Autor: Astarte
E-Mail Adresse: astarte@fan-arts.net
Titel: Predestination
Altersfreigabe: NC-17
Teil: 1/1
Spoiler: BtVS 7x22 Chosen
Inhalt: Magie hat
ihren Preis und der Tod ist dabei nicht unbedingt der höchste. Aftermath.
Afterbirth. Afterlife. Drei Encounter zwischen dem Magier und dem Ripper.
Hauptcharakter(e)/Paar(e): Ethan/Giles
Disclaimer: Sie gehören mir nicht... „Thick as thieves“ gehört
Natalie Merchant.
Improvechallange1#
von jules:
Äpfel, Wunde, Spiegel
Kommentar: Okay, die Story ist um einiges dunkler geworden,
als ich erwartet habe. Schiebt es auf den Song, der mir sofort im Zusammenhang
mit Apfel einfiel oder die Balance der Dinge und das diese im Finale eindeutig
kippte. Hier haben wir es mit dem Rückschlag zu tun, besser gesagt Giles. Ihr seid
gewarnt! Ihr kennt mich! *evilgrin*
Dann
noch ein fettes Woah, mein erster NC-17-Slash! Ich lasse Grenzen hinter mir.
Außerdem hat das Ganze einen Post-Apokalypse-Touch. Mmh.
Also
welche Premieren wirst du noch aus mir herauskitzeln, meine dunkle Göttin? Und
das alles mit einem Pairing, das mir im ersten Moment so gar nicht am Herzen
lag und ich dann nicht mehr wegpacken wollte. Das erklärt vielleicht, warum ich
mir den Plural von Apfel bis zum letzten Kapitel aufgehoben habe. Hey, man weiß
nie, wie genau man eine Challenge nehmen soll! *lach*
Predestination
Remember how it all
began,
The apple and the fall
of man,
The price we paid,
so the people say.
„Ich wusste, dass du mich suchen würdest!“ Seine Stimme ist so weich in
der Dunkelheit, beinahe wie Samt, glatt und anschmiegsam, wenn man ihn in die
richtige Richtung streichelt. So wie jetzt. Rau wenn man gegen die Ausrichtung
der Fasern fährt. So wie oft genug in der Vergangenheit. Ich schenke der
Tatsache keine weitere Beachtung. Das ist es, was man lernt, wenn man lange
genug mit Ethan Rayne befreundet war.
Tatsachen auf
Nebensächlichkeiten zu erniedrigen. Wenn nötig mit Gewalt.
Seine Stimme ist nur
ein weiterer Schatten in dem fast lichtlosen Raum. Genauso wie sein Körper und
ich frage mich, ob die Initiative oder das Alter Narben auf ihm hinterlassen
haben, so wie auf meinem. Von der einzigen Wunde, die früher meine Seele
war gar nicht angefangen und verneine. Ethan ist niemand der anderen erlaubt,
seine Schönheit zu beieinträchtigen. Eitel und selbstverliebt.
Ich liebe diesen
Bastard. Manchmal.
„Dass ich dich suche, hat nicht zufällig mit
diesem Symbol zu tun?“ Mein Blick lenkt seinen auf den von Kerzen beleuchteten
Schrein in der Ecke, der neben unzähligen verbotenen Insignien und Gottheiten
auch das enthält, das mich hierher geführt hat. Zurück zu ihm. Sein Grinsen
behält das Amüsement für sich, ist alles andere als erheitert und ich gebe es
zurück.
Immer ein Spiegel und
ich frage mich, ob dieses Band zwischen uns tatsächlich nur aus Magie,
Erinnerungen und Sex besteht. Etwas das uns tiefer verbindet, als die meisten
Liebenden. Oder ob es effektiv mehr ist, aus sich heraus?
Der Apfel der
Erkenntnis wird mit den Jahren nicht süßer.
„Entspann dich,
Rupert. Niemand ist dabei zu schaden gekommen, oder?“ Die Stimme kommt näher
und ich folge dem Schatten mit meinen Augen. „Meine Magie war stets in dieser
Welt verwurzelt und deshalb nie mehr als eine gutgewählte Illusion. Keine
Sintflut, die für immer die Zwischenwelt, in der wir leben, verändert hat.“ Der
Vorwurf ist da, eingehüllt in seine sardonische Art, wie in ein Leichentuch.
Ich habe in der
letzten Zeit nur einer Beerdigung beigewohnt und ich will nicht daran denken.
Kann es nicht.
Ethan nimmt mir das
Denken ab, in dem er fortfährt, „Du bist jetzt eine Berühmtheit in der
Unterwelt, der Wächter, der die Zerstörung der Slayerline zuließ. Was ist das
für ein Gefühl vom falschen Team gefeiert zu werden?“ Der Einschlag, den er
sich von seinen Worten erhofft, kommt nicht. Ich bin heute vielem gegenüber
gleichgültig.
„Die Schockwellen
wirken noch nach, weißt du das? Spürst du es? Diese kleinen Beben, die unsere
Realität erschüttern und die Monster unter unseren Betten dieses kleine Stück
wahrer machen.“ Er lauscht seinen Worten nach, als ob er die Nachbeben sucht,
von denen er geredet hat.
„Ja, es ist schwer,
es nicht zu fühlen, vor allem wenn man die Konsequenzen tagtäglich sieht,
oder?“
Ich versuche es, wie
eine Tatsache klingen zu lassen und nicht wie ein Schuldeingeständnis. Es ist
schwerer als erwartet. Wenn man Monate damit verbracht hat Schuld und Trauer zu
fühlen, dass sie so natürlich geworden sind, wie der eigenen Herzschlag, dann
ist die Maske der Gleichgültigkeit ein beinahe zweckloses Unterfangen.
Der Schatten kommt
vor mir zum Stehen und mein Blick richtet sich auf Höhe seiner Augen, Ethan
steht zu nah, wird mir bewusst, als ich meinen Kopf in den Nacken legen muss,
um mein Ziel zu finden.
Sein Gesicht trägt
wenig Spuren der vergangenen Zeit, im Gegensatz zu meinem.
„Wie konntest du es diesem Kind erlauben,
diese Urmacht zu entfesseln?“ Es ist diese echte Frage, die mich wieder zum
Nachdenken zwingt. Nicht dass ich über das Thema in den vergangenen Monaten
nicht genug nachgedacht hätte. Es ist omnipotent in meinem Kopf, verdrängt
meiner Alltagssorgen in den Hintergrund. Verdrängt mein gesamtes Leben.
„Wir hatten keine
Alternativen und es war die beste Lösung“, ich zögere kurz. „Zu diesem
Zeitpunkt. Wir konnten nicht wissen, dass wir eine Kettenreaktion in Gang
setzen und damit nur den Plan erfüllen.“
Sein Lachen ist
abgehackt. Die Verzweiflung ertränkt es in einem bitteren Ton, der noch durch
seinen Worten herausquellt. „Wer hat wen Zeit seines Lebens vor dem Preis der
Magie gewarnt?“
Mein Lächeln ist kalt.
„Ich warne dich jetzt nicht mehr, Ethan.“
Down a path of shame
it lead us,
Dared to bite the hand
that fed us,
The fairy tales, the
moral end,
The wheel of fortune
never turns again.
Ich kenne ihn, jede
Nuance seiner Gefühle, jede Kerbe seines Körpers, jeden Laut von Ekstase und
Schmerz. Ich kenne ihn. Manchmal sind die grundlegenden Wahrheiten, diejenigen,
die einen für den Rest des Lebens verfolgen. Diejenigen vor denen man ständig
auf der Flucht ist und sich ihnen mit aller Macht verschließen will.
Macht hat einen hohen
Stellenwert in unserer Beziehung. Höher als Hass oder Liebe.
Aber was ist
erotischer als Macht oder das Fehlen derselben?
Ich lasse mich in die
Berührung fallen, wie ein Verdurstender in einen Pool voll Wasser, gierig.
Immer gierig. Ethan weckt dieses Essentielle in mir, reduziert mich auf die
Substanz, die in ihrer Schattierung dunkler ist, als es mir gefällt. Als ich
die Menschen, um mich herum sehen lassen wollte. Aber es ist niemand hier,
niemand der Anstoß daran nehmen kann oder Warnungen aussprechen.
Die Watcher sind
weggefegt in einem Feuersturm.
Die restlichen Slayer
werden ihnen in Kürze folgen, wenn sie eine nach der anderen entgültig
ausglühen unter dem Druck, der sich von innen heraus in ihnen aufbaut. Sie
konsumiert bis nichts weiter als Feuer und Asche zurückbleibt. Wie bei Willow.
Wie bei Buffy. Wie bei Faith. Wie beim Rest. Zusammen mit allen potenziellen
Slayern der Zukunft. Nein, das Gute gewinnt nicht immer am Ende, vor allem
nicht wenn man die Balance so stört, wie es wir getan haben.
Ich weiß, dass ich
mir deswegen Sorgen machen sollte, aber mir fehlt der Willen dazu. Die letzte
Apokalypse hat mich aus dem finalen Gleichgewicht gebracht, genauso wie die
Balance zwischen Gut und Böse verschoben wurde. Ich will nicht mehr denken.
Meine Finger fummeln
ungeschickt an seinem Gürtel und mir fällt auf, wie viel Zeit vergangen ist,
seit ich das letzte Mal einen anderen Schwanz als meinen eigenen in den Händen
gehalten habe. Eigentlich reicht schon der Gedanke, an die Zeitspanne, seit dem
ich meinen eigenen nicht zum pissen in der Hand hatte, um mich hart zu machen.
Aber Ethan ist
genauso ausgehungert nach Körperkontakt und sein Stöhnen sagt mir, auf welches
Aufeinandertreffen er all die Jahre gewartet hat. Seine Berührung spricht von
mehr Erfahrung und ich schlage die Hände weg. Der Funke in seinen Augen beginnt
zu glühen.
Oh ja, ich kenne ihn.
Mein Griff wird
beinahe schmerzhaft, aber er kompensiert den Schmerz, nimmt ihn auf, wie ein
Märtyrer seine Leiden. Wie mein Slayer ihn in ihren letzten Stunden aufgenommen
hat. Wieder einer dieser Vergleiche, die mich kalt lächeln und ihn härter
werden lassen. Ich bin es müde die Stimme der Vernunft zu sein. Oder der
Hoffnung. Bin es müde. So müde.
Mit einer Drehung ist
er gegen die Wand gestützt, willig und bereit. Seine Hose schränkt den
Spielraum ein, in dem er die Beine spreizen kann und ich bin einen Moment
paralysiert von dem Bild vor mir.
Nehme einen tiefen
Atemzug, um meine Emotionen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Gott, die
Weise, wie er sich mit beiden Armen gegen die Wand stützt und keucht erscheint
beinahe sündhaft. Der Schwung seines Nackens, wie er den Kopf zurückgeworfen
hat und auf den ersten Stoß wartet. Perfekt. Es gibt wenig, in dem er perfekt ist,
dies hier gehört dazu.
Ich war immer seine
Niederlage, er mein Untergang.
Zumindest dachte ich
das, aber die Zeit hat mir das Gegenteil bewiesen, mein Untergang war eine
rothaarige Hexe, ein blondes Mädchen und der Glaube, das Hoffnung am Ende belohnt
wird.
Nichts wird belohnt,
nichts bestraft. Nicht hier. Nicht jetzt.
The chaos of millennium
Their last retreat is moving slow.
Ich halte mich nicht
damit auf, ihn vorzubereiten. Ethan hatte die letzten Jahre genug Zeit, sich
darauf einzustellen und die letzten Wochen, die er damit verbracht hat, mich
hierher zu lenken, erzählen einen eigenen Geschichte von dem nagenden
Verlangen, das ihn antreibt. Ich spucke in meinen Hand, der einzige Komfort,
den ich ihm geben kann und streiche einmal über meinen Schwanz, bis er nichts
weiter als ein glänzendes Stück Verrat ist.
Dann versenke ich
mich in ihm.
Ich habe mehr
vergessen, als ich dachte. Die Enge ist beinahe zu gut, um echt zu sein. Nichts
was eine Frau bieten kann, nichts das ich von einer Frau annehmen würde. Einen
Moment verharre ich, genieße unseren abgerissenen Atem und das Gefühl von
Beklemmung, von nichts als Muskeln, Sehnen und Härte unter meinen Händen.
Von Nichts in meinem
Kopf.
„Willkommen zurück,
Ripper.“ Der Triumph in seiner Stimme ist leicht auszumachen.
Es ist unter meiner
Würde, anders darauf einzugehen, als mit einer Bewegung. Er stöhnt. Ich grinse.
Wir befinden uns in einem Spiel, das so alt ist, wie unsere Bekanntschaft.
Älter als wir beide. Die Regeln standen schon fest, bevor ich das erste Mal
Hand an ihn gelegt habe, vor all diesen Jahren in einem haschverrauchten
Studentenzimmer. Ethan spielte den experimentierfreudigen Rebell und ich den
abwartenden Beobachter. Seine Maske war genauso echt wie meine, kein bisschen.
Ich wollte ihn. Er wollte mich. Ende der Geschichte.
Alles darum herum
waren nur die ungeschickten Versuche, es zu rechtfertigen. Die Magie, die
Drogen, die Eskapaden, die Orgien. Der Kreis der Fünf. Der Schlafwandler. Das
Mal des Eyghon. Nichts weiter als ein Weg, um ihn zu vögeln. Nur ist er nie aus
dieser Verweigerung aufgewacht. Ethan denkt immer noch, dass es Magie bedarf um
mich hart für ihn zu machen.
Ich verändere den
Winkel, „Gott!“
Ich mag das Geräusch,
das er macht, wenn ich seine Prostata treffe, dieses Inhalieren nach innen, das
durch seinen Körper zu vibrieren scheint und seine Muskeln noch dieses letzte
Bisschen fester werden lässt. Mein Tempo ist jetzt genauso hart, wie mein
Wunsch nach Erfüllung. Ich pumpe all meine Desillusionierung und Zorn in seinen
willigen Körper und er begegnet jedem meiner Stöße mit demselben Eifer, wie vor
all den Jahren.
Manche Wahrheiten
bleiben wahr, egal wie sehr man sich dagegen wehrt.
Manche Körper
vertraut, egal wie sehr man versucht sie zu vergessen.
Meine Hände suchen
nach seinem Schwanz und finden ihn, schließen sich um ihn und er kommt mit
einem Schrei gegen die Wand. Explodiert unter meinen Händen und ich melke ihn
bis auf den letzten Tropfen, bis nichts als zittern und fluchen von ihm
zurückbleibt, dann erst gestatte ich mir meine Niederlage. Mein Stöhnen wird
von seinem T-Shirt geschluckt, mein Höhepunkt von seinem Arsch.
Ich stehe still,
lasse mich konsumieren von der Helligkeit meines Orgasmus, der alles in seinem
Nachglühen soviel dunkler zurücklässt. Dann ziehe ich mich aus ihm zurück,
bringe meine Hose in Ordnung. Lasse meinen Blick auf dem Mann vor mir ruhen,
der das Talent besitzt, mich auf einen hormongesteuerten Killer zu reduzieren,
an einem guten Tag.
Ich drehen ihn
langsam zu mir, „Das nächste Mal wenn du einen Fick willst, ruf mich einfach an
und bemühe nicht die Kräfte der Dunkelheit, Ethan, die sind mit wichtigerem als
dir beschäftigt!“ Seine Augen weiten sich in Überraschung und Schmerz und ich
gebe ihm einen festen Kuss auf den Mund. Seine Lippen fühlen sich kühl unter
meinen an. Damit bin ich aus der Tür und in meinem Wagen.
Er wollte Ripper und
er hat ihn bekommen.
The heretic is beautiful
He’ll teach the harlot’s child to smile.
Should we make that
small incision,
Testify the bleeding
heart inside?
Es hat etwas
masochistisches im Flurozonlicht eines Bahnhof-WCs zu ficken, wenn man die
Vierzig hinter sich gelassen hat. Etwas von einer Offenbarung. Es ist nicht
schön. Es hat sogar die Tendenz ziemlich hässlich zu wirken. Keine Schatten,
die einen einhüllen und die Ecken und Kanten verbergen. Wenn einem aus dem Spiegel
gegenüber dieses alte Gesicht entgegenblickt und man sich fragt, wo all die
Jahre hingeflohen sind und man nur zu genau weiß, woher all die Linien und
Falten kommen.
Wenn neben dem
eigenen Gesicht, dieses andere beinahe unverbraucht auftaucht.
Ich schließe nicht
die Augen, obwohl ich gegen diesen Instinkt ankämpfen muss. Stattdessen
versuche ich herauszufinden, was meine Faszination begründet, es muss irgendwo
in den Tiefen dieser braunen Augen verborgen liegen, die mir aus dem Spiegel
entgegenblicken. In den Schnitt seines Mundes, der die Arroganz nie ganz
abschütteln kann, selbst mit aufgeplatzter Lippe. In dem hageren Gesicht, das
so ähnlich dem ist, was mich damals in Oxford gefangen genommen hat.
Ethan ist derselbe,
nur ich habe mich verändert.
Verrückt, die einzige
Zeitspanne, in der er den Mund halten kann, ist wenn ich tief in ihm bin.
Vielleicht hat es etwas mit dem Chaos zu tun, das er anbetet. Wahrscheinlich
sind die Zusammentreffen mit mir, die perfekte Ausübung seiner Religion. Unter
Umständen frage ich ihn irgendwann. Falls ich das Interesse aufbringen kann.
Beinahe teilnahmslos
verfolge ich im Spiegel, seinen wandelnden Gesichtsausdruck. Die Abfolge
der Emotionen. Den Biss auf die Unterlippe, um das Stöhnen auf ein
Hintergrundgeräusch zu dämpfen, das zwischen dem Aufeinanderklatschen unseres
Fleisches untergeht. Endlich das Schließen seiner Augen. Sein Griff um den
Porzellanrand wird fester, jetzt da meine Aufmerksamkeit nicht mehr von seinen
Augen beansprucht wird, nehme ich die Details in mich auf. Entrückt beobachte
ich seine Knöchel, die sich der weißen Oberfläche anpassen.
Durchscheinend
werden. So wie ich, wenn ich in ihm vergraben bin.
Ich umfasse das Bild
vor mir und ein Teil von mir ist angewidert jenseits aller Ethik, Sitte und
Würde. Dies hier ist wider die Natur, gegen alles was heilig, recht und edel
ist. Und es fühlt sich gut an, so verdammt gut, als würde ich mein Schicksal
und die Mächte der Ewigkeit endlich in den Arsch ficken und nicht nur Ethan.
Als wäre es eine Rückzahlung für all die Verluste, die mich begleiten, mir
tagtäglich aus dem Spiegel entgegenstarren.
‘Hallo Anya’, Stoß. ‘Hallo Willow’, Stoß.
‘Hallo Kennedy’, Stoß. ‘Hallo Faith’, Stoß. ‘Hallo Buffy’, Stoß. ‘Hallo an den Rest’, eine Kaskade von Stößen. Unzählige Mädchen, bei denen
ich nie die Chance hatte, ihre Namen kennen zu lernen.
Kurz verharre ich,
nehme die Erkenntnis mit, dass es früher nicht so intensiv war, als es nur ich
und Ethan war. Keine Geister um mich herum versammelt, die mich aus toten Augen
anstarren. Keine Antworten liefern. Mich nur mit ihrer Präsenz verfolgen. Erst
jetzt diese metaphysische Bedeutung hinzukommt, die schärfer und tiefer
schneidet als ein Rasiermesser.
Dass es erst heute
falsch ist. Und es darum umso richtiger für mich wird.
Wir waren damals
beide jung und fehlgeleitet, unser Unwissen entschuldigt vieles in der
Retrospektive. Aber nicht heute. Ethan besitzt keine Moral. Und ich keine
Entschuldigung. Ich tue heute meistens das Richtige. Wenn ich überlege, was es
mir gebracht hat, frage ich mich, ob es nicht weniger Schmerz bedeutet hätte,
wenn ich ihm damals weiterhin auf dem dunkeln Pfad vorangegangen wäre. Für
mich. Für ihn. Für all die Unschuldigen, die meinetwegen sterben mussten.
Nicht denken. Nicht
im Augenblick.
Dieser andere Teil von
mir will nämlich nur diesen Rhythmus ewig fortsetzen. Bipolar. Dipolar. Polar. Der Unterschied liegt nicht nur im Detail, ist
größer als wir beide zusammen. Seltsam wie gut ich trotzdem in ihn hineinpasse,
wie er für mich gemacht zu sein scheint. Sich dehnt und enger wird, nur durch
den Winkel und Druck. Meinen Namen schreit und verflucht.
Ich denke, ich
befinde mich in einer Sackgasse, im bilateralen Sinne des Wortes.
Vermutlich nicht die
beste Idee, Ethan zu suggerieren, dass er mich jederzeit anrufen kann, wenn er
Lust auf einen Schwanz hat. Ich habe gedacht, dass er mehr Stolz besitzt,
allein schon den Gedanken abstoßend findet, meine Nummer und einen Treffpunkt
zu wählen.
Er verehrt Chaos,
vielleicht wusste ich zu genau, was ich damit bezwecke.
Eventuell hat er
einen neuen Gläubigen.
Seine Hand löst sich
von dem Waschbeckenrand, er bringt sich selbst zum Höhepunkt und wieder starre
ich ihm fasziniert zu. Der Ripper in mir, will die Hand auf den Rücken drehen
und sein Gesicht im Spiegel versenken, bis nichts als Fragmente
zurückbleiben. Aber Ethan hat gelernt, dass es zwischenzeitlich mehrere
Facetten in diesem Spiel gibt.
Ich gebe die
Kontrolle auf und komme zusammen mit ihm. Hart und ungebremst, bis seine
Oberschenkel gegen den Rand stoßen und scheinbar unser gesamtes Gewicht auf
seinem verdrehten Handgelenk ruht. Seine Stirn gegen den Spiegel
gestützt. Meine Wange auf seiner Schulter und ich mag das Bild nicht, das mir
entgegenstrahlt in all seiner unnatürlichen Helligkeit und Klarheit. Vermisse
die Dunkelheit, die uns normalerweise nach dem Orgasmus in ihrem warmen Kokon
einwebt.
We cut, we scratched,
we rent, we slashed
And when he opened up
at last,
Found a cul-du-sac,
Deep and black of
smoke and ash.
Das Keuchen geht in
Atmen über und irgendwann habe ich keine Entschuldigung mehr, mich nicht aus
ihm zurückzuziehen. Unsere Rituale sind festgefahren, so wie wir. Ein
merkwürdiges Gefühl. Mein Blick verfängt sich mit Ethans in der Reflektion und
mir wird zum ersten Mal klar, warum er diesen Ort ausgesucht hat. Während ich
weniger als einen Schritt hinter ihm stehe und die Wärme seines Körpers noch
durch mein Sweatshirt fühle.
Es ist beinahe
pervers in seiner Anonymität und gleichzeitigen Intimität.
Eine namenlosen Subwaystation in der Mitte zwischen seinem und meinem Haus,
irgendwo in London, irgendwann Mitten in der Nacht, auf einer vergessenen
Herrentoilette. Wir könnten Liebende sein, die den Reiz der Gefahr austesten
wollten oder von der Leidenschaft auf dem Heimweg überwältigt worden sind. Wir
könnten Fremde sein, die zusammen aus einem der zahllosen Nachtclubs oder
spezielleren Establishments kommen.
Wir könnten so viel
sein. Und sind so wenig und gleichzeitig so viel mehr.
Der Ripper und sein
Magier.
Doch nicht so alt,
wie uns die Erfahrung gerne zu flüstern will. Ich weiß nicht, wie lange ich in
diese Reflexion starre, bis er sich umdreht und einfach vor mir stehen bleibt.
Eine Statue so zeitlos, wie Michelangelo. Nicht makellos, nicht den Standard
erfüllend, zwar äußerlich näher am Idealbild als ich. Innerlich aber weiter
davon entfernt. Oder auch nicht. Wir geben nicht dieselbe ewige Perfektion ab
wie Spike und Angel. Nicht dasselbe makellose Konterfei wie der Vampire Slayer
mit einem ihrer Vampire.
Wir sind zwei Männer,
die ihre Midlifecrisis schon hinter sich haben. Zusammen mit dem Großteil ihres
Lebensinhaltes. Die graue Haare nicht mehr verstecken können. Die Spuren des
Lebens nicht einfach übertünchen. Zumindest einer von uns. Und das Gefühl, das
wir uns in einer Sackgasse befindet überkommt mich stärker als vorher, lähmt
mich beinahe.
Wir sind zu alt, um
uns gegenseitig ins Vergessen zu ficken.
Ethan steht vor mir
und ich würde für einen kurzen Moment meine Seele dafür aufgeben, um zu wissen,
was sich hinter seinem unlesbaren Gesichtsausdruck abspielt. Aber der
Augenblick verstreicht und die Stimmung ändert sich wieder, als sein
verführerisches Lächeln meine Zweifel fortzieht wie eine Unterströmung.
Nie mehr als Sex und
Magie.
„Ich will eine
Gefühlsverschmelzung.“
Der Fixstern beginnt
seine unerwartete Wanderung.
Doch der erotische
Unterton bringt mich aus dem Konzept und ich wiederhole seine Aussage nur um
sicher zu gehen, dass ich ihn richtig verstanden habe und es nicht nur ein Echo
meiner eigenen Gedanken war.
Manchmal zweifele ich
an meinem Verstand in diesen Tagen.
Er nickt mit diesem
einschmeichelnden Lächeln und ich blicke ihn hart an. „Nein.“
„Nein? Warum denn
nicht? Wir haben es früher gemacht, wir können es heute machen. Sieh es einfach
als Weg, um die getrennte Zeit schneller zu überbrücken, Rupert. Bist du nicht
interessiert an meiner bewegten Vergangenheit?“
„Nein.“ Eisig.
Entschlossen. Seine Hände lösen sich von meinen Hüften, wo sie wie
selbstverständlich gelegen hatten. Ich vermisse den Kontakt erst, als er nicht
mehr besteht.
„Was ist, wenn ich an
deiner interessiert bin?“ Würde ich ihn nicht besser kennen, dann würde ich
meinen, dass Ethan sich verletzt anhört. Ich grinse.
„Dann würde ich dich
davor warnen.“ Er bringt noch mehr körperliche Distanz zwischen uns.
„Du willst dir doch
nicht wirklich das langweilige Leben eines Wächters antun, richtig?“ Ich klinge
ehrlich um seine Unterhaltung bemüht. Sein Blick bleibt auf mir ruhen, bis ich
ihn nicht mehr ertrage und wegsehe.
„Falsch. Das nächste
Mal treffen wir uns bei mir und ich will dieses Ritual. Es war früher
interessant und das wird es mit Sicherheit heute noch sein.“
„Wie du meinst,
Ethan.“ Ich lächele ihn nichtssagend an und ziehe meine Hose hoch.
Er starrt noch einen
Augenblick, unsicher, wie er den schnellen Sieg bewerten soll und folgt dann
meinem Beispiel der letzten Wochen. Diesmal sind es seine Lippen, die heiß auf
meinen wirken und dann ist er verschwunden.
Der Teil von mir der
weder Ripper noch Rupert ist, fragt sich, ob Ethan jemals begreifen wird, wie
viel Giles mit unserer aktuellen Beziehung wirklich zu tun hat.
Aber es ist nun mal
das Problem, dass ein Spiegel nur das reflektiert, was an der Oberfläche
liegt und das ist oft genug nur ein Bruchteil.
Is kissing all his
enemies
On the seventh day
Of the seventh week
Ich lehne mich auf das
Waschbecken, versuche mich auf Ethans fehlendes Spiegelbild zu konzentrieren,
es gelingt mir nicht, stattdessen starre ich den mir fremdgewordenen Mann mit
seiner seltsam anmutenden Gesellschaft an.
Nach einer Weile entdecke
ich noch ein vertrautes Gesicht, weiter im Hintergrund, zwischen all den
namenlosen. Als er meinen Blick bemerkt, arbeitet er sich langsam durch die
Reihen, vor zu Buffy und Willow, als er zwischen ihnen steht, grüße ihn mit
einem Lächeln.
‚Hallo Xander.’ Er ist ein seltener Gast in der vertrauten Masse von weiblichen Gesichtern.
‚Das Loch in deinem Schädel kann man beinahe übersehen, es sieht heute nicht so schlimm aus, wie an dem Tag, als ich dich in meiner Bücherei fand. Man bemerkt es beinahe nicht von vorne. Schon der Leichenbestatter hat gute Arbeit geleistet, aber heute wirkt es echter. Übrigens die Ironie, die du durch den Ort deines Todes ausgedrückt hast, ist mir nicht entgangen, falls du dir darüber Gedanken machen solltest. Der Höllenschlund war sicherer, als er noch geöffnet unter unserer aller Füßen war und nicht Tausende von Kilometer davon entfernt, ausgeschlossen und alleingelassen, richtig?’
Keine Antwort.
’Weißt du, dass ich dich nach Amerika zurückgebracht habe? Angel und seine Leute waren bei deiner Beerdigung mit dabei, du liegst jetzt neben Cordelia. Ich denke, das war in deinem Sinne, zumindest war es Angel und Wesleys Wunsch und es gibt nicht mehr viele, denen daran liegt, wo Menschen aus Sunnydale beerdigt werden. Es gibt nicht mehr viele Menschen, die uns überhaupt kennen und Cordy gehörte nicht nur zum innersten Zirkel, sondern auch zu denjenigen, die am Ende noch eine Leiche vorweisen konnte. Damit gehört Cordelia zu einem exklusiven Club von zwei. Zusammen mit dir. Es tut mir leid, dass wir Anya nicht mehr unter den Tonnen von Schutt finden konnten, es nicht mal probiert haben. Es erschien damals nicht wichtig, ist es heute vielleicht noch nicht. Denn du hast sie ist ja trotzdem gefunden, sie steht ja vor dir.’
Keine Antwort.
‚Wir hätten mehr als nur entsetzt und starr sein sollen, als Dawn sich in einen grünen Lichtblitz verwandelt hat, irgendwie war das der Anfang vom Ende. Die Einleitung. Aber wer hätte gedacht, dass du der letzte Überlebende der Original Scoobies werden würdest. Ich denke, dass hast du genauso wenig erwartet, wie ich. Ich weiß, du hast es genauso befürchtet, wie ich. Ich habe Buffys und Willows Urnen in deinen Sarg gelegt, es blieb von ihnen ja nicht viel zurück, wie du weißt. Du umfasst jede mit einer Hand. Buffy rechts. Willow links. Genauso wie ihr jetzt dasteht.’
Keine Antwort.
‚Aber du siehst gut aus, liegt vielleicht daran, dass
heute nicht dein Hirn über meinen Lieblingssessel und meine Bücher verteilt
ist. Der fehlende Revolver, der heute nicht qualmend in deinem Schoß, fest
umklammert liegt, könnte auch ein Grund sein oder dass ich heute keinen Schuss
gehört habe, der mich aus meiner wochenlangen Lethargie und Trauer um die
andere weckte. Aber du siehst wirklich gut aus, zwischen all den Mädchen,
dieser Platz gefällt dir bestimmt, oder? Beinahe wie das Paradies.’
Keine Antwort.
‚Ich habe es nie für möglich gehalten, dass du dir das Leben nimmst, Xander. Du erschienst mir immer wie eine Inkarnation des Lebens. Aber am Ende waren es einfach zu viele Verluste, oder?’
Keine Antwort.
‚Es tut mir leid, dass ich dich schlimmer enttäuscht habe, als dein eigener Vater.’
Ein Nicken.
Xander verschwindet.
‚Es tut mir so unendlich leid.’
Meine Augen gehen zurück
zu dem fremden Mann und die Tränen, die über sein teilnahmsloses Gesicht
laufen, scheinen fehl am Platz. Hier mitten unter diesen durchscheinenden
Geistern und dem grellen Flurozonlicht.
Ich schließe die Augen.
The tyrant’s voice is
soften now
But just for one
forgiving hour
Before the rise of his
Iron fist again.
I’ve come tonight,
I’ve come to know,
The way we are, the
way we’ll go,
Come to measure this
The width of the wide
abyss
Es ist nicht richtig,
wenn ein anderer Mensch, die eigenen Tränen weint.
Wenn dieser Mensch
Ethan Rayne ist, bekommt dieses Gefühl des Nichtrichtigseins eine eigene
Dimension. Wenn er es seit Stunden macht, schleicht sich unausweichlich der
Gedanke, an das Ende der Welt ein.
Die Apokalypse muss
da sein, genau hinter der nächsten Ecke. Es ist mir egal.
Der Apfel der
Erkenntnis ist bitter, oder Ethan?
Normalerweise reichte
er in der Vergangenheit stets denjenigen mit dem Wurm an mich weiter, es war
Part unseres Spieles. Das war der Anfang. Hasch mich, ich bin der Jäger, zu
high, um mich darum zu kümmern. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob aus
dem Spiel jemals Ernst geworden ist.
Es war zu
vorhersehbar, um gefährlich zu sein. Ohne die Liebe. Ohne unser Wissen von der
Magie. Ohne die Involvierung Unschuldiger. Ohne die Heraufbeschwörung von
Dämonen. Ohne den Hass. Ohne die restlichen Komponenten, die sich in den
folgenden Jahren dazugesellten.
Okay, es war
gefährlich und dumm. Wir waren nicht mehr als Kinder.
Ich bin davon
ausgegangen, dass ein verdorbener Apfel trotzdem einen Sprössling
hervorbringen kann, aus dem irgendwann ein riesiger Baum mit eigenen Früchten
gedeihen kann. Ich bin davon ausgegangen, dass es irgendwann nicht mehr wichtig
ist, wo der Samen herkommt, solange er aufgeht.
Und jetzt? Ich
trauere um Kinder, denen ich beim geistigen Wachsen zugesehen habe.
Ethan hat nicht einen
Apfel der Erkenntnis bekommen, sondern einen ganzen Korb voll. Äpfel
in allen Variationen und Geschmacksrichtungen. Große. Kleine. Süße. Saure.
Allen gemeinsam? Verfault. Verwest. Kompost.
Die Grundlage für die
nächste Generation, eingegangen bevor sie überhaupt blühen konnte.
Ich denke, Ethan hat
etwas anderes als Äpfel, Spiegel und Wunden erwartet.
Langsam bin ich genervt
von seinem Weinen, obwohl es vor einer halben Stunde in ein leises Schluchzen
übergegangen ist. Diese Gefühle, die er von mir hat, sind entschärft, ich weiß
das, abgeschwächt in ihrer Tiefe. So wie seine in mir.
Keine Magie verbindet
zwei Individuen untrennbar. Das ist der Liebe vorbehalten.
Er ist kein
Schwächling und vor allem ist er kein mitfühlendes Wesen. Mir ist diese ganze
Situation zwischenzeitlich unheimlich und das ist seit Monaten das erste Mal,
das ich mir Sorgen um ein Thema mache, dass einen anderen Menschen oder die
Zukunft mitbeinhaltet.
Ich sitze immer noch
nackt an derselben Stelle im Schneidersitz, an der ich von ihm initialisiert
worden bin. Ethan hat sich in die dunkelste Ecke des Raumes zurückgezogen.
Soweit entfernt wie es ihm möglich ist, ohne dass Zimmer zu verlassen. Ich
brauche kein schlechtes Gewissen haben. Das hier war seine Idee, einzig und
allein seine.
Er wollte wissen, wie
ich fühle und jetzt? Ich weiß nicht.
Dafür weiß ich jetzt,
wie er aus dem Gefängnis der Initiative herausgekommen ist. Er musste sie nur
in Sicherheit wiegen. Als Magier ein Kinderspiel für ihn.
Oder dass er eine
Frau geliebt hat, vor fünfzehn Jahren bis sie ihn betrogen und verlassen hat.
Dass er ihren Liebhaber getötet hat. Und sie. Danach den Rest der Liebe, die er
in sich trug.
Dass er die Welt
gesehen hat, vor allem die Abgründe und sie so sicher wie ein Artist auf einem
Drahtseil überwunden hat.
Dass ich immer einen
wichtigen Platz in seiner Seele innehatte. So wie er in meiner.
Dass ich ihn tiefer
verletzt habe, als er mich.
I come to you in
restless sleep,
Where all your dreams
turn bittersweet,
With Voodoo doll
philosophies
And day-glo holy
trinities.
Ich bereue beinahe,
dass ich diesen Zauber zugelassen habe. Sicher, er war früher informativ und
vor allem unterhaltsam. Nur eine weitere Quelle für den letzten Kick, aber die
Dinge haben sich geändert. Wir haben uns geändert. Unsere Geheimnisse sind
schwärzer geworden. Unsere Wunden tiefer.
Ich hatte einige
meiner besten Orgasmen unter dem Einfluss dieser Magie.
Vielleicht einer der
Gründe, warum ich ihm relativ schnell nachgegeben habe, abgesehen davon, dass
ich ihn zuvor auf einer Bahnhofstoilette gevögelt habe und das eine ziemlich
eindeutige Aussage über meinen Geisteszustand macht. Und seinen.
Ich spüre plötzlich
seinen Blick und mir wird klar, dass eine seltsame Stille in dem Raum
eingekehrt ist. Ich warte ruhig auf den Sturm. Nicht bereit Schutz zu suchen
oder Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Komme was wolle, ich glaube nicht, dass
mich irgendetwas davon noch überraschen oder zerstören kann.
„Weshalb hast du mir
nichts davon erzählt?“ Das Samt ist aus seiner Stimme verschwunden, hat einem
Krächzen Platz gemacht, das mich entfernt an Kreide auf Metall erinnert. Es
genauso unweigerlich ins Mark fährt.
„Wäre es für dich von
Interesse gewesen?“ Ich warte. Ich wende mich ihm zu.
„Rupert, verdammt, du
hast sie geliebt, als ob es deine eigenen Kinder wären.“ Er bricht erneut ein,
diese Erkenntnisse sind neu für ihn, mit einiger Mühe fängt er sich. „Dein
eigen Fleisch und Blut?“
Die Frage versetzt
mich in Weißglut. „Was hast du gedacht, was sie für mich waren? Instrumente für
meine Wiedergutmachung? Teile einer Mission? Waffen für einen ewigen Kampf? Sie
waren alles davon und nichts.“
Ich dämpfe mein
Schreien, es ist zwecklos, „Ich habe ihnen zugesehen, wie sie erwachsen wurden,
Ethan. Fehler machten und noch viel Großartigeres leisteten und das alles, als
ob es das einfachste der Welt wäre. Als ob der Kampf gegen das Böse nur eine
weitere Freizeitbeschäftigung wäre und der tägliche Horror nichts weiter, als
ein schlechter Film, den man nach dem Ansehen sofort wieder vergisst.“
Der letzte, der
verstanden hatte, was unwiederbringlich verloren war, war Xander gewesen und er
hat einen schmerzlosen Weg gefunden, nach monatelanger Trauer, die nie besser,
sondern nur täglich schlimmer wurde. Ich war zu geblendet von meinem eigenen
Leid um ihm zu helfen. Keinen mutigen Pfad, keinen konventionellen, aber auch
keinen für den ich ihn verurteilen konnte.
Das Pochen der Wunde
beginnt erneut, das Stechen und Ziehen, das einen um den Verstand bringt. „Sie
haben mich mit ihrem Optimismus zeitweise in den Wahnsinn getrieben und noch
viel öfter daraus gerettet. Sie konnten im Angesicht einer Apokalypse über
ihren nächsten Einkaufstrip reden oder den Unterschied zwischen Remake und der
Originalfassung.“
Ich lächle ihn stolz
an und er versucht angestrengt, es zu reflektieren, aber der Spiegel ist
in den letzten Stunden blind geworden. Oder zu scharf. „Ich habe ihnen
zugesehen, wie sie sich entwickelten, leuchteten und erloschen. Sie waren
Kinder, Helden und ein Teil von mir.“
„Und sie sind jetzt
alle tot. Alle.“
Und die Wahrheit
dieser Aussage, raubt mir jetzt noch den Atem.
„Aber immerhin bin
ich jetzt eine Berühmtheit in der Unterwelt, richtig Ethan?“ Der Zynismus ist
scharf und schneidend. Die Grausamkeit darin ist gewollt. Sein erneutes
Aufschluchzen treibt mich auf die Beine und ich suche in fast panischer Hektik
meine Kleider.
Natürlich sitzt er
darauf, warum überrascht mich das nicht?
Ethan findet immer
eine Möglichkeit mich festzunageln.
Die Optionen, hier zu
bleiben oder eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zu riskieren,
sind recht eindeutig zugunsten letzteren abgewogen.
The crooked raft that
leaves the shore
Ferries drunken souls
aboard
Pilgrims march to
Compestela
Visions of their
saints in yellow.
Mit der Hand an der
Tür hält mich mein Name zurück, den ich noch nie von seinen Lippe gehört habe,
zumindest nie ohne meinen Vornamen. Den ich in den letzten Monaten immer mit
dem Mister gehört habe, der es erträglich machte. Den ich in den letzten Jahren
immer mit tiefer Zuneigung oder blinder Liebe gehört habe. Nicht jetzt, nicht
bei Ethan.
Ich verharre, stehe
still, in all dem Chaos, das in meinem Kopf explodiert. „Giles!“
Und es schmerzt,
jenseits jeder Vorstellung, mehr als ich dachte, dass es noch möglich ist.
Weil er damit eine
Vergangenheit anerkennt, von der er nie ein Teil war.
Weil er in der Gegenwart
dafür Platz schafft.
Weil er mir eine
Zukunft in Aussicht stellt.
„Wir können natürlich so weiter machen, wie
bisher, wenn es dich tröstet. Wenn es sinnloser Sex ist, den du willst oder
brauchst, dann kannst du ihn mit mir bekommen, ohne schlechtes Gewissen oder
Bindungen.“ Die Pause ist zu kurz, um bedeutungsvoll zu sein, zu lang um
Absicht zu unterstellen.
„Oder wir vertiefen es,“ als ob er selbst
nicht sicher wäre, was er genau anbietet.
Ich bin mir nicht
ganz sicher, was ich von Ethan annehmen kann oder überhaupt will.
Aber meine Hand, die
ich ihm entgegenstrecke, scheint bestimmt zu sein. Ich ziehe ihn auf die Beine,
nehme die drahtige Gestalt vor mir auf und bin zum ersten Mal tief zufrieden,
dass ich keine weiblichen Rundungen vor mir sehe, die ebenso in die
Vergangenheit gehören, wie die Taubheit in mir.
Sein Lächeln gewinnt
wieder etwas von der Selbstzufriedenheit zurück und ich bin froh darum, der
Bastard in ihm wird Ethan vor meinen scharfen Kanten schützen. So wie er mich
vor meinem schlechten Gewissen schützt. Er hat eine Aura von Unzerstörbarkeit
und ich weiß, dass er einiges an Prügeln einstecken kann, wenn es hart auf hart
kommt. Aber Zeit herauszufinden, wie viel Sanftheit er ertragen kann.
Das Gefühl seiner
Lippe unter meinen, ist verwirrend. Liegt zu lange zurück, um seinen Geschmack
in Erinnerung zu rufen und ich teste die Festigkeit mit meiner Zunge. Das hier
war früher den Zeiten vorbehalten, in denen wir ohne weiteres am nächsten Tag
einen Black-out vortäuschen konnten und jetzt frage ich mich, ob wir deshalb
vielleicht überhaupt er in den Teufelskreis von Hasch, Experimenten, Drogen und
Zauberei gestartet sind.
Es ist beinahe
intimer, wie wenn ich meinen Schwanz in ihn habe.
Ich gehe auf Abstand.
Die Überraschung spiegelt sich in seinem Gesicht wider und ich schüttele den
Kopf. Unfähig, zu einem klaren Gedanken. Ethan verstärkt den Griff um meine
Hand und führt mich zu seinem Bett in der Ecke. Schwarze Seide kühl unter
nackter Haut und dieses Gebiet scheint wieder vertrauter.
„Mate, eines noch,
bevor ich mich auf eine langfristige Beziehung mit dir einlasse. Es erschien
mir vorher nicht mein Platz, das Thema anzuschneiden. Jetzt dagegen kann ich
einige deiner Motive nachvollziehen, auch wenn ich ihnen nicht vorbehaltlos
zustimme.“ Ethan beginnt ins Stottern zu geraten, eine weitere Premiere.
Ich blicke ihn
auffordernd an. „Versprich mir, dass du wieder mit Essen anfängst“, platzt es
schließlich aus ihm heraus.
Mein Blick folgt
seinem und ich registriere entsetzt, die Rippen, die sich unnatürlich unter
meiner Haut abzeichnen. Wann bin ich magerer wie er geworden? Und wie lange
hätte ich meinen Lebensstil noch durchgehalten? Er war offensichtlich
tödlicher, als all meine Jugendsünden zusammengepresst, scheinbar verdanke ich
seinem Zauber, der mich zu ihm lenkte mein Leben.
Mein Lächeln ist
warm, „Versprochen.“
Wir haben den Sex,
die Erinnerungen. Und vielleicht, wer weiß.
Vielleicht verbindet
Magie doch tiefer als ich glaubte.
All follow deep in
trance
Lost in a catatonic
dance
Know no future.
Damn the past.
Safe at last…
~*~fini
Predestination~*~