen das Duell von gerade weiterhin aus, während seine Hand die Rose bedeckt.
Die Intensität in Spikes Blick ist beinahe zuviel, macht
sie schwindelig, der Alarm in ihrem Kopf wird lauter, „Deine Visionen lassen
dich sehen und fühlen und dir gefällt nicht, was du in den dunklen Ecken seines
Geistes findest, aber es nicht neu. Es ist das, was immer unter der Seele liegt
und es wird nie verschwinden oder vergehen. Nie weniger werden. Es bleibt dort
und lauert auf eine winzige Gelegenheit, sich zu entfalten und weiter zu
wachsen, die Überhand zu gewinnen, bis die Seele vom Dämon kontrolliert und
dominiert wird. Du hast ihn noch nicht für diese Welt gerettet, sondern nur
seine Galgenfrist hier verlängert. Eine weitere Fessel um die Seele
geschlungen, in der Hoffnung, dass es reicht, um den Dämon endgültig zu
fixieren. Denkst du, dass es reicht, Kwé? Glaubst du das?“
Cordelia beißt die Zähne zusammen, um den Fluch
zurückzuhalten und die Bestätigung seiner Worte. Ja, es musste reichen, weil
sie es müde war und ja, es tat weh und sie war sich nicht sicher, ob sie jemals
gegenüber Angel die Realität seines festgeschriebenen Pfades nach seinem
irdischen Ende aussprechen konnte. Ihm diesen Ausweg zu präsentieren, käme
eines Todesurteils gleich. Weil es zu einfach für ihn werden würde, er unter
Umständen schlicht seinen Tod provozieren würde
So wie sie nach der Rückkehr in ihr Leben versucht war,
liegen zu bleiben.
Bevor sie sich benommen aufraffte, um Heil in der Flucht
zu suchen und zu finden. Selbst wenn es die ins Jenseits gewesen wäre, wenn sie
Angelus in dieser Dimension nicht hätte anders entkommen könnte. Sie die Chance
wahrgenommen hätten, wenn es nur den Schmerz gestoppt hätte. Sie Angel hier
braucht, auch wenn sie ihn zurzeit nicht an ihrer Seite ertragen konnte, es das
war, was er sich ebenfalls verdient hatte. Wiedergutmachung sein Schicksal ist
und wenn er einzig und allein in ihrer Schuld stand, dann war es für sie kein
Grund ihm zu vergeben, dann würde sie diese gnadenlos einkassieren.
Sie egoistisch genug dafür war. Ohne schlechtes Gewissen.
Und Spike holt zu seinem nächsten Schlag aus, nachdem er
ihr Zeit gelassen hatte, seine Worte einwirken zu lassen. Beißend, „Egal, ob er
sich im Besitz einer Seele befindet oder nicht, Angel bleibt ein Vampir. Nur
hast du zu spät verstanden, was in ihm vorgeht oder glaubst du, diese Rose ist
spontan entstanden? Nur einer Eingebung folgend? Nah, sieh dir die Perfektion
an und dann denk nach, Cordelia. Denn ich weiß bis heute nicht, wie er es
geschafft hat, sie permanent zu halten und ich habe lange über sie
nachgegrübelt, während du in die Matratze geweint hast. Denn ich bin ein Vampir
und Schmerz sollte mich nicht in den Wahnsinn treiben, sondern anturnen. Dein
stummes Weinen sollte mich hart machen.“
Der Traum ist tot und sie kann nichts anderes tun, als ihn
begraben.
Der Warnruf in ihr verstummt, sie hat ihre Antwort.
Braucht keinen Alarm und Bewegungssensor mehr, um sie darauf
aufmerksam zu machen, dass Spike zu nah an ihr dran ist für sein eigenes Wohl.
Dass es Zeit ist, dass sie ihn wegstößt, um nicht ein weiteres Leben auf ihrem
Gewissen zu haben, das von ihr zerstört wurde. Sie kennt Spikes rote Knöpfe,
die sie nicht drücken sollte, um ihn nicht explodieren zu lassen. Die
plötzliche Stille in ihr ist unheimlich und effektiv, so lässt sich ihre
Vernunft leichter auf die kommende Konfrontation einschärfen. Ihre
Konzentration ist bei den Auswegen, die sich ihr anbieten und die Lösung so
einfach, dass es quälend ist.
Eisig, „Und hat es dich angeturnt, Spike?“
Seine Hand fällt von ihr ab, als ob er sich verbrannt hat und sein
Blick flackert einen Moment, bevor er sich wieder fängt. Er diesmal keine Lüge
präsentiert, sondern die Wahrheit. „Ich finde es tragisch, dass du von all
meinen Sätzen, dir ausgerechnet diesen aussuchst, um ihn zu analysieren.“
Sie ebenso, aber das ist keine Tatsache, die sie mit ihm teilen
kann.
Die Spur von Traurigkeit in seinem Tonfall lässt fast ihre
anzügliche Maske einstürzen.
Aber die Alarmglocken in ihrem Kopf sind in ihrer Grabesstille
laut genug, um nicht nachzugeben, nicht wenn er sich so weich anhört. Als ob er
bereit wäre, sich für sie zu opfern, weil es nicht fair wäre und sie heute
weiß, wie der Begriff von den Mächten definiert wird. Sie weiß, dass Spike von
ihrer Gefühlskälte abgestoßen wird und sie sich keine Schwäche erlauben darf,
wenn er überleben soll. Er ihr genug Lektionen mitgegeben hat, um diese
Schlacht eventuell zu gewinnen, zusammen mit Marthas Warnungen.
Das hier ist ihre Abschlussprüfung.
Das hier ist ihre letzte Chance, ihn auf einen unabhängigen Pfad
von ihrem zu setzen, einem der keine tragischen Auswirkungen auf sein Unleben
beinhaltet. Einem, der ihn zurück nach Sunnydale zu seinem Slayer und seinem
Krümel schickt, wo er hingehört. Wo er in relativer Sicherheit weiterleben
kann. Nicht an ihrer Seite. Nicht mit einem Schadensersatz, der allein in ihre
Hände fällt.
Deshalb mokierend von ihr, „Nun?“
„Gottverdammt ja! Das ist es doch, was du hören willst!“ Er brüllt
und sie lächelt ihn weiter spöttisch an, weil es alles ist, was sie tun kann,
um nicht in Tränen auszubrechen.
Sardonisch, „Das ist, was du bist, Spike. Gefangen in dem
Teufelskreislauf seine gebrochenen Puppen zu reparieren, bis es für ihn Zeit
ist, in die nächste Runde mit uns zu gehen. Er ist der Puppenspieler, wir sind
die Marionetten und was bist du? Geppetto oder Pinocchio? Wirst du eines Tages ein echter Junge sein? Willst du es? Oder liebst du
seine Art zu sehr, an deinen Fäden zu ziehen, als dass du dich von ihm
befreist. Immer in seinem Schatten.“
Er ist um Sachlichkeit in seiner Stimme bemüht
und scheitert, der Schmerz ist da, „Ich habe mich vor einer langen Zeit von ihm
befreit und in seinem Schatten stehe ich schon gar nicht.“
Zynisch, „Tatsächlich? Warum
verrichtest du dann Drecksarbeit als sein Lakai, anstatt deinen eigenen
Wünschen nachzugehen? Warum bist du nicht in Sunnydale als Schmied deines
eigenen Schicksals?“ Sie hasst sich selbst, hasst ihre erniedrigenden Worte und die
herbe Enttäuschung, die sie in seiner Miene wahrnimmt.
Setzt zum Todesstoß für all seine guten Absichten an, „Die
Wahrheit ist die, dass du nur ein Bruchstück von ihm bist. Nicht mehr. Niemals
mehr. Und wir alle wissen das zu genau, um dir mehr als unser vorübergehendes
Mitleid entgegenzubringen.“
Wartet auf seine Reaktion, die Explosion ihres Gemisches und einen
Moment sieht es so aus, als ob er sie schlagen würde. Die Gewaltbereitschaft
geradezu blendend von seinem Gesicht ausstrahlt und ihn noch dämonischer wirken
lässt als sein Game Face. Seine Augen das blaue Feuer von ungeschliffenem
Verrat in sich tragen.
Cordelia verbannt ihre Gefühle tief unter die Maske der
Eiskönigin. Die Maske so fest auf ihrem Gesicht sitzt, dass sie es nicht wagt
zu atmen, aber Sauerstoff ist überbewertet, wenn es um sein Leben geht und so
verzichtet sie darauf. Verdrängt ihre Bedürfnisse. Drängt sie zurück. Drängt
sie nieder. Hält sie dort, hält seinen Blick und hält die Luft an.
Spike wieder auf der Grenze ist und ihn diesmal seine Aggression
dorthin getrieben hat.
Es noch immer gut für ihn wäre, wenn er sie endgültig loslassen
würde. Es das Beste in seinem Sinne wäre, sie sich noch immer nicht gegen ihn
wehren würde und sie weiß, dass er damit heute die Ausnahme von der Regel
bildet, weil sie jetzt so verdammt viel zu verlieren hat.
Dann ist der Moment vorbei.
Etwas fällt von ihm ab und seine Miene wirkt so leer, dass es ihr
Angst macht.
Ernüchtert, „Dann will ich nicht länger dein Mitleid an mich
verschwenden, Cordelia.“
Cordelias Kehle zieht sich zusammen, ihre Zähne fest
zusammengebissen, um den Hilfeschrei drinnen zu halten. Erstarrt in
Bewegungslosigkeit, weil wenn sie ihm eine Entschuldigung schuldig bleibt, er
sein Leben wiederbekommt und sie diesen Preis zahlen muss. Es ihre Wahl ist.
Eine bewusste.
Eine Entscheidung, die sie krank macht, aber nicht umbringt.
Spike steht langsam auf, zieht sich an und geht ohne einen Blick
zurück.
Das Knallen der Haustür zerstört den Eindruck eines leisen
Abgangs. Cordelia hört wie der DeSoto aufheult und das Röhren in der Nacht
verschwindet. Sitzt benommen in dem dunklen Zimmer und sie weiß nicht, wie viel
Zeit vergeht, bis die Maske von ihr abfällt und sie sich den Zusammenbruch
gestattet.
Zieht die Decke über ihren Körper und lässt all die aufgestauten
Tränen gehen. Die Schluchzer werden von dem Kissen erstickt und sie presst ihr
Gesicht so tief hinein und kann seinem Geruch trotzdem nicht entkommen. Das
Mantra, dass es richtig war, ihn freizulassen unvernommen durch ihren Schädel
hallt. Sie wegen Angel weinen sollte, ihren eigenen verworrenen Gefühlen und
ihrem Egoismus, es vielleicht auch tut, aber der Großteil ihrer Tränen geht auf
Spikes Konto, weil er etwas besseres, als diesen grotesken Abschied hier
verdient hat.
Etwas anderes, als einen Streit über Angel. Ihre giftige Zunge.
Sie Spike auf Abstand bringen musste, um ihn nicht zu verbrennen
und er so nahe dran war, ein Inferno in ihrem Innern auszulösen, weil sie durch
ihn zuviel versteht und Wissen fatal sein kann.
Ihre Liebe nicht gesund ist und tödlich sein kann. Vor allem für
ihn.
Lacht bitter zwischen ihren Schluchzern, denn Liebe ist immer eine
passende Entschuldigung dafür, zu verletzen und verletzt zu werden. Sogar ihre
gebrochene Vorstellung davon ausreicht, um ihm das Messer ins Herz zu jagen und
es in der Wunde noch einmal umzudrehen, damit die Botschaft ankommt. Damit er
geht, sie alleine in ihrer Misere lässt. Ihr Weg hieraus einer ist, den sie am
besten allein beschreitet, weil soviel Gefahren vor ihr liegen, die allein ihre
Schuld sind und sie sich nicht den Luxus von Gesellschaft erlauben kann. Sie
diese Ohnmacht abstreifen muss und lernen, keine weiteren Opfer zu zulassen.
Weil es sie verletzbar macht und angreifbar.
Cordelia jetzt alles weiß, was sie für ihr Schicksal wissen muss
und Spike einen festen Platz in ihrem Herzen haben wird. Aber der an ihrer
Seite zu riskant ist, um sein Leben für ein selbstmörderisches Unterfangen zu
verschwenden und sie erlaubt sich ihre Tränen, weil sie weiß, dass sie sich für
eine lange Zeit nicht mehr den Luxus von Selbstmitleid gestatten kann oder
Gefühlen.
Der Gedanke in die Hölle zu fahren, sie nicht so einschüchtert,
wie er sollte, weil sie selbst nicht davor zurückschreckt, dorthin zu schlagen,
wo es am meisten schmerzt. Es nicht viel schlimmer sein kann, wie ihr
diesjähriges Leben und sie trotzdem einen Auftrag hier zu erledigen hat. Sie
schuldet Spike eine aufrichtige Entschuldigung, wenn sie all das hinter sich
gebracht hat und hofft, dass er sie und ihre Gründe anhört und ihr verzeiht.
Eine persönliche Mission und sie denkt an die Zeiten, als es einfacher
war.
Die Erinnerung, wie die Rose auf ihren Innenschenkel kam, gehört
zu dieser Zeit. Der Schleier des Vergessens reißt und offenbart ein Bild, das
in all seiner bizarren Verdrehung surrealistisch wirkt und sie nicht an ein
Gemälde im Louvre erinnert, sondern nur an Wahnsinn.
Sie noch nie bei einem Rückblick das Gefühl hatte, über ihre
Furcht zu lachen, aber jetzt kämpft sie gegen das Bedürfnis an. Ihr Herz
momentan blutet und die verzweifelte Frau dort, sich nicht mehr vor den
gleichen Dingen fürchtet wie sie, denn sie ist machtlos. Nur ein Instrument,
ohne den Luxus von Entscheidungen und das macht es leicht ihren Zweck zu
erfüllen. Zu überleben.
Cordelia hält Angelus beschäftigt und sie weiß nicht, wieso. Nicht
wirklich.
Sie weiß nur, dass dies ihre Aufgabe ist und es für irgendjemand
wichtig war. Vielleicht für sie selbst. Vielleicht für die Welt. Die Grenze ist
nicht mehr so klar und sie denkt, dass es sich so anfühlen muss, wenn man
übergeschnappt. Verrückt wird. Gleichzeitig die Frage durch ihren Schädel
hämmert, ob man irre ist, wenn man noch darüber nachdenkt. Ob man geisteskrank
sein kann, wenn man nur einen Körper besitzt.
Schließt das eine nicht das andere aus?
Aber sie behält diese hypothetische Fragen für sich, weil der
Dämon an ihrer Seite eine andere Form von Kommunikation vorzieht und so schreit
sie ihm süße Nichtigkeiten in sein Ohr, wie ‚Fick mich härter!’ Und die
Dualität ihrer Gedanken macht sie ein wenig nervös, weil sie nicht weiß, ob
eine gespaltene Persönlichkeit sich so anhören würde, wie ihr Verstand. Ihr
niemand einfällt mit dem sie das Problem diskutieren könnte, außer sie selbst
und sie tatsächlich unterschiedliche Meinungen zu dem Thema vertritt und ihr
überhaupt niemand einfällt, den sie kennt.
Sie neu hier ist und da um ihn zu entzücken.
Cordy hält sich und ihre Erinnerungen bedeckt, ist nicht mehr
ansprechbar, hat sich irgendwo in den Hintergrund geschlichen und ihr den Weg
freigemacht. Aber er scheint es nicht zu bemerken und irgendwie beruhigt sie
das, weil es wichtig ist, Angelus beschäftigt zu halten und die Fassade zu
wahren.
Ihn in den Glauben zu wiegen, dass er die Frau kennt, die sein
Bett teilt.
Ihr der Grund hierfür nicht einfallen will.
Es irgendetwas mit Liebe zu tun hatte. Aber sie ist sich nicht
sicher, ob es seine oder ihre oder die einer anderen war und ob es noch Geltung
hat. Der Platz, den Cordy suchte, um sich vor ihm zu schützen jetzt ihr Körper
ist und sie die Verbindung dazu aufgegeben hat. Die Erinnerungen nicht ihre
eigenen sind. Denn sie war keine sterbende Hure. Sie war keine ewige Jungfrau.
Sie war keine gefallene Heldin. Sie ist es dennoch. In ihrem Kopf. Es dadurch
einfach wird, ihn zu unterhalten, weil ihr Körper nur noch auf Instinkte und
Reize reagiert und nicht mehr auf ihre Kommandos. Aber auf seine. Es ist
beinahe lustig, weil sie noch weiß, dass ihr das irgendwann einmal
Schwierigkeiten gemacht hat. Sie weiß nur nicht genau wann.
Sie denkt, dass es sehr lange Zeit her sein muss, wenn sie sich
nicht erinnert.
Weil die, die vor ihr war, eigentlich intelligent war.
Weil die, die vor ihr war, einmal ein anderes Talent, außer ihrem
Körper besessen hat.
Die Zeiten hinter ihr liegen. Nur ein Leib, um zu gefallen und
Freude zu spenden. Eine Hülle, die nicht leer ist, aber angefüllt mit neuen
Sinneseindrücken und Sensationen, um ihn zu halten. Hier. Bei ihr. Er darf sie
nicht verlassen, nicht gehen. Sie ist seine Kreation und er ist ihr Meister und
sie fügt sich willig.
So viel zu erforschen mit dem unbrauchbaren Verstand, dass sie
erschaudert vor all den Eventualitäten, die noch vor ihr liegen. Wahnsinn
schmeckt süß auf ihren Lippen, wie sein Blut, das sie an die Oberfläche bringt.
Nur fair, ein Handel der aufgeht, weil er unter ihren Händen zittert. Aus
Wohllust. Tiefer gräbt, all die unsichtbaren Schleier von seinem Körper reißt
und ihn in Ekstase aufschreien lässt.
Genießt die Explosionen, die sie verursacht. Genießt die
Selbstzerstörung.
Es das Vergessen noch einfacher macht. Den Fokus auf den
Augenblick leichter.
Die Nacht verwandelt sich in den Tag, die Schatten wandern von
rechts nach links und sie hat sich schon in so vielen unterschiedlichen
Positionen befunden, dass es schwer ist, den Überblick zu wahren. Es gut ist,
dass sie Erfahrung besitzt und sie sich einfach seiner Führung anschließen
kann, ohne zu denken, wenn sie an ihre Grenzen stößt.
Sie bemerkt irgendwann seine Erschöpfung, bietet ihm ihre Kehle an
und er streicht unsicher über den Punkt, wo er sie unter der Dusche gebissen
hat und später. Vor nicht allzu langer Zeit. Murmelt unter seinem Atem, dass
das Mal verblasst ist. Sie will ihn nicht enttäuschen und biegt ihren Kopf
weiter zurück, sagt, er soll es erneuern. Bietet sich noch offener dar und der
Biss ist erotischer, als sie ihn in Erinnerung hat.
Die Erotik jedes Mal jungfräulich. Seine Fänge, die ihre Haut
durchschlagen und sie bluten lassen und sie fragt sich, ob er das andere Blut
vermisst. Aber er stillt nur seinen Hunger an ihr, zieht sich zurück, bevor sie
ohnmächtig wird und sie denkt, dass das wichtig ist.
Aber sie kann ihr Motiv nicht ausmachen, nur ihren Wunsch ihn zu
befriedigen.
So wie sie nicht versteht, warum er sie fesselt, bevor er sich
schlafen legt. Wohin soll sie gehen, ihr Platz ist neben ihm und sie würde ihn
nicht verlassen, nicht wenn ihr jemand das Paradies versprechen würde. Aber
irgendwie scheint ihn das zu beunruhigen und die Worte ihn zu begütigen,
entziehen sich ihr.
Er sagt, „Schlaf!“ und sie tut es.
Es ist wichtig seinen Regeln zu folgen. Wenn ihr nur der Grund
einfallen würde.
Sie fragt sich, ob alles einen Grund haben muss und schläft mit
diesem Gedanken ein.
Die Nacht hat sich bereits wieder über die Villa gesenkt, als sie
erwacht. Allein und sie fühlt die Panik. Die Angst verlassen worden zu sein und
sie weiß, dass das nicht richtig ist, er darf sie nicht verlassen und ihr
Körper zittert und ihr Verstand röhrt auf, sagt, dass sie wieder versagt hat.
Warum kann sie nicht wach bleiben? Weshalb muss sie immer wieder
einschlafen? Wann versteht sie endlich, dass all die bösen Dinge im Schlaf
geschehen? Wie dumm ist sie eigentlich, dass sie sich nicht einmal die
elementarsten Dinge merken kann?
Und sie argumentiert, dass es das war, was er wollte und sie
sollte ihn doch zufrieden stellen. Das war es doch, weshalb sie überhaupt hier
war. Es war nicht fair, dass er sie ausgetrickst hatte und hier gefesselt
zurückgelassen. Wie sollte sie ihm zu Diensten sein, wenn er nicht da war? Es
war nicht fair und sie windet und zerrt an den Fesseln, bis sie sich so tief in
ihre Handgelenke und Fußknöchel schneiden, dass sie ihr gesamtes Gefühl, in den
Fingern und Zehen verliert. Ihr Blut warm über ihre Haut fließt.
Aber sie liegt erst still, als sie ihre Arme und Beine nicht mehr
fühlt.
Ihre Erleichterung als das Licht angeht und er in das Zimmer
tritt, treibt ihr Tränen in die Augen und sie bringt ein zittriges Lächeln
zustande, bebend, „Du bist zurück.“
Seine Augenbraue geht hoch und sie nimmt das Blut auf seinen
Kleidern wahr, die dunklen Spritzer, die über die schwarze Seide und das Leder
ungleichmäßig verteilt sind. Ihn noch unheilvoller wirken lassen und sie spürt
den Schock in sich und kanalisiert ihn in Erregung, weil sie nichts daran
ändern kann, dass er diese Opfer niedergeschlachtet hat und ihr Ekel ihn nur zu
weiteren Lektionen treiben wird.
Und sie hat die wichtigen verstanden, braucht keine Wiederholung.
Keine Wiederbelebung der Tortur. Keine Opfer als Augenzeugen ihrer
Dummheit.
Er neben dem Bett zum Stehen kommt und mit einer untrüglichen
Befriedigung ihre aufgeschürften Gelenke in sich aufnimmt. Sein Lächeln ist
teuflisch und sie erwidert es mit einem seltsamen Stich, er war wieder da, das
war alles was zählte. Nichts das fehlte.
Sie ist dankbar dafür.
Rutscht näher an ihn heran, als er sich auf das Bett setzt.
Soweit, wie es ihre Fesseln zulassen und sie spürt die Angst und ordnet sie als
Lust ein. Sie fühlt Abscheu und filtert sie auf Leidenschaft. Sie spürt ihren
Hass erneut hoch kochen und lässt es zu.
Seine Stimme ist nachsichtig, „Ich hatte einige Besorgungen zu
erledigen, Cor, nach der gestrigen Nacht war ich der Meinung, dass du dir ein
Geschenk verdient hast. Ich wäre nie davon ausgegangen, dass du den Deal mit
soviel Begeisterung erfüllst, nachdem sich mein eigentlicher Plan nicht so erfüllt
hat, wie ich es dachte. Aber dein Verhalten schreit nach einer Belohnung. Du
warst ein gutes Mädchen.“
Sie lächelt beglückt. Sie war ein gutes Mädchen, natürlich war sie
das.
War sie das nicht immer? Sie ignoriert die Stimme in ihrem Kopf,
die sie aufzieht und fragt, was ein gutes Mädchen in seiner gottverdammten
Gesellschaft zu suchen hat. Denn er ist nicht gut. Aber ebenso wenig ist es die
Stimme in ihrem Kopf.
Sie bringt sie zum Schweigen und besinnt sich auf ihn. Auf den
Schmerz.
Sie lächelt einladend. „Was hast du mir mitgebracht, das ich dir
nicht bieten konnte?“
„Etwas Heiliges.“ Und sein Grinsen ist mysteriös und sie stimmt
ihm vorbehaltlos zu, nichts hier ist heilig. Nichts makellos. Und er holt eine
Flasche aus der Segeltuchtasche, die sich einmal in Joshuas Besitz befunden
haben muss und stellt sie auf den Nachttisch. Und sie überlegt, was er damit
vorhat, während er sich seiner Kleider entledigt.
Seiner Ausführung mit halbem Ohr zuhört, „Du heilst schneller als
ein Vampir und deshalb benötige ich etwas göttliche Unterstützung, um dich als
mein Besitz zu brandmarken. Die Lösung war erstaunlich einfach, ein Trick, den
mich Darla gelehrt hat, um meine Tätowierung für die Ewigkeit einzubrennen.“
Darla war eine ausgesprochen gute Lehrmeisterin und sie schweigt,
denn er wäre nicht erfreut über die Erinnerungen, die sie mit ihm teilt und sie
lächelt ihn stattdessen sinnlich an. Er setzt sich rittlings auf ihren Bauch,
während er die Flasche vorsichtig handhabt und sie den Giganten vor sich
wahrnimmt, der ihr Blickfeld ausfüllt. Ihre Welt. Er ist ihre Unendlichkeit.
Seine Finger sind fordernd auf ihrer Kehle und er dreht ihren Kopf, der Biss
ist tief und der Blutverlust macht sie schwindelig. Seine Erektion auf ihrem
Bauch ist schwer, wird härter mit jedem Schluck, mit jeder instinktiven
Abwehrbewegung. Und sie windet sich und er beißt fester zu, saugt ihr Leben aus
ihren Adern, zieht sich schließlich befriedigt zurück, als sie kraftlos unter
ihm liegt. Ihre Stärke in ihm.
Ihre Atemzüge sind flach und seine Stimme ist weit weg, „Das hier
wird wehtun, Cordy. Genieß es.“
Ihre glasigen Augen sind auf seiner Dämonenmiene fokussiert, seine
Finger krallen sich in ihr Haar, fixieren ihren Kopf und dann das Zischen von
Weihwasser, das etwas Unheiliges trifft. Sie. Ihren Hals und sie schreit.
Schreit, wie sie seit gestern nicht mehr geschrieen hat, als er den Teil von
ihr getötet hat, der ihr Herz enthielt.
Aber der Schmerz ist zuviel. Rüttelt die anderen wach. Pulsiert in
ihren Adern.
Mit jedem Schlag ihres Herzens den Flächenbrand in ihrem Innern
weitertreibt.
Und sie hört ihn Lachen. Hört sein verdammtes Lachen unter ihrem
gellenden Schrei.
Bäumt sich auf und wirft ihn von ihrem Körper, intuitiv, weil sie
ihn gerade nicht in ihrer Nähe erträgt und Angelus knallt auf die Marmorfließen
außerhalb ihres Sichtfeldes. Sein Lachen verstummt, in denselben Moment als sie
ihren Schrei endlich einfängt. Mit der Distanz zwischen ihren Leibern, dem
fehlenden Hautkontakt ist es einfach wieder zu denken und sich nicht vom
Höllenfeuer in ihren Venen konsumieren zu lassen.
Er ist wütend, sie fühlt den Wechsel in seiner Aura von
Überraschung zu jähen Zorn und sie weiß, dass sie das nicht wissen sollte. Es
kein Wissen ist, das Cordy abrufen kann und ihre Kraft keine ist, die Cordy zur
Verfügung stand, aber die Lederriemen reißen unter ihrem Zug und sie presst
ihre Hand gegen seine Bisswunde und ihr Zorn nimmt es mit seinem auf, als sie
ihn bemüht ausdruckslos anstarrt, nachdem er auf die Knie und zurück auf Augenhöhe
kommt.
„Miststück“, nicht mehr als das Zischen einer Schlange. „Dafür
wirst du zahlen.“
Ihre Stimme ist ruhig, als sie das Schweigen seiner Rachepläne
bricht, „Du hast Darla ebenso abgeworfen, ohne es zu wollen, wenn ich mich
recht erinnere und nicht wirklich dafür bezahlt.“
Seine Augen sind zu Schlitzen verengt, „Woher –"
Unterbricht ihn kalt, „Seherinnen sehen mehr, als deine begrenzten
Augen wahrnehmen können. Wann wirst du endlich lernen uns nicht zu
unterschätzen, Bastard.“
Und er zuckt vor ihr zurück. „Drusilla?“
Sie spürt das perlende Lachen seines Childes in ihrer Kehle
brennen, unter seinem Biss, schüttelt den Kopf über sein mangelndes
Verständnis. Er hat es nie kapiert, so wie er sich nie gefragt hat, woher sie
all die Kunststücke kannte, die ihn letzte Nacht, um den Verstand gebracht
haben. So eingeschränkt in seiner Sicht der Welt.
Flüsternd, „Willst du sie haben, Angelus? Soll ich dir ihre
Geschichten von dem Engelsbiest erzählen, das Sterne verschlang und Nächte in
Blutmonde tauchte? Willst du dein Childe hier in diesem Bett? Hier in mir? Mein
Blut auf diesen Laken und ihren Schrei auf meinen Lippen?“
Er schüttelt fasziniert den Kopf, ist zurück auf dem Bett.
Cordelia greift nach ihm und zieht ihn an seinem Nacken zu sich und er fügt
sich ihrer Führung, zu bezaubert von ihr und seinen eigenen Obsessionen. Sie
weiß, warum er von dem Mysterium der Seherin immer geblendet ist. Er hat nie
verstanden, dass es einen Unterschied zwischen Realität und den Bildern gibt,
die sie empfangen. Dass diese Zukunft nie so eintrifft, wie sie es sich
wünschen und Drusilla hat eine andere Art zu sehen.
Schließt die Augen und konzentriert sich auf Drusillas Melodie.
Das zweite Gesicht. Cordelia ist beeindruckt von der Leichtigkeit und Unverbundenheit.
Sein Childe blickt nur unter die polierte Oberfläche, sieht nur Schatten der
Zukunft und keine klaren Bilder. Flüchtige Schemen in der Finsternis.
Ihre Stimme ist beschwingt von all der Unbeschwertheit, die ohne
Gewissen auskommt, „Sie ist glücklich ohne dich, die Sterne haben endlich eine
Ordnung und Spanien hat die Männer, die sie sucht. Sie bumst gerade einen
Matador in den stickigen Katakomben einer Stierkampfarena und überlegt, ob sie
dich zum Großvater machen soll.“
Öffnet langsam die Augen und starrt ihn an, „Sie ist schön und sie
ist stark, genießt zum ersten Mal ihr Unleben. Sollen wir sie dabei stören?“
Verneint mit der Bewegung seines Kopfes und zieht sie noch näher
in seiner Umarmung, drängend, „Was siehst du noch, Cor?“
Ihre Augenbrauen gehen zusammen, was kann sie ihm erzählen, das
ihn zufrieden stellt? Er ist für immer für diese Welt verloren, kann keine
Höllen mehr entfachen, außerhalb dieses Schlafzimmers. Niedergeworfen, weil
jemand sein Schicksal in die Hand genommen hat. Sie weiß, dass ihm diese
Aussichten nicht gefallen und seine Existenz wie Sand durch ihre Finger rinnt.
Konzentriert sich auf seine schwarzen Augen, die Intelligenz dahinter wird ihn
nicht retten. Die Kreativität ist ausgespielt.
Ihr Blick geht zur Uhr auf der
Kommode. Tick-Tock-Tick-Tock.
Streicht entschuldigend über seine
Stirn und sie merkt, dass ihr Mitleid ihn nervös macht und so bleibt ihre
Antwort rätselhaft, um ihn beschäftigt zu halten, denn das ist ihre Bestimmung.
„Dinge,
die dich nichts angehen und Ereignisse, die du nicht verhindern wirst.
Entscheidungen, die nicht deine sind und Zeit, die schneller enteilt, als dir
lieb ist.“
Ihre Zunge wandert über den Punkt, der seinen Herzschlag
beinhalten würde, wenn er seinen nicht vor einer Ewigkeit verloren hätte. Seine
Fingerspitzen sind auf ihrer Wange, bringen ihr Gesicht auf Abstand und drehen
sie wieder in seinen Blick. Sein Interesse ist durchdringend, ihre Warnung ist
milde, „Vorsicht, sonst verbrennst du dich am Fegefeuer. Deine Seherin ist aufopferungsbereiter,
wie du ihr zugestanden hast.“
„Wie meinst du das?“
„Ssh, deine Zeit ist am abgelaufen, ihre Verdammnis sicher.“
Überbrückt die Verblüffung in seiner Miene mit einem tiefen Kuss,
der seine Gedanken in andere Bahnen lenkt. Entlässt die vagen Bilder und
Nebelfetzen aus ihrem Verstand und konzentriert sich auf seinen Körper. Die
tatsächliche Klarheit und den Grund ihres Hierseins. Ignoriert das Brennen in
ihren Adern. Drückt ihn zurück in die Matratze und klettert auf seinen Schoß,
seine Abwehr ist einfach zu umgehen, sie kennt ihn. Besser als sie es sollte,
aber Darla und Drusilla teilten nicht Jahrhunderte lang sein Bett, ohne den ein
oder anderen Trick aufzuschnappen und so entledigt sie sich ihrer Fußfesseln,
ohne dass er es bemerkt, bis sie ihn fragt, was er mit den Lederbändern vorhat,
die sie verführerisch vor seinen Augen baumeln lässt.
Bondage-Spaß nicht wirklich reizt, wenn sie beide wissen, dass sie
von den Fesseln nicht gehalten werden und bedauerlicherweise Eisenfesseln auf
der Mode sind. Und sie können sich schlecht in sein Schlafzimmer im Hyperion
schleichen, um dort unter den Augen ihrer Familie weiterzumachen. Hört ihn
unter sich und ihren Worten stöhnen und ihr fällt eine Verwendung für das Leder
ein und seine Augen brennen sich in ihre, während sie die Riemen um seinen
Schwanz bindet und sie lächelt ihm wissend zu und er schüttelt verwirrt den
Kopf. Kann mit diesem fremden Wesen in seinem Bett nichts anfangen und sie
gräbt ihre Fingernägel in seine Brust bis Blut fließt und zermalmt seinen
Verstand unter den fordernden Bewegungen ihrer Hüfte.
Denn er ist ein Vampir und sie weiß, wie diese lieben.
Verbrennt ihn mit ihrem Schweiß, der mit Weihwasser gemischt ist
und der ihn brüllend zum Höhepunkt kommen lässt, weil er seinen Abstand nicht
halten konnte. Sich instinktiv dem Sirenengesang ihres Blutes ergab. Die
Kontrolle nicht wahren. Folgt ihm, weil es ihre Aufgabe ist, sich um ihn zu
kümmern, bis sich die Umstände ändern und sie dabei jede Waffe einsetzen darf,
die sich in diesem Schlafzimmer befindet, weil keine Menschenseele Zeuge ihrer
Demütigung wird.
Denn die Erinnerung an das Gesehene verblasst ebenso schnell.
Wird ersetzt durch Geschehen.
Weil es okay ist, geöffnet unter ihm zu liegen und ihm freien
Zugang zu ihrem Innenschenkel zu gewähren. Weil seine Zähne ihr Fleisch
durchtrennen, seine Hände ihren Oberschenkel festhalten und ihr Blut fließen
lassen. Schmerz Liebe unter Dämonen ist und sie ihn lieben muss, ansonsten
würde sie ihn töten, denn es liegt in ihrer Macht und der Gedanke Blasphemie
gleichkommt und sie ein gutes Mädchen ist.
Und gute Mädchen kommen in den Himmel und sie diesen in seinem
Bett findet.
Weil diese Hölle sie hervorgebracht hat.
Ihr Schrei von seinem Mund geschluckt wird, als er das zweite Mal
sein Weihwasser in dieser Nacht zum Einsatz bringt und die Rose verewigt. Weil
er sie liebt und sie diesmal nicht das Bedürfnis hat, ihn auszulachen und
stattdessen seine Hüfte verbrennt, weil sie nicht genug von ihm bekommen kann.
Oder er von ihr. Sie denkt nicht, dass diese Unterscheidung noch wichtig ist,
solange sie ihn in ihrem Bett hält. Oder Annas.
Sie nicht duschen brauchen.
Denn sie sind beide unheilig, schmutzig und atemberaubend schön.
Zumindest in der Dunkelheit dieser dritten Nacht.
War es wirklich der Gedanke, wie die Rose dorthin kam, der hierher
führte?
Weil die Wunde nicht so schmerzt, wie sie sollte.
Cordelia die gähnende Leere ihres Bettes zu bewusst ist, die Spike
hinterlassen hat. Denn sie hat heute Erinnerungen an prickelnde Leidenschaft,
ohne den Wunsch sich zu vergessen.
Wird diese für nichts in der Welt tauschen oder hergeben, noch
nicht einmal für Wissen.
Schon gar nicht für dämonische Liebe. Oder eine Rose.
For ever and ever - I am a part of -
Das Kriegsbeil in Form ihres Katanas steckt am nächsten Tag in der
Erde, an der Stelle, wo der DeSoto stand und das schwarze Metal der Hülle
glänzt matt in der Nachmittagssonne. Die schwarzen Seidenbänder wehen in der
sanften Brise und Cordelia ist an die trügerische Ruhe vor dem Sturm erinnert.
Marthas wortloses Missfallen ist offenkundig, aber Cordelia ist
sich keiner Schuld bewusst, starrt die alte Dämonin entschlossen über ihr
Frühstück nieder, schließlich selbstbewusst, „Es war nicht sein Krieg, deshalb
sollte es auch nicht sein Ende sein. Spike verdient mehr.“
Unheildrohend, „Es ist nicht an dir diese Entscheidung für ihn zu
treffen, Kwé.“
Yeah, dafür ist es zu spät und sie bereut sie nicht, Martha seufzt
und Cordelia gibt ihr ein halbes Lächeln. „Wenn du diesen Krieg verlierst, ist
es unser aller Ende, vergiss das nicht.“
„Ich werde nicht verlieren und nicht vergessen.“ Cordelia ist
davon überzeugt, vielleicht das erste Mal in ihrem Leben und Martha
argumentiert nicht weiter, starrt nachdenklich auf das Schwert, das gegen den
Küchentisch gelehnt steht.
Geistesabwesend, „Nein, aber du wirst nicht alleine gewinnen, das
ist nicht dein Stil.“
„Du kennst meinen Stil nicht.“
Martha blickt auf, „Nicht so wie Spike? Ja, das ist wahr.“
Und Cordelia spürt die Röte in ihre Wangen kriechen und den Stich
in ihrem Herzen und steht auf, spült ihr Geschirr ab und schnappt sich dann das
Katana, streift die Hülle ab und kontrolliert die Schärfe der Klinge. Der
Schnitt in ihrem Daumen bringt einen Tropfen Blut hervor und sie saugt ihn weg,
beobachtet die Wunde beim Schließen.
Das unerwartete Lächeln in dem Gesicht der Indianerin als sie
hinüberblickt, ist überraschend und Cordelias Argwohn ist geweckt, aber sie
schüttelt nur verneinend den Kopf. „Geheimnisse sind mein Stil und dieses ist
zu gut, um es zu teilen. Aber irgendwie habe ich trotzdem das Bedürfnis dir
mitzuteilen, dass deine Aura beige ist und nicht mehr golden.“
Beißt die scharfzüngige Erwiderung hinunter und die spontanen
Indianernamen, die ihr für Martha einfallen und deren harmlose Variante ‚Die
die ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts angehen’ oder ‚Die deren Humor
nur von ihrer Subtilität in den Schatten gestellt wird’ lautet. Bitch würde
auch passen und Cordelia lässt Martha das stille Vergnügen Salz in die Wunde zu
streuen und belohnt sie mit Desinteresse.
Sie konnte mit ein paar Stichen gegen ihr Ego umgehen, außerdem
hatte sie Spike nicht aus einem Job gefeuert, sondern nach hause geschickt.
Zurück in sein Leben. Es bestand ein gewaltiger Unterschied zwischen Angel und
ihr. Ihr einziges Problem war, dass Angel im Rückblick wie der Posterboy der
zwischenmenschlichen Beziehungen wirkte und sie ziemlich sicher ist, in welche
Kategorie, das sie in Spikes Augen verfrachtet.
Harmlose Variante? Herzlose Megäre. Nur mit mehr Flüchen und
Verwünschungen.
Ihr Sozialleben war gelinde gesagt eine verdammte Katastrophe.
Positiv gesehen hatten die letzten Monate die Einschränkung von
Leben auf Sozialleben gebracht. Und Apathie wurde
durch Kontrollzwang ersetzt. Plus die Taubheit hatte dem übertriebenen
Sarkasmus platzgemacht. Und die Selbstmordabsicht ohne Grund wurde durch eine
Selbstmordmission ersetzt.
Yay, Cordy! Go team!
Ihr Blick kehrt zurück zu der Dämonin. Abwesend, „Sag mir noch
einmal, was wir sind.“
„Sawasmo we'onuk, aber das ist nicht deine Frage, richtig?“
Und Cordelia schüttelt den Kopf und Martha lässt die Gestalt der alten Frau
hinter sich und die fließende Transformation ist noch immer bewundernswert.
„Das sind wir. Ohne Masken.“
„Warum kann ich nicht –"
Martha unterbricht sie, „Du wirst es früh genug lernen, es
erfordert nur etwas Übung und Konzentration. Du ziehst dein menschliches
Aussehen vor und daran ist nichts auszusetzen.“ Die grüne Haut der Dämonin
verwandelt sich zurück in menschliche und das zeitlose Gesicht einer jungen
Frau tritt an ihre Stelle, „Wir versuchen die Aufmerksamkeit nicht auf uns zu
ziehen, das ist Teil unserer Identität. Die alte Frau schützt mich vor
unangebrachten Fragen, woher mein Wissen stammt oder Offerten, während sie mir
gleichzeitig Respekt zusichert. Simple Tarnung. Was wir sind, ist nicht so
wichtig, als das was wir sein können und was nicht.“
Die gleichen Grundsätze, die auch für Menschen galten,
also hatte sie sich nicht so tiefgreifend verändert, als dass sie
Existenzfragen ausweichen kann. Cordelia seufzt, „Sind wir unsterblich?“
„Jedes Wesen ist auf seine Art ewig, es ist nur der Mangel
an Bewusstsein dafür, der den Unterschied zwischen Macht und Ohnmacht zeichnet.
Die Ewigkeit ist eine lange Zeit und wir sind auf dieselbe Weise unsterblich
wie Vampire. Zeit bindet unsere Körper nicht, wir sind losgelöst von dem
Kreislauf des Lebens, nicht an ein irdisches Schicksal gebunden. Wir sind
Zwischenwesen, die eigentlich in dieser Dimension nichts zu suchen haben. Genau
wie sie. Entstanden aus demselben Motiv, derselben Essenz. Der einzige
Unterschied ist, dass wir aus dem anderen Ende der Skala hervorgehen.
Durchdringendes Licht.“
Cordelia fühlt sich verloren, tausend Fragen, die durch ihren
Kopf schießen und Antworten verlangen. „Weshalb gibt es dann nicht mehr von
unserer Sorte, warum habe ich in keinem Buch etwas über unsere Existenz
gelesen?“
„Wenn du die Wahl hast zwischen Himmel und Erde, welches
Schicksal ziehst du vor? Bindest du deine Seele an diese Welt, wenn du genau
weißt, dass es ein ewiger Kampf ist?“ Marthe verneint mit einer Geste ihre
Frage, „Vampire weichen ihrer Verdammnis aus, wir haben keinen Grund dafür,
deshalb sind wir selten. Wir zogen diese Schattenexistenz dem ewigen Frieden
vor und wir kämpfen nur solange, wie wir wollen, denn wir haben keinen Grund
unseren Tod zu fürchten. Na ja, die meisten von uns.“
Leise, „Bist du auch verdammt?“
„Auf dieselbe Weise wie jedes Wesen das liebt.“ Martha
lässt sich Zeit mit diesem Rätsel, schließlich, „Ich garantiere Schutz für die
Generationen, die meine Familie folgte, die mich ursprünglich aufnahm und ich
habe mein Schicksal in eigener Hand. Ich sehe Menschen sterben, die mir wichtig
sind, es schmerzt aber nur, wenn sie vor ihrer Zeit gehen und ich fühle mich
selten geneigt mich ihnen dort anzuschließen. Die Grenzen zwischen den Welten
sind nicht so unüberwindbar, wie du im Augenblick meinst.“
Mit einem mysteriösen Lächeln, „Geisterwelten haben ihren
eigenen Reiz und man baut Kontakte mit den Jahren auf, die sich als nützlich
erweisen, um die Toten nicht zu vergessen, in Verbindung zu bleiben. Ich könnte
sogar Höllen betreten, um meine Feinde leiden zu sehen. Das ist der Vorteil der
guten Seite, Freiheit. Niemand der uns im Jenseits in Ketten schlägt oder
Rechenschaft fordert. Das ist das, was du für ihn aufgegeben hast und es fällt
mir schwer zu begreifen warum. Gerade weil du alt geworden bist, in welcher
Hölle muss dein Angel geschmort haben, dass dir der Zutritt für immer verwehrt
war?“
„Keine, die seine Seele verdient hat.“
Martha hebt die Augenbraue und verzichtet auf eine
Erwiderung.
Das Gespräch ist von Cordelias Seite beendet und die
Vorbereitungen für ihre Abfahrt sind schnell getroffen. Die Sachen, die sich im
Haus befanden, genug, um einige Tage auf der Straße zu überleben. Die alte
Corvette ein Geschenk von Martha und das Versprechen, sie wieder abzuliefern,
wird mit einem sicheren Nein und ihrer Telefonnummer quittiert. „Sag mir
einfach, wann du sie zu Schrott verarbeitet hast.“
„Ich bin eine bessere Fahrerin als du mir zutraust.“
„Du weißt noch nicht einmal im Ansatz, was ich dir alles zutraue
und ich habe nicht von einem Unfall geredet, Kwé.“ Martha hält ihr ein
schwarzes Bündel hin und nach einem Moment des Zögerns greift Cordelia danach,
der Ledermantel in ihrer Hand wiegt schwer. Das Lächeln ist nachsichtig, „Er
wird ihn von dir zurückfordern, sei dir dessen sicher. Früher oder später.“
Cordelias Nicken ist langsam, ihre Stimme spröde, „Hoffen wir auf
Später, seinetwillen. Sonst noch einen weisen Ratschlag für diese Reise?“
„Vertrau auf deine Instinkte und vor allem auf dein Herz. Es wird
dir den richtigen Pfad vorgeben, du bist nicht soweit gekommen, ohne zu wissen,
wie man über seine Gegner triumphiert. Jetzt ist es an dir zu lernen, wie man
es zu einer Kunst aus der Dunkelheit ins Licht erhebt.“ Die Hände auf ihrem
Gesicht sind zärtlich, so wie der Kuss auf ihre Stirn von Zuneigung zeugt.
„Pass auf dich auf, Cordelia Chase.“
Ihr Nicken ist ruckartig, „Du ebenso, Martha.“
Das gutmütig zuversichtliche Leuchten in ihren plötzlich
smaragdgrünen Augen ist alles, was sie als Antwort bekommt und Cordelia wundert
sich kurz, warum das junge Gesicht ebenso vertraut ist, wie das wettergegerbte.
Wie wenig die Erscheinung mit der Identität zu tun hat und wie sehr Marthas
Wesen durch jede ihrer Facetten strahlt. Dass die Dämonin vor ihr, dies mit
Spike gemein hat, diese Ausgeglichenheit und Harmonie im Kern.
Wundert sich, ob all ihre Versuche, die einzelnen Aspekte zu
trennen und einzeln zu analysieren und zu reparieren, nicht eine Strategie ist,
die im Ansatz scheitern muss. Weiß, dass sie keine Identität von ihrem Blut
erhalten kann, sondern nur durch ihre Taten und wenn sie all ihre Empfindungen
zulässt, mit sich ins Reine kommt und aufhört wie ein Kontrollfreak, jede
Regung ihres Herzens auf die kleinste Disharmonie zu überprüfen.
Eine Erkenntnis, die fundamental erscheint. Küsst Martha auf die
Stirn und hält sie fest in einer kurzen Umarmung. „Auf Wiedersehen und Danke.“
„Gern geschehen und du weißt, wo du mich findest, wenn du mal über
Entspannung und Selbstfindung nachdenkst, ja?“
Lacht ein offenes Lachen, „Oh ja, obwohl ich sicher bin, dass du
mich nur noch mehr verwirren wirst. Bye.“
Steigt die Stufen auf den Vorplatz und wirft ein letztes Winken
über ihre Schulter zurück, bevor sie in die Corvette einsteigt. Wirft den
Ledermantel auf den Beifahrersitz, wo er ihr Katana verdeckt und startet den
Motor. Lässt Martha und relative Sicherheit ihres Zuhauses hinter sich und
fährt die staubige Landstraße in Richtung Osten, mit der Abendsonne und guten
Wünschen im Rücken. Mut im Herzen, dass sie all das von ihr verursachte Chaos
besiegen kann und nur einem leichten Ziehen, dort wo ihre Zerknirschung gegenüber
Spike sitzt. Ihrem schauderlichen Verhalten, um ihn aus ihrem Leben zu kicken,
wie einen räudigen Köter, der keine Zuneigung wert ist und zu lange nach den
Krummen vom Herrentisch geschnappt hat.
Verdammt.
Ihre Faust schlägt auf das Lenkrad.
Hart genug, um es zum Vibrieren zu bringen. Leicht genug, um
keinen Schaden zu verursachen, denn sie hat ihre Stärke heute unter Kontrolle.
Muss nur noch an ihren Schwächen arbeiten.
Cordelia vermisst den Rauch und Spikes Gegenwart.
Füllt die Stille mit dem Radio, dreht es auf, um die ungewohnte Geräuschlosigkeit vom Beifahrersitz zu
überbrücken, sucht eine Station, die sie an ihn und seinen Musikgeschmack
erinnert. Kauft sich an der nächsten Tankstelle ein Päckchen Zigaretten,
die sie ungeraucht zwischen ihren Fingern abglühen lässt. Es ist nicht viel,
aber genug. Muss reichen. Konzentriert
sich auf ihren Instinkt, wird
von ihm auf ein entlegenes Feld geführt und findet eine neue Brutstätte
der Dämonen, die sie sucht.
Um Mitternacht auf irgendeinem Feld Mitten im Nirgendwo.
Stört die Vorbereitungen deren Riten. Auflösung dieses Rätsels außerhalb von Gewalt zu finden, gestaltet sich
schwieriger und sie merkt, dass sie heute Nacht nicht wirklich daran
interessiert ist. Ihr der Nerv fehlt, Fragen zu stellen. Es einfacher ist, ihre
Feinde nur abzuschlachten, ohne weitere Gedanken.
Aber sie hält sich mühsam im Zaum und
den letzten Überlebenden als Geisel, ruft Wesley an und verlangt von ihm, dass
er die Laute für sie in Worte packt. Den Ursprung der Bedrohung ausmacht und
den nächsten Ort für ein Ritual. Wesley ist verwirrt von ihrer Entschlossenheit
und der Nachricht, dass sie alleine ist und Spike nicht seinen Anweisungen
folgen kann. Er einfach zuhören soll, was das für eine Sprache sein kann,
welcher Dimension sie entsprungen sind. Wesleys
Überraschung schüttelt sie ab, hat kein Problem damit, den Dämon zu
foltern und sie ahnt, was ‚Verdammt
seiest du!’ in deren Sprache bedeutet.
Cordelia nichts dabei findet, ihren Gegner langsam ausbluten zu lassen und vielleicht ist das der
Augenblick, in dem Wesley erkennt, dass sie kein Mädchen mehr ist, das er vor
der Welt beschützen kann. Sie durch vertraute Höllen gewandert ist, die er sich
nicht einmal im Ansatz vorstellen kann. Presst
nachdem der letzte Todesschrei des Dämons in der Nacht verklungen ist, das Handy wieder an ihr Ohr und fragt
Wesley, was er verstanden hat. Und er ist schweigsam am Telefon und sie
sagt ungeduldig, dass er sich seinen stummen Groll und seine Verurteilung für ein anderes Mal aufsparen soll, wenn die
Telefonkosten gerade nicht auf Angels Investigations gehen oder sie sich in demselben Staat befinden.
Das hier bedeutungsvoll ist, sie sein
Wissen braucht und nicht seine Lektionen.
Nicht heute Nacht. Bitte. Nach einem Moment
angespannten Schweigens konzentriert er sich auf das Dämonenproblem und sie
lauscht seinen Erklärungen, die er natürlich erst einmal Gegenschecken will,
aber die sich für sie für den Anfang vielversprechend anhören. Ein erster
Ansatz, um der Bedrohung Herr zu werden. Blickt mit Widerwillen auf die
verwesenden Leichen, welche die morbide Aufmerksamkeit ihres Opfers, sogar
während ihrer Folter gehalten haben.
Reißt nachdenklich das Medaillon von
dessen Hals, das war neu.
Cordelia ist sich sicher, dass die Dämonen
bei ihren ersten beiden Zusammentreffen mit Spike keine Schmuckstücke trugen.
Wahrscheinlich nur Vortrupps, die das Gelände erkunden sollten und Riten für
die Öffnung von Portalen durchführen. Teilt Wes ihre Beobachtungen mit und sagt
artig Danke am Ende des Gesprächs. Drückt seine Frage nach Spike weg.
Schaltet das Mobiltelefon aus und zieht
weiter nach Osten, kommt in den frühen Morgenstunden in Pittsburgh an und
beobachtet einen Moment das sich zu Ende neigende nächtliche Treiben, bevor sie
sich einen unvorsichtigen Vamp schnappt und ihn fragt, wo sie in dieser Stadt
einen Waffenhändler findet, der auf Klingen spezialisiert ist.
Die Überraschung in seiner Miene ist
beinahe amüsant, aber sie ist nicht in der Stimmung und so presst sie ihr
Katana tiefer in seine Kehle und wiederholt ihre Frage langsam, weil sie zwar
noch nie von Schwerhörigkeit bei Vampiren gehört hat, aber alles bei dieser
Spezies möglich erscheint. Vor allem geistige Schwerfälligkeit. Starrt ihn hart
nieder, während das Blut seinen Hals entlang läuft. Er gibt ihr schließlich
stotternd die gewünschte Auskunft. Sie köpft ihn lustlos und folgt dann seiner
Wegbeschreibung in eine weniger zwielichtige Gegend, findet den beschriebenen
Eingang in einer Nebenstraße und klopft solange, bis der genervte Besitzer ihr
öffnet.
Kein Vamp, aber auch kein Mensch,
obwohl die bärige Bikererscheinung mühelos darüber hinwegtäuscht und sie drückt
sich unter seinem baumstammartigen Arm in das Geschäft. Cordelia gibt ihm eine
kurze Beschreibung von den Dingen, die sie benötigt. Ist ganz Business und die
Warnung in ihrem Gesicht eindeutig, sollte er sich nicht ihrem Willen fügen,
würde sie die Gegenstände ohne Bezahlung nehmen. Nach einem Moment des Zögerns
schließt er die Tür, während sie den Staub von ihren Kleidern klopft und
beginnt ihre Auswahl zusammenzustellen.
Kurze Messer mit entsprechenden
Scheiden, die sie problemlos an ihren Gliedmaßen befestigen kann und unter
ihren Oberteilen. Ein Klingenschärfer und eine kleine Armbrust mit entsprechend
Munition. Ein Pflock, Weihwasser, Lederriemen und eine Befestigung für die
Hülle ihres Katanas, so dass sie es bequem auf ihrem Rücken tragen kann. Er
fragt, ob sie einen Ledermantel besitzt und nach einem Moment verneint sie. Er
sagt, sie solle sich im vorderen Teil des Ladens umsehen und sich einen
auswählen, er würde die Änderungen vornehmen, wenn sie bis heute Abend Zeit
hätte.
Cordelia nickt und wandert ziellos
zwischen den Kleiderständern umher, die mit Motorradjacken und Flanellhemden
voll gehäuft sind. Nicht ihr Stil oder ihr Geschmack. Übersieht beinahe in
ihrer ruhelosen Ungeduld das junge Mädchen, das sie neugierig hinter dem Tresen
verschanzt beobachtet. Elf oder zwölf, in Pyjamas gehüllt, die Tochter des
Besitzers und sie erwidert das schüchterne Lächeln aufmunternd, mit dem Stich
eines schlechten Gewissens, weil sie offensichtlich die Morgenruhe der Familie
gestört hat.
Fragt sie vermittelnd, wo die Kleider
versteckt sind, die ihr passen könnten und bekommt ein gedämpftes Lächeln und
eine willige Helferin, die ihr flink die Stücke präsentiert, die ihre Größe
habe. Entscheidet sich für einen eng geschnittenen Mantel, der ihr fast bis zu
den Knien geht und der einige versteckte Taschen besitzt. Zwei Lederhosen, drei
Korsagen und zwei paar Boots. Die Stücke sind alle schwarz und mattes, hartes
Leder, eine unauffällige leichte Rüstung, die anspruchslose Treffer auf ihren
Oberkörper einfach schluckt und abwehrt.
Cordelia grinst ihrem dunklen
Spiegelbild zufrieden zu, während sie ihre Armfreiheit testet, einen
Roundhouse-Kick vollführt und feststellt, dass sie das steife Leder noch weich
tragen muss, um alle Vorteile ihrer neuen Bekleidung vollends genießen zu
können. Denkt an Spike und seine Miene, wenn er sie so sehen könnte. Dass sie
seinen Ratschlag konsequent noch eine Stufe weitergetrieben hat. Der letzte
Schritt von schwarzem Samt und Seide zu Leder ist minimal. Es sie nicht mehr
kümmert, was andere von ihr halten, sie sich schon solange soweit außerhalb der
Norm bewegt, dass es lebensmüde erscheint, auf diesen schwachen Schutz zu
verzichten, nur weil sie durch ihn nicht mehr das Klischee einer unbeschwerten,
jungen Frau erfüllt.
Und sie nimmt keine unnötigen Risiken
mehr auf sich.
Spike wäre stolz auf sie, wird ihr
schlagartig klar, darauf, dass sie zu ihrer Kriegernatur steht und spürt einen
erneuten Stich Traurigkeit bei dem Gedanken. Ihr Blick wandert zurück zu dem
Ladenbesitzer, der sich mit besorgter Miene beschützend vor seiner vorwitzigen
Tochter aufgebaut hat. Sie ist Ärger, aber nicht für einen harmlosen Dämon, der
nur seinem Lebensunterhalt hier nachgeht.
Besänftigend von ihr, „Kann ich die
Sachen gleich anbehalten?“
Sieht sein hastiges Nicken und folgt
ihm in den hinteren Teil des Ladens, wo seine Auswahl auf dem Tisch liegt, einfache
Messer, ohne Verschnörkelungen oder Zierrat, nur tödlich und sie lächelt ihm
befriedigt zu. Die Schneiden sind hochwertig und das Metall mehrfach gehärtet,
lässt ihren Blick über die Waffen gleiten, prüft routiniert die Schärfe der
Klingen mit ihrem Daumen.
„Ich brauche mehr Pfeile und einen
Kescher.“ Er kommt ihrer Aufforderung geflissentlich nach und sie legt ihr
Katana zu seiner Auswahl, stützt die Hände nachdenklich auf den Tisch. Diese
eine Waffe birgt noch immer ihre ganz eigene Faszination für sie.
Fühlt den interessierten Blick der
Kleinen, bis sie sich nicht mehr halten kann, wissbegierig, „Gegen wen ziehst
du in den Kampf?“
Cordelias Antwort ist zensiert, „Gegen
die Monster, die in der Nacht lauern und die Handlanger meiner Feinde.“
„Du rechnest mit deinen Widersachern
über andere ab?“ Kindliches Unverständnis und sie lächelt das Mädchen zwanglos
an und nickt. „Geht das?“
„Natürlich, wenn sie sich nicht selbst
stellen wollen, muss man der Sache manchmal ein wenig nachhelfen. Vor allem
dann, wenn sie es nicht so genau nehmen mit den Opfern. Würdest du nicht auch
manchmal gerne dem Dreckskerl eine Lektion verpassen, der den schwächeren
Mitschüler sein Lunchgeld klaut? Nur weil er stärker ist, ist er noch lange
nicht im Recht, oder?“
Das Nicken ist versucht erwachsen,
„Natürlich nicht, das ist ungerecht.“
„Also ziehe ich in den Kampf, um die
Lunchbox meines Lebens zurückzukriegen und helfe währenddessen den Hilflosen.“
Und sie zwinkert ihr verschwörerisch zu, bevor sie sich wieder auf die Waffen
konzentriert. „Und du solltest dich nicht für die Schule fertig machen? Die
Lektionen sind ebenso wichtig.“
Das Mädchen huscht an ihr vorbei eine
Treppe hoch, ist so leise verschwunden, wie sie aufgetaucht ist.
„Wie gut bist du mit Pfeil und Bogen?“
Cordelia blickt überrascht zu dem Vater, seine besorgte Miene hat sich in eine
zuvorkommende gewandelt. „Langbögen sind die besseren Waffen auf Entfernung,
Armbrüste vorteilhaft, weil mehrere Pfeile gleichzeitig geladen werden können,
aber wenn einige Distanz zwischen dir und deinem Gegner liegt und du über
Treffsicherheit verfügst, dann würde ich einen Langbogen empfehlen.“
Sie schüttelt bedauernd den Kopf, „Ich
habe keinerlei Erfahrung mit Bögen. Die Armbrust muss reichen. Was schwebt dir
sonst noch vor?“
Er dreht die Zottel seines Bartes
gedankenvoll zwischen den Fingern, „Kämpfen deine Widersacher mit modernen
Arsenal? Pistolen? Automatische Waffen? Pump Guns?“ Er unterbricht sich, als er ihre entsetzte Miene sieht. “Nicht jeder
Dämon steckt im ballistischen Mittelalter fest und nicht jede Jägerin sollte
sich nur auf ihren Pflock verlassen, weißt du?”
Korrigiert
nicht seine falsche Annahme ihren Jägerinnenstatus betreffend und konzentriert
sich auf die für ihn wichtigeren Fakten. „Ja, aber sie sind
aus einer anderen Dimension. Magie und Schwerter sind ihre bevorzugten Waffen
oder die einzigen, die sie bis jetzt kennen.“
„Gut, also Handgelenkschoner?“ Sie
nickt und er bringt ihr verschiedene Paare, entscheidet sich für diejenigen,
die bis zur Mitte ihrer Unterarme reichen und die Rückseite ihrer Hände
schützen. „Ein kleines Springmesser ist immer von Vorteil.“ Ein weitere
Zustimmung und er legt fünf Ninjasterne dazu und Cordelia grinst ihn an, „Das
wäre dann alles, -“
„Mikey.“
„Mikey.“ Und er fordert sie auf ihren
Ledermantel verkehrt herum anzuziehen, während er die Hülle ihres Katanas
ausmisst und zeichnet dann die Umrisse auf die Innenseite, in der Höhe, die für
sie angenehm zu erreichen ist und den Schwertgriff problemlos unter den Wellen ihres
offenen Haar versteckt.
Als Cordelia die knapp vierstellige
Summe auf die Karte von Angels Investigations nimmt und Mikey sich zufrieden
die Hände über dieses erfolgreiche Geschäft des frühen Morgens reibt, erscheint
ihr gehässiger Hieb gegenüber Wes kleinlich. Und als sie den Laden durch die
Hintertür wieder verlässt, schaltet sie ihr Handy erneut auf Empfang. Steht,
nachdem sie ihre neusten Errungenschaften verstaut hat, einen Moment
unentschlossen in der Morgensonne neben der Corvette, bevor sie sich für den
Anruf entscheidet.
Sie wählt die Eins ihres
Kurzwahlspeichers, während sie auf den Fahrersitz gleitet. „Angels Investigations. Angel am Apparat.“
„Oh.“ Das war
unerwartet. „Hallo Angel, ist Wesley da?“
Seine Stimme
ist belegter, als er ihre Frage beantwortet, „Nein, er ist gerade auf der Suche
nach einem Buch, für irgendwelche Querverweise. Weshalb? Bist du in Schwierigkeiten?“
„Nein, nein. Seid ihr es?“, lenkt das Gespräch von sich
weg.
Hört sein
Seufzer, „Nur das Übliche, kleinere Scharmützel mit einigen unvorsichtigen
Vamps. Es ist sommerlich ruhig hier in LA, scheinbar sind sogar die Dämonen
dieser Mörderhitze überdrüssig und haben sich in die tiefsten Winkel der
Kanalisation zurückgezogen. Gunn und ich haben vorgestern ein Vampirnest in
Ventura ausgeräuchert, die Vamps haben noch nicht einmal großartige Gegenwehr
gezeigt und einer meinte sogar, dass die Hölle mit Sicherheit kühler wäre. Und
gestern war eines unten an der Riverside dran, nichts großartiges, aber die
Anwohner würden es uns sicher danken, wenn sie wüssten, dass Vampire echt
sind.“
Er macht eine
kurze Pause und fährt dann hastig fort, „Connor hat endlich seinen ersten Zahn
und ist noch immer unerträglich quengelig vom Zahnen, aber Wesley hat ein, zwei
Tricks im Umgang mit ihm gelernt. Und Lorne ist immer für das Babysitten zu
haben, na ja, meistens, wenn er nicht gerade ausgeht, etwas das er in den
letzten Wochen wieder begonnen hat. Und er hat einen neuen violetten Anzug, du
würdest die Farbe an ihm lieben. Und ich glaube, Fred geht mit Charles aus,
richtige Dates, nichts freundschaftliches - Ich rieche eine Romanze.“
„Tust du das?
Deiner Spürnase entgeht so gut wie nichts, oder?“ Sie schmunzelt leicht, „Wie
oft hast du diese kleine Rede geprobt, Angel?“
Kurzangebunden
und ertappt, „Zu oft.“
Cordelia lässt
all die Zeiten Revue passieren, in denen er ihre Ratschläge leichtfertig
ausgeschlagen hat. All die belanglosen Streitereien, in denen sie ihn zur
Verzweiflung getrieben hat und er sich ihren Anweisungen nur gefügt hat, damit
sie endlich die Klappe hält und ihn in Frieden weitergrübeln lässt.
Heute genügte
ein Wort von ihr und er würde durch die Hölle für sie gehen. Diese neue Macht
über ihn ist bitter, ist etwas das sie nie gewollt hat. Ebenso wie Tragödie jetzt
quer über ihre gesamte Beziehung geschrieben steht und sie mag das Label nicht.
Sie hasst den Nachgeschmack von Salz und Schweiß und Blut, der sein Name auf
ihrer Zunge hinterlässt. Das Ringen in ihren Ohren von seiner Stimme. Die
Gänsehaut, die einfach da ist und die Kälte, an der Stelle, an der einst ihre
warme, bedingungslose Zuneigung für den Vampir saß. Wünscht sich neben all den
unmöglichen Dingen, die ihr zertrampeltes Herz für sich fordert, einen Neustart
und weiß, dass der nur begrenzt möglich ist.
Sie darf nicht
vergessen, kann noch nicht verzeihen und so hält sie ihre Stimme ausdruckslos,
wählt die Worte mit Bedacht, „Ich bin froh, dass du aus deiner selbstgewählten
Isolation herauskommst, Angel, das macht es einfacher für dich, erinnert dich
an die Dinge, die dir wichtig sind.“
Seine
Erwiderung ist unbedacht, „Du bist mir wichtig.“
„Ich weiß, aber
ich bin nicht alles für dich.“ Wundert sich, ob er erwartet hat, dass sie das
Kompliment zurückgibt. Ob er überhaupt noch etwas von ihr erwartet oder ob er
ihr die freie Willkür über sein Leben geben würde, wenn sie es wollte. Nie
wieder verlangt, nie wieder befiehlt. Nie wieder ein Widerwort gibt und die
Zukunft sieht plötzlich sehr viel trister und langweiliger für sie aus.
Cordelia weiß, dass sie so nicht leben kann und dass Angel nicht der einzige
sein wird, der sie zuvorkommend behandeln wird in LA, wenn sie es zulässt.
Aber Wes ist
wieder er selbst in ihrer Gegenwart, hat sich daran erinnert, dass sie keine
zerbrechliche Puppe ist und wenn er es kann, dann wird der Rest der Familie
folgen. Besinnt sich schnell auf das, was Angel neben ihrer Tirade aus seinem
Trott gerissen hat und das Gespräch in ungefährliche Bahnen lenkt, „Wie ist
dein Besuch bei Wolfram & Hart verlaufen?“
Angels Erleichterung
über den Themenwechsel hörbar, beinahe euphorisch, „Lilahs linker Arm ist
gebrochen und sie war so freundlich sich um das Shajhan-Problem zu kümmern, nachdem ich ihr androhte ihre Finger der rechten
Hand zu zerquetschen. Sie war sehr kooperativ, als ich - “
Er stoppt
abrupt, als ihm klar wird, was er gesagt hat. Yeah, Folter mit ihr zu
diskutieren spricht nicht gerade für sein Mitgefühl und emotionale Intelligenz.
Cordelia sucht für ihre Anteilnahme gegenüber der Anwältin und scheitert. Späte
Rache für ihre gegrillte Haut und Eiterblasen und ihr derzeitiges
Einfühlungsvermögen erschien nicht mehr so furchteinflößend. Offenbar waren die
Gegner nur zeitweise auf ihrer Liste.
„Angel, sie ist
böse und arbeitet für Wolfram & Hart, ein wenig Kleiderbonding unter Frauen
hat mich nicht vergessen lassen, wer sie ist und was sie repräsentiert. Folter
steht in ihrem Arbeitsvertrag.“
Als ob das
alles ganz natürlich erklären würde und Angel schluckt sein Unbehagen hinunter
und redet weiter, „Sie hat uns die Urne zu überlassen, die Shajhan gefangen
hält. Holtz war darüber nicht gerade glücklich, scheint aber augenblicklich
damit zufrieden zu sein unsere Aktivitäten aus sicherer Entfernung zu
beobachten.“
Warnend von
ihr, „Behalte ihn im Auge, er ist nicht zu unterschätzen.“
„Ich weiß, aber
ich denke, wir haben eine Art von Waffenstillstand mit ihm ausgehandelt, besser
gesagt Wesley und Gunn. Und Wes ist der Prophezeiung nachgegangen und Connor
ist dazu bestimmt diesen Dämon zu töten, wenn seine Zeit reif ist. Etwas, das
noch einige Jahre dauert, bis Connors Part in dieser Schlacht eintreffen kann,
derweil haben wir einen sicheren Aufbewahrungsort für die Zwischenlagerung
gefunden. Aber etwas war seltsam, ich kann es nicht beschwören, aber mein
Gefühl sagt mir, dass Lilah zu interessiert an deinem derzeitigen
Aufenthaltsort ist.“
Cordelia stoppt
das nervöse Spiel ihrer Finger, die eine Zigarette zerreiben.
Das war
interessant, dennoch nicht so bedrohlich. Die spannende Frage in dieser
Konstellation war, wie viel Wissen die Anwältin über die Wende der Realität
besaß. Ob die Bedienstenten von Wolfram & Hart faktisch darüber im Bilde
waren, wer sie ausgelöst hat und wann die Bosse es für nötig hielten, die Jagd
auf sie zu eröffnen. Martha meinte, es würde noch einige Zeit dauern, bis es
ihnen erlaubt war und so zerstreut sie Angels Besorgnis vorerst, leichtfertig,
„Du kennst Lilah, sie behält ihre Feinde gerne im Auge und spielt zu gerne die
Katze mit dem Kanarienvogel in der Schnauze.“
„Ja, trotzdem.“ Er klingt unsicher, „Du bist in keiner
unmittelbaren Gefahr? Spike schützt deinen Rücken?“
Überlegt für
einen Moment, bevor sie sich für die Wahrheit entscheidet, „Spike ist auf dem
Weg zurück nach Sunnydale und bevor du anfängst zu grummeln, dass es abzusehen war,
dass er mich im Stich lässt, will ich dir nur sagen, dass er gegen seinen
Willen und auf meinen ausdrücklichen Wunsch gefahren ist. Auch wenn er es nicht
verstehen wird.“
„Er ist nicht
unbedingt schnell, was das große Bild betrifft.“ Morbide Neugier schleicht sich
in Angels Ton, „Ich kann Spike viel vorwerfen, aber ein Mangel an Loyalität für
seine Schutzbefohlenen gehört nicht dazu. Was hast du getan, Cordy?“
Entlässt den
Seufzer und spart es sich, das Bedauern zu unterdrücken, „Ich musste auf eine ziemlich
miese Taktik zurückgreifen, die dein ‚Ihr seid gefeuert!’ im Rückblick human
wirken lässt.“
„Du hast ihn
also gnadenlos verarscht?“
„Spar dir
deinen selbstgerechten Tonfall, Angel, es war zu seinem Besten. Die Lage ist
komplizierter geworden, es geht nicht mehr um einen Selbstfindungstrip
meinerseits.“
„Umso mehr
Grund Spike in deiner Nähe zu halten.“
Die
Ungläubigkeit ist nicht zu kaschieren, „Soll das etwa heißen, dass du plötzlich
pro Spike bist?“
„Ich bin pro
Überleben, wenn Spike dir dabei hilft, schafft das zum ersten Mal Pluspunkte
für seine Existenz. Also?“
Warum musste
Angel so verdammt vernünftig klingen?
Widerspenstig,
„Also müsste er diese schon lange in deinem Buch haben, schließlich kämpft er
seit Jahren für Buffy in Sunnydale. Lass es gut sein, Angel, das führt zu
nichts. Der eigentliche Grund meines Anrufes, ist die Frage, ob Wes schon etwas
über die Dämonen herausgefunden hat, in die ich zurzeit ständig renne.“
Alarmiert,
„Weltuntergang?“
Ruhig von ihr,
„Wenn wir es nicht verhindern? - Ja.“
Hört Papiere im
Hintergrund rascheln und dann Angels sachliche Stimme, „Wes’ Aufzeichnungen
sind noch nicht sehr ausgeklügelt, sodass ich den Großteil verstehe. Er scheint
auf der Suche nach einer Referenz für ‚Sonnenkönig/in’ zu sein, wenn ich die
drei Fragezeichen hinter dem Wort richtig deute. Scheinbar der Schlüssel, um
diese Apokalypse abzuwenden, zusammen mit – uhm, das könnte Mondkönig/in
heißen. Kannst du damit etwas anfangen?“
„Vielleicht.“ Denkt an Marthas Warnung, dass sie der
Auslöser war und die Selbstverständlichkeit mit der sie Kwé als Königin
korrigiert hat und nicht Frau. Denk an ihre Erklärung was für Wesen sie sind,
woher sie stammen. Denkt an Spikes Aussage ihren Duft betreffend. Nachdenklich,
„Kann ich dir eine unbequeme Frage stellen, Angel?“
Das Zögern ist
offensichtlich und Cordelia gibt ihm Zeit. Sie beide haben zu viele unbequeme
Themen angehäuft, um leichtfertig Staub aufzuwühlen. Schließlich erfolgt seine
leise Zustimmung, „Ja.“
„Ist dir etwas
an mir aufgefallen, nachdem dein Versuch mich in einen Vampir zu verwandeln
fehlschlug? Wann hast du gemerkt, dass die Transformation nicht eintritt?“
Er atmet tief
durch und seine Antwort ist bebend, unsicherer Grund zwischen ihnen und
Cordelia vermisst den solide Boden einmal mehr, der Angel für sie war. „Etwa
eine halbe Stunde nachdem ich dir mein Blut zum Trinken gegeben hatte. Ich war
dabei dein Grab auszuheben als dein Herzschlag zurückkehrte, langsam, aber das
Pochen war unüberhörbar da, wurde mit jeder Minute stärker und ebenso setzte
deine Atmung kurze Zeit später wieder ein. Wahrscheinlich wärst du mir
entkommen, wenn ich eine Schaufel dabei gehabt hätte oder schneller beim graben
gewesen wäre.“ Sein Schluchzen ist überraschend jäh, „Es tut mir so leid, Cordy.“
Sein Weinen
verzweifelt und sie macht ein Sssh-Geräusch unter ihrem Atem. Aber Angel ist
nicht Connor und ihr nonverbaler Trost stößt auf taube Ohren, muss ihren
Komfort in Worte packen, wenn er ankommen soll. Sie war noch nicht soweit, ihn
aufzubauen, ihre Stärke reichte gerade mal für sie und dass sie nicht in Stücke
zerbricht. Ihr fällt die fehlende dritte Person in seiner Rede auf, Spike hatte
in einem weiteren Punkt Recht und reibt selbstvergessend über ihren Hals.
Über sein Mal.
Pulsierend und lebendig.
Gott, sie ist
nicht in der Lage für diesen Bullshit. War erst recht nicht in der Lage Angel
im Fegefeuer zu lassen, wenn sie Antworten für ihn besaß und war das nicht der
Grund, weshalb sie sich überhaupt in dieser Situation befand? Sie kann ihn
nicht brennen lassen. Noch immer nicht.
Ihre
Entschlossenheit ihn sühnen zu lassen, zerbröckelt zu Staub, „Angel, es ist
nicht deine Schuld, okay? Ich lag falsch damit, dir das mit dem Fluch
vorzuwerfen. Diese Nacht und ihre Konsequenzen entzogen sich deiner Kontrolle.
Du konntest nichts dafür.“
„Natürlich war
es meine Schuld, ich –"
Unterbricht ihn
angestrengt beherrscht, „Ich habe zwischenzeitlich einiges über das
Wiederauftauchen von Angelus in Erfahrung gebracht.“
Entscheidet,
dass eine kleine Notlüge unter diesen Umständen angebracht und leicht zu
verzeihen ist. Denn sie kann es nicht mit seinen Fragen aufnehmen, ohne zu
brechen und sie hat sich gestern Nacht geschworen, dass sie nicht mehr Weinen
wird, bis sie daheim in LA ist und diese Apokalypse hinter ihr liegt. Und wenn
sie noch nicht einmal dieses Versprechen erfüllen kann, wie soll sie dann den
Rest schaffen?
Klingt schroff
und seine Aufmerksamkeit verlangend, „Die Mächte haben sich für diesen Weg
entschieden. Nicht du. Erspar mir deinen Schuldtrip, denn er bringt nichts. Was
geschehen ist, ist geschehen und wir können, nein, wir sollen es nicht
ungeschehen machen.“ Kaschiert ihre Spuren, bevor er die Fährte aufnimmt und
weiterfragen kann, „Außerdem haben ein anderes Problem. Eines das eine schnelle
Lösung beansprucht, bevor es die Herrschaft in dieser Dimension an sich reißt,
okay? Ich brauche deinen Fokus und den des restlichen Teams für diese
Dämonenart.“
Sein Schlucken
ist trocken und Cordelia dankbar, dass er sich ihr zuliebe seine Fassung
wiedergewinnt und sich zurückhält. Gedämpft, „Okay, was brauchst du von uns?“
„Momentan eure Recherche-Power. Die A.I.-Karte habe ich schon für meine
Zwecke missbraucht, ihr solltet euch auf 1100$ im Soll gefasst machen, ich
benötigte einige Gebrauchsgegenstände.“
Wundert sich,
wann sie endlich die Selbstverständlichkeit aufbringt, das Wort Waffen
unverhohlen in Angels Gegenwart zu benutzen. Wenn sie davon überzeugen will,
dass sie noch die Cordelia Chase ist, die er kennen gelernt hat und ob es eine
Schutzmaßnahme ist und wenn sie damit schützen will. Sich oder ihn. In dem
Glauben wiegen, das sich nichts grundlegend geändert hat, dass sie Seherin ist
und nicht Kriegerin, obwohl das wohl der größte Witz überhaupt ist.
Lauscht auf
seinen lauten Protest, der bei dieser Summe natürlich wäre, aber er bleibt aus.
Angelegentlich von ihm, „Gut, kein Problem, wir sind laut Fred in den schwarzen
Zahlen.“
Die Dinge sind
noch lange nicht zurück auf Normalität, jede Neuerung auf ihrem Weg mahnt sie daran.
Überall Warnsignale der großen und kleinen Sorte, die sie daran erinnern zu was
für einer Karikatur ihr Leben geworden ist. Es ist seltsam, welche sie heute
aus dem Gleichgewicht bringen können, das hier gehört dazu. Schockiert, „Fred
kümmert sich um unsere Buchführung? Die Frau, die solange rechnen kann, bis sie
zum gewünschten Ergebnis kommt?“ Obwohl sie Fred durchaus zutraut, all die
angehäuften Rechnungen ihrer Kundschaft mit ihren Computerfähigkeiten gnadenlos
einzutreiben.
Das wäre nicht
wirklich Kreditkartenbetrug, oder? Effektiver als Mahnbescheide allemal.
Ihre Bestürzung
ist echt, aber sie schluckt sie mühsam hinunter, „Egal, wir haben andere
Prioritäten als unser Einkommen. Sag Wesley, dass es sich bei der Sonnenkönigin
wahrscheinlich um mich handelt und er diese Möglichkeit und ihre Rolle bei
dieser Schlacht untersuchen soll. Ebenso die des Mondkönigs oder –königin,
damit kann ich augenblicklich wenig anfangen. Fred soll sich über
Dimensionssprünge Schlaumachen und die Konten in Ruhe lassen. Ansonsten kannst
du mir viel Glück wünschen und meine Grüße an den Rest der Familie ausrichten.“
Angels Stimme
ist warm, „Viel Glück, Cordelia.“
„Danke, euch
ebenso und Wesley soll sich bei mir melden, wenn er einen sein Heureka in dieser Sache hatte. Ich suche mir jetzt
ein Motel für den Tag und fahre dann weiter Richtung Missouri.“
„Wo bist du im
Augenblick?“
„Kansas.“
„Du willst mir
nicht deinen genauen Aufenthaltsort sagen?“
„Nein!“, grinst
leicht über seine enttäuschte Miene, die sie sich zu genau vorstellen kann,
setzt schließlich gewandt hinzu, „Wenn Lilah wirklich daran interessiert ist,
wäre das nicht klug, oder? Außerdem kann Wesley mich mit seinen Zaubersprüchen
sowieso schneller aufspüren als mir lieb ist. Also wir hören voneinander. Bye, Angel.”
„Bye,
Cordelia.” Legt auf und startet den Motor, fädelt sich in den morgendlichen
Berufsverkehr Pittsburghs ein und sucht ein günstiges Motel, wird fündig und
quartiert sich routiniert ein. Ignoriert den verschlingenden Blick des alten
Mannes an der Rezeption, der aussieht, als ob er nicht ganz aus seinem
perversen Traum aufgewacht ist mit einem nachsichtigen Grinsen.
Gestattet sich
schließlich über ihre Unterhaltung mit Angel nachzudenken, als sie
frischgeduscht im Bett liegt und der Schlaf auf sich warten lässt. Niemand die
Stille mit belanglosen Beobachtungen der vergangenen Nacht füllt und die
Zigarette in ihrer Hand, ebenso wenig ihre Konzentration vollends halten kann.
Ihre Aufmerksamkeit dem Rauch folgt, wie er sich in dem Sonnenlicht verfängt,
das durch die Ritzen der Gardinen strömt und es so sichtbar macht. Es dominiert
und gleichzeitig erst zur Geltung bringt.
War sie das?
Unfähig ohne Dunkelheit zu wirken? Auf etwas oder jemand angewiesen, der ihre
Strahlen brach und sichtbar machte? Der Gedanke ist zu philosophisch und so
verlegt sie sich auf greifbarere Konzepte. Es war erstaunlich einfach mit Angel
zu reden, sie schiebt es auf die elementare Bedrohung und darauf, das er
scheinbar aus seiner Abkapselung aufgewacht zu sein scheint und sie.
Darauf, dass
sie über etwas anderes haben reden können, als drei Tage und vier Nächte und
den gemeinsamen Pfad, der dorthin führten und die beiden getrennten, die sie
seither beschritten haben. Sie sich auf einem Neuen befinden. Schicksal nicht
mehr festgeschrieben, sondern biegsam und regierbar erscheint, wenn man den Mut
hat es in die Hand zu nehmen. Wahrscheinlich war es tatsächlich einfacher zu
verzeihen, wenn man die Mechanik verstand, was die Zahnräder in Bewegung setzte
und scheinbar war sie die Batterie, die vor dem Motor kam. Letztendlich musste
sie nicht Angel oder Angelus oder den Mächten verzeihen, sondern sich selbst
und sogar dieser Gedanke war älter als Marthas Kriegermärchen.
Schmerz auch
hier auf sie wartet, aber er diesmal selbstzugefügt ist.
Was es leichter
machen sollte. Es irgendwie auch tut.
Kontrolle noch
immer etwas ist, das für Cordelia erstrebenswert erscheint. Aber mehr die
Steuerung der äußeren Umstände und weniger der inneren. Denn es ist nicht so
schlecht, den Verlust zuzulassen. Erinnert sie nur an all die geteilten Stunden
und guten Erinnerungen, die beide Vampire ihr mitgegeben haben.
Füllen die
Leere ihres Kopfes mit zwei Arten von Lachen und Liebe.
Sie Spike
trotzdem gerade mehr als Angel vermisst.
Die Leere neben
ihr alles ist, auf das sie sich letztendlich konzentrieren kann. Sein fehlender
Lebenspuls in ihrer Gegenwart, denn sein Blut macht Lärm und sie lacht leicht
über diese verschrobene Metapher. Wie kann es Krach machen, wenn es noch nicht
einmal von einem schlagenden Herzen angetrieben wird. Aber ihr Lachen versiegt
so schnell, wie es aufgesprudelt ist. Er brachte ihr Blut in Wallung und zwar
nicht wie in einem billigen Groschenroman, sondern sehr real. Das Summen der
Gefahr seiner Gegenwart hatte sich schon in der ersten Woche in etwas
gewandelt, das nichts mit einem Mahnruf gemein hatte, sondern mehr mit einem
Lockruf.
Der ihre
Alpträume einlullte und sie hervorlockte aus ihrer inneren Bastion.
Ihre Gedanken
kreisen um Spike und sie fragt sich, ob er die Route über Colorado oder die
über New Mexico genommen hat. Sie beide Staaten gestreift haben, aber New Mexico durchquert. Die Zigarette ausdrückt und an die
Decke starrt, seinen Ledermantel im Nacken und seinen Geruch in der Nase. Ihr
Schweiß den Duft intensiver macht, bis sie endlich ihre Lider nicht mehr offen
halten kann. Wegdriftet.
Als sie abends
ihren Ledermantel von Mikey abholt, hat er überraschenderweise Informationen
für sie. Die Unterwelt ist tatsächlich im Bilde über die Rituale, die auf
einsamen Feldern stattfinden, sogar deswegen in Aufruhr und nicht wenige sind
der Meinung, dass die Fremdlinge hier nichts zu suchen haben. Die
Eindringlinge, wie er sie bezeichnet, müssen zwölf Rituale an bestimmten Orten
vervollständigen, um die Tore zwischen dieser Dimension und der ihrer Heimat
für immer zu öffnen und ihnen läuft die Zeit davon, aufgrund des unbeirrten
Eingreifens zweier Kämpfer.
Auf die Frage,
welcher Dimension sie entspringen ist Mikeys Antwort einfach, „Caliga.“
Dunkelheit und Cordelia seufzt und ruft Wesley an, gibt ihn weiter an Mikey und streift ihren Ledermantel über. Das Schwert verschwindet unbemerkt in ihrem Rücken und die metallene Hülle schützt ihre Wirbelsäule zusätzlich. Die beiden führen ihr Telefonat in Latein und sie lauscht mit halbem Ohr, übernimmt schließlich wieder das Handy, welches Mikey ihr zustreckt und hört Wesleys Ausführungen zu.
Diese Rolle ist zu vertraut, bedankt sich nebenher bei ihrem Informanten, der schiebt ihr einen ledernen Rucksack zu. Ein Geschenk mit nützlichem Inhalt, wie er betont und sie lässt den Bikershop und Pittsburgh hinter sich, klappt das Handy in Missouri zusammen, weil die Batterie zu Ende ist und Wesley ihr genug über Dimensionssprünge und Soldaten der Dunkelheit für heute Nacht beigebracht hat. Konzentriert sich wieder auf ihren Instinkt und als sie diesmal das Feld betritt, kommt sie zu spät.
Sieht die halbverwesten Leichen ihrer Gegner und sie weiß, dass diese soviel schneller verfallen als Menschen, hat es gestern bei der ersten zugefügten Folter ihres Lebens beobachten können. Die Körper der besiegten Dämonen unter der rapiden Verwesung einfielen und ins Feld sickerten, während die Augen ihrer Geisel zwischen dem Schauspiel und ihr hin und herwanderten. Schaut sich überrascht um, versucht die ersichtlichen Indizien zusammenzusetzen und die meisten Dämonen weisen einen gebrochenen Nacken auf und Cordelia flucht leise unter ihrem Atem.
Weiß, dass Spike heute Nacht nicht Colorado hinter sich gelassen hat, sondern sie.
Dreht sich langsam auf der aufgewühlten Erde. Sucht nach einem Hinweis, einer klaren Botschaft von ihm, findet keine außer seiner offensichtlichen Handschrift in Blut und gebrochenen Knochen. Kriegerpoet. Lächelt gegen besseres Wissen, als sie ein Pendant von dem Hals eines Dämons reißt, der augenfällig der Anführer gewesen ist. Die eingravierte Sonne leicht zu entschlüsseln ist, so wie die verhangene auf der anderen Seite des Anhängers. Ewige Finsternis und warum hatten alle bösen Mächte diese einfachen Ziele? Ziemlich unkreativ, aber sie erinnert sich an Angelus und die Einfachheit des Bösen. Wie tief es trotzdem unter die Haut ging.
Nach einem letzten Blick lässt Cordelia das Schlachtfeld hinter sich.
Beginnt ein Phantom zu jagen, das sie die nächsten Nächte beschäftigt hält.
Ist manchmal nur Minuten zu spät, wird von frischen Leichen begrüßt, die zwar mokierend ihre Unfähigkeit offenbaren, aber der beißende Spott hält sich in Grenzen. Tote Dämonen, die ihre Heimat überrennen wollen, nicht wirklich verurteilend blicken und gelbes Blut sie nicht belastend niederdrückt. Wundert sich, ob Spike sie nicht manchmal aus der Dunkelheit mit seinen goldenen Raubtieraugen beobachtet, wenn sie tatsächlich rechtzeitig eintrifft.
Wenn sie kämpfen muss und triumphieren. Denn das Summen ist da.
Ein Raunen im Wind. Den Elementen. In ihren Knochen. In ihrem Blut.
Sie zwischenzeitlich elf Anhänger in ihrem Besitz hat und der zwölfte sich heute ohne Aufsehen dazugesellt. Sie irgendwie erwartet hat, das etwas passieren würde, weil sie die Grenzen von New Jersey heute überquert hat und New York nur Stunden entfernt ist.
Das eigentliche Ziel ihrer Reise.
Aber die Nacht neigt sich ohne Katastrophe zuende,
ohne einen Endkampf.
Die Enttäuschung ist nicht bitter und Cordelia geht
ihrer neugefundenen Routine nach, fährt weiter nach Osten, macht um drei Uhr
eine Pause, um zu meditieren. Die Transformation in ihren Dämon zu einer
Leichtigkeit werden zu lassen und trainiert bis fünf, überprüft im Anschluss
ihre Waffen und checkt eine halbe Stunde später in ein billiges Motel.
Ihren Rucksack schulternd, überquert sie den
Vorplatz mit einem neuen Selbstbewusstsein.
Sie ist allein, aber nicht einsam. Die Schatten,
die sie verfolgen, tauchen die Welt in ein vielversprechendes Halbdunkel. Sie
ist Licht und zweifelt es nicht an, weiß, dass sie die Schatten in ihrer
Existenz braucht, die jene Wesen reflektieren, die ihr Dasein elementar
begründen.
Es war einfach, dies heute als Wahrheit zu
akzeptieren.
Sie hatte wieder die einfachen Antworten auf
komplizierte Fragen gelernt.
Sogar ohne ihre dunklen Mentoren an ihrer Seite.
You and me -
We’re in this together now.
Als Cordelia aus der Dusche ihres Motelzimmers
steigt, ist sie nicht wirklich überrascht von Rauch empfangen zu werden und
Spike auf ihrem Bett ausgebreitet als einladende Tagesdecke. Er ist etwas
Heimisches in einem weiteren unpersönlichen Zimmer und sie fühlt warme
Verbundenheit, die über rationales Wissen hinausgeht und Zuneigung. Das
Bedürfnis sich in unreifem Übermut auf ihn zu stürzen, kurz blendend durch ihr
System schießt und sie steht mühsam still. Verharrt im Türrahmen, greift das
Holz während die Welt zurück in ihren Fokus schnappt und Farben plötzlich eine
neue Sättigung gewinnen.
Spürt wie sich das Lächeln auf ihrem Gesicht
manifestiert, es in Ecken kriecht, die ungenutzt waren, seit sie ihn auf seinen
Weg schickte und Cordelia denkt, dass es so euphorisch aussehen muss, wie es
sich anfühlt. Strahlend und mit einem Anflug von Magie, denn der Raum wirkt auf
einmal heller oder vielleicht hat sie ihren Dämon doch nicht so gut im Griff,
wie sie bis jetzt dachte. Vielleicht ist es auch nur ihre Stimmung, denn sie
fühlt die verdeckte Mattigkeit der letzten zwei Wochen abfallen. Sie kann
alleine leben und überleben, aber sie muss einsehen, dass es nicht das ist, was
sie will.
Bekommt die Reflektion in einem brillanten Lächeln
seinerseits präsentiert.
Sie hat ihn vermisst, sie wusste bis jetzt nur
nicht wie sehr.
Die Worte sind draußen, bevor sie sie halten kann,
überhastet und mit soviel Grund, die sie abdecken sollen, dass sie nie die
volle Bedeutung beinhalten können, „Es tut mir leid.“
Sie meint es Ernst.
Spike zuckt nur die Schultern, „Es war einen
Versuch wert, Cor.“
Auf dieses Experiment hätte sie gerne verzichten
können. Es ist soviel schwerer den eigenen Standpunkt durchzusetzen, wenn man
weiß, was man an dem anderen hat. Verlieren kann. Aber Spikes Stimmung scheint
ebenso auf Waffenruhe ausgerichtet und nicht auf Grundsatzdiskussion. Sie ist
wachsamer geworden und dieser Reflex ihn zu umarmen, sollte nicht über ihre
Trennung im Streit hinwegtäuschen. Nur scheint der vergessen, seit sie die
toten Dämonen fand und sein Spiel durchschaute.
Fragt sich, wann er ihres durchschaut hat.
Es wieder zum Zeitvertreib des Jägers wurde.
Sein Ton ist anerkennend, „Du kämpfst anmutiger als
der Slayer, wenn auch nicht so effektiv.“
Sie nimmt diese Aussage mit einem bestätigenden
Nicken auf.
„Du spielst zu sehr mit ihnen, Cheerleader, das ist
keine Übungsstunde für ein Endspiel.“
„Ist es nicht?“ Bescheidenheit ist ihr nicht ins
Blut gelegt, aber sie kennt ihre Schwächen und sie hat begonnen sich daran zu
erinnern, dass nicht alle für die Welt sichtbar sind. Spike kennt sie und ihren
Kampfstil jedoch zu gut, sogar besser als sie ihre Handfläche kennt, denn wie
oft begutachtet man seine eigene Hand tatsächlich?
Schüttelt den Kopf und fährt einsichtig fort, „Ich
trainiere meine Ausdauer, nachdem mein Sparringpartner sich eigentlich auf dem
Weg nach Hause befinden sollte, erschien es mir angemessen, mich in Form zu
bringen.“
„Das ist sehr vernünftig.“ Erwidert sein
sarkastisches Lächeln automatisch, wartet auf seine Sticheleien und wird nicht
enttäuscht, „Und ich dachte, das wäre Frustbekämpfung, aber du hast natürlich
einen Punkt, was sind bessere Übungsobjekte als Dämonen, die hinter deinem
Schädel her sind und oh, im Dutzend auftreten. Mit tödlichen Waffen. Und Magie.
Und einem verdammten Weltuntergang auf den Fersen?“
Die Zuckersüße ihres Lächelns könnte einen
Diabetiker in Insulinschock senden, „Ich habe von einem der Besten gelernt und
das war Teil seiner Strategie. Folglich kann ich schwer seine Lektionen
vergessen, nur weil sie erschöpfend und unlogisch für mich erweisen, wenn ich
überleben soll. Richtig?“
Sein hämisches Grinsen wird säuerlich, „Falsch.
Entwickle deine eigene Taktik, meine ist patentiert. Auf mich. Keine billigen
Kopien, Cor, das ist ungesund. Außerdem hast du deinen Sparringpartner jetzt
wieder zurück.“
„Gut zu wissen, aber da mein Stil rollende Köpfe beinhaltet,
mach dir keine Sorgen um dein Patent und eher um deinen Kragen. Du bist der
Totschläger, ich der Cheerleader und dein Image ist gerettet, wenn du es
verteidigen kannst. Einfach so.“ Sie schnippt betonend mit den Fingern und sie
hat ihn.
Amüsierte Neugier, „Ist das eine Herausforderung?“
„Nein, die Einladung zu einer Trainingseinheit.“
Spike beißt sich auf die Unterlippe, kombiniert mit
dem amüsierten Funkeln in seinen Augen sind sie wieder auf neutralem Boden. Schließlich
stimmt er zu, „Okay, heute sobald die Sonne untergeht.“
Draufgängerisch, „Sollten Duelle nicht bei
Sonneaufgang stattfinden?“
Spike gibt ihr nur ein schelmisches Grinsen,
„Sorry, da bin ich indisponiert, ich muss einer Lady das Bett wärmen, die ohne
mich nicht leben kann. Zumindest nicht für lange.“
Ihre Augenbraue ist oben, so wie ihre Mundwinkel.
Elende Verräter.
Bisweilen denkt sie, dass niemand ihrem Wesen so
nahe ist und sie so fundamental darin ausloten kann als dieser unglaublich anmaßende
Vampir vor ihr. Der ursprüngliche Grund ihres Streites und der Anlass ihrer
Sorge besteht noch immer, hat sich nicht verflüchtigt oder gelegt. Sie weiß
gerade nicht, ob sie das beruhigen sollte oder schreiend auf ihren Weg senden.
Vielleicht könnte sie sogar das Image einer ehrenhaften Lady damit wieder
etablieren.
Besinnt sich dennoch auf das erste Gefühl für heute
Nacht. Es ist gut ihn zurückzuhaben.
Spike denkt offensichtlich dasselbe. Trocken von
ihm, „Trotz meiner Kritik deines Stiles, bin ich ein Fan deines Outfits.“
Ihr Lachen ist spontan, es ist gut, dass man sich
auf einige Dinge verlassen kann. Drapiert das Handtuch enger und ihr Blick
wandert über seine Gestalt, nimmt seine lässige Schönheit in sich auf.
Spielerisch, „Dieses oder meine neue Rüstung?“
Das Lächeln reflektiert sich in seinem Ton und dem
leichten Spott, „Beide, obwohl ich letztendlich dein Evakostüm vorziehe. Nicht
jede Frau kann dies für sich in Anspruch nehmen.“
„Ist dem so? Denn das fällt mir schwer zu glauben.“
Stößt sich endlich vom Holz ab, greift das Lederbündel auf dem Stuhl und
überwindet die Entfernung bedächtig, setzt sich neben ihn auf das Bett. „Martha
meinte, dass du ihn zurückfordern würdest. Anfangs hoffte ich darauf, dass ich
eine neue Trophäe für meine Sammlung gewonnen hätte.“
„Nah, er ist meine für die Ewigkeit. Erkämpft und
besiegelt in Blut.“
Cordelia kennt diese Geschichte, zumindest die
Herkunft des Leders und es fällt ihr noch immer schwer zu glauben, dass der
Killer jetzt vor ihr sitzt und sie mit einem Blick mustert, der beinahe als
liebevoll interpretiert werden könnte. Weiß, dass sie kein reumütiges Lächeln
von ihm erwarten kann, sondern nur leise Selbstgefälligkeit. Dass nichts
Episches dazwischen liegt, was den Wechsel hervorgerufen hat, sondern nur
verkettete Umstände und ihn nichts auf einer Seite des Schlachtfeldes permanent
festhält und dem schon immer so war.
Spike dadurch gefährlicher wurde, weniger
vorhersehbar und insgesamt tödlicher.
Sie gut daran tun würde, dieses Wissen nicht zu
vernachlässigen.
Dass Spike die Story nur erzählte, um sie aus ihrem
Trott zu reißen, sollte ihm keine Pluspunkte geben. Aber es war in der ersten
Woche auf der Straße, als alles unreal erschien und sie beide sich so fremd
waren. Sie noch nicht einmal in der gleichen Zeitzone zu existieren schienen
und ihre Aufmerksamkeit zu sehr von Monstern gehalten wurde, die sich in ihrem
Kopf befanden, um dem neben ihr mehr als einen halben Seitenblick zu gönnen. Es
war Spikes versuchter Weckruf und sie brachte seinem Gerede zum ersten Mal so
etwas wie mildes Interesse entgegen, als er über einen Kaffee hinweg von dieser
Jagd 1977 in New York erzählte.
Dass der einzige Grund, warum Spike die Liste der
Top-20 Gegner der Jägerin abarbeitete, die er in der Innentasche fand, sein
verletzter Stolz war, dass sein Name sich nicht auf eben dieser Liste befand.
Dass eine verwerfliche Tat zu einem ziemlich guten Ergebnis führte, denn einige
dieser Feinde waren eine Nummer zu groß für Nikki und Cordelia verbietet sich
darüber nachzudenken, ob sie die gleiche Neutralität fühlen würde, wenn der
Namen, um den es sich handeln würde Buffy oder Faith wären.
Cordelia weiß, dass ihre Prinzipien ziemlich
verschroben sind und keiner genauen Beleuchtung standhalten. Überreicht ihm stattdessen
seinen Mantel und er zieht den Geruch ein, blickt sie überrascht an. Fühlt sich
das erste Mal heute schutzlos in seiner Gegenwart, obwohl sie die Themen
Körperkontakt in verschiedenen Variationen schon durch haben. Ist sich zu sehr
bewusst, dass das Thema Gefühle noch nicht einmal angeschnitten wurde und
Cordelia fragt sich, ob sie es dabei belassen können. Für immer.
Sie spürt die Hitze in ihre Wangen hineinkriechen
und die Worte heraus. Milder Spott hauptsächlich gegen sich selbst gerichtet, „Er
ergibt eine gute Nackenrolle und ich bin zu alt für Kuscheltiere in meinem
Bett.“
Anzüglich, „Nicht wenn ich mich recht erinnere.“
Es ist so verdammt einfach in das vertraute Muster
zu fallen, „Wenn ich mich recht erinnere, hielten sich unsere Kuschelsessions
in Grenzen.“
Spike wirft den Mantel zielsicher zurück auf den
Stuhl, von dem sie ihn gebracht hat, stichelnd, „Du weißt nicht, wie sehr du
mich jede Nacht attackiert hast, bevor ich mich letztendlich in mein Schicksal
ergab und dir meinen Körper überließ.“
„Pure Tortur für dein Ego als
gewissenloser Totschläger, davon bin ich überzeugt.“
Sie lächeln sich für einen Moment stillschweigender
Übereinkunft offen an. Als Cordelia die Stille zwischen ihnen bricht, spiegelt
sich ihr Erstaunen in ihrer Stimme wider, „Wie konntest du mir ständig
zuvorkommen, Spike?“
Das war die Frage, die sie die letzten anderthalb
Wochen beschäftigt hielt.
„Nicht ständig, aber oft genug.“ Seine Hand greift
nach den Anhängern, die sechs, die er erstreitet hat und ihre sechs
Siegestrophäen, die auf dem Bett zwischen ihnen arrangiert liegen und ihn
offenbar beschäftigt hielten, als sie duschte. Gibt ihnen eine letzte
Inspektion, bevor er sie unachtsam auf den Nachttisch räumt und seine
Aufmerksamkeit zurück auf sie verlegt. „Hast du eine Ahnung, was sie bedeuten?“
„Nein, ich weiß nur, dass sie wichtig sein könnten,
weil dieser Mist sich immer als wichtig im Nachhinein erweist und ich diesmal
umsichtiger als sonst vorgehe, weil keine Fehler erlaubt sind. Dem ungeachtet
weichst du meiner Frage aus.“
Er grinst sie frech an und lehnt sich lässig in die
Kissen zurück, „Tue ich das?“
Sie nickt und schweigt auffordernd, die Taktik, die
bei ihm meistens zum Erfolg führte, schließlich, „Deine Vorgehensweise war ein
offenes Buch. Keine sieben Siegel, nur deine Entschlossenheit. Du hättest mir
nicht diese Menge deines Blutes verabreichen sollen, um mich zu retten war das
nicht nötig, aber es hat sich als nützlich für mich erwiesen.“
„Inwiefern?“
„Du gibst immer ein Stück deines Lebens damit
Preis.“
Gibt ihr keine weitere Erklärung, sondern nur ein
geheimnisvolles Lächeln und einen undeutbaren Blick auf Angelus Mal an ihrem
Hals. Bevor er nach ihrer Hand greift und ihr Handgelenk dreht, über die glatte
Stelle fährt, die sein Biss hinterlassen hat. Keine Narbe und Cordelia braucht
nicht Gedanken zu lesen, um zu wissen, dass er die unberührte Stelle bedauert.
Er hat jede Entschuldigung im Universum. Wundert sich, was ihre Entschuldigung
für ihr Bedauern ist, denn die Narben einer Frau sind nicht wirklich sexy, egal
wie interessant die dazugehörige Geschichte ist und Besitzansprüche eigentlich
nicht mit ihrem Lebensstil vereinbar.
Zieht ihre Hand zurück und verschränkt ihre Finger
fest, bevor sie zu einer Antwort kommt, die ihr nicht gefallen kann und blickt
ihm wieder ins Gesicht.
Er dreht ihre Hände, die Stelle ist wieder oben und
Cordelia fühlt sich auf eine Weise nackt in seiner Gegenwart, die sie schon
lange nicht mehr gefühlt hat. Nackt, weil er sie seinen unverhohlenen Hunger
sehen lässt und seine Gier abschreckend sein sollte.
Spike darauf zählt, dass er ihre Positionen mit
einem gefährlichen Blick klären kann.
Aber diese Einschüchterungstaktik hätte noch nicht
einmal in der ersten Woche ihres Roadtrips zum Erfolg geführt. Damals wäre es
milde Kuriosität gewesen, ob er die Drohung in die Tat umsetzen kann und heute
ist es – komplizierter. Eventuell wäre es einfacher, wenn sie seine Gründe
nicht so gottverdammt gut verstehen würde.
Sie ihn verletzt hat und er sie bezahlen lassen wird,
nicht unbedingt wegen seines infantilen Sinnes für Gerechtigkeit gegenüber
seiner Person, sondern damit ihr schlechtes Gewissen nicht Überhand gewinnt.
Cordelia sich nicht zu behaglich in der Rolle der Schuldigen fühlt. Dagegen
revoltiert. Es wäre gut, wenn sie sich auf ihr Unbehagen konzentrieren könnte,
anstatt auf seinen Versuch ihr die Botschaft eines Raubtiers einzuhämmern.
Ihrer instinktiven Antwort und sie befinden sich in einem weiteren Duell und
dieses macht ihr mehr Sorgen, als ihr Training oder ihre Bereitschaft ihm
achtlos in zu vielen Fällen entgegenzukommen, weil Spike nicht erkennt, um was
es ihr geht.
Dass sie bereit wäre das Weihwasser auszupacken und
sein Mal mit Stolz tragen würde.
Nicht ihn, nicht die Welt, ihre oder seine oder
ihre gemeinsame.
Sondern einfach die Implikationen, dass sie beide
die Leichtigkeit des Seins verbindet und es wäre so durchdacht, wie ihr Tattoo. Spontan und nie bereut. Ihr ist plötzlich
schwindelig und ihr Herzschlag dröhnt in ihren Ohren, wie der Widerhall eines
entfernten Massakers und er hat noch immer keine Ahnung, um was es wirklich
geht. Dass sie keine Angst vor ihm hat. Vielleicht nie haben kann. Dass er
einen anderen Einfluss auf sie hat als er denkt, einen größeren als er sich
zutraut. Aber er ist zu beschäftigt mit seiner stummen Lektion, um zu
verstehen, dass diese spezielle nicht vermittelbar an sie ist.
Und Spike ist ein ebenso schlechter Schauspieler,
zumindest mit ihr als Publikum.
Dass sie das charmant findet, zeigt nur, dass sie
sich beide phasenweise in einem sehr schlechten Film befinden, bei dem die
Untertitel durcheinander geraten sind. Cordelia entzieht ihm ihre Hand
endgültig, legt ihre Finger auf seine Wange und stellt sicher, dass er ihren
Puls an seinen Lippen fühlt.
Ironie hat einen nicht zu unterschätzenden
Stellenwert in ihrer Koexistenz, „Meine Gebernatur ist nicht sehr ausgeprägt,
mein dunkler Geliebter, du solltest mich nicht in Versuchung führen.“
Manchmal erscheint die Wahrheit zu unglaublich, um sie
nicht als Ironie abzustempeln.
Cordelia zählt darauf. Er blickt verdattert mit
seiner Bela Lugosi-Impression auf, sieht die Maske weg schmelzen, die
plötzliche Weichheit in seiner Miene. „Du mich ebenso wenig, Kwé.“
Sie kann das erleichterte Lachen nicht halten. Sie
schlittern auf glühendem Eis mit der Eleganz zweier Profitänzer und hoffen
darauf, dass es dick genug ist. Nicht schnell genug schmilzt, um unter ihnen
einzubrechen. Wie immer. Beide eingepackt in ihre vertrauten Schutzmechanismen,
wattierten Schichten von unbestätigten Gewissheiten und zu vielen unsichtbaren
Narben.
Die Frage, ob der Aufschlag schmerzen wird, sollten
sie jemals das Gleichgewicht verlieren, ist einfach zu beantworten, entweder
sie zersplittern oder ihre Vorsichtsmaßnahmen greifen. Oder sie setzen sich
gegenseitig wieder zusammen, so wie in der Vergangenheit. Einer fällt immer
weich.
Cordelia hat keine Ahnung, warum sie trotzdem
funktionieren. Warum es trotzdem einfach ist, ihm zu sagen, dass sie ihn liebt
und warum es in anderen Augenblicken wie jetzt unangebracht erscheint. Obwohl
es immer der Wahrheit entspricht.
Nur nicht immer der, die sie sich zurechtgelegt
hat. Ihr Lächeln glüht aus.
Dass das Eis vorher schmilzt, ist keine Option.
Nuklearer Winter in den Folgen von den beiden
Sonnen, um die sie in den letzten Jahren kreisten und zwei Monate zusammen
ändern daran nichts. Buffy ist in seinem Schatten so lebendig wie Angelus in
ihrem, der Antrieb, das richtige zu tun und die Angst vor dem Versagen.
Cordelia blickt in seine Augen und sieht eine Seele
einer Sturmfront gleich, etwas das unabwendbar erscheint und sie will ihm
sagen, dass es für ihn leichter sein wird, weil es kein Fluch sondern die
Erfüllung seiner Bitte sein wird. Will ihm sagen, dass er auf sie zählen kann
in den ersten Wochen der Verwirrung. Dass Buffy für den Rest ihres Lebens an
seiner Seite stehen wird und sie danach wieder für ihn da sein wird. Die Trauer
ihn nie umbringen wird, egal wie tödlich sie sich in manchen Momenten anfühlen
wird, er immer Spike bleibt. Blinzelt und sieht einen kalten Nachthimmel dort
wo eine Sekunde vorher Wolkentürme und zersplitterte Träume lagen.
Fühlt die Wirklichkeit in ihrem Kopf
zurückschnappen, wie ein überdehntes Gummiband und schweigt verwirrt.
Das Gefühl war vertraut, eine nebelhafte Präsenz.
Kann beinahe das Kichern hören. Kann beinahe die pikierten Blicke der umgebenen
Menge fühlen, die davon ausgeht, dass sie sich auf einem schlechten Trip
befindet und die Bassline, die ihren Puls ersetzt. Kann beinahe ausmachen, wo
Drusilla sich befindet, bevor diese die Augen und die Verbindung schließt.
Sie sollte ihre Beine in die Hand nehmen und
rennen. Schreiend. Sehr laut schreiend. Und sehr schnell. Schneller als die
Realität ihr entfliehen will und andere Leben sich vor ihrem inneren Auge
manifestieren können, denn das war nicht ihre Sicht der Dinge. Die Gewissheit
beruhigt etwas und das Gefühl, dass ihr keine unmittelbare Gefahr droht.
Ist dennoch an diesem Platz hier an Spikes Seite
angefroren.
Er küsst den Pulspunkt, bevor er ihre Hand wieder
in seinen nimmt und diesmal auf seinem Oberschenkel drapiert. Ihre Finger sich
kurz in den Jeansstoff krallen, bevor sie locker lässt. Die Panik abebbt. Denn
er hat noch immer das Talent, sie in der Gegenwart zu verankern und sie ist
augenblicklich zu empfänglich dafür.
Sieht den Reiz das Vergessen zu suchen, das Reden
auf später zu verschieben oder ganz unter den Tisch fallen zulassen, aber sieht
auch die Gefahr darin. „Kannst du Dru wahrnehmen?“
„Kannst du es?“ Spike blickt sie verblüfft an.
„Nicht mehr. Ich will nur sichergehen, dass sie
sich noch in Europa befindet.“ Schließt nach einem flehenden Blick von ihr die
Augen und Cordelia kann beinahe fühlen, wie er seine Sinne öffnet und nach der
vertrauten Aura seines Sires sucht. Ergebnislos.
Schließlich interessiert, „Was hast du gesehen?“
„Einen Nachtclub.“ Deine Seele. „Das war
keine Vision.“ Nur ein Tunnelblick auf den heranrasenden Zug.
„Keine Vision?“
„Durcheinander geratene Frequenz.“ Spike weiß,
dass ein Unterschied besteht zwischen den Bildern, die sie empfangen
und der Realität. Er weiß das. Er
würde trotzdem intuitiv versuchen, dass Zugunglück aufzuhalten oder
auszubremsen, selbst wenn es hoffnungslos wäre. Cordelia kann die Fetzen nicht
in Worte kleiden, die in ihm weniger Missmut oder blanke Abscheu wecken würde
und zielt auf einen leichten Ton und hat Erfolg, „Oder so erkläre ich mir
zumindest die meiste Zeit die Stimmen in meinen Kopf, die Angel, die Welt oder
dich verfluchen.“
„Ha, sehr lustig.“
Sie sieht ihn nicht lachen, reibt sich über die
Stirn, als ob sie das klebrige Spinnennetz wegwischen kann, das sein Sire dort
hinterlassen hat und besinnt sich dann auf das berechenbarere Übel und greift
das eigentliche Thema wieder auf, „Wann hast du meine Täuschung durchschaut?“
„Habe ich dir nicht gesagt, dass ich nicht
vollkommen bescheuert bin, was das Auswerten von Clues anbelangt? Obwohl die
zehn Meilen, die ich nach unserem Streit gefahren bin, bis ich erkannte, was du
da eigentlich gespielt hast, mich wie ein Vollidiot vorkommen ließen.“
Sein Tonfall ändert sich, wird leichter und dunkler
in einem, „Also hielt ich mitten auf der Landstraße und überlegte, auf wie
viele unterschiedliche Arten, ich dich überzeugen kann, dass ich eigene Entscheidungen
für meinen Vampirarsch treffe, bis mir klar wurde, dass manche Dinge sich nicht
durch Schreien lösen. Außerdem nützt du mir taub wenig, um meine Anweisungen zu
befolgen.“ Oder verletzt.
Sie hätte ihm nicht nur einen rechten Hacken
verpasst, wenn die Rollen vertauscht gewesen wären, aber das ist ihr sozialer
Vorteil als Frau. Nicht dass sie nicht annimmt, dass sie sein Spiel früher
erkannt hätte, aber der Grund alleine hätte sie überkochen lassen. Spike
spricht die Drohung nicht aus, aber die Wut ist diesmal echt und Cordelia
überzeugt, dass seine Überzeugungsarbeit in seiner Fantasie nicht nur aus
Worten bestanden hat. Dafür hatte sie seinen Dämon in dieser Nacht zu weit aus
der Reserve getrieben. Der räumliche Abstand unter Umständen, das war, was sie
beide gebraucht haben, um abzukühlen und die Angelegenheit rationaler
anzugehen.
Nach einem Moment kommt erwägend von ihm hinzu,
„Ich hätte mir wirklich mehr Menschenkenntnis in deinem Fall zugetraut.“
Und sie sich mehr Talent, beim Improvisieren eines
Planes zu seiner Rettung. Sie beide haben versagt. Nicht das bekommen, was sie
wollten und trotzdem mehr als geplant. Einen Partner für einen Teufelsritt.
Kläglicher Versuch von Humor ihrerseits, „Oder Dämonenkenntnis, huh?“
Natürlich zum Scheitern verurteilt, denn Spike hat
ein Ziel, das er ihr eintrichtern will, er verneint kopfschüttelnd, „Das hat
mit deiner Seele zu tun und nicht deinem Dämonenstatus. Du wirst mich nicht mit
deinem Leben beschützen und das ist ebenfalls meine verdammte Entscheidung, die
unumstößlich ist. Hast du mich verstanden?“
Senkt den Blick, bis er ihr Kinn packt und ihre
Augen mit seinen hart fixiert. „Hast du mich verstanden, Cordelia? Ich hänge an
meinem Unleben und werde es nicht wegwerfen, lass das also meine Sorge sein,
okay?“
Schluckt und stimmt ihm belegt zu, „Okay.“
Ahnte, dass sie ihn irgendwann anlügen kann,
während sie ihm in die Augen schaut. Aber nicht heute. Sie brauchen klare
Fronten, „Solange ich nicht vor die Wahl gestellt werde.“
Wusste, dass es ein sinnloses
Unterfangen ist, „Verflucht, Cor! Du bist diejenige, die verdammt ist, hast du
das vergessen?“
Entgegenkommend und zuckersüß,
„Nein, Spike, aber wir sind beide nicht so suizidgefährdet, als dass wir
darüber streiten müssten, wer wem den Vortritt lässt. Außerdem gehe ich davon
aus, dass wir letztendlich hierin keine tatsächliche Wahl haben.“
Der andere Muskel in seiner Wange
zuckt und Cordelia überlegt, ob sie eine Landkarte seines Gesichtes für Buffy
anlegen sollte, die ihr zeigt, wo welche Emotion sitzt, worauf sie achten muss
und wo die Landminen versteckt sind. Ob die Skizze von der Jägerin gebraucht
werden würde oder ob es reicht das Leuchtfeuer der bedingungslose Liebe in
seinen Augen zusehen. Ist sich sicher, dass Spike ihr den Gefallen mit einer
Karte für Angel zurückgeben würde und sie beide nicht mit soviel Offenheit in
ihren jeweiligen Beziehungen umgehen könnten.
Der schwarze Humor entzieht sich ihr
nicht und sie wundert sich nur kurz, ob er echt ist oder nur eine weitere List von
ihr, um über die bitteren Beigeschmack hinwegzugehen, denn Spike ist wieder an
dem Punkt, an dem er sie – Cordelia ist sich sicher, das schütteln seine
Intentionen nicht wirklich umschreiben würde. Sinn in sie hineinprügeln bis sie
bewusstlos ist, schon eher und ihr böswilliges Lächeln hilft nicht wirklich
seine Laune zu verbessern.
Aber Spike hält sich zurück. Sie
sind beide zu starrköpfig, ihr Kinn schmerzt in seinem Griff und es ist der
gleiche Streit, der ihn aus ihrer direkten Umlaufbahn warf und wenn er mit
seinem Einfluss auf ihr Leben nicht umgehen kann, dann hat er darin nichts zu
suchen.
Cordelia ihn nicht sterben lassen
wird, wenn es sich nicht komplett ihrem Einfluss entzieht, weil sie es nicht
kann. Es gegen alles ist, was sie ausmacht und sein Unverständnis durch keines
ihrer Worte gemildert werden kann. Er war ihr Befreier, der sie soweit zum
Licht führte, wie es ihm möglich war und sie kann das nicht vergessen oder
hinter sich lassen. Seine Gründe zur Selbstaufgabe interessanter zu analysieren
wären als ihre und sie ihn vielleicht daran erinnern sollte, dass ihre Debatte
sowieso nur hypothetischer Natur ist. Oder elementar. Spikes Dickköpfigkeit und
ihre Ablehnung sich ungewollten Entscheidungen zu fügen.
Und solange er sich mit Händen und
Füßen gegen ihre wehren konnte, dann hieß es nur, dass er sie noch nicht
brauchte und genügend Kraft hätte zu kämpfen und sich selbst aus der Scheiße zu
ziehen. Also wäre dieses Argument so oder so hinfällig und vollkommen
überflüssig.
Es ist simple, „Besser nicht
sterben, wenn ich dich mit einer dramatischen Geste retten kann, Spike.“
„Shakespeare ist überbewertet, Cor.“
Alles was er ihr äußerlich bereit ist zuzugestehen.
„Jeder liebt blutige Klassiker,
sogar du.“ Alles was sie ihm als Bestätigung seines inneren Konflikts geben
kann.
Der Druck an ihrem Kinn verstärkt
sich, ihre Augen sind unnachgiebig und sie weiß, dass er diesen offenen
Zweikampf nur verlieren kann. Egal ob er seine Blauen oder Goldenen einsetzt,
sie jetzt wirklich keinen Unterschied mehr darin findet und alles Teil des
Ganzen ist. Er weiß es ebenso, selbst wenn sein Zähneknirschen andeutet, dass
er noch nach einer weiteren Option sucht.
Biestig, „Keiner will die Heldin
fallen sehen.“
Ihre Augenbrauen sind oben, das
waren ausgesprochen profane Worte, sogar für Spikes Verhältnisse und er beißt
sich bereuend auf die Lippen. Zu spät. Aber die Geste erspart ihm den
definitiven Vollidioten am Ende des Satzes. Sarkastisch, „Dann sei dir sicher,
dass du Held genug bist, um mich aufzufangen oder besser noch, verursache nicht
meinen Fall, Spike.“
Cordelia ist davon überzeugt, dass
sein Name sich definitiv nach einem Synonym für Vollidiot anhören kann, wenn
man es darauf anlegt und ihn richtig betont. Er offensichtlich auch, wenn sie sein
instinktives Verkrampfen richtig deutet.
Kennt seine nächste automatische
Antwort und lächelt in weiser Voraussicht. Cordelia spekuliert, dass sie beide
dieses Spiel bis zum Ende der Zeit beschäftigt halten könnte, wenn sie nicht
von einer Apokalypse unterbrochen werden und die jähe Einsicht in seiner Miene
verleiht der Situation einen Hauch von surrealer Komik.
Die Risse, die sich in ihrem Status
quo gebildet haben, sind nichtexistent.
Ein besiegtes, „Fuck!“ von ihm.
Und sie provoziert grundlos und er
ist nicht auf der gleichen Seite der Geschichte, denn er ist noch immer
ahnungslos und vielleicht mag sie dieses Unvermögen von ihm, gewisse Motive von
ihr richtig zu zuordnen.
Denn ihr, „Nein, fick dich!“, hat
keinen vernünftigen Grund. Außer einem.
Denn seine Lippen sind auf ihren. Es
ist nichts Freundschaftliches in diesem Kuss. Es sind fehlende Argumente und
sein purer Wunsch ihr seinen Willen aufzuzwingen. Sex verschärft gewisse
Konflikte, das wusste Cordelia vorher und es ist noch immer gegen ihre Natur
sich dieser Laune gedankenlos zu ergeben, aber nicht wenn sie von ihr kreiert
wurde.
Irgendwie hat sie geahnt, dass ihr
erster echter Kuss im Vorfeld so verdammt bühnenreif ausfallen würde. Denn sie
sind gegenüber den großen Gesten nicht immun und Cordelia hält sie beide nicht
für Träumer, aber ebenso wenig für zynisch genug, um ihnen zu widerstehen.
Vielleicht sind sie noch romantisch genug trotz allem, dass sie diese in ihrem
alltäglichen Leben suchen.
Zumindest die ungefährlichen Tagträume,
die man sich selbst spinnt und die einen mit einem Ziehen im Unterleib und
einem warmen Prickeln unerfüllt zurücklassen. Okay, vielleicht konnten sie zwei
in der Vergangenheit einfach zu lange die verschiedenen Komponenten für guten
Sex in ihrer freien Zeit unerfüllt ausmalen, so dass ein bestimmtes Monumento angebracht erscheint. Oder in den
letzten zwei Wochen.
Denn dass hier war nicht mehr als
das, nur ein Kuss. Ein Kuss ist manchmal nur ein Kuss, ist ein Kuss.
Freud wäre so enttäuscht von ihr und
ihre Verweigerungsstrategie.
Isst ein köstliches Stück von ihm
und er stiehlt eines von ihr und ihre Zungenspitze gleitet über seine
Unterlippe, verlangt Einlass und mehr von seinem Geschmack in ihrem Mund. Denn
das hier war die Trostschokolade nach einem enttäuschenden Jahr gemischt mit
Kaffe und mit Whiskey und Rauch und Cordelia findet all die Geschmäcker, die
ihre Nerven beruhigen, seit Jahren, seit Monaten und Spikes eigener.
Der wenig beruhigend ist, aber
genauso süchtig machend und sie will mehr davon.
Ihr Lächeln entblößt ihre Zähne und
sie spürt die Vibration seines Frustes und es ist nur ein Streitgespräch für
ihn. Etwas das essentiell ihrer Natur entspricht und sie denkt nicht, lässt
seine Zunge widerstandslos ein. Es ist das fehlende Teil in seinem Puzzle.
Kontert seine Aggressivität mit ihrem Trotz. Lockt ihn aus seiner
nichtexistenten Zurückhaltung, puscht ihn weiter auf, denn sie kennt diesen
Tanz, hat ihn so oft mit ihm durchgespielt, dass das hier trotz allem nicht neu
ist.
Nur eine weitere Trainingseinheit
für sie beide in einem bisher ungenutzten Raum.
Nur das Berühren zweier Dämonen und
Spike hat sie schon auf so viele Weisen genommen, dass er schlicht keinen
Anspruch auf Verlegenheit ihrerseits hat. Nicht erwarten kann, dass sie klein
bei gibt bei so einer alltäglichen Geste und es ihm einfach macht. Aber es ist
besser als in der Finsternis einer einsamen Landstraße, weil sie heute weiß,
was sie will und sie taucht ohne Warnung tief in die Vertrautheit seines Mundes
ein.
Folgt geschmeidig Spikes
Bevormundung, kommt ihm zuvor und ihre Arme sind um seinen Hals. Sie auf seinem
Schoß, fühlt seine Härte durch die Jeans und sie gibt ein kehliges Geräusch,
das sie in der animalischen Befriedigung, die es in ihr auslöst, nicht ganz zuordnen
kann, aber Spikes Antwort kommt ebenso ungefiltert zurück. Seine Finger gegen
ihre Schulterblätter drücken, sie festhalten und sie braucht keinen Raum
hierfür, muss sich nur weiter öffnen.
Wendet seinen Angriff gegen ihn,
pariert ihn unbedacht und effektiv, denn sie kann schnell siegen, wenn es die
Situation erfordert. Sie sind sich jetzt zu nah, nach zwei Wochen gekünsteltem
Abstand und absichtlicher Distanz. Der Verfolgung ihres gegenseitigen
Schattens, Erwartung und Anspannung der Treibjagd. Die Energie zwischen sucht
sich ihre Entladung, springt über, entzündet einen Flächenbrand und es ist
nicht nah genug für Cordelia.
Ihre Hände greifen blind nach seinem
T-Shirt, zerren an dem Stoff und ihr Handtuch landet auf dem Boden, mit einer
Drehung ist sie unter ihm. Seine Hände in ihrem Haar, seine Daumen auf ihren
Wangen. Seiner Zunge in der Tiefe ihrer Mundhöhle. Das dunkle Versprechen ihr
nicht die Wahl zu lassen und sie pariert seine Biegungen und kontert den Druck
in gleichem Maß.
Denn sie ist nicht weich, nicht ohne
Widerstand und er liebt auch das.
Bis sie sich nach Luft schnappend
von ihm löst, die Gelegenheit nutzt, um sein T-Shirt endgültig zu entsorgen und
er wieder ihren Mund attackiert und sie ihn einlässt. Weil er vergessen hat,
dass er einen Grund hierfür hatte und sie ihn gereizt hat, in einer Weise, die
nichts mit dem Gefühl ihrer Haut gegen seiner zu tun hatte.
Er das Vergessen braucht und
vielleicht auch sie.
Es nicht schön oder perfekt ist. Die
billigen Bettfedern quietschend unter ihrem Gewicht protestieren, während er
versucht seine Jeans loszuwerden und das Geräusch an ihren Nerven zerren sollte
und die Selbstverständlichkeit mit der sie ihm hilft, den Stoff loszuwerden an
ihrem Verstand. So wie das Bewusstsein, dass sie das will. Er wegen ihr mit
einer gottverdammten Jeans kämpft,
als ob sein Leben davon abhängt und sie gleichzeitig so stolz und entgeistert
darüber ist, wie während ihres ersten Kills bei der Abschlussfeier. Es dennoch
nichts weiter als ein ferner Eindruck bleibt. Ihre Welt ist zurück im Fokus und
das gehört dazu.
Denn Cordelia sieht zuviel und sie
weiß, dass Spike sie nicht blenden kann.
Diese blinde Willigkeit, nur soweit
geht, wie es ihren Bedürfnissen entspricht.
Hitze und Hetzjagd und vielleicht war
es keine gute Idee, Benzin in das Feuer zu gießen und sie spürt, wie er sie
aufbraucht, konsumiert und es ist gut. Für den Moment alles was sie will und
sie weiß, dass das gefährlicher als jedes ihrer vorigen Spiele ist, denn sie
hat kein Motiv. Außer Spike. Ihm gegenüber offen zu sein und als er in sie
stößt, ohne Finesse oder Rücksicht kommt sie ihm entgegen, weil sie Nebel unter
seinen Händen und er Feuer ist.
Es unwahrscheinlich ist, dass ein
Großbrand hieraus entsteht, der ihre Schatten ausradiert, selbst wenn der Funke
überspringen sollte. Dass das eine mit dem anderen nicht lange existieren kann
und sie weiß gerade nicht genau, wer mit wem oder was. Aber sie weiß, dass
irgendwo zwischen Kansas und hier sich mehr verändert hat, als sie sehen will.
Dass die zusammenhanglosen Worte,
die sie ihm von seinen Lippen stielt und unvernommen schluckt, mehr sind als
lautes Stöhnen. Dass er etwas Ausdruck geben will, was besser ungehört bleiben
sollte für Außenstehende dieser schmutzigen Affäre und sie versteht ihn zu gut
und sie wagt es dennoch nicht, seinen Mund unbeaufsichtigt zu lassen. Gräbt
ihre Zähne in seine Lippen, als er sich lösen will und sie hält ihn fest. Hält
ihn an diesem Zwischenort gefangen, denn sie will ebenso wenig mehr hören, will
dem hier keinen Namen geben.
Drei Sinne reichen für die heutige
Nacht. Sind mehr als genug.
Nur mehr schmecken, fühlen, riechen.
Sie sich noch immer dem hier
entziehen könnten, egal wie nah sie aneinander dran sind, egal wie tief er in
ihr vergraben ist und Cordelia erkennt, dass dies keine weitere Sorge von ihr
sein muss. Sie geben sich nicht füreinander auf. Geben einander. Sie sind beide
willensschwach genug, um die Folgen auf irgendwann später oder nie zu
verschieben und das fühlt sich nicht nach einer Niederlage an. Fühlt sich nach
leben, lieben, kämpfen und spontaner Leidenschaft an, die sie zwei nicht ruhen
lässt.
Seine Hände rau sein sollten. Es
sind und in ihr Angst wecken, denn sie ist mit Gewalt vertraut. Spike ebenso.
Der unlogische Gedanke, dass sie immer diejenige zwischen ihnen sein wird, die
ihn stärker bluten lässt, nimmt die Rohheit aus seiner Härte. Die Schärfe aus
seinen Zähnen, sie fühlt sich dennoch als ob er sie mit seinen Küssen schneidet
und seziert. Tote Schichten abträgt, die sie nicht zum bestehen in diesem Leben
braucht.
Mehr über sich lernt, als sie seit
einer feuchtwarmen Mainacht zulassen wollte.
Eine ausgeklügelte Maske nach der
anderen abträgt, bis sie wenig mehr als Adrenalin und Gier ist. Es genießt.
Denn das hier ist sie. Ist sie in Kontrolle, außer Kontrolle und mit Spike als
Sicherheitsnetz und sie sind nie zusammen hoch genug gestiegen, um beide hart
auf den Boden zu krachen, außer als Trainingsübung.
Und das ist Spikes Magie.
Die Finger auf ihrer Haut sind fest und
sicher, pressen sie auf die Matratze und dann in seine Form. Reduzieren den
Raum zwischen ihnen auf stickige Haut, die aneinander haftet, gegeneinander
reibt. Aber ihre Oberschenkel haben sich ebenso unnachgiebig, um seine Taille
geklammert und Rücksichtnahme hat keinen Platz zwischen ihnen. Cordelia die
Stöße bis in ihre Zehenspitzen fühlt, das furiose Quietschen seine Worte ohne
weiteres überstimmen würde, aber ihr Mund ihn noch immer nicht gehen lassen
kann.
Vielleicht weil sie etwas anderes
als seine Worte ausfiltern will.
Vielleicht sich und all die dunklen Erinnerungen, die er ohne besorgten Blick in sich aufnehmen kann. Mit wenig mehr als einem Schulterzucken und ihrer Hand in seiner und wenn es hart auf hart kommt mit seinem Schwanz in ihr. Er keine Angst hat sie zu zerbrechen und sie keine, dass er sie mit Sex brechen kann.
Nur Angst, dass er sich an ihren rauen Kanten und zersplitterten Hoffnung wieder blutig reißt, wenn er zu tief in sie vordringt. Bei dem Versuch sie zu ergründen verloren geht und Cordelia lässt seine Zunge frei. Löst den Todesgriff um seinen Oberkörper, spürt seine Rippen über ihren Innenschenkel gleiten, bringt ihr Knie über seine Schulter und er greift blind nach der Rose und es ist noch immer einfach, Spikes Motive aufzuspüren. Noch immer von dem Wunsch beflügelt Anerkennung dort zu finden, wo nur Ablehnung auf ihn warten kann und es ist das, was sie nie begreifen wird, wie er so stur sein kann.
So duldsam bei den Kreaturen, die ihm wichtig sind und das sogar ohne Seele.
Denn sie ist es nicht. Hat sich verloren in der Zeit, in der sie war, denn sie braucht einen ungenauen Plan für ihr Leben. Eine ungefähre Sicherheit. Sehr viel Freiraum. Keinen Zwang, um zurückzukehren. Oder eine Anweisung. Er braucht das. Nicht von ihr. Natürlich nicht und Cordelia denkt, dass das der Schlüssel zum Erfolg gewesen wäre vor zwei Wochen. Nur ein Telefonat mit Buffy und die Bitte ihn zurückzunehmen. Den Wechsel von einem Eigner zu einem anderen, hätte er innerlich akzeptieren können und es macht sie wütend und traurig. Behält dies in Erinnerung und ihre Fingerspitzen wandern über sein Gesicht und entwerfen eine neue Landkarte für seine Zwecke.
Hält ihn nur mit ihren Blick und den gewichtslosen Berührung ihrer Finger in seinem Nacken, die Oberschenkel locker gegen seine Taille gepresst. Leichter Rahmen und Fokus und die Tausend Dinge dazwischen, die er für sie ist.
„Das bist du.“
Und er schüttelt den Kopf in leichtem Unverständnis, weil er sich nicht so sanft sieht oder offen und wahrscheinlich hat er Recht mit seiner Sicht und sie mit ihrer.
Denn es gibt jetzt eine weitere Lektion, die sie ihm mitgeben will. Spürt ihren Schweiß, wie er in die Matratze kriecht und blickt in seine verwunderten Augen und es geht nicht um Rätsel oder Mysterien.
Sie sind beide Geheimnis genug für diese Welt.
„Das bin ich.“
Und Cordelia hebt die Hüfte kommt ihm entgegen, steigt höher und nimmt ihn mit, der Sonne entgegen und es ist nicht wichtig, dass sie beide verschiedene anbeten. Es fühlt sich nicht so verschiedenen an, wenn sie verbrennen und sie greift nach seinem Haar und er taucht wieder in ihre Mund und sie verzehrt ihn mit seinem Feuer und der Hitze und er löscht ihren Durst und ihre Erwartungen und sie ist wieder Dampf und Nebel und unfokussierte Energie und dann kommt sie in Chaos und es ist seines und die Ordnung ist irgendwo dazwischen.
Sie sich normal fühlen kann. Soviel besser, wenn er kraftlos auf ihr zusammenbricht.
Irgendwann hat sie ihre Stimme zurück, „Bist du nicht froh, dass ich mir das Zimmer ohne Nachbarn ausgesucht habe?“
Hört ihn erschöpft lachen, als er von ihr rollt und sie mitnimmt, auf sich drapiert wie eine menschliche Decke.
„Ich habe blindes Vertrauen in deine praktische Ader, Cor. Und die ganze Nacht, um eben diese zu genießen.“
„Oh.“
„Oh yeah!“
Spike kann sich tatsächlich, wie eine Inkarnation des Bösen anhören. Dunkel und voller Versprechungen. Nicht dass sie das beunruhigt. Wirklich nicht. Er sollte keine Schwierigkeiten haben, dieses zu halten. Während sie sich ihren Weg über seine Brust sucht, tiefer wandert, seinem Nabel flüchtige Aufmerksamkeit schenkt.
Sie hat den Beweis für die nächste Runde zwischen ihren Brüsten, aber, „Die ganze Nacht?“
„Wenn du deine Karten richtig ausspielst, dann – " Und seine Finger spannen sich in ihrem Haar an, während sie der feinen Linie seiner Haare folgt.
„Dann bleiben mir ungefähr fünf Minuten bis die Sonne aufgeht.“
„Okay, den ganzen – " Stolpert über den Rest seines Satzes, „Oh Gott!“
Und Cordelia denkt daran, bei diesem Lächeln nicht die Zähne zu zeigen.
Fortsetzung folgt…